Der menschliche Körper ist ein komplexes System, das Billionen von Zellen umfasst. Um dieses System effektiv zu steuern und zu koordinieren, bedient sich der Körper zweier Hauptkommunikationssysteme: des Nervensystems und des Hormonsystems. Beide Systeme sind zentrale Steuerungssysteme des menschlichen Körpers, die eng miteinander verbunden sind und zusammenarbeiten, um die Homöostase, also ein stabiles inneres Milieu, aufrechtzuerhalten. Obwohl beide Systeme der Kommunikation dienen, unterscheiden sie sich in ihrer Funktionsweise, Geschwindigkeit und Art der Signalübertragung.
Grundlagen des Hormonsystems
Das Hormonsystem, auch endokrines System genannt, wirkt als Kommunikationssystem des Körpers. Es besteht aus verschiedenen Organen und Geweben, die Hormone produzieren und freisetzen. Hormone sind chemische Botenstoffe, die über den Blutkreislauf zu ihren Zielzellen transportiert werden.
Die Rolle der Hormone
Die winzigen Botenstoffe spielen eine Schlüsselrolle in unserem Körper. Hormone üben Signalfunktionen aus und übertragen chemische Signale zwischen den Nervenzellen. Sie haben Einfluss auf zahlreiche Körperfunktionen, darunter:
- Energiehaushalt
- Wasser- und Salzhaushalt
- Knochenstoffwechsel
- Entwicklung und Sexualität
- Tag-Nacht-Rhythmus
- Verdauung
- Gefühlslage
Der Körper braucht diese Botenstoffe, um kontrolliert funktionieren zu können. Die meisten Hormone gelangen über den Blutkreislauf an ihren jeweiligen Bestimmungsort, wo sie nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an spezielle Rezeptoren andocken: So kann sich immer nur das passende Hormon mit dem jeweiligen Rezeptor verbinden. Einmal angedockt, wird die „Botschaft“ übermittelt und eine entsprechende Aktion in den Zellen ausgelöst. Dazu reichen schon winzige Mengen eines Hormons aus. Der Begriff „Hormon“ spiegelt übrigens genau diese Eigenschaft als Auslöser wider: Das griechische Verb horman bedeutet „anregen“ oder „antreiben“.
Arten von Hormonen
Die zahlreichen Hormone, die zusammen den Hormonhaushalt ausmachen, lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten unterscheiden. Die beiden Hauptkriterien für diese Unterscheidung sind der Entstehungsort und die Zusammensetzung der Hormone.
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- Entstehungsort: Die meisten Hormone werden in den sogenannten endokrinen Drüsen gebildet und von diesen ins Blut abgegeben. Endokrine Drüsen befinden sich unter anderem in der Bauchspeicheldrüse, in den Keimdrüsen in Hoden und Eierstöcken, der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), der Zirbeldrüse im Zwischenhirn oder in den Nebennieren. Neben diesen Hormonen aus endokrinen Drüsen gibt es noch die Gewebshormone. Sie werden nicht in Drüsen, sondern in einzelnen Zellen gebildet und beeinflussen benachbarte Zellen. Gewebshormone werden also nicht über das Blut transportiert. Außerdem produzieren einige Organe neben ihrer eigentlichen Funktion auch Hormone.
- Zusammensetzung: Nach ihrer stofflichen Zusammensetzung lassen sich drei Haupttypen von Hormonen unterscheiden:
- Eiweiße (Proteo- und Peptidhormone)
- Amine und Abkömmlinge von Aminosäuren
- Steroidhormone
Beispiele für Hormone und ihre Funktionen
- Insulin und Glukagon: Das Peptidhormon Insulin wird von der Bauchspeicheldrüse gebildet und ist am Energiehaushalt beteiligt. Insulin regt die Körperzellen an, Glukose aus dem Blut aufzunehmen, wodurch der Blutzuckerspiegel sinkt. Bei der Regulierung des Blutzuckers übernimmt Glukagon die Rolle des Antagonisten. Glukagon wird ausgeschüttet, wenn zu wenig Zucker im Blut ist. Es sorgt für die Abgabe von im Körper gespeichertem Zucker ins Blut, um einen niedrigen Blutzuckerspiegel anzuheben und so dem Körper genügend Energie bereitzustellen.
