Nervus accessorius Lähmung: Ursachen, Symptome und Therapie

Der Nervus accessorius, auch als elfter Hirnnerv (N. XI) bekannt, spielt eine entscheidende Rolle bei der Innervation des Musculus sternocleidomastoideus und des Musculus trapezius. Eine Schädigung dieses Nervs kann zu einer Reihe von motorischen Defiziten im Hals- und Schulterbereich führen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und therapeutischen Ansätze bei einer Lähmung des Nervus accessorius.

Anatomie und Funktion des Nervus Accessorius

Der Nervus accessorius ist ein motorischer Nerv, der sich von den anderen Hirnnerven dadurch unterscheidet, dass er sowohl aus dem Gehirn als auch aus dem Rückenmark entspringt. Genauer gesagt, entspringen einige seiner Fasern im verlängerten Mark des Hirnstamms, während andere aus den Vorderhornzellen des Halsmarkes (C1-C5) stammen.

  • Ursprung und Verlauf: Der Nervus accessorius entspringt aus Nervenwurzeln (C4), C5, (C6). Er tritt durch den Musculus scalenus medius, zwischen dem M. levator scapulae und dem M. scalennus posterior zum M. rhomboideus minor und major.
  • Versorgung: Der Nerv innerviert den Musculus sternocleidomastoideus und den Musculus trapezius.

Der Nervus accessorius innerviert hauptsächlich zwei Muskeln:

  • Musculus sternocleidomastoideus: Dieser Muskel ist für die Neigung und Drehung des Kopfes verantwortlich. Ein Ausfall dieses Muskels ist funktionell oft unbedeutend, aber gut sicht- und tastbar.
  • Musculus trapezius: Dieser Muskel spielt eine wichtige Rolle bei der Bewegung des Schulterblatts (Skapula), der Anhebung des Arms und der Stabilisierung der Schulter.

Ursachen einer Nervus Accessorius Lähmung

Eine Lähmung des Nervus accessorius kann verschiedene Ursachen haben, die sich grob in proximale und distale Schädigungen einteilen lassen.

Proximale Ursachen

Proximale Schädigungen betreffen den Nervenverlauf näher am Gehirn oder im Bereich der Schädelbasis. Zu den möglichen Ursachen gehören:

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  • Tumoren der Schädelbasis: Insbesondere Meningeome oder intrakranielle Metastasen, Dermoidtumore und Cholesteatome können den Nervus accessorius komprimieren. Selten sind auch Gliome involviert.
  • Prozesse im lateralen Halsdreieck: Hier können Tumoren oder andere Raumforderungen den Nerv schädigen.
  • Anomalien des kraniozervikalen Übergangs: Fehlbildungen im Bereich des Übergangs zwischen Schädel und Halswirbelsäule können den Nerv beeinträchtigen.
  • Schädelbasisfrakturen: Brüche der Schädelbasis können den Nervus accessorius verletzen.
  • Carotis-Dissektion: Eine Aufspaltung der Wandschichten der Halsschlagader (Arteria carotis) kann den Nerv komprimieren.
  • Syringomyelie und Poliomyelitis: Diese Erkrankungen können die Vorderhornzellen des Rückenmarks betreffen, aus denen ein Teil der Fasern des Nervus accessorius entspringt.
  • Strahlenschäden: Nach Tumorbestrahlung im Halsbereich kann es zu einer Schädigung des Nervs kommen.

Distale Ursachen

Distale Schädigungen betreffen den Nervenverlauf im Bereich des Halses oder der Schulter. Häufige Ursachen sind:

  • Iatrogene Schädigung: Teilparesen können im Rahmen von Lymphknotenentfernungen oder Biopsien im seitlichen Halsdreieck verursacht werden. Auch die Carotis-Endarteriektomie (Operation zur Behebung einer Stenose der Halsschlagader) kann die distalen Hirnnerven schädigen.
  • Trauma: Selten sollen Läsionen im Rahmen von Punktionen der V. jugularis und sogar im Rahmen eines Schleudertraumas möglich sein.
  • Kosmetische Chirurgie: Eingriffe im Halsbereich können den Nervus accessorius verletzen.

Symptome einer Nervus Accessorius Lähmung

Die Symptome einer Nervus accessorius Lähmung hängen davon ab, welcher Teil des Nervs betroffen ist und welche Muskeln dadurch in ihrer Funktion beeinträchtigt sind. Typische Symptome sind:

  • Schwäche oder Lähmung des M. sternocleidomastoideus: Dies führt zu Schwierigkeiten beim Drehen des Kopfes zur Gegenseite und beim Neigen des Kopfes zur betroffenen Seite.
  • Schwäche oder Lähmung des M. trapezius: Dies führt zu Schwierigkeiten beim Anheben des Arms über die Horizontale, beim Heben der Schulter und beim Stabilisieren des Schulterblatts.
  • Schmerzen im Schulterbereich: Insbesondere nach einer Halsoperation (Neck-Dissection) können Schmerzen im Schulterbereich auf eine Nervenirritation des N. accessorius schließen lassen, welche zu einer Instabilität des Schulterblattes führt.
  • Skapula alata: Durch die Schwäche des M. trapezius kann das Schulterblatt abstehen (Skapula alata).
  • Kraftlosigkeit in der seitlichen Armhebung: Eine Folge der Schwäche des M. trapezius.
  • Eingeschränkte Beweglichkeit des Arms: Schwierigkeiten bei gleichzeitiger Abduktion und Rotation des Arms im Schultergelenk, einer Bewegung, wie sie beispielsweise beim Kämmen der Haare erfolgt.
  • Schiefhaltung des Kopfes (Schiefhals): Kann auftreten, wenn der Nerv durch einen Rückenmarkstumor im Bereich der Halswirbelsäule oder im unteren Hirnstamm geschädigt ist.

