Nervenschmerzen, auch als neuropathische Schmerzen bekannt, sind eine Folge von Schädigungen oder Erkrankungen des Nervensystems. Sie unterscheiden sich von anderen Schmerzarten wie Rücken-, Kopf- oder Tumorschmerzen dadurch, dass die Schmerzimpulse nicht mehr in den Nervenendigungen der Schmerzfasern im Gewebe entstehen. Als Mitglied der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. profitieren Sie von zahlreichen Vorteilen im Bereich der Schmerzbehandlung.
Was ist eine Nervenentzündung (Neuritis)?
Mediziner bezeichnen eine Entzündung der Nerven, die häufig mit Schmerzen verbunden ist, als Neuritis. Betroffen sein können sowohl die peripheren Nerven (außerhalb des zentralen Nervensystems liegend) als auch die Hirnnerven. Eine Nervenentzündung kann grundsätzlich alle Nerven im Körper betreffen, wodurch Nervenschmerzen prinzipiell in jeder Körperregion denkbar sind.
Ursachen von Nervenentzündungen und Nervenschmerzen
Die Gründe für die Entstehung von Nervenentzündungen sind vielfältig. Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen) werden durch eine Schädigung des Nervensystems selbst ausgelöst. Dabei können sowohl das periphere als auch das zentrale Nervensystem betroffen sein.
Mögliche Ursachen für Nervenschädigungen und somit für Nervenschmerzen sind:
- Infektionen: Gürtelrose (Herpes zoster), Gehirnentzündung (Enzephalitis), Masern, Mumps, Borreliose
- Erkrankungen: Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Schlaganfall
- Verletzungen: Bandscheibenvorfall, Nervenquetschungen, Nervendurchtrennungen, Verletzungen von Muskeln, Knochen oder Nerven selbst
- Medikamente: Chemotherapien
- Toxine: Alkohol, chemische oder pflanzliche Gifte
- Mechanischer Druck: Karpaltunnelsyndrom, Tumoren
- Weitere Ursachen: Amputationen (Phantomschmerzen), Veränderungen des Gehirns
Ein Beispiel für mechanischen Druck auf den Nerv, wodurch sich dieser entzündet, ist das Karpaltunnelsyndrom, bei dem mechanischer Druck auf den mittleren Handnerv (Nervus medianus) ausgeübt wird, wodurch eine Entzündung entstehen kann. Auch eine unsymmetrische und ungleichmäßige Belastung von Armen, Beinen, Händen oder Füßen auf einer Seite kann zu starken Reizungen der Nerven führen, die sich schließlich entzünden können.
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Bei der Gürtelrose (Herpes zoster) entstehen die neuropathischen Schmerzen im Bereich kleiner Nerven in der Haut, deren Schädigung als Folge einer Nervenentzündung durch das Varizella-Zoster-Virus hervorgerufen wird. Dieses Virus kann nach einer Windpockeninfektion im Kindesalter dauerhaft in den Nervenwurzeln von Rückenmark und Hirnnerven verbleiben. Durch Stress oder ein im Alter oder durch Krankheiten geschwächtes Immunsystem können diese Viren wieder aktiv werden und Wochen bzw. Monate nach dem Auftreten der Gürtelrose zu Nervenschmerzen führen.
Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel, wie er bei Diabetes mellitus vorkommt, kann die feinen Nervenendigungen schädigen und zu einem Brennschmerz der Füße führen. Diese Brennschmerzen und auch Berührungsschmerzen beginnen am Fuß und erweitern sich sockenförmig (können auch an den Händen auftreten).
