Der Nervus medianus, auch bekannt als Mittelarmnerv, ist ein bedeutender peripherer Nerv des Armnervensystems. Er spielt eine zentrale Rolle bei der motorischen und sensorischen Funktion der Hand. Als Teil des Plexus brachialis innerviert der Nervus medianus eine Vielzahl von Muskeln im Arm und in der Hand sowie sensible Hautbereiche. Dieser Artikel beleuchtet die Anatomie, Funktion und klinische Bedeutung des Nervus medianus und geht dabei auf verschiedene Aspekte ein, von seinem Ursprung und Verlauf bis hin zu möglichen Erkrankungen und Behandlungsmethoden.
Anatomie des Nervus medianus
Der Nervus medianus entspringt aus Nervenwurzeln des Plexus brachialis im oberen Teil des Arms. Genauer gesagt, hat der Nervus medianus seine Wurzel im Plexus brachialis (C6 - Th1). Hier entsteht die sogenannte Medianusgabel durch die Vereinigung von Fasciculus medialis und lateralis. Von seiner Position vor der Arteria axillaris aus verläuft der gemischt motorisch und sensible Nerv im Sulcus bicipitalis medialis, der Rinne zwischen Bizeps und Trizeps, am Oberarm. Bis zur Ellenbeuge gibt er meistens keine Äste ab. Hier tritt er zunächst von seiner Position vor der A. brachialis unter der Bizepssehne hindurch und verlässt die Fossa cubiti anschließend zwischen den Köpfen des M. Sein Verlauf wird in der mittleren Gefäß-Nerven-Straße des Unterarms fortgesetzt - zwischen M. flexor digitorum superficialis und M. flexor digitorum profundus. Hierbei gibt er seine großen sensiblen und motorischen Äste ab, sowie mehrere kleinere Versorgungszweige. Distal am Unterarm verläuft der Nerv zwischen M. flexor carpi radialis und M. palmaris longus etwas oberflächlicher.
Äste des Nervus medianus
Obwohl er am Oberarm astlos verläuft, gibt der Medianus in seinem Verlauf viele Abzweigungen ab. Hier eine Übersicht:
- Rr. muscularis: Motorische Versorgung des M. pronator teres (manchmal proximal der Ellenbeuge), M. palmaris longus, M. flexor carpi radialis, M. flexor digitorum superficialis.
- Rr. muscularis N. interosseus antebrachii anterior: Motorische Versorgung des M. flexor pollicis longus, radialer M. flexor digitorum profundus, M. pronator quadratus.
- R. palmaris n. mediani: Sensible Versorgung der Haut palmar mittig über dem Retinaculum flexorum bis in den handgelenksnahen Bereich der radialen Handfläche.
- R. muscularis thenaris: Motorische Versorgung der Thenarmuskeln (M. abductor pollicis brevis, oberflächlicher M. flexor pollicis brevis, M. opponens pollicis).
- Rr. muscularis Nn. digitales palmares communes: Motorische Versorgung der Mm. lumbricales I und II.
- Nn. digitales palmares communes: Sensible Versorgung der Haut der radialen Hälfte der Handfläche.
- Nn. digitales palmares proprii: Versorgung der Finger.
Anatomische Variationen: Die Martin-Gruber-Anastomose
Eine wichtige anatomische Variation ist die Martin-Gruber-Anastomose. Hierbei verlaufen Nervenfasern des Nervus medianus durch den Nervus ulnaris, anstatt direkt in den Nervus medianus überzugehen.
Funktion des Nervus medianus
Der Nervus medianus innerviert eine Vielzahl von Muskeln im Arm und in der Hand, einschließlich des Musculus pronator teres, des Musculus flexor digitorum superficialis und des Musculus flexor carpi radialis im Unterarm sowie verschiedener Muskeln im Bereich des Daumens wie den Musculus abductor pollicis brevis und den Musculus opponens pollicis.
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Bezüglich der sensiblen Innervation der Hand ist der Nervus medianus hauptsächlich für die Versorgung der Haut an der Handfläche und den palmarseitigen Seiten des Daumens, des Zeige- und Mittelfingers sowie des seitlichen Ringfingers verantwortlich. Diese Versorgung ermöglicht die Wahrnehmung von Berührung, Druck und Temperatur in diesen Fingern. Dabei bestimmt der Nervus medianus (Mittelarmnerv) die Fähigkeit zur Präzision, mit der die Hand geführt werden kann, und steuert das Feingefühl von Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger.