- Adrenalin, Noradrenalin und Acetylcholin: Adrenalin ist ein Amin aus den Nebennieren und ein Stresshormon, das den Körper kurzfristig leistungsfähiger macht, zum Beispiel in einer Gefahren- oder Fluchtsituation. Es beschleunigt unter anderem den Herzschlag und erweitert die Bronchien für eine Erleichterung der Atmung. Bei der Erhöhung des Blutdrucks durch Verengung der Gefäße wird Adrenalin von Noradrenalin unterstützt. Der Gegenspieler des Adrenalins ist das Acetylcholin, das den Blutdruck senkt, indem es Gefäße erweitert und den Herzschlag verlangsamt.
- Melatonin und Cortisol: Bei Melatonin handelt es sich um ein Amin, das in der Zirbeldrüse gebildet wird. Melatonin ist der Antagonist des Steroid- und Stresshormons Cortisol aus der Nebennierenrinde. Beide beeinflussen den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers. Melatonin stößt das Herunterregulieren des Kreislaufs an und fördert den Schlaf, während Cortisol tagsüber dafür sorgt, dass wir wach und aufmerksam sind. Wenn es dunkel wird, stellt die Zirbeldrüse mehr Melatonin her. Energieverbrauch, Körpertemperatur und Blutdruck sinken - wir werden müde.
- Testosteron: Testosteron ist ein Steroidhormon. Bei Männern wird es zum größten Teil in den Hoden produziert, aber auch die Nebennieren und Eierstöcke sind in der Lage, kleinere Mengen an Testosteron zu synthetisieren. Das männliche Sexualhormon führt zu Wachstum von Hoden und Penis während der Pubertät. Es reguliert die Bildung und Reifung der Spermien und ist auch verantwortlich für die Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale wie verstärktes Wachstum des Kehlkopfes und der Stimmbänder, Bartwuchs sowie Körper- und Achselbehaarung. Außerdem regt es die Muskelbildung an.
- Östrogen: Östrogene sind Steroid- und weibliche Sexualhormone, die vor allem in den Keimdrüsen der Eierstöcke, zu einem geringen Teil auch in der Nebennierenrinde gebildet werden. Auch bei Männern werden kleine Mengen in den Hoden gebildet. Östrogene sind maßgeblich an der Regulation des weiblichen Zyklus beteiligt. Unter ihrem Einfluss kommt es zum Wachstum der Brüste. Sie sind auch wichtig für den gesunden Aufbau der Knochen. Aber auch im Fettgewebe kann aus Androgenen Östrogen hergestellt werden. Ein Ungleichgewicht kann in der Pubertät bei Jungen zu einem Brustwachstum führen, das sich meist in den Folgejahren wieder zurückentwickelt.
- Erythropoetin (EPO): Das Peptidhormon wird in der Niere sowie zu einem geringeren Anteil in der Leber gebildet und regt die Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten) an. Diese sind für den Sauerstofftransport im Körper zuständig. Durch die Steigerung des Anteils an roten Blutkörperchen kann die Leistungsfähigkeit des Organismus erhöht werden. Aus diesem Grund wird EPO als Dopingmittel im Wettkampfsport zur Leistungssteigerung missbraucht. Medizinisch macht man sich die Gabe von Erythropoetin zunutze, wenn es durch bestimmte Erkrankungen oder medizinische Behandlungen zu einer Blutarmut gekommen ist.
- Schilddrüsenhormone T3 und T4: Die Amine T3 (Triiodthyronin) und T4 (Thyroxin) sind besonders wichtig für das Wachstum und die Entwicklung des Gehirns. Sie sind in aktiver Form an der Regulation der Körpertemperatur beteiligt, erhöhen Puls und Blutdruck und können den Abbau von Energiereserven aus Leber und Muskeln beschleunigen.
- Somatotropes Hormon (auch Somatotropin): Das Peptidhormon aus der Hirnanhangdrüse ist als „Wachstumshormon“ bekannt. Es fördert den Stoffwechsel und stimuliert das Wachstum von Knochen und Muskeln.
Zusammenspiel der Hormone
Einzelne Hormone ergänzen sich gegenseitig. Die hormonellen Gegenspieler oder Antagonisten Insulin-Glukagon, Adrenalin-Acetylcholin und Cortisol-Melatonin sind nur drei Beispiele dafür, wie Hormone zusammenwirken, um unseren Körper funktions- und leistungsfähig zu halten. Dabei greifen die einzelnen Wirkmechanismen ineinander und ergänzen sich zu einem sinnvollen Ganzen. Der Hormonhaushalt ist sogar so komplex, dass es Hormone gibt, die eine übergeordnete Funktion haben: Sie steuern, wie viel von einem anderen Hormon ausgeschüttet wird. Die meisten dieser übergeordneten Hormone werden in der Hirnanhangdrüse oder in einem bestimmten Bereich des Zwischenhirns, dem Hypothalamus, gebildet.
