Hüft- und Leistenschmerzen sind weit verbreitete Beschwerden, die vielfältige Ursachen haben können. Sie können nach starker körperlicher Beanspruchung, aber auch unabhängig davon auftreten. Oftmals sind sie im Bereich der Leisten, im "Knick" zwischen Oberschenkel und Unterbauch bemerkbar und strahlen in eines oder beide Beine aus. Es ist wichtig zu verstehen, dass Hüftschmerzen für Patienten ohne ärztliche Unterstützung schwer zu beurteilen sind. Bei schweren oder lang andauernden Hüftschmerzen sowie bei Schwellungen, Rötungen, Verformungen oder Fieber ist es ratsam, einen Hüftspezialisten zu konsultieren.
Ursachen von Hüft- und Leistenschmerzen
Die Ursachen für Hüft- und Leistenschmerzen sind vielfältig und reichen von Problemen im Hüftgelenk selbst bis hin zu ausstrahlenden Schmerzen aus benachbarten Körperregionen. Im Folgenden werden die wichtigsten Ursachen näher beleuchtet:
Erkrankungen des Hüftgelenks
Hüftarthrose (Coxarthrose): Die weitaus häufigste Ursache für Schmerzen an der Hüfte sind Verschleißerscheinungen am Gelenk. Mit zunehmendem Alter nutzt sich der gesunde Gelenkknorpel ab. In fortgeschrittenen Stadien kann Knochen auf Knochen treffen, was zu Schmerzen, Steifheit und Bewegungseinschränkungen führt. Auslöser für die Arthrose im Hüftgelenk sind neben altersbedingtem Verschleiß und Abbauprozessen Unfälle oder Verletzungen am Gelenk, angeborene Fehlstellungen oder Folgewirkungen von Stoffwechselkrankheiten. Auch eine sogenannte systemische Gelenkentzündung, bei der mehrere Gelenke betroffen sind, kann Hüftschmerzen hervorrufen.
Angeborene oder erworbene Formstörungen des Hüftgelenks: Angeborene oder in der Kindheit bzw. Jugend erworbene Formstörungen des Hüftgelenkes können ebenfalls Hüftschmerzen verursachen. Dazu gehören insbesondere die Hüftdysplasie (angeborene Steilstellung des Hüftdaches) und das Impingement (Einklemmung zwischen Hüftkopf und Pfanne). Eine frühe Behandlung kann das Risiko einer Arthrose-Entstehung reduzieren.
Hüftkopfnekrose: Durchblutungsstörungen des Hüftkopfes können zu einer Hüftkopfnekrose führen. Bei dieser Erkrankung kommt es zum Absterben und damit häufig zur Ablösung von Teilen des Hüftkopfes, was oft mit sehr starken Schmerzen verbunden ist. Risikofaktoren für eine Hüftkopfnekrose bei Erwachsenen sind Rauchen, hohe Cholesterinwerte, übermäßiger Alkoholkonsum und hochdosierte Kortisontherapie.
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Entzündliche Erkrankungen: Weniger häufig, aber umso gefährlicher können entzündliche Erkrankungen sein. Besonders schmerzhaft und rasch verlaufen durch Bakterien verursachte eitrige Hüftgelenkentzündungen. Auch eine chronische Polyarthritis (rheumatoide Arthritis) kann das Hüftgelenk befallen.
Femoro-Acetabuläres Impingement (FAI): Das Femoro-Acetabuläre Impingement beschreibt eine Einklemmungserscheinung der Gelenklippe am Pfannenrand des Hüftgelenks. Dabei stößt der Oberschenkel-Hüftkopf an die Gelenkpfanne der Hüfte und schädigt diese mit der Zeit. Unbehandelt kann sich daraus eine Hüftarthrose entwickeln.
Labrumriss: Bei harten Stürzen auf das Hüftgelenk kann das knorpelige Labrum zerstört werden. Das Labrum vergrößert die Hüftpfanne mit einer weichen, bindegewebigen Struktur. Ein Hüftimpingement (Anstoßen von Knochen an Knochen) kann den Labrumriss verursachen. Nach einem Riss des Labrums am Hüftgelenk spürt der Betroffene meist ein Klicken im Hüftgelenk. Hüft- oder Leistenschmerzen sind häufige Begleiter des Labrumrisses.
Hüftluxation: Bei einer Luxation des Hüftgelenks tritt der Oberschenkelkopf aus der Gelenkpfanne (Acetabulum) aus. Dies erfordert eine gewaltige Krafteinwirkung, beispielsweise durch einen Unfall. Nach der Hüftluxation hat der Verletzte sofort starke Hüftschmerzen.
Störungen in der Nachbarschaft des Hüftgelenks
Schleimbeutelentzündung (Bursitis trochanterica): Schleimbeutelentzündungen an der Außenseite des großen Rollhügels (Trochanter major) verursachen anfangs bei Belastung und später auch in Ruhe stechende Schmerzen an der Außenseite der Hüfte. Sie sind meist durch Überlastung von Sehnen und Muskeln verursacht.
