Die neurale Anatomie der unteren Extremitäten ist komplex und umfasst Nerven, die Muskeln und Haut innervieren und so motorische und sensorische Funktionen ermöglichen. Diese Nerven entspringen hauptsächlich aus dem Lenden- und Kreuzbeinplexus.
Überblick über den Lenden- und Kreuzbeinplexus
Der Plexus lumbosacralis setzt sich aus den ventralen Ästen der Spinalnerven L1-S3 sowie dem N. subcostalis (ventraler Ast des 12. Thorakalnerven) und dem N. coccygeus (kaudalster Spinalnerv S4) zusammen. Er gliedert sich in den Plexus lumbalis ([Th12] L1-L4) und den Plexus sacralis (L5-S4), wobei Letzterer den Plexus ischiadicus (L5-S3) und den Plexus pudendus (S2-S4) beinhaltet.
- Plexus lumbalis: Verläuft zwischen dem M. psoas major und minor und versorgt diese Muskeln sowie den M. quadratus lumborum mit kurzen Ästen. Wichtige Nerven, die aus dem Plexus lumbalis hervorgehen, sind (in kraniokaudaler Reihenfolge): Nn. iliohypogastricus, ilioinguinalis, cutaneus femoris lateralis, femoralis und obturatorius.
- Plexus sacralis: Die Axone, die durch diesen Plexus ziehen, sind für die motorischen und sensiblen Funktionen der dorsalen Seite des Oberschenkels sowie des gesamten Unterschenkels und Fußes verantwortlich. Die Ansa lumbalis V (Nervenschlinge mit Anteilen der Spinalnerven L4 und L5) verbindet sich mit den Sakralnerven zum Plexus sacralis. Dieser liegt retroperitoneal im kleinen Becken, vor dem M. piriformis und hinter den Ureteren, somit mediokaudal des Plexus lumbalis. Die proximalsten Abgänge sind die der Nn. glutaeus superior und inferior.
- Plexus ischiadicus: Ein Unterabschnitt des Plexus sacralis, aus dem kleine Muskeläste den M. piriformis, die Mm. gemelli und den M. quadratus femoris versorgen. Hauptnerv ist der N. ischiadicus (L4-S2), der durch das Foramen infrapiriforme zieht.
- Plexus pudendus: Formt sich aus den Ventralästen der Spinalnerven S2-S4. Er versorgt den M. levator ani und den M. coccygeus; sein Hauptnerv ist der N. pudendus.
Wichtige Nerven der unteren Extremitäten und ihre Funktion
Nervus femoralis
Der Nervus femoralis innerviert die vorderen Oberschenkelmuskeln, insbesondere den Musculus quadriceps femoris, welcher essenziell für die Kniestreckung ist. Zudem versorgt er sensorisch die Vorderseite des Oberschenkels und die Innenseite des Unterschenkels über seinen Ast, den Nervus saphenus.
Nervus ischiadicus
Der Nervus ischiadicus ist der größte Nerv des Körpers und spielt eine zentrale Rolle für die Funktion der unteren Extremität. Er innerviert die hintere Oberschenkelmuskulatur (Muskeln, die für die Hüftstreckung und Kniebeugung verantwortlich sind) sowie alle Muskeln des Unterschenkels und Fußes. Kurz vor dem Knie teilt er sich in seine Hauptäste auf:
- Nervus tibialis: Versorgt die Plantarflexoren des Fußes (Muskeln, die das Heben der Ferse ermöglichen) und die intrinsischen Fußmuskeln. Er ist auch für die sensible Innervation der Fußsohle verantwortlich.
- Nervus peroneus communis (Nervus fibularis communis): Teilt sich weiter in den Nervus peroneus superficialis (Nervus fibularis superficialis) und den Nervus peroneus profundus (Nervus fibularis profundus) auf. Der Nervus peroneus superficialis innerviert die Peroneusmuskeln an der lateralen Seite des Unterschenkels (wichtig für die Fußevertierung) und versorgt die Haut an der dorsalen Seite des Fußes. Der Nervus peroneus profundus innerviert die Tibialis anterior und die Fußstreckmuskeln und versorgt den Hautbereich zwischen der ersten und zweiten Zehe.
Nervus obturatorius
Der Nervus obturatorius innerviert die Adduktoren des Oberschenkels, also die Muskeln, die das Bein zur Körpermitte ziehen. Er versorgt auch sensorisch einen kleinen Bereich an der Innenseite des Oberschenkels.