Ein Beispiel: Wenn im Blut zu wenig Schilddrüsenhormone vorhanden sind, wird die Information über diesen Mangel an die Hirnanhangdrüse weitergeleitet, die dann ein spezielles Hormon ausschüttet, das die Schilddrüse anregt, mehr von den benötigten Hormonen zu produzieren. Ist ein Hormon vermehrt oder vermindert vorhanden, äußert sich das auf eine bestimmte Weise - als ausbleibende oder übermäßige Wirkung.
Wenn beispielsweise zu viele Hormone produziert werden, die den Kreislauf anregen, laufen viele Körperfunktionen permanent auf Hochtouren. Dies führt zu gesundheitlichen Beschwerden wie Gewichtsverlust, Hitzewallungen, Nervosität, Schlafstörungen oder Herzrasen. Bei einem Mangel an solchen Hormonen ist das Gegenteil der Fall und Appetitlosigkeit oder Tagesmüdigkeit sind mögliche Folgen. Insbesondere Frauen sind häufig von hormonellen Störungen betroffen, wenn sich das weibliche Hormonsystem während einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren verändert.
Krankheiten im Zusammenhang mit dem Hormonhaushalt
Viele Krankheiten hängen mit dem Hormonhaushalt zusammen:
- Diabetes mellitus Typ 1: Die Bauchspeicheldrüse produziert beim Typ-1-Diabetes, einer Stoffwechselerkrankung, zu wenig oder gar kein Insulin. Die Folge ist ein erhöhter Blutzuckerspiegel, der Blutgefäße, Organe und die Nerven schädigen kann.
- Diabetes mellitus Typ 2: Beim Typ-2-Diabetes kann der Körper das Insulin nicht mehr richtig nutzen - mit der gleichen Folge wie beim Typ 1: der Blutzuckerspiegel ist zu hoch.
- Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Die häufigste Ursache einer Schilddrüsenüberfunktion ist Morbus Basedow: eine Autoimmunerkrankung, bei der ein Hormonrezeptor in der Schilddrüse zur vermehrten Produktion von Schilddrüsenhormonen angeregt wird. Dies führt häufig zu Zittern, Herzrasen, verstärktem Schwitzen und Gewichtsverlust.
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose): Bei einer Schilddrüsenunterfunktion werden zu wenig Schilddrüsenhormone gebildet und ausgeschüttet. Der Körper läuft ständig auf Sparflamme, die Betroffenen fühlen sich oft müde, erschöpft und antriebslos. Wie bei der Überfunktion liegt auch der Unterfunktion häufig eine Autoimmunerkrankung zugrunde, in diesem Fall die Hashimoto-Thyreoiditis. Dabei ist die Schilddrüse durch eine Autoimmunreaktion chronisch entzündet und in ihrer Funktion beeinträchtigt.
- Morbus Addison: Bei der Addison-Krankheit produziert die Nebennierenrinde zu wenig Hormone, was unter anderem zu Müdigkeit, Schwäche, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Übelkeit und niedrigem Blutdruck führt. Dies ist vor allem auf einen Mangel an Cortisol zurückzuführen. Typisch sind auch Veränderungen der Haut, die sich bei hellen Hauttypen oft bräunlich verfärbt.
- Cushing-Syndrom: Eine gesteigerte Hormonproduktion der Nebennierenrinde mit entsprechendem Cortisolüberschuss ist wiederum Auslöser des Cushing-Syndroms. Typische Folgen eines zu hohen Cortisolspiegels sind Bluthochdruck, Muskelschwäche und die sogenannte Stammfettsucht - ein übergewichtiger Rumpf bei gleichzeitig dünnen Armen und Beinen und einem ausgeprägt vollen, runden Gesicht.
- Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS): Vollständig erforscht sind die Ursachen des PCOS bisher nicht. Wahrscheinlich liegt ihm aber eine Störung des Regelkreises zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Eierstöcken zugrunde. Beim PCOS produzieren die Eierstöcke zu viele männliche Geschlechtshormone. Dieses hormonelle Ungleichgewicht kann zu zahlreichen Beschwerden führen: von Zyklusstörungen bis zur Unfruchtbarkeit einerseits, von vermehrter Körperbehaarung und Haarausfall bis zur Vermännlichung andererseits.