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Piriformis-Syndrom: Das so genannte Piriformis-Syndrom verursacht Schmerzen im Gesäß mit häufiger Ausstrahlung in die Hinterseite des Oberschenkels. Dabei kommt es zu einer Irritation des Ischiasnervs durch Druck oder eine überlastungsbedingte Veränderung im Piriformis-Muskel.
Erkrankungen der Lendenwirbelsäule: Durch Abnutzung oder Entzündung verursachte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule führen häufig zu einer Reizung von Nerven, die ausstrahlende Schmerzen im Gesäß und in der Hüftregion verursachen. Dazu gehören vor allem ein chronisch verlaufender Bandscheibenverschleiß sowie der Bandscheibenvorfall mit Beinschmerzen und auch rheumatische Veränderungen der Wirbelsäule (z. B. Bechterew-Erkrankung).
Störungen des Knochenstoffwechsels: Störungen des Knochenstoffwechsels und hier insbesondere die Osteoporose können zu schleichenden und auch akut auftretenden Brüchen des hüftnahen Oberschenkels, des Beckenringes und der Wirbelsäule führen. In Abhängigkeit von der Lokalisation sind damit oft langwierige Schmerzen in Rücken, Gesäß und Hüftbereich verbunden. Ein besonders dramatisches Problem ist der oft bei weiblichen Patienten nach der Menopause auftretende Schenkelhalsbruch.
Tumorerkrankungen: Seltene, aber umso gefährlichere Probleme verursachen Tumorerkrankungen im Hüftbereich. Dazu gehören vor allem Weichteiltumoren (oft in den gelenknahen Muskeln) und Tumorabsiedelungen bei Krebserkrankungen anderer Organe (Metastasen), die den Knochen befallen und zu Brüchen führen können.
Meralgia parästhetica: Hüftbeschwerden können weiterhin verursacht sein durch Missempfindungen des seitlichen Oberschenkel-Hautnervs (Meralgia parästhetica). Das Leistenband kann diesen Nerv leicht in seinem Verlauf einengen. Es gibt viele Ursachen für diese Nerveneinklemmung: Schwangerschaft, Gewichtszunahme oder viel zu enge Kleidung.
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Polymalgia rheumatica: Eine Polymalgia rheumatica ist eine Erkrankung aus dem Bereich der Gefäßentzündungen, die Hüftschmerzen verursachen kann.
Stoffwechselerkrankungen: Stoffwechselerkrankungen wie Gicht (Erkrankung des Harnsäurestoffwechsels) können zu beidseitigen Hüftschmerzen führen.
Fibromyalgie: Die Fibromyalgie ist ein komplexes Krankheitsbild mit wechselnden Schmerzen von Muskeln und Gelenken, das auch Hüftschmerzen verursachen kann.
Schnappende Hüfte: Bei der „schnappenden Hüfte“ handelt es sich um ein Sehnenschnappen, das meist bei jungen Mädchen auftritt und Beschwerden an der Außenseite der Hüfte verursacht.
Weitere Ursachen
Muskelverspannungen: Verspannen oder verkürzen sich die Muskeln, Sehnen und Bänder rund um das Hüftgelenk, kann das Hüftschmerzen verursachen, obwohl das Gelenk selbst gesund ist. Eine häufige Ursache von Hüftschmerzen ist die Verspannung des Psoas-Muskels, des großen Hüftbeugers.
Beinlängendifferenz: Eine Beinlängendifferenz kann ebenfalls Hüftschmerzen verursachen. Bei geringfügiger Differenz kommt es selten zu Schmerzen. Größere Unterschiede der Beinlängen führen zum Hinken und damit verbundenen Wirbelsäulenschmerzen und Hüftschmerzen.
Nervenprobleme: Nerven können an der Nervenwurzel im Rückenmark oder auf Ihrem Weg durch die Hüfte in das Bein eingeklemmt werden. Nervenreizungen in der Hüftumgebung verursachen starke Schmerzen und sind oft schwierig zu diagnostizieren. Dabei können verschiedene Nerven wie der Nervus ischiadicus (Ischiasnerv), der Nervus femoralis (Oberschenkelnerv) oder der Nervus obturatorius in der Leiste betroffen sein. Auch starke Hüftschmerzen können durch eine Blockade des Ischiasnervs ausgelöst werden.
Muskuläres Ungleichgewicht: Ein muskuläres Ungleichgewicht (Dysbalance) kann die zentrierende und stabilisierende Funktion der Hüft- und Beckenmuskulatur stören. Die Muskelprobleme entstehen meist an den Ansätzen oder durch Verkürzung der Muskulatur, besonders an den sogenannten Adduktoren der Beininnenseite.
