Neue Hoffnung im Kampf gegen Parkinson: Aktuelle Entwicklungen und Therapieansätze

Der 11. April ist der Welt-Parkinson-Tag, ein Datum, das jährlich ins Bewusstsein ruft, wie viele Menschen von dieser neurodegenerativen Erkrankung betroffen sind. Morbus Parkinson, nach Alzheimer die zweithäufigste Erkrankung dieser Art, betrifft allein in Deutschland etwa 500.000 Menschen. Die Diagnose erfolgt oft erst Jahre oder sogar Jahrzehnte nach dem eigentlichen Krankheitsbeginn.

Fortschritte in Diagnostik und Behandlung

Trotz der Schwere der Erkrankung gibt es positive Entwicklungen. Experten wie Prof. Günter Höglinger, Direktor der Neurologischen Klinik des LMU Klinikums München, sehen einen klaren Trend: Dank verbesserter Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten führt Parkinson in vielen Fällen nicht mehr zu einer Einschränkung der Lebenserwartung.

Ursachenforschung und Therapieansätze

Bei Parkinson sterben Nervenzellen im Gehirn ab. Bislang ist die Krankheit nicht heilbar. In Tübingen forscht ein Team um Kathrin Brockmann, Neurologin am Universitätsklinikum Tübingen, an einer Antikörper-Therapie. Im Fokus steht das GBA1-Gen, dessen Mutationen das Parkinson-Risiko erhöhen, besonders bei jüngeren Betroffenen. Diese weisen oft hohe Konzentrationen des schädlichen Eiweißes Alpha-Synuclein auf, das für das Absterben von Nervenzellen mitverantwortlich ist. Ziel ist es, dieses Eiweiß unschädlich zu machen, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen oder sogar zu stoppen.

Individualisierte Therapieansätze

Brockmann und ihr Team untersuchen das Erbgut von Parkinson-Patienten, um Veränderungen in der Erbinformation zu identifizieren. Ihr Ansatz basiert auf der Erkenntnis, dass unterschiedliche Stoffwechselwege zu Parkinson führen können. Diese Erkenntnisse sollen dazu dienen, Patienten in Gruppen einzuteilen und eine möglichst individuelle Therapie zu ermöglichen.

Die Rolle des Alpha-Synuclein

Ein wichtiger Stoffwechselweg ist der Abbau des krankmachenden Eiweißes Alpha-Synuclein. Funktioniert dieser nicht, kann sich das Eiweiß ausbreiten und weitere Nervenzellen schädigen. Seit einigen Jahren ist es möglich, Alpha-Synuclein im Nervenwasser von Patienten nachzuweisen.

Lesen Sie auch: Parkinson: Neue Wege zur Linderung

Klinische Studie mit Antikörpern

Im Herbst startete eine europaweite Studie, in der Patienten mit einer Veränderung im GBA1-Gen ein neues Medikament erhalten, das das schädliche Eiweiß abfangen soll. Ziel ist es, die Gedächtnisleistung der Patienten zu stabilisieren, da bei dieser Patientengruppe Gedächtnisstörungen früher auftreten als bei anderen Parkinson-Patienten. Der Antikörper soll verhindern, dass sich das Eiweiß von Nervenzelle zu Nervenzelle ausbreitet. Die Ergebnisse der Studie werden jedoch noch einige Jahre auf sich warten lassen. Die Hoffnung ist, dass das Medikament in den nächsten fünf Jahren auf den Markt kommt.

Weitere Therapieansätze und Medikamente

Neben den spezifischen Forschungsansätzen gibt es auch andere vielversprechende Entwicklungen. So wird beispielsweise die Wirksamkeit von Diabetes-Medikamenten bei Parkinson untersucht.

Diabetes-Medikament Lixisenatid

Eine Studie mit 156 Personen mit leichten bis mittelschweren Parkinson-Symptomen untersuchte den Effekt des Medikaments Lixisenatid, das zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen ist. Die Teilnehmer nahmen bereits das Standard-Parkinson-Medikament Levodopa oder andere Arzneimittel ein. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Symptome in der Placebo-Kontrollgruppe wie erwartet verschlechterten, während die mit Lixisenatid behandelten Patienten stabil blieben. Allerdings traten bei den Patienten, die das Medikament einnahmen, auch Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen auf. Experten sehen in den Ergebnissen aufgrund des Studiendesigns einen interessanten Ansatz, weisen jedoch darauf hin, dass die Veränderung in der Bewertung des Schweregrads der Parkinson-Krankheit als gering angesehen wird.

