Nervenentzündung beim Pferd: Ursachen, Symptome und Behandlung

Eine Nervenentzündung beim Pferd, auch bekannt als Neuritis, kann verschiedene Ursachen haben und sich in einer Vielzahl von Symptomen äußern. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Nervenentzündungen beim Pferd und bietet einen umfassenden Überblick über diese Erkrankung.

Einführung

Neurologische Erkrankungen können beim Pferd zu erheblichen Beeinträchtigungen führen. Nervenentzündungen, die das zentrale oder periphere Nervensystem betreffen, können die Lebensqualität des Pferdes erheblich mindern. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um die Auswirkungen zu minimieren und dem Pferd ein möglichst beschwerdefreies Leben zu ermöglichen.

Ursachen von Nervenentzündungen beim Pferd

Die Ursachen für Nervenentzündungen beim Pferd sind vielfältig. Sie können durch Infektionen, Verletzungen, Stoffwechselstörungen oder genetische Faktoren verursacht werden.

Infektionen

Verschiedene Infektionen können zu Nervenentzündungen führen. Dazu gehören:

  • Equines Herpesvirus 1 (EHV1): Dieses Virus kann neben respiratorischen Symptomen auch neurologische Erkrankungen verursachen, die durch Paresen und Paralysen gekennzeichnet sind. Die neurologische Form tritt häufiger im Spätherbst, Winter und Frühjahr auf.
  • Borreliose: Obwohl die wissenschaftliche Evidenz noch nicht vollständig erbracht ist, wird diskutiert, ob Borreliose beim Pferd neurologische Schäden verursachen kann.
  • Borna-Krankheit: Diese Virusinfektion des Nervensystems kann ebenfalls Ataxien auslösen, ist aber relativ selten.

Verletzungen

Traumatische Ereignisse können ebenfalls Nervenentzündungen verursachen:

Lesen Sie auch: Symptome einer Nervenentzündung erkennen

  • Wirbelsäulenverletzungen: Unfälle, die zu Verletzungen der Wirbelsäule führen, können Quetschungen und Traumata verursachen, die das Nervensystem beeinträchtigen.
  • Quetschungen und Prellungen: Blutergüsse und Prellungen im Bereich der Wirbelsäule können ebenfalls Nervenentzündungen auslösen.

Stoffwechselstörungen und Nährstoffmängel

Stoffwechselerkrankungen und Nährstoffmängel können ebenfalls zu Nervenentzündungen führen:

  • Mangelversorgung: Langanhaltende Mangelversorgungen können degenerative Prozesse im Nervensystem verursachen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin E kann zu einem erhöhten Sauerstoffverbrauch und Muskelschwund führen.
  • Mineralstoffmangel: Mängel an Kupfer und Kalzium können degenerative Prozesse in der Knochenstruktur fördern.

Genetische Faktoren

Genetische Einflüsse können ebenfalls eine Rolle spielen:

  • Wobbler-Syndrom: Inzucht oder schwere Fehlernährung während der Trächtigkeit können zu dieser Erkrankung führen, die durch eine Verengung des Nervenkanals in der Wirbelsäule gekennzeichnet ist.
  • Zerebellare Ataxie: Bestimmte Rassen wie Araber und Oldenburger haben eine Anfälligkeit für diese erbliche Form der Ataxie.

Symptome von Nervenentzündungen beim Pferd

Die Symptome einer Nervenentzündung können je nach betroffenem Bereich des Nervensystems variieren. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

Ataxie

Ataxie beschreibt einen Symptomkomplex, bei dem es um Schwierigkeiten bei der Bewegungskoordination geht. Die Hauptmerkmale sind Gleichgewichtsstörungen und ein unsauberes Gangbild.

  • Spinale Ataxie: Bewegungsstörungen, die durch Schäden am Rückenmark verursacht werden.
  • Zerebrale Ataxie: Störungen der Funktion des Groß-, Mittel- oder Zwischenhirns.
  • Zerebellare Ataxie: Erkrankung des Kleinhirns, die zu Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen führt.

Gangstörungen

Pferde mit Nervenentzündungen können verschiedene Gangstörungen zeigen:

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei chronischer Nervenentzündung im Rücken

  • Passgang: Unkoordinierte Bewegungen im Schritt.
  • Schwierigkeiten beim Rückwärtsgehen: Probleme beim Rückwärtsrichten, oft begleitet von Passgang.
  • Stolpern: Häufiges Stolpern aufgrund von Gleichgewichtsstörungen.
  • Schwanken: Starkes Schwanken beim Bergabgehen.
  • Zehenschleifen: Schleifen der Hinterbeine mit der Zehe über den Boden.