Diagnostik

Die Diagnose einer Nervus accessorius Lähmung basiert auf einer Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung und elektrophysiologischen Untersuchungen.

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere hinsichtlich möglicher Ursachen wie Operationen, Traumata oder Tumoren.
  • Klinische Untersuchung:
    • Inspektion: Beurteilung der Kopfhaltung, der Schulterposition und des Schulterblatts.
    • Palpation: Abtasten des M. sternocleidomastoideus und des M. trapezius, um Muskelverhärtungen oder Atrophie festzustellen.
    • Funktionsprüfung: Testung der Kraft und Beweglichkeit des Kopfes und der Schulter gegen Widerstand.
      • Patient stemmt Arm in die Hüfte und drückt Arm gegen Widerstand des Untersuchers nach hinten.
      • Anheben des Armes in Bauchlage nach hinten.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen:
    • Elektromyographie (EMG): Messung der elektrischen Aktivität der Muskeln, um den Grad der Nervenschädigung zu beurteilen. Elektromyographie Mm. rhomboideiM.
    • Nervenleitgeschwindigkeitsmessung (NLG): Messung der Geschwindigkeit, mit der elektrische Signale entlang des Nervs geleitet werden.
  • Bildgebende Verfahren:
    • Magnetresonanztomographie (MRT): Zur Darstellung des Nervenverlaufs und zum Ausschluss von Tumoren oder anderen Raumforderungen. Hochauflösende Sonographie zur Visualisierung der normalen Anatomie des XI. HN und Aufdecken eventueller anatomischer Veränderungen nach einer Verletzung (d.h. Neurom).
    • Computertomographie (CT): Kann bei Verdacht auf knöcherne Ursachen (z.B. Schädelbasisfrakturen) eingesetzt werden.

Therapie

Die Therapie einer Nervus accessorius Lähmung richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Nervenschädigung.

Konservative Therapie

  • Physiotherapie: Ziel ist es, die Muskulatur zu kräftigen, die Beweglichkeit zu verbessern und Fehlhaltungen zu korrigieren. Ich biete Therapie z.B.
  • Schmerztherapie: Bei Schmerzen können Schmerzmittel, lokale Injektionen oder andere schmerzlindernde Maßnahmen eingesetzt werden.
    • Bei Schmerzen im Bereich der Musculi rhomboidei Dehnen des M. pectoralis (Antagonist) zur Entlastung der Mm. rhomboidei.
    • Massage des Rhomboideus z.B.
  • Symptomatische Therapie: Behandlung von Begleitsymptomen wie Kopfschmerzen oder Verspannungen.

Operative Therapie

Eine operative Therapie kann in folgenden Fällen in Betracht gezogen werden:

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  • Kompression des Nervs: Wenn der Nerv durch einen Tumor, eine Zyste oder andere Raumforderung komprimiert wird, kann eine operative Dekompression erforderlich sein.
  • Nervendurchtrennung: Bei einer kompletten Durchtrennung des Nervs kann eine operative Rekonstruktion durch Naht oder Nerventransplantation versucht werden. Ein während einer Operation scharf durchtrennter Nerv sollte möglichst sofort (primär) oder im Rahmen einer frühen Sekundärversorgung 2-3 Wochen nach dem Trauma rekonstruiert werden (26).
  • Iatrogene Läsionen: Iatrogen bedingte Läsionen von Nerven kommen noch seltener vor. Mögliche Ursachen sind direkte Schädigung im Operationsgebiet, Druck durch Lagerung oder Zug während der Narkose, Injektion neurotoxischer Substanzen, Kompression durch ein Hämatom nach Punktion oder unter Antikoagulation, Tourniquet (Blutleere), Orthesen oder Verbände, Bestrahlung. Der Anteil der iatrogenen Nervenläsionen lag in einer Studie bei 17,4 % aller operierten traumatischen Nervenläsionen (3). Carofino et al. berichteten, dass 10 von 26 Patienten mit iatrogenen Nervenläsionen nach Schulteroperationen bei ausbleibender Besserung operativ behandelt werden mussten (14).

Prognose

Die Prognose einer Nervus accessorius Lähmung hängt von der Ursache, dem Schweregrad der Nervenschädigung und dem Zeitpunkt der Behandlung ab. Bei rechtzeitiger Diagnose und adäquater Therapie können sich die Symptome in vielen Fällen deutlich bessern. Eine vollständige Wiederherstellung der Nervenfunktion ist jedoch nicht immer möglich.

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