Symptome einer Nervenentzündung
Werden Nerven gereizt oder entzünden sie sich, können verschiedene Beschwerden auftreten. Diese sind auch abhängig davon, welcher Nerv betroffen ist. Typische Symptome einer Nervenentzündung sind:
- Schmerzen: stechend, brennend, reißend oder dumpf
- Gefühlsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln, Missempfindungen, Empfindungsstörungen
- Muskelschwäche: Einschränkungen in der Feinmotorik (z.B. Zugreifen), Lähmungserscheinungen
- Weitere Symptome: Durchblutungsstörungen, Schweißausbruch
Die Schmerzwahrnehmung bei Nervenschmerzen ist typischerweise verändert. Schon harmlose Reize wie leichte Berührung, Wärme, Kälte oder Druck auf der Haut können bei Betroffenen Schmerzen auslösen (Allodynie). Zudem weisen Betroffene häufig eine verstärkte Schmerzempfindlichkeit nach anderen schmerzauslösenden Reizen auf, die als Hyperalgesie beschrieben wird.
Einige Betroffene berichten von Missempfindungen, Taubheitsgefühlen und Nervenschmerzen. Im Rahmen einer Neuralgie können Symptome eine stechende, brennende, reißende oder dumpfe Schmerzwahrnehmung umfassen. Diese können sowohl als mehrstündige bis mehrtägige Anfälle auftreten, aber auch zu einer chronischen Erkrankung werden.
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Diagnose von Nervenentzündungen
Wenn Sie unter Missempfindungen, Taubheitsgefühlen und Nervenschmerzen leiden, sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen. Bei einem solchen Anliegen ist der Allgemeinarzt eine gute erste Anlaufstelle. Er kann Sie dann - etwa bei Verdacht auf eine entzündliche Nervenschädigung - an einen Neurologen verweisen.
Die Diagnose „neuropathischer Schmerz“ kann mit umso größerer Sicherheit gestellt werden, je mehr übereinstimmende Hinweise auf eine Nervenschädigung im Rahmen der Untersuchung und Befragung des Patienten gefunden werden.
Die Diagnostik richtet sich nach den jeweiligen Symptomen. Um die Ursache zu klären, sind verschiedene Untersuchungen notwendig. Maßgebend ist vor allem das Ausmaß der Entzündung. Um die betroffenen Nervenbahnen zu lokalisieren, stehen verschiedene neurologische bzw. physiologische Analyseverfahren im Vordergrund.
Die diagnostische Abklärung umfasst in der Regel:
- Anamnese: Der behandelnde Arzt beginnt mit einer ausführlichen Befragung (Anamnese) des Patienten. Der Mediziner möchte hier vor allem wissen, wann und wo genau die Beschwerden auftreten, wie lange diese schon bestehen (hier ist zum Beispiel ein zuvor erstelltes „Schmerztagebuch“ hilfreich) und ob es Vorerkrankungen bei dem Betroffenen selbst oder in der Familie gab.
- Neurologische Untersuchung: Sobald diese Fragen geklärt sind, beginnt die neurologische Untersuchung. Dabei werden verschiedene Überprüfungstests durchgeführt. Im Rahmen der neurologischen Untersuchungen werden verschiedene Überprüfungstests durchgeführt.
- Sinneswahrnehmungen: Dazu zählen beispielsweise Tast-, Hör-, Seh-, Riech- und Geschmackstests.
- Mimik und Augenbewegung: Der Patient soll bestimmte Bewegungen ausführen.
- Motorische Fähigkeiten: Der Mediziner prüft die Motorik, Koordination und Reflexe. Beispiel: Er schlägt mit einem kleinen Reflexhammer vorsichtig auf eine Sehne, woraufhin eine Reaktion in Form einer Muskelkontraktion folgen sollte.
- Sonstige Körperfunktionen: Hier untersucht der Arzt den Herzschlag, die Atmung, Schweißproduktion und Verdauung.
- Zusätzliche Tests:
- Schmerzzeichnung und Schmerzfragebögen: Zur Erfassung von Verteilungsmuster, Stärke und Qualität der Schmerzen.
- Quantitative sensorische Testung (QST): Zur Prüfung der Hautempfindlichkeit.
- Neurographie: Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit.
- Somatosensibel evozierte Potenziale (SEP): Zur Prüfung der gesamten Gefühlsbahn von der Haut über das Rückenmark bis ins Gehirn.
