Ein Nervenzusammenbruch, umgangssprachlich auch als akute Belastungsreaktion bezeichnet, ist eine extreme Stressreaktion des Körpers und der Psyche auf eine kurzfristige Überlastung. Er kann jeden Menschen treffen und stellt eine extreme Belastung dar. Oft tritt er unmittelbar nach einem traumatischen Erlebnis auf, das starke Emotionen wie Angst oder Trauer auslöst. Es ist wichtig, die Symptome frühzeitig zu erkennen und angemessen zu reagieren, um langfristige Folgen zu vermeiden.
Was ist ein Nervenzusammenbruch?
Eine akute Belastungsreaktion ist eine vorübergehende, aber extreme Reaktion auf ein belastendes Ereignis. Diese Reaktion tritt meist wenige Minuten nach dem Auslöser ein. Andere Bezeichnungen für diese Reaktion sind zum Beispiel auch psychischer oder seelischer Schock. Die Belastungsreaktion ist ein natürlicher Bestandteil des Bewältigungsprozesses unseres Körpers, der uns dabei hilft, in dem Moment mit dem schockierenden Erlebnis umzugehen.
Abhängig von der Zeitspanne, für die die Symptome andauern, unterscheidet man folgende Formen:
- Akute Belastungsreaktion (bis zu 48 Stunden nach dem Ereignis)
- Akute Belastungsstörung (bis zu vier Wochen nach dem Ereignis)
- Akute posttraumatische Belastungsstörung (bis zu drei Monate nach dem Ereignis)
Außerdem gibt es weitere Reaktionen, die mit den genannten verwandt sind:
- Chronische posttraumatische Belastungsstörung: Es bestehen noch drei Monaten nach dem belastenden Ereignis Symptome.
- Anpassungsstörung: Aufgrund einschneidender Erlebnisse, wie zum Beispiel der Verlust des Partners, gelingt es nicht mehr, den Alltag zu bewältigen.
Es gibt auch einen stillen Zusammenbruch, der mit einer langsamen, schleichenden Verschlechterung des psychischen Zustands einhergeht. Im Gegensatz zum akuten Nervenzusammenbruch, entwickelt sich ein "stiller Nervenzusammenbruch" im Zuge eines kontinuierlichen Stresslevels oder anderer psychisch belastenden Situationen.
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Ursachen eines Nervenzusammenbruchs
Auslöser einer Belastungsreaktion ist in der Regel ein Ereignis, das für eine der beteiligten Personen lebensbedrohlich ist. Dazu gehören etwa ein Unfall, eine Gewalterfahrung oder der Verlust eines nahestehenden Menschen. Traumatisierende Ereignisse können in der Regel nicht vermieden werden. Doch auch sehr stressige Lebensphasen, etwa durch häufige Auseinandersetzungen in konfliktreichen Partnerschaften oder berufliche Dauerüberlastung, können zu einem Zusammenbruch führen.
Prinzipiell kann jeder Mensch einen Nervenzusammenbruch erleiden, manche sind allerdings anfälliger als andere, eine akute Belastungsreaktion zu entwickeln. Es gibt verschiedene Faktoren, die das Risiko, einen Nervenzusammenbruch zu erleiden, erhöhen. Dazu zählen unter anderem:
- Vorherige Erkrankungen (körperliche und seelische)
- Erschöpfung
- Psychische Verletzlichkeit (Vulnerabilität)
- Fehlende Strategien, um mit dem Erlebten umzugehen (fehlendes "Coping")
Symptome eines Nervenzusammenbruchs
Die Anzeichen sind individuell unterschiedlich und können stärker oder schwächer werden. Nonverbale Signale wie auffällige Mimik und Gestik können Ausdruck der inneren Belastung sein und auf einen akuten Stresszustand hindeuten. Beobachter können anhand dieser Gebärden möglicherweise erkennen, dass eine Person einen Nervenzusammenbruch erlebt, auch wenn keine verbale Kommunikation stattfindet.
Typisch sind verschiedene körperliche und emotionale Symptome. Folgende Anzeichen und Symptome sind typisch für einen Nervenzusammenbruch:
- Veränderte Wahrnehmung: Derealisation (die Umwelt wird als fremd wahrgenommen) und Depersonalisation (sich selbst als fremd wahrnehmen).
- Bewusstseinseinengung: Die Gedanken kreisen ausschließlich um die belastende Situation.