Verhaltensänderungen

Neurologische Erkrankungen können auch zu Verhaltensänderungen führen:

  • Reizbarkeit: Erhöhte Reizbarkeit und abnehmende Bereitschaft zur Mitarbeit.
  • Wesensveränderung: Veränderung des Charakters des Pferdes.
  • Apathie: Teilnahmslosigkeit und Desinteresse.

Weitere Symptome

Zusätzlich zu den oben genannten Symptomen können folgende Anzeichen auftreten:

  • Muskelschwund: Abbau von Muskelmasse.
  • Sensibilitätsstörungen: Veränderte oder fehlende Sensibilität in bestimmten Körperbereichen.
  • Schwierigkeiten beim Stillstehen: Probleme, das Gleichgewicht zu halten.
  • Krampfanfälle: Unkontrollierte Muskelzuckungen.
  • Festliegen: Unfähigkeit, aufzustehen.
  • Schweif-, Anus- und Blasenlähmung: In schweren Fällen kann es zu Lähmungen und Inkontinenz kommen.
  • Headshaking: Unwillkürliches Schlagen des Kopfes.

Diagnose von Nervenentzündungen beim Pferd

Die Diagnose einer Nervenentzündung erfordert eine gründliche Untersuchung durch einen Tierarzt.

Klinische Untersuchung

Der Tierarzt wird das Pferd sorgfältig untersuchen und auf Anzeichen von Ataxie, Schwäche oder Schmerzen achten.

Neurologische Untersuchung

Eine Reihe von Tests werden durchgeführt, um festzustellen, ob das Pferd neurologische Probleme hat. Dazu gehören:

Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Hautnervenentzündungen

  • Ataxie-Test: Überprüfung der Koordination und des Gleichgewichts.
  • Reflexprüfung: Überprüfung der Reflexe zur Beurteilung der Nervenfunktion.

Bildgebende Verfahren

Bildgebende Verfahren können helfen, die Ursache der Nervenentzündung zu identifizieren:

  • Röntgenaufnahmen: Zur Beurteilung der Wirbelsäule und zum Ausschluss von Frakturen oder Fehlstellungen.
  • Computertomografie (CT): Detaillierte Darstellung der Knochenstrukturen und des Rückenmarks.
  • Magnetresonanztomografie (MRT): Darstellung von Weichteilen wie Nerven und Rückenmark.
  • Myelographie: Ein spezielles bildgebendes Verfahren, bei dem ein Kontrastmittel in den Raum um das Rückenmark injiziert wird, um eine bessere Darstellung der Wirbel und des Rückenmarks zu ermöglichen.

Weitere diagnostische Maßnahmen

Zusätzlich zu den oben genannten Untersuchungen können folgende Maßnahmen erforderlich sein:

  • Liquorpunktion: Entnahme von Hirn-/Rückenmarksflüssigkeit zur Untersuchung auf Entzündungen oder Infektionen.
  • Elektromyographie (EMG): Messung der elektrischen Aktivität der Muskeln zur Beurteilung der Nervenfunktion.

Behandlung von Nervenentzündungen beim Pferd

Die Behandlung einer Nervenentzündung richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung.

Konservative Behandlung

In einigen Fällen kann eine konservative Behandlung ausreichend sein:

  • Entzündungshemmende Medikamente: Zur Reduzierung von Entzündungen und Schmerzen.
  • Schmerzmittel: Zur Linderung von Schmerzen.
  • Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Verbesserung der Koordination und Muskelkraft.
  • Manuelle Therapien: Rotlicht- und Infrarotbestrahlung, Wärmetherapie, Massagen, Taping und Körperbandagen, Vibrationstherapien und Bewegungstherapien.
  • Bewegungsprogramme: Schulung der Körperwahrnehmung und Förderung der Neubildung von Nervenfasern.
  • Koordinationsübungen: Balance-Pads, Bodenparcouren, Extreme-Trails oder Bodenrickarbeit.

Chirurgische Behandlung

In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein:

  • Wobbler-Syndrom: Operative Versteifung der Halswirbel, um das Rückenmark zu entlasten.
  • Tumorentfernung: Entfernung von Tumoren, die auf das Nervensystem drücken.

Medikamentöse Behandlung

Je nach Ursache der Nervenentzündung können verschiedene Medikamente eingesetzt werden:

  • Antibiotika: Bei bakteriellen Infektionen.
  • Virostatika: Bei Virusinfektionen wie EHV1.
  • Diuretika: Bei Prellungen und Blutergüssen an der Wirbelsäule.