Medikamentöse Behandlung

Die primäre Behandlung von Parkinson besteht in der Regel aus der Verabreichung von Medikamenten, die den Dopaminmangel im Gehirn ausgleichen. Dies kann durch die Zugabe von Dopamin in Form von L-Dopa oder durch die Hemmung des Dopaminabbaus mit MAO-B-Hemmern oder COMT-Hemmern erfolgen. Die medikamentöse Therapie kann die Bewegung verbessern, die Erkrankung aber nicht heilen. Zudem lässt die Wirksamkeit der Medikamente mit der Dauer der Einnahme oft nach, sodass es zu Schwankungen im Tagesverlauf kommt. Auswahl und Dosierung der Präparate erfolgen individuell.

Tiefe Hirnstimulation

In einigen Fällen kann auch ein hirnchirurgischer Eingriff namens Tiefe Hirnstimulation (THS) sinnvoll sein. Dabei werden dünne Stimulationselektroden in bestimmte Hirnareale eingesetzt, um die elektrischen Impulse zu modulieren und insbesondere das Zittern zu lindern.

Lesen Sie auch: MS-Therapie: Was ist neu?

Magnetresonanz-gestützte fokussierte Ultraschallbehandlung (MRgFUS)

Ein recht neues Therapieverfahren ist die Magnetresonanz-gestützte fokussierte Ultraschallbehandlung (MRgFUS). Dabei werden Ultraschallwellen im Zielgewebe so stark gebündelt, dass sie es erhitzen und gezielt zerstören. Durch die Behandlung entstehen winzige Narben in den Faserbahnen des Gehirns, im sogenannten Tremornetzwerk. Das soll das Zittern verringern.

Bedeutung von Bewegung und Sport

Zahlreiche Studien belegen, dass Sport sehr wirkungsvoll gegen Parkinson ist. Bereits im Anfangsstadium lassen sich die Symptome durch intensives Training verbessern, und im weiteren Verlauf der Krankheit können Betroffene durch gezieltes Training sogar bereits verlorene Fähigkeiten wiedererlangen. Besonders geeignet sind Sportarten mit fließenden Bewegungen wie Schwimmen, Radfahren und Joggen. Wichtig ist, dass Parkinson-Erkrankte jede Gelegenheit zur Bewegung nutzen, denn das Gehirn verlernt die neu erworbenen Fähigkeiten schnell wieder.

Bewegungstherapie BIG

In den ersten Stadien der Parkinson-Krankheit kann die Bewegungstherapie BIG zum Einsatz kommen. Die Übungen mit großen, fließenden Bewegungen stimulieren ungenutzte Bereiche des Gehirns. Durch intensives Wiederholen und eine ständige Erfolgskontrolle lernen Betroffene, Bewegungen wieder bewusst im Alltag einzusetzen.

Neue Erkenntnisse zu Alpha-Synuclein-Antikörpern

Anfang 2024 deutete eine Subgruppenanalyse der PASADENA-Studie darauf hin, dass Patientinnen und Patienten mit einem schnelleren Krankheitsverlauf in der Frühphase der Erkrankung innerhalb eines Jahres von einer Therapie mit dem Alpha-Synuclein-Antikörper Prasinezumab profitieren könnten. Eine weitere Post-hoc-Analyse, die auf Daten der PASADENA-Studie basiert, deutet darauf hin, dass eine längere Gabe von Prasinezumab das Fortschreiten der Erkrankung bei allen behandelten Patienten verlangsamen könnte.

PASADENA-Studie

An der PASADENA-Studie nahmen ursprünglich 316 Personen mit Morbus Parkinson im Frühstadium teil. Sie erhielten randomisiert entweder intravenös Prasinezumab oder Placebo. In der kurzen Auswertungsphase nach einem Jahr zeigte sich jedoch kein signifikanter Effekt. Die Studie verfehlte den primären Endpunkt. Eine anschließende explorative Subgruppenanalyse lieferte Hinweise, dass eine Verlangsamung der Progression motorischer Symptome für Untergruppen mit schnellerer Krankheitsprogression in der 52-Wochen-Analyse klinisch möglich sein könnte.

Lesen Sie auch: Donanemab (Kisunla): Ein Überblick

Langzeitwirkung von Prasinezumab

Die neue Analyse liefert weitere Hinweise darauf, dass Prasinezumab eine Wirkung auf die motorische Progression bei Morbus Parkinson haben könnte, die möglicherweise längerfristig anhält. Trotz der vielversprechenden Ergebnisse betonen die Forschenden, dass die Hauptlimitation der aktuellen Analyse das Fehlen einer echten Placebo-Kontrollgruppe ist. Zur Validierung von Effekten müssen die Ergebnisse placebokontrollierter Langzeitstudien mit größerer Studienpopulation abgewartet werden.

tags: #neues #Parkinson #Medikament