Neurologe oder Psychologe: Ein umfassender Überblick über die Unterschiede und Zuständigkeiten

Bei seelischen Beschwerden oder Erkrankungen suchen viele Menschen einen Experten, der ihnen hilft. Antriebslosigkeit, Angststörungen, Depression: Dabei steht man schnell vor dem Problem: Psychiater, Psychologe oder Psychotherapeut? Drei Begriffe, die nicht so leicht auseinanderzuhalten sind. Die Ärztelandschaft für Beschwerden psychischen oder neuronalen Ursprungs ist weit gefächert und sorgt oft für Verwirrung. Dieser Artikel soll Licht ins Dunkel bringen und die Unterschiede zwischen Neurologen, Psychiatern, Psychologen und Psychotherapeuten aufzeigen.

Die verschiedenen Berufsgruppen im Überblick

Um die Unterschiede zu verstehen, ist es wichtig, die verschiedenen Berufsgruppen und ihre Ausbildungen zu kennen:

  • Neurologe: Facharzt für Erkrankungen des Nervensystems sowie davon betroffenen Organensystemen.
  • Psychiater: Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.
  • Psychologe: Wissenschaftler, der Psychologie studiert hat.
  • Psychotherapeut: Kann entweder ein Psychologe mit Zusatzausbildung oder ein Arzt mit entsprechender Weiterbildung sein.

Der Neurologe: Experte für das Nervensystem

Der Neurologe ist ein Arzt mit Spezialisierung auf organische Erkrankungen des Nervensystems, des Gehirns oder des Rückenmarks. Der Facharzt für Neurologie behandelt Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Dazu gehören das Gehirn und das Rückenmark. Der Neurologe diagnostiziert und behandelt also alle Arten von Lähmungen und Gefühlsstörungen, aber auch Störungen des Gleichgewichts, des Gedächtnisses und anderer Funktionen des Gehirns (z.B. Sehverarbeitung, Sprache, Bewusstsein, Schlaf). Er behandelt so bekannte Erkrankungen des Nervensystems wie Epilepsie, Multiple Sklerose, die Parkinson- und Alzheimer-Erkrankung ebenso wie eine Vielzahl seltener Störungen von Gehirn, Rückenmark, der Nerven und auch der Muskulatur, die kaum jemand kennt.

Neurologen befassen sich im Allgemeinen eher mit körperlichen Störungen des Nervensystems und weniger mit seelischen Erkrankungen. Sie behandeln also beispielsweise Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Parkinson und Demenzerkrankungen. Darüber hinaus ist er für die seltenen, so genannten neuromuskulären Erkrankungen, wie die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) zuständig.

Der Psychiater: Spezialist für psychische Erkrankungen

Psychiater sind Fachärzt*innen für Psychiatrie (und Psychotherapie). Hierbei handelt es sich um Ärztinnen und Ärzte - also Personen, die ein Medizinstudium abgeschlossen haben.

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Nach dem Medizinstudium folgt eine mehrjährige Facharztausbildung in der Psychiatrie und Psychotherapie. Sie haben also nach dem Medizinstudium noch einige Jahre Weiterbildung in der Psychiatrie und Psychotherapie sowie eine Facharztprüfung absolviert. Als Psychiater befassen sich Ärzte und Ärztinnen mit dem Gehirn und psychischen Erkrankungen. Wie der offizielle Name bereits sagt, gehört zur Weiterbildung zum „Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie” auch immer der Ausbildungsteil „Psychotherapie”. Das heißt, dass Psychiater neben dem medizinischen Wissen (etwa zu Medikamentenwirkungen) auch lernen, wie sie mithilfe von therapeutischen Gesprächen psychische Erkrankungen behandeln können.

Der Psychiater (genauer: Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) dagegen behandelt seelische Erkrankungen wie Depressionen, Persönlichkeitsstörungen oder Psychosen. Auch Behandlungen von Essstörungen und Suchterkrankungen gehören zum Aufgabenbereich des Psychiaters. Im Zentrum der Behandlung von Psychiatern stehen oft Psychosen und schwere Persönlichkeitsstörungen. Die Behandlung erfolgt in erster Linie medikamentös.

Ein großer Unterschied zwischen Psychologen und Psychiatern ist, dass nur Psychiater oder Psychiaterinnen Medikamente und andere Medizinprodukte auf Rezept verschreiben dürfen. Psychiater sind berechtigt Medikamente zu verschreiben.

Nach der Weiterbildung arbeitet aber nicht jeder Psychiater oder jede Psychiaterin auch psychotherapeutisch. Viele bleiben in der Klinik, wo die therapeutischen Gespräche eher den psychologischen Kollegen und Kolleginnen überlassen werden.