- Kleinwuchs und Riesenwuchs: Bei einer krankhaften Veränderung der Hirnanhangdrüse kann es im Kindesalter zu einem Mangel am Wachstumshormon Somatotropin kommen. Die Folge ist Kleinwuchs. Umgekehrt kann es bei einem Überschuss des somatotropen Hormons zu einem übermäßigen Wachstum kommen, das als Riesenwuchs oder Gigantismus bezeichnet wird.
Grundlagen des Nervensystems
Das menschliche Nervensystem besteht aus dem Zentralnervensystem (ZNS) und dem peripheren Nervensystem (PNS). Das ZNS umfasst Gehirn und Rückenmark und ist für die Analyse von Informationen und die Steuerung von Reaktionen zuständig. Das periphere Nervensystem ist im Prinzip alles außerhalb von Gehirn und Rückenmark, was deinen Körper verkabelt. Es besteht aus 12 Hirnnerven und 31 Spinalnerven. Das somatische Nervensystem wird auch als animalisches oder willkürliches Nervensystem bezeichnet. Es ist für die Wahrnehmung der Umwelt verantwortlich. Das vegetative Nervensystem ist der Gegenspieler zum somatischen Nervensystem.
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Das Nervensystem als Informationssystem
Informationen werden im Gehirn verarbeitet und über elektrische Signale (Reize) von Nervenzelle zu Nervenzelle weitergegeben, bis das Zielorgan erreicht ist. Dort bewirken die Reize eine bestimmte Reaktion. Das Nervensystem ist sozusagen das Steuerzentrum aller Funktionen des Lebens. Es ist äußerst komplex und besteht aus Nervenzellen, die auch Neuronen genannt werden. Allein im menschlichen Gehirn befinden sich rund 100 Milliarden Nervenzellen. Eine Nervenzelle besteht aus einem Zellkörper und einem Axon. Der Zellkörper ist mit Dendriten ausgestattet, die es ermöglichen, dass sich die Nervenzellen vernetzen können. Das Axon ist ein langer Fortsatz, der zur Signalweiterleitung dient. Neurotransmitter dienen dabei als Botenstoffe zwischen den Nervenzellen. Ein Nerv besteht schließlich aus mehreren Nervenfasern und dem sie umgebenden Bindegewebe.
Unterschiede zwischen Nervensystem und Hormonsystem
Obwohl beide Systeme der Kommunikation und Regulation dienen, gibt es wesentliche Unterschiede:
- Signalübertragung: Das Nervensystem nutzt elektrische Impulse und Neurotransmitter, um Informationen schnell über Nervenzellen zu übertragen. Das Hormonsystem hingegen verwendet chemische Botenstoffe (Hormone), die über den Blutkreislauf transportiert werden.
- Geschwindigkeit: Die Signalübertragung im Nervensystem ist sehr schnell und ermöglicht unmittelbare Reaktionen. Das Hormonsystem ist langsamer, da die Hormone erst über das Blut zu ihren Zielzellen gelangen müssen.
- Wirkungsdauer: Die Wirkung des Nervensystems ist kurz und lokal begrenzt. Hormone haben eine längere Wirkungsdauer und können viele verschiedene Zellen und Organe beeinflussen.
- Zielgenauigkeit: Das Nervensystem steuert gezielt einzelne Muskeln oder Organe an. Hormone wirken auf Zellen, die spezifische Rezeptoren für das jeweilige Hormon besitzen.
- Art der Reaktion: Das Nervensystem ist hauptsächlich für schnelle Reaktionen wie Muskelbewegungen und Sinneswahrnehmungen zuständig. Das Hormonsystem reguliert langfristige Prozesse wie Wachstum, Stoffwechsel und Fortpflanzung.
Tabelle: Gegenüberstellung von Nervensystem und Hormonsystem
| Merkmal | Nervensystem | Hormonsystem |
|---|---|---|
| Signalübertragung | Elektrische Impulse, Neurotransmitter | Chemische Botenstoffe (Hormone) |
| Geschwindigkeit | Schnell | Langsam |
| Wirkungsdauer | Kurz | Lang |
| Zielgenauigkeit | Gezielt | Zellen mit spezifischen Rezeptoren |
| Art der Reaktion | Schnelle Reaktionen, Sinneswahrnehmungen | Langfristige Prozesse, Wachstum, Stoffwechsel, Fortpflanzung |
Das Zusammenspiel von Nervensystem und Hormonsystem
Das Nervensystem und das Hormonsystem arbeiten eng zusammen, um die Körperfunktionen zu koordinieren und die Homöostase aufrechtzuerhalten. Der Hypothalamus fungiert als zentrale Schaltstelle zwischen Hormon- und Nervensystem. Er steuert die Hypophyse, die wiederum viele andere Hormondrüsen kontrolliert.
