Mangelernährung ist ein weit verbreitetes Problem, das auch in Ländern mit einem guten Nahrungsangebot auftritt. Besonders gefährdet sind ältere Menschen, insbesondere Bewohner von Senioren- und Pflegeheimen. Durch die wachsende Zahl von Demenzerkrankungen wird diese Problematik allerdings enorm verschärft. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen und Folgen von Mangelernährung im Zusammenhang mit Demenz und zeigt Möglichkeiten zur Prävention und Behandlung auf.
Ursachen von Mangelernährung im Alter und bei Demenz
Im Alter gibt es verschiedene Faktoren, die das Risiko für Mangelernährung erhöhen. Dazu gehören:
- Altersbedingte physiologische Veränderungen: Im Alter nehmen Hungergefühl und Geschmacksempfinden ab. Auch das Durstgefühl lässt nach. Außerdem haben ältere Menschen häufig mit Verdauungsproblemen zu tun. Hinzu kommt, dass die Nahrung oft wenig abwechslungsreich ist.
- Körperliche Beschwerden: Körperliche Beschwerden nehmen im Alter zu. Ernährungsrelevant sind u. a. Schmerzen. Kaubeschwerden zum Beispiel zählen dazu. Auch entzündete Zahnfleischtaschen können beim Kauen quälende Schmerzen verursachen. Ein relevantes Problem sind auch Schluckstörungen, die bei der Parkinsonkrankheit, bei Multipler Sklerose, nach einem Schlaganfall sowie bei Tumorerkrankungen vor. Diese Krankheiten bzw. Schluckstörungen u. a. Lähmungen z. B.
- Sarkopenie: Im Alter nimmt die Muskelmasse ab - ein Phänomen, das Mediziner als Sarkopenie bezeichnen. Es ist wichtig, der altersbedingten Sarkopenie vorzubeugen.
- Kognitive Einschränkungen: Vergesslichkeit und Verwirrtheit, die typisch für Demenz sind, können dazu führen, dass Betroffene vergessen zu essen oder nicht mehr wissen, wie man Mahlzeiten zubereitet.
- Soziale Isolation: Ein wichtiger Faktor ist schließlich die Alterseinsamkeit. Es fehlt die Motivation, für sich alleine zu kochen und den Tisch schön zu decken.
- Erkrankungen: Viele Menschen mit Krebserkrankung tun sich mit dem Essen schwer. Erkrankungen sind, die den Energie- und Nährstoffbedarf ansteigen lässt.
Die Rolle von Demenz beim Nestelverhalten und der Mangelernährung
Demenzerkrankungen verschärfen das Problem der Mangelernährung erheblich. Demenzpatienten vergessen oft, dass sie essen müssen, oder erkennen Mahlzeiten nicht mehr als solche. Sie können auch Schwierigkeiten haben, sich an den Tisch zu setzen und sich auf das Essen zu konzentrieren. Das sogenannte Nestelverhalten, bei dem Betroffene ziellos an Dingen nesteln oder unruhig umherwandern, kann ebenfalls die Nahrungsaufnahme beeinträchtigen. Eine unzureichende Versorgung mit Energie und Nährstoffen kann den Verlauf der Demenzerkrankung ungünstig beeinflussen.
Folgen von Mangelernährung
Mangelernährung schadet der Gesundheit und führt zu Einbußen von Vitalität und Wohlbefinden. Typisch bei Mangelernährung ist außerdem chronische Müdigkeit, die mit kognitiven Defiziten wie mangelnder Konzentrationsfähigkeit einhergehen kann. Hinzu kommen Gangunsicherheit und erhöhte Sturzgefahr. Betroffene ziehen leicht Knochenbrüche und andere Verletzungen zu. Wunden heilen schlechter aus - die Wundheilung ist also gestört. Bei Menschen mit Krebs oder auch anderen Erkrankungen kann sich der Gesundheitszustand infolge einer Mangelernährung erheblich verschlechtern. Krebspatienten sind durch ihre Tumorerkrankung oft stark geschwächt (Tumorkachexie) und auch gängige Krebstherapien zehren erst einmal an den Kräften. Eine ausreichende Energie- und Nährstoffversorgung ist in dieser Situation von entscheidender Bedeutung und kann einen positiven Einfluss auf die Chemotherapie haben.