Der Psychologe: Experte für Verhalten und Erleben

Psychologen haben einen anderen Hintergrund. Sie haben mindestens fünf Jahre Psychologie studiert - die Wissenschaft vom Verhalten, Denken und Fühlen. Sie beschäftigen sich also mit dem Lernen und Verhalten der Menschen, mit ihren Gefühlen und Gedanken. Dieses versuchen sie zu beschreiben, zu erklären, vorherzusagen oder ggf. zu ändern. Psychologinnen und Psychologen kommen aus einer anderen Fachrichtung. Sie haben ein Master- oder Diplomstudium in Psychologie abgeschlossen. Die Fachrichtung Psychologie beschäftigt sich damit, menschliches Erleben - also Gedanken und Gefühle - und das Verhalten zu beschreiben, zu erklären und vorherzusagen. Psychologen sind Wissenschaftler. Sie haben Psychologie studiert und befassen sich mit dem Lernen und Verhalten von Menschen.

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Nach dem Abschluss können Psychologen z. B. in Personalabteilungen, Schulen, als Coaches oder in der Forschung arbeiten. Der Psychologe ist dagegen kein Arzt und darf Patienten nur dann behandeln, wenn er eine Zusatzausbildung zum Psychotherapeuten gemacht hat. Psychologinnen erhalten nach dem Studium nicht direkt eine Approbation. Das heißt, sie dürfen nach dem Studium noch keine Menschen mit psychischen Erkrankungen behandeln. Psychologinnen arbeiten häufig in der Forschung, im pädagogischen Bereich, in der Beratung oder in der Wirtschaft (z. B. im Personalwesen).

Der Psychotherapeut: Behandlung seelischer Probleme

Psychotherapie bedeutet übersetzt „Behandlung der Seele“ oder Behandlung von seelischen Problemen. Es leitet sich aus dem Altgriechischen „Psyche“ ab, was so viel bedeutet wie Seele, Hauch, Atem. Nicht jeder darf eine Psychotherapie durchführen. In Deutschland ist die Berufsbezeichnung Psychotherapeut rechtlich geschützt.

Als Psychotherapeut können sowohl Psychologen als auch Psychiater arbeiten. Dafür müssen Psychologen eine Zusatzausbildung absolvieren. Diese dauert drei bis fünf Jahre. Für die Behandlung seelischer Probleme gibt es also psychologische und ärztliche Psychotherapeuten. Sowohl mit einem abgeschlossenen Medizinstudium als auch mit einem abgeschlossenen Master- oder Diplomstudium in Psychologie kann man eine Ausbildung zur Psychotherapeutin oder zum Psychotherapeuten beginnen. Dadurch kann man sich nach dem Abschluss entweder ärztlicher Psychotherapeut oder psychologische Psychotherapeutin nennen. Die Ausbildung dauert in der Regel 3 - 5 Jahre. Der psychologische Psychotherapeut erhält nach dem Abschluss der Ausbildung ebenfalls eine Approbation - also die Berufserlaubnis, nun auch eigenständig Patientinnen und Patienten behandeln zu dürfen.

Psychotherapeut/innen sind Psycholog/innen und machen nach dem Studium noch eine drei- bis fünfjährige Zusatzausbildung zu Psychologischen Psychotherapeutinnen. Im Rahmen dieser Ausbildung müssen sie mindestens ein Jahr in der Psychiatrie arbeiten, ein halbes Jahr in der Psychosomatik, 600 Theoriestunden sowie 600 Einzelpsychotherapiestunden unter Supervision absolvieren. Supervision bedeutet, dass die Therapeutinnen regelmäßig mit einem erfahrenen Therapeuten den Verlauf und die Probleme der Therapie besprechen. Dadurch wird auch bei Therapeutinnen in Ausbildung eine qualifizierte Therapie gewährleistet. In der Therapieausbildung müssen die Therapeutinnen einen Schwerpunkt wählen: Kognitive Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch Fundierte Psychotherapie, Psychoanalyse oder Systemische Therapie.

Seit kurzem gibt es auch eine Reform der Psychotherapieausbildung. Ein psychologischer Psychotherapeut darf im Gegensatz zu den ärztlichen Kollegen keine Medikamente verschreiben. Hier ist jedoch anzumerken, dass auch viele ärztliche Psychotherapeuten, also Psychiater, darauf verzichten, neben der therapeutischen Behandlung Medikamente einzusetzen. Häufig vermitteln sie Patientinnen, die Medikamente benötigen, zusätzlich noch an eine niedergelassene Psychiaterin. Dies kann daran liegen, dass sie verschiedene Behandlungsmöglichkeiten nicht vermischen möchten.