Die Rolle des Hypothalamus und der Hypophyse
Der Hypothalamus ist ein Bereich im Zwischenhirn, der eine wichtige Verbindung zwischen dem Nervensystem und dem Hormonsystem darstellt. Er empfängt Informationen aus verschiedenen Teilen des Gehirns und des Körpers und reguliert unter anderem Körpertemperatur, Hunger, Durst und den Schlaf-Wach-Rhythmus. Der Hypothalamus produziert auch Hormone, die die Freisetzung von Hormonen aus der Hypophyse steuern.
Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) hat eine übergeordnete Rolle. Sie hat ungefähr die Größe eines Kirschkerns, wiegt etwa 0,5 g, ist bohnenförmig, liegt unter dem Großhirn und ist über einen Stiel mit einem Bereich des Zwischenhirns - dem Hypothalamus - verbunden. Die Hirnanhangsdrüse produziert nur wenige mg Hormone pro Tag. Diese geringe Menge genügt, um sowohl direkt Prozesse im Körper auszulösen (z. B. durch das Hormon Somatropin das Wachstum) als auch andere Hormondrüsen zur Tätigkeit anzuregen, z. B. Nebennieren, Schilddrüse oder Keimdrüsen. Das ist notwendig, weil es für die Gesundheit und Funktionsfähigkeit unseres Körpers enorm wichtig ist, dass die Konzentration vieler Stoffe nur in ganz engen Grenzen schwankt. Die Hormone der Hirnanhangsdrüse bewirken die Abgabe derjenigen Hormone ins Blut, die der Konzentrationsänderung entgegenwirken, z. B. einer zuckerreichen Nahrungszufuhr die Ausschüttung von Insulin zur Blutzuckersenkung. Zwischen den Hormondrüsen und der Hirnanhangsdrüse besteht außerdem eine negative Rückkopplung, d. h., wenn die erforderliche Konzentration wieder eingestellt wurde, wird die Hormonproduktion der Hirnanhangsdrüse zur Anregung der Hormondrüsen wieder reduziert. Durch diese Regelkreise ist es möglich, Stoffgleichgewichte im Blut zu realisieren und die Anpassung des Körpers an die jeweiligen aktuellen Bedingungen zu erreichen.
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Die Hypophyse aber steht wiederum unter Kontrolle des Hypothalamus. Dieser beeinflusst die Tätigkeit der Hirnanhangsdrüse. In Abhängigkeit von den durch die Erregungen in den Nerven übermittelten Informationen werden im Hypothalamus Hormone ausgeschüttet, die die Tätigkeit der Hirnanhangsdrüse hemmen oder in Gang setzen. Die vom Zwischenhirn (Hypothalamus) ausgeschütteten Hormone wirken also auf die Hirnanhangsdrüse. Die Hormone der Hirnanhangsdrüse wiederum regulieren die Hormonausschüttung des Zwischenhirns.
Beispiele für das Zusammenspiel
- Regulation des Blutzuckerspiegels: Das Nervensystem und Hormonsystem spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Blutzuckerspiegels. Wenn der Blutzuckerspiegel steigt, wird die Bauchspeicheldrüse durch Nervensignale angeregt, Insulin freizusetzen. Insulin senkt den Blutzuckerspiegel, indem es die Aufnahme von Glukose in die Zellen fördert. Wenn der Blutzuckerspiegel sinkt, wird die Bauchspeicheldrüse durch Nervensignale angeregt, Glukagon freizusetzen. Glukagon erhöht den Blutzuckerspiegel, indem es die Freisetzung von Glukose aus der Leber fördert.
- Stressreaktion: Das vegetative Nervensystem spielt eine wichtige Rolle bei der Stressreaktion. In Stresssituationen wird das Nebennierenmark aktiviert, wodurch Adrenalin und Noradrenalin freigesetzt werden. Diese Hormone erhöhen Herzfrequenz, Blutdruck und Atemfrequenz, um den Körper auf Kampf oder Flucht vorzubereiten. Gleichzeitig wird die Hypophyse angeregt, ACTH (adrenocorticotropes Hormon) freizusetzen, was zur Freisetzung von Cortisol aus der Nebennierenrinde führt. Cortisol hilft dem Körper, mit Stress umzugehen, indem es Energiereserven mobilisiert und Entzündungen hemmt.