Klinische Bedeutung: Erkrankungen und Symptome
Beschwerden des Nervus medianus können verschiedene Formen annehmen und durch Kompression, Entzündung oder Verletzung verursacht werden. An der oberen Extremität können Nervenkompressionssyndrome im Verlauf des N. medianus, N. ulnaris und N. radialis an verschiedenen Stellen auftreten. Die Ursachen sind vielfältig, beispielsweise starke mechanische Belastungen und Verletzungen, knöcherne Auswüchse, rheumatische Erkrankungen oder Entzündungen. Symptome sind Parästhesien, Sensibilitätsstörungen und/oder Paresen, wodurch die Funktionen der Hand wie Tasten, Fühlen oder Greifen beeinträchtigt werden. Ziele der konservativen und operativen Therapie sind die Schmerzlinderung sowie die Wiederherstellung von Sensibilität und Muskelkraft. Nervenkompressionssyndrome sind chronische Irritationen oder Druckläsionen peripherer Nerven innerhalb anatomischer Engpässe.
Typische Symptome sind Sensibilitätsstörungen, Kribbeln oder Taubheitsgefühle in den Fingern, insbesondere im Daumen, Zeige- und Mittelfinger. Muskelschwäche und Einschränkungen der Feinmotorik in der Hand sind ebenfalls häufige Folgen.
Karpaltunnelsyndrom (KTS)
Das Karpaltunnelsyndrom (KTS) ist eine Schädigung des N. medianus im Karpalkanal der Hohlhand und das häufigste Engpasssyndrom eines peripheren Nervs. Die Inzidenz beträgt 3−10% der erwachsenen Bevölkerung. Die Ursachen des KTS sind vielfältig. Auslöser können Schwellungszustände des Sehnengleitgewebes, Entzündungen sowie traumatische, posttraumatische oder überlastungsbedingte Ursachen sein.
Typische Symptome sind nächtliche Parästhesien (Brachialgia paraesthetica nocturna) der radialen 3½ Finger. Die Parästhesien können auch durch starre Handhaltungen (Radfahren, Autofahren, Zeitunglesen, Schreiben etc.) ausgelöst werden. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu permanenten Missempfindungen mit belastungsabhängigen, einschießenden Schmerzen und Taubheit der Finger mit zunehmender Ungeschicklichkeit bei feinmotorischen Arbeiten.
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Im Initialstadium lassen sich Parästhesien durch klinische Tests, z.B. den Phalen-Test und das Hoffmann-Tinel-Zeichen, provozieren. Die elektrophysiologische Untersuchung mittels Elektromyografie (EMG) und Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) ist aussagekräftig für die Objektivierung und Differenzialdiagnostik. Bildgebende Verfahren wie die Neurosonografie und die Magnetresonanztomografie (MRT) ermöglichen es, Raumforderungen oder Anomalien des Karpaltunnels zu beurteilen. Die häufigsten Differenzialdiagnosen sind zervikale Radikulopathien der Wurzeln C6 und C7 und Polyneuropathien. Seltener sind proximale Kompressionsneuropathien oder Läsionen des N.
Im Frühstadium der Erkrankung kommen konservative Behandlungsmethoden (Handgelenksschiene, Kortikoidpräparate, lokale Kortikoidinfiltration) infrage. Eine dauerhafte Beschwerdefreiheit bringt im Allgemeinen nur eine operative Behandlung. Die Standardmethode ist die offene Retinakulumspaltung, die in der Regel ambulant unter Lokal- oder Leitungsanästhesie durchgeführt wird.
Pronator-teres-Syndrom (PTS)
Im Bereich des Ellenbogens können verschiedene anatomische Strukturen für die Kompression des N. medianus verantwortlich sein (Struther-Ligament, Processus supracondylaris, Lacertus fibrosus, Pronator teres, M. flexor digitorum superficialis). Die Ursachen der Kompression sind neben anatomischen Gegebenheiten insbesondere chronische Überlastungen durch forcierte Pro- und Supinationsbewegungen in Beruf oder Sport.