- Wiedererleben: Die Ausnahmesituation wird in Albträumen oder Flashbacks wiedererlebt.
- Erinnerungslücken: Amnesie bezüglich des Ereignisses kann auftreten.
- Übererregung: Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Schreckhaftigkeit, erhöhte Reizbarkeit.
- Vermeidungsverhalten: Sozialer Rückzug.
- Gefühlsstörungen: Starke Stimmungsschwankungen (z. B. Aggression, Angst, Trauer) oder unangemessenes Weinen und Lachen.
- Körperliche Symptome: Erröten, Schweißausbrüche, Herzrasen, Blässe, Übelkeit.
- Sprachloses Entsetzen: Unfähigkeit, das Erlebte in Worte zu fassen.
Manche Symptome eines Nervenzusammenbruchs beziehungsweise einer akuten Belastungsstörung ähneln denen einer Depression, sind aber davon abzugrenzen.
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Behandlung eines Nervenzusammenbruchs
Obwohl eine Belastungsreaktion in der Regel nach 48 Stunden überwunden ist, sollte schnell gehandelt werden, um die Situation zu beruhigen. Vor allem bei psychischer Vorbelastung sollte sofort psychologische Hilfe gesucht werden.
Erste Hilfe bei einem akuten Nervenzusammenbruch
- Sichere Umgebung schaffen: Betroffene sollten nicht allein sein. Hilfreich ist es, an einem ruhigen Ort zu bleiben, wo äußere Reize wie grelles Licht oder laute Geräusche minimiert sind.
- Direkt nach dem auslösenden Ereignis ist es wichtig, die Person zu beruhigen
- Medizinische Unterstützung einholen: Nach traumatischen Erlebnissen können Seelsorgerinnen sowie Ärztinnen oder Therapeut*innen helfen, um die emotionale Belastung zu bewältigen. In Notfällen kann auch ein Krankenhaus mit speziellen Schockräumen zur Stabilisierung aufgesucht werden.
- Verständnis zeigen und beruhigend einwirken: Bewertungen oder Ratschläge möglichst vermeiden, da diese zusätzlichen Druck erzeugen und das Gefühl der Isolation verstärken können. Zuhören und anbieten, über die belastende Erfahrung zu sprechen, kann manchmal eine Erleichterung verschaffen.
- Unterstützung anbieten, um medizinische Unterstützung zu erhalten, dabei jedoch keinen Druck ausüben
- Unterstützung weiterhin zusichern, auch wenn die Hilfe zunächst abgelehnt wurde
- In bestimmten Fällen wie Panikattacken können auch Beruhigungsmittel die Symptome lindern. Diese Medikamente sollten jedoch nur unter ärztlicher Aufsicht und kurzfristig eingenommen werden.
Wenn die Person sich nach mehreren Stunden nicht beruhigt, können Behandlungsangebote wie Krisenintervention notwendig sein. Bei akuter Suizidgefahr sollte zudem ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik erwogen werden.
Professionelle Behandlung
Im ersten Schritt der Therapie steht die Kontaktaufnahme zu dem Patienten im Vordergrund. In einer sicheren Umgebung erhält der Betroffene Unterstützung. Erkennt die betreuende Person in ersten Gesprächen mit dem Patienten eine mögliche Gefahr der Selbsttötung (Suizidalität), veranlasst sie, dass der Patient stationär aufgenommen wird.
Besteht keine akute Gefahr, erfolgt die Behandlung meistens ambulant. Sie besteht aus verschiedenen psychologischen Therapien wie:
- Verhaltenstherapie: Patienten sollen ein gestörtes Verhalten verlernen und ein neues lernen.
- Psychoedukation: Patienten sollen die akute Belastungsreaktion als Krankheit verstehen lernen und so besser bewältigen.
- EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing): Durch bestimmte Augenbewegungen soll das Trauma neu erlebt und besser verarbeitet werden.
- Hypnose
Wenn der Patient zum Beispiel durch Schlafstörungen extrem belastet ist, verschreibt der Arzt gegebenenfalls kurzzeitig schlafanstoßende und dämpfende Medikamente wie Benzodiazepine, Z-Substanzen oder sedierende Antidepressiva.
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Was tun nach einem Nervenzusammenbruch?