Erkennen von Mangelernährung
Eines der wichtigsten Anzeichen für eine Mangelernährung ist die ungewollte Gewichtsabnahme, die sich häufig an knochigen Fingern und Händen sowie einem eingefallenen Gesicht bemerkbar macht. Allerdings geht Mangelernährung nicht zwingend mit einer Gewichtsabnahme einher. Weitere sichtbare Symptome sind glanzlose Haare und brüchige Fingernägel. Außerdem weisen körperliche Schwäche, Antriebslosigkeit, Müdigkeit und Appetitlosigkeit auf eine Unterversorgung mit Nährstoffen hin. U. a. Wundheilungsstörungen und erhöhte Infektanfälligkeit können Anzeichen sein. Darauf sollten Risikopersonen achten. Häufig werden diese Symptome fälschlicherweise dem hohen Alter des Patienten zugeschrieben.
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Zur Diagnose einer Mangelernährung werden vor allem Screening-Verfahren wie das MNA- und MUST-Screening verwendet.
Prävention und Behandlung von Mangelernährung
Grundlegend für eine wirksame Prävention bzw. Therapie von Mangelernährung ist eine umfassende Anamnese. Eine ausführliche Befragung zum Ernährungsverhalten und Einschränkungen bei der Nahrungsaufnahme ist wichtig, um eine bestehende Mangelernährung zu korrigieren. Bei der Entwicklung eines geeigneten Ernährungsplans müssen die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben berücksichtigt werden. Eine Ernährungstherapie, die sich nicht an den individuellen Bedürfnissen und medizinischen Erfordernissen orientiert, wird auf Dauer nicht erfolgreich sein.
Allgemeine Maßnahmen
- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung mit einem hohen Nährstoffgehalt. Gemüse, Obst, Vollkornerzeugnisse, Hülsenfrüchte, fettarme Milchprodukte, fettarmes Fleisch und Fisch sollten regelmäßig auf dem Speiseplan stehen.
- Energiereiche Kost: Bei Untergewicht muss der Kaloriengehalt der Nahrung beispielsweise durch fettreiche Milchprodukte, Nüsse und Öle erhöht werden.
- Mehrere kleine Mahlzeiten: Es ist oft leichter, mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich zu nehmen als wenige große Portionen.
- Appetit anregen: Frische Luft macht hungrig. Planen Sie daher täglich einen kleinen Spaziergang ein. Zwischenmahlzeiten regen den Appetit an. Frische Kräuter und Gewürze regen den Appetit an und fördern den Geschmack. Ingwer fördert den Appetit.
- Angenehme Essatmosphäre: Schaffen Sie eine ruhige und angenehme Atmosphäre während des Essens. Vermeiden Sie Ablenkungen und Störungen beim Essen. Appetitanregende Gerüche können ebenfalls helfen.
- Gemeinsam essen: Insbesondere ältere Menschen nehmen bei Appetitlosigkeit nachweislich mehr Nahrung zu sich, wenn sie gemeinsam mit anderen Menschen essen.
Spezielle Maßnahmen
- Anpassung der Konsistenz: Wenn Schmerzen beim Kauen auftreten, sollten die Zähne bzw. die Zahnprothese überprüft werden. Bei Schluckbeschwerden kann es hilfreich sein, die Konsistenz der Nahrung anzupassen (z. B. pürierte Kost).