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Nn. glutaeus superior und inferior
Beide Glutealnerven entstammen dem Plexus lumbosacralis und führen ausschließlich motorische Fasern. Der N. glutaeus superior (L5) innerviert den M. glutaeus medius und minimus sowie den M. tensor fasciae latae. Der N. glutaeus inferior (S1 und S2) innerviert den M. glutaeus maximus.
Nn. iliohypogastricus, ilioinguinalis und genitofemoralis
Alle drei Nerven entstammen dem Plexus lumbalis und versorgen die Haut der Leistenregion und des Unterbauchs.
Blutversorgung der Nervenplexus
Die Blutversorgung der verschiedenen Plexusanteile erfolgt über Äste der Aa. lumbales (segmentale, der Bauchaorta entspringende Gefäße) oder aus dem R. lumbalis der A. iliolumbalis. Die gute Gefäßversorgung des Plexus erklärt das seltene Auftreten von ischämischen Beinplexusschädigungen. Anatomische Nachbarschaft und auch kleine Gefäßäste zu Plexusanteilen bestehen zu und von der A. iliaca und ihren Ästen, den Aa. glutea superior und inferior sowie der A.
Klinische Bedeutung: Läsionen und Syndrome
Schädigungen der Nerven der unteren Extremitäten können zu einer Vielzahl von Symptomen führen, abhängig davon, welcher Nerv betroffen ist und wo die Schädigung lokalisiert ist.
Beinplexusläsionen
Aufgrund der anatomisch geschützten Lage sind traumatische Schädigungen des Beinplexus deutlich seltener als Armplexusläsionen. Inkomplette Läsionen können als Schädigung einzelner Nerven fehlgedeutet werden, v. a. als Femoralis- oder als Ischiadikusparese. Für die klinische Differenzialdiagnose von Beinplexusschädigungen und radikulären Läsionen ist die Untersuchung der autonomen Funktionen entscheidend. Im Plexus lumbosacralis verlaufen sympathische Nervenfasern, im Plexus pudendus zusätzlich parasympathische Fasern.
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Ursachen:
- Trauma: Beckenringfrakturen, Azetabulumfrakturen, Sprengung des Sakroiliakalgelenks, stumpfes Unterbauchtrauma (direkt oder durch Psoashämatom), geburtstraumatisch (bei der Mutter).
- Kompression: Aortenaneurysma, Iliakalarterienaneurysma, Schwangerschaft, Geburt (Austreibungsphase), retroperitoneales Hämatom, Raumforderung im Bereich des M. psoas (Hämatom oder Abszess).
- Tumoren: Tumoren des weiblichen Genitale, osteogene Tumoren des Beckens, retroperitoneale Tumoren (Lymphome), kolorektales Karzinom, Sarkom, Mammakarzinom, Nierentumoren, Tumoren der Nebennierenrinde, Neurofibrome des Plexus (sehr selten, auch als Strahlenspätschaden), Metastasen.
- Ischämie: Nach Ligatur der A. iliaca, intraarterielle Injektion in Gluteal- oder Iliakalarterien, bei Neugeborenen Injektion in die A. umbilicalis, Mikroangiopathie (diabetische Plexopathie).
- Entzündung und Infektion: Psoasabszess, Neuroborreliose, tuberkulöse Senkungsabszesse, immunologisch bedingt (idiopathische Plexusneuritis), Vaskulitis.
- Iatrogen: Intraoperative Dehnungsverletzung bei Hüftoperationen, OP im Bereich der Aorta oder der Iliakalarterien, intraarterielle Injektion (Chemotherapie), Strahlenschäden.
- Sonstige Ursachen: Dehnungsverletzung durch langes Knien und Hocken („Rübenzieherneuritis“), Endometriose, Drogen (i.v.).
Symptome:
- Schädigung des Plexus lumbalis: Schlaffe Parese der vom N. femoralis und N. obturatorius versorgten Muskeln, Paresen der Hüftbeugung, Hüftadduktion und Kniestreckung, abgeschwächte oder erloschene Quadrizeps- und Adduktorenreflexe, Sensibilitätsstörungen unterhalb der Leiste (N. ilioinguinalis und N. iliohypogastricus), Vorderinnenseite des Oberschenkels (N. femoralis), Vorderaußenseite des Oberschenkels (N. cutaneus femoris lateralis) und Innenseite des Unterschenkels (N. saphenus).