Zusammenwirken von Hormon- und Nervensystem bei der Regulation des Schilddrüsenhormonspiegels im Blut
Sinkt der Thyroxinspiegel im Blut unter den Normalwert ab, so nehmen Sinneszellen in den Blutgefäßen diese Veränderungen wahr (1), über Nerven gelangen die Erregungen ins Zwischenhirn (Hypothalamus, 2). Dort werden Hormone freigesetzt, die die Hirnanhangsdrüse zur Produktion von Hormonen anregen (3), die wiederum die Schilddrüse anregen, Thyroxin zu produzieren (4) und es ins Blut abzugeben. Dadurch steigt der Thyroxinspiegel wieder an (5). Die Zellen des Zwischenhirns (Hypothalamus) registrieren über Nerven diesen Anstieg und stellen die Produktion von Freisetzungshormonen zur Anregung der Hirnanhangsdrüse ein (6).
Steigt der Thyroxinspiegel im Blut sehr hoch (5), werden vom Hypothalamus (2) Hemmungshormone gebildet (7), die die Hirnanhangsdrüse zur Produktion solcher Hormone anregen (8), die der Schilddrüse „befehlen“, die Thyroxinausschüttung zu reduzieren (9). Dadurch sinkt der Thyroxinspiegel im Blut (10) wieder.
Zusammenwirken von Hormon- und Nervensystem bei Stresssituationen
Hormon- und Nervensystem wirken auch bei Stresssituationen eng zusammen. Der Begriff „Stress“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch fast täglich verwendet und ist meist mit sehr negativen Vorstellungen verbunden. Eigentlich ist damit eine plötzliche körperliche oder seelische Belastung gemeint. Beispielsweise kennt sicher jeder die folgende Situation: Man hat einen wichtigen Termin, und es ist schon ziemlich spät. Man läuft Gefahr, den letzten Bus, der ein pünktliches Erscheinen ermöglicht, zu verpassen - eine typische Stresssituation. Darauf reagiert unser Organismus. Diese äußeren Umstände bezeichnet man als Stressoren.
Die Informationen der Stressoren werden über das Nervensystem aufgenommen und verarbeitet. Durch das vegetative Nervensystem wird das Nebennierenmark aktiviert. Dadurch werden schlagartig Stresshormone (Adrenalin und Noradrenalin) freigesetzt und in das Blut abgegeben. Sie sorgen dafür, dass das Herz schneller schlägt, der Blutdruck steigt und sich die Atemfrequenz erhöht. Durch diese erhöhte Aktivität der Organe kann mehr Sauerstoff aufgenommen und transportiert werden. Gleichzeitig nehmen Zucker- und Fettgehalt im Blut zu. Dadurch werden auch die Brennstoffe zur Energiefreisetzung bereitgestellt. Der Körper hat in kürzester Zeit auf volle Leistungsbereitschaft geschaltet. Die Beinmuskeln können aktiv werden, und mit einem Sprint erreicht man den Bus doch noch.
Die erhöhte Adrenalinkonzentration bewirkt außerdem die Ausschüttung eines bestimmten Hormons (ACTH-adeno-corticotropes Hormon) in der Hypophyse, das wiederum zur Freisetzung von Glukokortikoiden (z. B. Kortisol) aus der Nebenniere anregt. Diese Kortikoide beschleunigen die Wundheilung und haben entzündungshemmende Eigenschaften. Der Stress hat unseren Körper also zu Höchstleistungen herausgefordert und sogar zur Steigerung der Widerstandskraft beigetragen. Aus diesen zunächst positiven Stresssituationen können sich nervliche Störungen und Überlastungssymptome entwickeln.
Negativ wird Stress erst dann, wenn er häufig auftritt und kein körperlicher Ausgleich erfolgt, die körperlichen „Reserven“ nicht „abgerufen“ werden, z. B. durch Bewegung. Dann „kreisen“ die Brennstoffe Zucker und Fett ungenutzt in der Blutbahn. Dauerhaft erhöhte Blutfettwerte können zur Arterienverkalkung beitragen. Durch einen ständig erhöhten Adrenalinspiegel und damit verbunden durch eine erhöhte Konzentration eines bestimmten Hormons der Hirnanhangsdrüse (ACTH-adeno-corticotropes Hormon) kann es bei Dauerstress zu Erschöpfungszuständen kommen.
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