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Der "Nervenarzt": Eine historische Bezeichnung

Verwirrung in der Unterscheidung von Neurologe und Psychiater kann auch der Umstand stiften, dass ein Arzt oft beide Facharztausbildungen absolviert hat. Zudem gibt es noch die ältere Bezeichnung „Facharzt für Nervenheilkunde“, die lange Zeit beide Bereiche umfasste. Die medizinischen Fachgebiete "Neurologie" und "Psychiatrie und Psychotherapie" waren in Deutschland lange zusammengefasst als "Nervenheilkunde". Inzwischen handelt es sich um zwei eigenständige Fächer. Der Facharzt für Psychiatrie und zugleich Neurologie wird in Deutschland als "Nervenarzt" bezeichnet. Im Klinikbereich sind heute beide Fächer selbständig vertreten. Im Bereich der niedergelassenen Ärzte gibt es aber noch viele nervenärztliche Praxen. Sie repräsentieren beide Fachgebiete unter dem Aspekt, dass viele organische Nervenkrankheiten mit psychischen Störungen einhergehen bzw. verbundenen Aufgabengebiete erheblich. Es gibt auch Fachärztinnen, die sowohl Neurologinnen als auch Psychiater*innen sind - sie können also sowohl körperliche als auch seelische Erkrankungen behandeln.

Wann sollte man welchen Experten aufsuchen?

  • Neurologe: Bei Verdacht auf Erkrankungen des Nervensystems, wie z.B. Hirnverletzungen, multiple Sklerose etc.
  • Psychiater: Bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Psychosen oder schweren Persönlichkeitsstörungen.
  • Psychotherapeut: Wenn man den Ursachen seiner psychischen Probleme auf den Grund gehen und sie nachhaltig verändern möchte.

Haben Menschen das Gefühl, ein psychisches Problem zu haben, wenden sie sich anfangs am besten an ihren Hausarzt oder einen Facharzt für Psychiatrie. Denn Symptome einer psychischen Störung können körperliche Ursachen haben - etwa bei einer Schilddrüsenerkrankung. Schließen Ärzte Umstände wie diese aus, kommt eine Psychotherapie infrage. Welcher Spezialist dann geeigneter ist - ob Psychiater oder Psychologe - hängt vom Einzelfall und der individuellen Situation der Betroffenen ab.

Zum Teil kommt es vor, dass Patientinnen oder Patienten von zwei Fachleuten betreut werden, sowohl von einem Psychiater als auch von einem Psychologen. Der eine übernimmt die medikamentöse und der andere die psychotherapeutische Seite der Behandlung. Wichtig ist in solchen Fällen, dass alle Parteien Kenntnis voneinander haben und zusammenwirken. Nicht selten werden Betroffene von zwei Fachleuten betreut, meist Psychiaterin und Psychologin. Es erfolgt dann auf der einen Seite die medikamentöse und auf der anderen Seite die psychotherapeutische Seite der Therapie.

Die Rolle des Hausarztes

Erste Anlaufstelle bei psychischen Problemen kann der Hausarzt sein. Dieser verweist Sie dann an einen für Sie passenden Weiterbehandler. Sie können sich auch direkt an Fachärzte (Psychiater, ärztliche Psychotherapeuten, Neurologen) oder Psychotherapeuten wenden.

Weitere wichtige Aspekte

  • Medikamente: Medikamente können nur von Ärztinnen oder Ärzten verschrieben werden, also von PsychiateiInnen oder Neurologinnen. Psycholog*innen ohne ärztliche Ausbildung haben dazu bisher keine Berechtigung.
  • Therapieansätze: Je nach Störungsbild sind verschiedene Therapieansätze unterschiedlich gut geeignet. Welche Therapieform für Sie die hilfreichste ist, kann in einem Erstgespräch ermittelt werden.
  • Heilpraktiker für Psychotherapie: Eine Ausbildung zum Heilpraktiker oder zur Heilpraktikerin kann ohne vorheriges Studium in Medizin oder Psychologie absolviert werden. Für die Ausbildung gibt es keine standardisierten Regelungen. Sie kann zwischen wenigen Monaten und 3 Jahren dauern und dabei ganz unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Die Qualität der angebotenen Therapie schwankt daher auch sehr und hängt oft davon ab, wie viel Erfahrung die Behandelnden schon gesammelt haben und wie intensiv sie sich im Verlauf der Jahre weitergebildet haben.

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