Leistenschmerzen: Leistenschmerzen sind Schmerzen am vorderen Teil des Beckens. Sie können aufgrund von Überlastung auftreten oder auf zu viel Sitzen und zu wenig Bewegung zurückzuführen sein. Entsprechend können auch muskulär-fasziale Überspannungen in den Oberschenkeln, im Becken, Rücken oder in der Hüfte zu Beschwerden in den Leisten führen.
Diagnose von Hüft- und Leistenschmerzen
Um die Ursache von Hüft- und Leistenschmerzen zu ermitteln, ist eine sorgfältige Diagnostik erforderlich. Diese umfasst in der Regel:
- Anamnese: Eine ausführliche Befragung des Patienten zu seinen Beschwerden, Vorerkrankungen und Lebensumständen.
- Klinische Untersuchung: Eine körperliche Untersuchung, bei der der Arzt die Beweglichkeit der Hüfte prüft, Muskeln und Sehnen abtastet und neurologische Tests durchführt. Wenn durch die Rotation des Beines um seine eigene Achse - also dem Einwärtsdrehen des Fußes - Hüftschmerzen ausgelöst werden, gilt das als deutliches Zeichen für eine Hüftarthrose.
- Bildgebende Verfahren: Röntgenaufnahmen, Ultraschalluntersuchungen oder Magnetresonanztomographie (MRT), um die Knochen, Knorpel und Weichteile der Hüfte darzustellen.
Therapie von Hüft- und Leistenschmerzen
Die Therapie von Hüft- und Leistenschmerzen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Es gibt sowohl konservative als auch operative Behandlungsmöglichkeiten:
Konservative Therapie
- Schmerzmittel: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac können zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung eingesetzt werden. Bei einer Sehnenentzündung in der Leiste sollten Schmerzmittel wie Ibuprofen vermieden werden.
- Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Kräftigung der Muskulatur, Verbesserung der Beweglichkeit und Korrektur von Fehlhaltungen können helfen, die Beschwerden zu lindern. Bei akuten Schmerzen können Kälteanwendungen sinnvoll sein; Wärme hilft dagegen, wenn verspannte Muskeln die Ursache der Hüftschmerzen sind.
- Gewichtsreduktion: Bei Übergewicht kann eine Gewichtsreduktion die Belastung der Hüfte verringern.
- Entlastung: Bei bestimmten Erkrankungen, wie z.B. der Hüftkopfnekrose, kann die Entlastung des Hüftgelenks mittels Unterarmgehstützen sinnvoll sein.
- Injektionen: Injektionen von Kortikosteroiden oder Hyaluronsäure in das Hüftgelenk können Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern.
- Orthopädische Hilfsmittel: Hüftorthesen können zur Stabilisierung und Entlastung des Hüftgelenks eingesetzt werden.
- Akupunktur und Dry Needling: Diese alternativen Therapieverfahren können bei manchen Patienten zur Schmerzlinderung beitragen.
- Neuraltherapie: Die Neuraltherapie kann bei Nervenreizungen und Muskelverspannungen eingesetzt werden.
Operative Therapie
- Hüftarthroskopie: Bei bestimmten Erkrankungen, wie z.B. dem Labrumriss oder dem Femoro-Acetabulären Impingement, kann eine Hüftarthroskopie (minimalinvasive Gelenkspiegelung) durchgeführt werden, um die geschädigten Strukturen zu reparieren oder zu entfernen.
- Hüfttotalendoprothese (HTEP): Bei fortgeschrittener Hüftarthrose kann ein künstliches Hüftgelenk (Hüfttotalendoprothese) eingesetzt werden, um die Schmerzen zu beseitigen und die Beweglichkeit wiederherzustellen.
- Weitere Operationen: Je nach Ursache der Hüftschmerzen können auch andere operative Eingriffe erforderlich sein, wie z.B. die Korrektur von Hüftdysplasien oder die Entfernung von Tumoren.
Was Sie selbst tun können
Neben der ärztlichen Behandlung können Sie selbst einiges tun, um Hüft- und Leistenschmerzen zu lindern:
- Bewegung: Bleiben Sie in Bewegung, aber vermeiden Sie starke Belastungen. Geeignete Sportarten sind z. B. Radfahren und Schwimmen.
- Dehnübungen: Führen Sie regelmäßig Dehnübungen durch, um die Muskeln rund um die Hüfte zu dehnen und die Beweglichkeit zu verbessern.
- Ergonomie: Achten Sie auf eine gute Körperhaltung im Alltag und vermeiden Sie langes Sitzen in ungünstigen Positionen.
- Schuhwerk: Tragen Sie bequeme Schuhe mit guter Dämpfung.
- Wärme- und Kälteanwendungen: Bei chronischen Schmerzen können Wärmeanwendungen wie feucht-warme Umschläge oder erwärmte Kirschkernsäckchen helfen. Bei akuten Entzündungen sind Kälteanwendungen oft wohltuender.
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