Nach einem Zusammenbruch ist es wichtig, den gewohnten Alltag so gut wie möglich aufrechtzuerhalten, da soziale Isolation die Symptome verstärken kann. Der Kontakt zu vertrauten Personen wie Familie oder engen Freund*innen hilft oft, das Erfahrene zu verarbeiten.
Falls weiterhin Flashbacks, Albträume oder starke Ängste auftreten, sollte eine Psychotherapie erwogen werden. Eine traumafokussierte Therapie kann helfen, belastende Erlebnisse zu verarbeiten. Verfahren wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) oder Verhaltenstherapie können zudem das Risiko einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) verringern.
Bewältigungsstrategien (Coping)
Um mit traumatisierenden Ereignissen besser umzugehen, können Bewältigungsstrategien, auch "Coping" genannt, hilfreich sein.
- Gefühle annehmen: Angst, Wut und Trauer sind normale Reaktionen auf stressige Erlebnisse. Betroffene sollten sie zulassen und die Gefühle nicht verdrängen, wenn sie aufkommen. So können diese wieder abklingen.
- Soziales Umfeld: Kontakte zu Freunden oder Gruppenaktivitäten verbessern in der Regel das emotionale Gleichgewicht.
- Entspannungstechniken: Atemübungen, Meditation oder leichte Dehnübungen helfen, sich zu beruhigen und Stress abzubauen.
- Gesunde Gewohnheiten: Auf Alkohol und Drogen verzichten, da diese die Symptome eines Nervenzusammenbruchs verstärken können.
- Regelmäßige Routine: Tägliche Aufgaben wie Duschen, Anziehen und regelmäßige Mahlzeiten unterstützen viele Betroffene, sich wieder zurechtzufinden.
- Überforderung vermeiden: Um Stress gar nicht erst entstehen zu lassen, sollte man sich nicht zu viel auf einmal vornehmen und regelmäßig Pausen einlegen.
- Erinnerungsbuch führen: Eine Methode, um positive Gefühle zu verstärken und schwierige Erinnerungen zu bewältigen, die jedoch vorsichtig eingesetzt werden sollte.
Warnsignale und Prävention
Warnsignale werden von Betroffenen vielfach lange ignoriert. Sei es, weil sie die Symptome tatsächlich nicht wahrnehmen oder sie nicht wahrhaben wollen. In der Regel wenden sich von Burnout Betroffene zunächst wegen körperlicher Beschwerden wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Verdauungsprobleme an eine Ärztin oder einen Arzt. Können diese keine körperlichen Ursachen finden, überweisen sie an Spezialisten.
Es gibt keine Maßnahme, durch die sich einem Nervenzusammenbruch oder einer akuten Belastungsreaktion zuverlässig vorbeugen lässt. Traumatische Ereignisse ereilen Menschen schicksalshaft, und es lässt sich nicht vorhersagen, wie betroffene Personen darauf reagieren.
Um einem Nervenzusammenbruch durch Dauerstress vorzubeugen, sollten Sie die folgenden Tipps berücksichtigen:
- Treten Sie beruflich oder privat kürzer: Reduzieren Sie Ihre Belastung zumindest kurzzeitig deutlich, um neue Kraft zu tanken. Auch langfristig sollten Sie Ihre Lebensgewohnheiten überdenken.
- Gönnen Sie sich mehr Entspannung: Bauen Sie gezielt Entspannungsphasen in Ihren Alltag ein, in denen Sie Dingen nachgehen, die Ihnen Freude bereiten.
- Bewegen Sie sich: Sport ist nicht nur gesund, sondern kann auch glücklich machen: Beim Joggen werden beispielsweise Endorphine, die auch als Glückshormone bekannt sind, ausgeschüttet. Am besten bewegen Sie sich bei schönem Wetter draußen an der frischen Luft, das macht doppelt glücklich.
- Sprechen Sie mit Angehörigen und/oder Freund*innen über Ihre Situation und Ihre Gefühle.
Wichtige Anlaufstellen
Bei einer akuten Belastungsreaktion helfen die Telefonseelsorge unter der Nummer 116 123 (kostenfrei und anonym). Auch der psychiatrische Krisendienst für kurzfristige, psychologische Unterstützung ist über regionale Notrufnummern erreichbar. Neben hausärztlichen Praxen oder Notfallambulanzen bieten auch Internetseiten wie „Klinikradar“ Hilfe. Dort werden Kliniken aufgelistet, die etwa auf die Behandlung von Belastungsstörungen spezialisiert sind.
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