- Blutuntersuchungen: Bei Verdacht auf eine Nervenentzündung mit Nervenschmerzen besteht des Weiteren die Option, das Blut auf Erreger einer Infektion zu untersuchen.
- Liquoruntersuchung: In eher seltenen Fällen wird Liquor (Gehirn- beziehungsweise Rückenmarksflüssigkeit) über eine Lumbalpunktion im Lendenbereich entnommen und im Labor überprüft.
- Bildgebende Verfahren:
- Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT, auch als Kernspintomografie bezeichnet): Sie können eine Nervenschädigung direkt sichtbar machen. Bildgebende Verfahren wie eine Magnetresonanztomographie (MRT) können Entzündungsherde im zentralen Nervensystem zeigen.
- Videorasterstereografie: Dabei wird ein Lichtmuster auf die Wirbelsäule eines stehenden, entkleideten Patienten projiziert. Ein Computer analysiert die Daten und berechnet die spezifische Fehlbelastung.
- Elektrophysiologische Messungen:
- Elektromyogramm (EMG): Ein Elektromyogramm (EMG) misst die elektrischen Impulse, die in den Muskeln erzeugt werden. Die gemessene Spannung wird sowohl im Seitenvergleich als auch in Ruhe und unter Belastung bewertet.
- Messung der Nervenleitgeschwindigkeit via Elektroneurographie: Die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit via Elektroneurographie gehört ebenfalls zu den Untersuchungsmöglichkeiten eines Neurologen.
Behandlungsmöglichkeiten von Nervenentzündungen
Die Behandlung einer Nervenentzündung richtet sich nach der Ursache und der speziellen Art der Erkrankung. Vor allem muss die nervenschädigende Ursache diagnostiziert und konsequent behandelt werden. Die Behandlung einer Neuralgie beinhaltet unterschiedliche Methoden, die zumeist in Kombination angewandt werden. Auch geeignete Medikamente können zu einer ersten Linderung führen. Des Weiteren ist die Entspannung, etwa durch Wärme, und die regelmäßige Bewegung, zum Beispiel im Rahmen einer Physiotherapie, von großer Bedeutung für den Heilungsprozess. Bei manchen Neuralgien ist eine Operation in Betracht zu ziehen, bei der die betroffenen Nervenwurzeln selektiv durchtrennt werden.
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Die Therapie von Nervenschmerzen ist oft schwierig, denn rezeptfreie Schmerzmittel wirken in der Regel nicht bei den Patienten.
Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören:
- Medikamentöse Therapie:
- Schmerzmittel: Bei der Behandlung kommen zum Beispiel schmerzlindernde Medikamente wie Antidepressiva oder Opioide zum Einsatz.
- „Einfache“ Schmerzmittel mit Wirkstoffen wie Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol oder Ibuprofen blockieren das sogenannte COX-Enzym und reduzieren so die Produktion der Prostaglandine, also bestimmter chemischer Verbindungen, die an der Schmerzentstehung beteiligt sind. Ihre Wirkung bei Nervenschmerzen wird von Experten aber eher als gering eingestuft.
- Bei schweren und akuten Schmerzen kommen rezeptpflichtige Opioide zum Einsatz, die im zentralen Nervensystem wirken. Sie docken an sogenannte Opioid-Rezeptoren an und hindern so die Nervenzellen an der Schmerzweiterleitung.
- Alternative Schmerzmedikamente: Alternative Schmerzmedikamente kommen oftmals auch aus der Epilepsie- oder Depressions-Therapie. Dazu zählen beispielsweise Antikonvulsiva oder Antidepressiva.
- Lokalanästhetika: Von außen können Pflaster oder Salben mit einem Lokalanästhetikum (lokal betäubend wirkendes Mittel) vor allem Schmerzen unmittelbar unter der Haut lindern. Ein häufig enthaltener Wirkstoff ist beispielswiese Lidocain.
- Weitere Medikamente: Gegen bakterielle Infektionen verschreiben Mediziner oftmals Antibiotika. Bei einem Virenbefall ist dieses Medikament jedoch wirkungslos, hier kommen antivirale Arzneien (Virostatika) zum Einsatz.