- Nahrungsanreicherung: Zur Steigerung der Energie- und Nährstoffaufnahme bei Appetitlosigkeit kann eine Nahrungsanreicherung hilfreich sein. Speisen können mit Extrakalorien angereichert werden, z.B. mit Sahne. Mit Kohlenhydraten, wie Maltodextrin oder Dextrose lassen sich nahezu alle flüssigen oder passierten Speisen kalorienreich aufwerten, ohne die Menge der zu verzehrenden Speisen zu erhöhen. Zur Erhöhung des Proteingehalts können Eiweißpulver z.B. Fettemulsionen eignen sich vor allem zum Anreichern von herzhaften Speisen oder können pur als Energie-Shot eingenommen werden. Neben Eiweiß- und Kohlenhydratpulver oder Fettemulsionen eignen sich auch Instant Ernährungspulver zu Unterstützung einer vollwertigen Ernährung und Nährstoffversorgung.
- Trinknahrung: Trinknahrung kann bei unterschiedlichen Beschwerden bzw. Erkrankungen helfen, die eine normale Nahrungsaufnahme erschweren. Sie dient dazu, die Versorgung mit Energie (Kalorien) und Nährstoffen sicherzustellen, um einer Mangelernährung entgegenzuwirken. Trinknahrung ist in vielen leckeren Geschmacksrichtungen von fruchtig-süß bis pikant erhältlich. Sie ist nicht nur als Fläschchen, sondern auch als Brei, Dessert oder Suppe erhältlich. Es gibt gebrauchsfertige Getränke und Cremes, aber auch Pulverform. Neutrale Produkte sind dafür gedacht, normale Speisen anzureichern. Trinknahrungen variieren hinsichtlich ihres Energie- und Nährstoffgehalts. Einige Produkte sind so konzipiert, dass sich mit ihnen der gesamte Nährstoffbedarf komplett decken lässt, falls dies gewünscht bzw. erforderlich ist. Trinknahrung ist flüssig oder cremig. Sie ist nicht nur für Patienten geeignet, die infolge eines Schlaganfalls nicht richtig schlucken kann, wird jede Mahlzeit zur Herausforderung, sondern auch Menschen mit Appetitlosigkeit und Übelkeit. Konsistenzadaptierte Trinknahrungen wie z. B. besonders für Patienten geeignet, die Probleme beim Schlucken von flüssiger Nahrung haben.
- Ernährungsberatung: Im Rahmen einer Ernährungsberatung können realistische Ernährungsstrategien entwickelt werden.
- Professionelle Unterstützung: Manchmal ist es notwendig, professionelle Hilfe beim Einkaufen oder Zubereiten des Essens in Anspruch zu nehmen. Neben der pflegerischen Unterstützung bei den Mahlzeiten kann der Einsatz geeigneter Hilfsmittel bei körperlichem Gebrechen und Behinderung beim Essen die Selbstständigkeit fördern.
Ernährungstherapie bei Demenz
Bei Demenzpatienten steht nicht primär eine bedarfsgerechte Ernährung im Vordergrund, sondern der Genuss. Eine unzureichende Versorgung mit Energie und Nährstoffen kann den Verlauf der Erkrankung ungünstig beeinflussen. Es ist wichtig, die Vorlieben und Abneigungen der Betroffenen zu berücksichtigen und die Mahlzeiten so angenehm wie möglich zu gestalten.
Die Rolle des Darms
Viele psychische Erkrankungen könnten ihre Wurzeln im Bauch haben. Der Darm und das Gehirn stehen in ständigem Austausch. Unsere Darmbakterien produzieren dabei Botenstoffe, die einen Einfluss auf unsere Stimmung haben. Eine ausgewogene Ernährung ist ein zentrales Thema, wenn es darum geht, unser Mikrobiom im Darm vielfältig und damit gesund zu erhalten. Dabei wird die Vielfalt der Bakterien besonders durch Speisen wie Joghurt, Kefir, Cheddar, Parmesan, Gruyère, saure Gurken, Sauerkraut oder Produkte auf Sojabasis wie etwa Kimchi oder Miso gefördert. Achte darauf, genug Ballaststoffe zu dir zu nehmen.
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