- Schädigung des Plexus sacralis: Parese der ischiokruralen Muskulatur (Kniebeugung), Parese der Unterschenkel-, Fuß- und Zehenmuskulatur, Parese der Hüftabduktion (N. glutaeus superior), Lähmung der Hüftstreckung (N. glutaeus inferior), hypästhetisches Hautareal an der Rückseite des Oberschenkels sowie der Haut des Unterschenkels und Fußes (außer medialer Unterschenkel, versorgt vom N. saphenus).
Spezifische Nervenläsionen
- Meralgia paraesthetica: Das häufigste Kompressionssyndrom der unteren Extremität, betrifft den N. cutaneus femoris lateralis.
- Peroneusdruckschädigung am Fibulaköpfchen: Ein weiteres häufiges Kompressionssyndrom.
- N.-glutaeus-superior-Parese: Führt zu einer Lähmung der Hüftabduktion, was sich in einem positiven Trendelenburg-Zeichen und einem Watschelgang äußert.
- N.-glutaeus-inferior-Parese: Führt zu einer Parese der Hüftstreckung, besonders beim Treppensteigen bemerkbar.
Psoashämatom
Psoashämatome können zu Läsionen des Beinplexus oder des N. femoralis führen.
Ischämische Beinplexusschädigungen
Das Auftreten ischämischer Beinplexusschädigungen ist aufgrund der guten Gefäßversorgung des Plexus selten.
Iatrogene Schädigungen
Am häufigsten ist die intraoperative Dehnungsverletzung durch das forcierte Ziehen am Bein bei Einsatz einer Hüftprothese. Strahlenschäden des Beinplexus entstehen nach Bestrahlung von Tumoren im kleinen Becken.
Rübenzieherneuritis
Paresen der vom Plexus sacralis versorgten Muskeln nach langem Knien oder Hocken durch Überdehnung der Plexusanteile um die Mm. gemelli und den M. obturatorius externus.
Diagnostik
- Klinische Untersuchung: Umfasst die Prüfung der Motorik, Sensorik und Reflexe.
- Elektromyografie (EMG): Zum Nachweis von Denervierungszeichen und zur Lokalisation der Schädigung.
- Bildgebung: MRT oder CT zur Darstellung von Kompressionen, Tumoren oder Hämatomen.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Nervenschädigung. Konservative Maßnahmen wie Physiotherapie und Schmerztherapie können bei leichten Schädigungen ausreichend sein. Bei Kompressionen oder Tumoren kann eine operative Dekompression oder Resektion erforderlich sein.
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Anatomische Abbildungen und ihre Bedeutung
Anatomische Abbildungen sind essenziell für das Verständnis der komplexen Strukturen der unteren Extremitäten. Sie helfen, die Lage der Nerven, Muskeln, Gefäße und Knochen zueinander zu visualisieren und die Auswirkungen von Verletzungen oder Erkrankungen besser zu verstehen. Verfügbare Module mit detaillierten anatomischen Darstellungen bieten umfassende Einblicke in die Anatomie der unteren Extremitäten und unterstützen das Lernen und die klinische Praxis. Diese Module enthalten in der Regel Abbildungen im Vektorformat, die eine optimale Anpassung an das Web ermöglichen und von Experten erstellt wurden.
Diese Abbildungen umfassen typischerweise:
- Regionen der unteren Gliedmaße: Vorder- und Hinteransichten von Hüfte, Oberschenkel, Knie, Bein, Knöchel, Fußwurzel und Zehen.
- Osteologie: 3D-Ansichten und Diagramme der Knochenstrukturen mit Muskelansätzen und Bändern des Hüftknochens, des Oberschenkelknochens, der Kniescheibe, des Schienbeins, des Wadenbeins und des Fußes.
- Gelenke: Darstellung der Bänder und Gelenkstrukturen des Beckengürtels, des Hüftgelenks, des Kniegelenks und der Sprunggelenke.
- Myologie: Diagramme der verschiedenen Muskellagen des Oberschenkels und des Beins sowie detaillierte Abbildungen der einzelnen Muskeln.
- Arterien und Venen: Verlauf und Äste der wichtigsten Arterien und Venen der unteren Extremität.
- Innervation: Diagramme des Lenden-Kreuz-Geflechts und seiner Hauptnervenäste.
- Dermatome: Darstellung der Dermatome der unteren Extremität in Vorder- und Hinteransicht.
- Anatomische Schnitte: Querschnitte der unteren Gliedmaßen, die die Lage der verschiedenen Strukturen zueinander zeigen.
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