Fütterungsmanagement

Eine angepasste Fütterung kann die Behandlung unterstützen:

  • Ausreichend Heu und Weidegang: Förderung der natürlichen Nahrungsaufnahme und Bewegung.
  • Vermeidung von hohen Stufen und steilen Abhängen: Reduzierung der Unfallgefahr.
  • Heu vom Boden anbieten: Vermeidung von Überanstrengung der Halswirbelsäule.
  • Vollständige Versorgung mit Aminosäuren: Insbesondere Threonin.
  • Vitamin-B-Präparate: Schutz von geschädigtem Nervengewebe.
  • Vitamin E: Verbesserung der Bewegungsfähigkeit.
  • Magnesium und Mangan: Vermeidung von Mangelerscheinungen.

Prognose

Die Prognose einer Nervenentzündung beim Pferd hängt von der Ursache, dem Schweregrad und dem Zeitpunkt der Diagnose ab. In vielen Fällen ist eine vollständige Heilung nicht möglich, aber durch eine Kombination aus konservativen und medizinischen Maßnahmen kann die Lebensqualität des Pferdes verbessert werden.

Faktoren, die die Prognose beeinflussen

  • Ursache der Nervenentzündung: Infektionen, Verletzungen oder genetische Faktoren.
  • Schweregrad der Erkrankung: Leichte Ataxie oder schwere Lähmungen.
  • Alter des Pferdes: Jüngere Pferde haben oft eine bessere Prognose.
  • Zeitpunkt der Diagnose: Frühzeitige Diagnose und Behandlung können das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.

Wann ist Einschläfern in Betracht zu ziehen?

Wenn dem Pferd kein schmerzfreies Leben ermöglicht werden kann oder die Koordinationsstörungen so weit gehen, dass das Pferd eine Gefahr für sich und andere darstellt, muss das Einschläfern in Betracht gezogen werden.

Headshaking

Headshaking ist ein besonderes Problem, das mit Nervenentzündungen in Verbindung stehen kann. Es ist definiert als ein Schlagen des Kopfes, das in der Regel unwillkürlich und ohne äußerlich erkennbaren Stimulus stattfindet.

Ursachen von Headshaking

  • Trigeminus-mediiertes Headshaking (TMHS): Eine funktionelle Störung des N. trigeminus mit einer daraus resultierenden herabgesetzten Nervenreizschwelle.
  • Symptomatisches TMHS: Eine primäre Erkrankung im Innervationsgebiet des Trigeminusnerven, die sekundär zu dessen Reizung führt.
  • Nicht-Trigeminus-mediiertes Headshaking: Ausgelöst durch muskuloskelettale Schmerzen oder als Ausdruck einer Verhaltensstörung.

Diagnose von Headshaking

Die Diagnose erfolgt in Form einer Ausschlussdiagnostik, um andere Ursachen auszuschließen.

Therapie von Headshaking

  • Therapie der Primärerkrankung: Bei symptomatischem TMHS und vertebralem Headshaking.
  • PENS-Therapie: Neuromodulationstherapie mittels perkutaner elektrischer Nervenstimulation.
  • Management: Reizminderung und effektive Insektenabwehr.

Kissing Spines

Kissing Spines ist eine weitere Erkrankung, die zu Nervenentzündungen führen kann. Dabei handelt es sich um die Folgen eines unphysiologischen Zusammenrückens der Dornfortsätze, was unter Umständen sehr schmerzhaft sein kann.

Ursachen von Kissing Spines

  • Muskelverspannungen: Langwierige Verspannungen ziehen die Wirbelkörper zusammen.
  • Trainingsfehler: "Nicht-über-den-Rücken-arbeiten" des Pferdes.
  • Fehlerhafte Hufbearbeitung: Fühligkeit und Verspannungen im Brustbereich.
  • Nicht angepasste Mineralisierung: Kontraktion der Muskulatur und der gesamten Rückenwirbelsäule.

Diagnose von Kissing Spines

Die Diagnose erfolgt durch Röntgenaufnahmen und klinische Untersuchung.

Therapie von Kissing Spines

  • Ausgleich von muskelrelevanten Nährstoffen: Magnesium, Mangan, Selen, Vitamin E und sekundäre Pflanzenstoffe.
  • Entsäuernde Maßnahmen: Basenbildende Kräuter und Salze.
  • Bewegungstherapie: Longieren über den Rücken.
  • Fütterung von gelenksrelevanten Nährstoffen: Glucosaminsulfat, Teufelskralle oder natürliches Vitamin E.

tags: #nervenentzündung #pferd #ursachen #symptome #behandlung