Die Symptome des PTS sind ähnlich dem KTS, es treten aber keine nächtlichen Parästhesien auf. Zusätzlich kann eine Schwäche des Faustschlusses auftreten. Charakteristische klinische Befunde sind der lokale Druckschmerz über dem N. medianus in der Ellenbeuge und ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen an der vermuteten Kompressionsstelle. Flexion des Mittelfingers gegen Widerstand (M.
Anterior-Interosseus-Nerv-Syndrom (NIA)
Der N. interosseus anterior ist ein rein motorischer Ast des N. medianus. Er kann durch den M. pronator teres oder den M. flexor digitorum superficialis komprimiert werden. Im Gegensatz zum PTS finden sich beim NIA keine sensiblen Ausfälle. Charakteristisch ist eine Beugeschwäche von Daumen und Zeigefinger im Endgelenk, mit der Unfähigkeit, ein „O“ zu formen. Stattdessen findet sich eine charakteristische Tropfenform (Pinzettengriff). Der Nagel-zu-Nagel-Kontakt fehlt.
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Zur Therapie kann zunächst eine Ruhigstellung in einer Oberarmschiene mit lokaler Kortisoninfiltration versucht werden. Bei persistierenden Beschwerden besteht die Indikation zur Operation.
Spezifische Handhaltungen als Symptome
- Schwurhand (Benedikt-Hand): Die Schwurhand, auch bekannt als Benedikt-Hand, ist ein charakteristisches Symptom einer Schädigung des Nervus medianus, typischerweise im Bereich des Ellbogens oder des distalen Oberarmdrittels. Sie ist durch eine spezifische Handhaltung gekennzeichnet: Die Fingergrundgelenke sind gestreckt, während die Fingerend- und Daumengelenke gebeugt sind. Dieses Ausfallphänomen resultiert aus der Lähmung bestimmter Handmuskeln, was zu Schwierigkeiten beim Greifen und der Feinmotorik führen kann.
- Affenhand: Die Affenhand ist ein auffälliges Symptom, das bei einer Schädigung des Nervus medianus auftreten kann. Sie ist gekennzeichnet durch eine Schwäche oder Lähmung bestimmter Muskeln im Daumenballen, was dazu führt, dass der Daumen nicht mehr gegen die Finger bewegt werden kann. Dadurch entsteht eine schwache Greifbewegung, die an die Handhaltung eines Affen erinnert.
Diagnose
Die Diagnose von Erkrankungen des Nervus medianus beruht auf einer Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung und gegebenenfalls elektrophysiologischen Untersuchungen (EMG, NLG) und Bildgebung (Röntgen, Sonografie, MRT).
Behandlung
Die Behandlung von Erkrankungen des Nervus medianus richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung. Konservative Maßnahmen umfassen beispielsweise:
- Schienen: Ruhigstellung des Handgelenks oder Ellenbogens.
- Medikamente: Kortikosteroide zur Entzündungshemmung.
- Injektionen: Lokale Kortikosteroidinjektionen.
- Ergonomische Anpassungen: Anpassung des Arbeitsplatzes, um Belastungen zu reduzieren.
- Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Stärkung und Dehnung der Muskulatur.
In schwereren Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um den Nerv zu dekomprimieren. Die Standardmethode beim Karpaltunnelsyndrom ist die offene Retinakulumspaltung, die in der Regel ambulant unter Lokal- oder Leitungsanästhesie durchgeführt wird.
Prävention
Ergonomische Anpassungen am Arbeitsplatz und in der täglichen Routine können dazu beitragen, das Risiko für Erkrankungen des Nervus medianus zu verringern. Physiotherapie kann eine wichtige Rolle bei der Prävention spielen. Gezielte Übungen können die Muskeln stärken, die Flexibilität verbessern und die Handgelenke stabilisieren.
Selbstpflege und langfristige Maßnahmen
Die richtige Selbstpflege ist entscheidend für die langfristige Handgesundheit. Dazu gehören regelmäßige Pausen bei repetitiven Tätigkeiten, Dehnübungen und die Vermeidung von Überlastungen. Um Rückfälle zu vermeiden, ist es wichtig, langfristige Maßnahmen zu ergreifen. Ein gezieltes Kräftigungs- und Dehnungsprogramm für die Hand- und Unterarmmuskulatur kann dabei helfen, die Stabilität und Beweglichkeit des Handgelenks zu verbessern und den Druck auf den Nervus medianus zu reduzieren.
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