- Schmerzmittel: Bei der Behandlung kommen zum Beispiel schmerzlindernde Medikamente wie Antidepressiva oder Opioide zum Einsatz.
- Nicht-medikamentöse Verfahren:
- Physiotherapie/Krankengymnastik: In der Physiotherapie und Krankengymnastik lernen Sie einzeln oder in der Gruppe verschiedene Techniken und Übungen kennen, mit denen Sie Ihre Gefühlsstörung, Gleichgewichts- oder Bewegungsfunktionen wieder verbessern können. Gezielte Übungen können bei einer Nervenentzündung die Regeneration fördern, Schmerzen lindern und das Risiko für erneute Entzündungen senken.
- Ergotherapie: In der Ergotherapie wenden wir gestalterische und handwerkliche Techniken an, um die Feinmotorik und das Tastvermögen wieder zu stärken.
- Psychotherapie: Wir bieten psychologische Unterstützung in Einzel- oder Gruppentherapie.
- Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS-Therapie), bei der Schmerzen mit elektrischen Impulsen behandelt werden, Blockadeverfahren - hierbei werden Nervenzellkörper mithilfe von Lokalanästhesien betäubt - und / oder die Lokalbehandlung können die Schmerzmittelgabe ergänzen.
- Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Yoga helfen Ihnen dabei.
- Operative Behandlungsverfahren:
- Chirurgischer Eingriff: Im Falle einer verletzungs- oder druckbedingten Nervenentzündung, beispielsweise nach einem Unfall oder bei einem Karpaltunnelsyndrom, kann der Mediziner einen chirurgischen Eingriff in Betracht ziehen. Bei einer Operation beseitigt der Arzt die Verengung beziehungsweise die reizende Stelle und schafft Platz für den Nerv, damit dieser nicht weiter belastet wird.
- Implantation von Nervenstimulatoren: Bei sehr hartnäckigen Nervenschmerzen haben wissenschaftliche Untersuchungen anhaltende Therapieerfolge durch die Implantation von Nervenstimulatoren gezeigt. Hierbei werden Elektroden, die sanfte Impulse an die Nerven abgeben, in die Nähe des Schmerzursprungs implantiert und an einen im Bauchraum oder im Gesäß implantierten Neurostimulator angeschlossen.
- Weitere Ansätze:
- Patientenschulung und Selbsthilfe: In regelmäßigen Schulungen und Seminaren zeigen wir Ihnen einen bewussten Umgang mit Ihrer Erkrankung. Gleichzeitig lernen Sie, einen gesunden Lebensstil anzunehmen.
- Alternative Heilmethoden: Ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung und nach Absprache mit dem Arzt, können auch alternative Heilmethoden wie homöopathische Mittel angewendet werden.
Ein Teil der Behandlung ist auch die durch den Arzt kontrollierte Absetzung beziehungsweise Ersetzung von Medikamenten, die als potenzielle Nebenwirkung zu Nervenschädigungen führen können.
Prävention von Nervenentzündungen
Natürlich lässt sich eine Nervenentzündung nicht mit Sicherheit verhindern. Es ist jedoch möglich, die Gefahr von Nervenschmerzen durch eine gesunde Lebensweise zu reduzieren. Hierzu gehört unter anderem, den täglichen Alkoholkonsum einzuschränken. Solange Erwachsene eine bestimmte Menge an Alkohol nicht überschreiten, gilt dieser Konsum als risikoarm. Ihre Nerven freuen sich zudem besonders über eine Ernährung mit vielen Vitaminen. Rohkost, Obst sowie Milchprodukte und wenig Fleisch gelten als besonders gut, um einen Vitaminmangel vorzubeugen. Achten Sie zudem darauf, Stress - ob im Job oder in der Freizeit - zu vermeiden und gönnen Sie Ihren Nerven ausreichend Erholung, Ruhe und Schlaf. Regelmäßiger Sport dient ebenfalls dazu, Stress abzubauen.
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