Der Neurologe als Spezialist für Demenz: Aufgaben, Diagnose und Behandlung

Mit der steigenden Lebenserwartung nehmen Gedächtnisstörungen zu, und viele Menschen klagen über Vergesslichkeit, besonders im höheren Lebensalter. Die Ursachen dafür können vielfältig sein: normale Alterungsprozesse, Überlastung, körperliche Erkrankungen oder Demenzen. Leichte Symptome von Vergesslichkeit geben in der Regel keinen Anlass zur Sorge. Erweist sich eine Gedächtnisschwäche als rein altersbedingt, sind keine weiteren Sorgen notwendig. Doch wann handelt es sich um eine normale altersbedingte Veränderung, und wann um eine Demenzerkrankung? Hier kommt der Neurologe als Spezialist für Demenz ins Spiel.

Die Rolle des Hausarztes als erste Anlaufstelle

Im Grunde ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner, und das sollte auch so sein. Ein sensibilisierter Hausarzt führt erste Untersuchungen durch. Wenn die Symptome sehr leicht sind und im Alltag kaum auffallen, muss man ausführlicher untersuchen.

Aufgaben des Neurologen bei Demenz

Der Neurologe spielt eine zentrale Rolle bei der Diagnose, Behandlung und Betreuung von Menschen mit Demenz. Zu seinen Aufgaben gehören:

Umfassende Diagnostik

Bei anhaltenden Gedächtnis- oder Wortfindungsstörungen sowie auffallenden Verhaltensstörungen im Alter sollte unbedingt eine Abklärung der Ursache beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Neurologie erfolgen. Für den Facharzt von Vorteil sind dabei Kompetenzen im Bereich der Alterskrankheiten seines Faches (Gerontopsychiatrie, Geriatrie = Altersheilkunde). Der Neurologe führt eine umfassende Diagnostik durch, um die Ursache der kognitiven Beeinträchtigungen zu ermitteln und eine Demenz zu diagnostizieren oder auszuschließen. Die Diagnose neurologischer Erkrankungen ist anspruchsvoll, weil das Nervensystem an nahezu allen Vorgängen im Körper beteiligt ist. Der Neurologe oder die Neurologin stellt gezielte Fragen zu typischen Merkmalen des vermuteten neurologischen Krankheitsbilds. Die Anamnese ist die Grundlage für weitere Untersuchungen.

  • Anamnese: Eine ausführliche Befragung des Betroffenen und möglichst auch eines Angehörigen oder Freundes ist wichtig, um ein möglichst objektives Bild der Lebenssituation des Betroffenen zu zeichnen (Fremdanamnese). Dabei werden die subjektiven Einschränkungen durch objektive Testverfahren (standardisierte Aufgaben anhand eines Fragebogens oder Computerprogrammes von ca. 10-30 Minuten Dauer) überprüft.

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  • Körperliche und neurologische Untersuchung: Der Arzt achtet auf äußere Anzeichen der neurologischen Erkrankung und überprüft den Gang und die Körperhaltung oder Veränderungen der Haut. Es werden die Hirnnerven, Reflexe, die Beweglichkeit, die Bewegungskoordination, die Sensibilität und das vegetative Nervensystem untersucht.

  • Neuropsychologische Testung: Das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, die Sprache und verschiedene andere höhere Hirnfunktionen werden untersucht. Das sind Tests, die mit dem Stift auszufüllen sind oder am Computer. Ein ausführlicher Gedächtnistest, den wir in der Gedächtnisambulanz machen, ist, dass man 15 Wörter lernen muss und zwar fünfmal hintereinander und dass danach eine zweite Wortliste gelernt wird, auch mit 15 Wörtern und dass danach - nach weiteren 20 Minuten - nach der ersten Wortliste nochmal gefragt wird.

  • Kurztests: Einfachere Untersuchungen wären, dass man einen Kurztest macht. In einem Kurztest werden drei Wörter vorgegeben, 'Auto, Blume, Kerze', dann wird eine kleine Rechenaufgabe - Man muss von 100 sieben abziehen bis 65 runter - gestellt. Damit wird so ein bisschen die Aufmerksamkeit, den Faden halten, die Konzentration geprüft und nachdem die Patienten gerechnet haben, wird gefragt: 'Ich hatte Ihnen eben oder Sie hatten mir drei Wörter wiederholt, wie hießen die? Und die Patienten, die eine deutlichere Ausprägung haben, die können sich nie diese drei Wörter merken.

  • Beurteilung der geistigen Fähigkeiten: Anhand verschiedener Tests kann der Arzt die derzeitige geistige Leistungsfähigkeit des Patienten beurteilen und damit den Schweregrad der Demenz einordnen. Hierzu gehören der Uhren-Test, der Mini-Mental-Status-Test (MMST), der Demenz-Detektion (DemTect), ADL-Skalen und der CERAD-Test.

  • Laboruntersuchungen: Da neurologischen Symptomen auch internistische Ursachen zugrunde liegen können, wird mittels breitgefächerter Labordiagnostik der Status relevanter Organsysteme, wie dem Herz-Kreislauf- oder dem Hormonsystem erhoben. So können auch etwaige Mangelzustände an Spurenelementen erfasst werden. Der Arzt wird bei allen Patienten mit Verdacht auf Demenz auch Blut abnehmen, um einige behandelbare Ursachen einer Demenz rechtzeitig zu erkennen (z.B. Mangel an Vitamin B12 oder an Schilddrüsenhormonen).

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  • Bildgebende Verfahren: Sind diese Befunde altersentsprechend, werden bildgebende Verfahren hinzugezogen. Computer- oder Magnetresonanz-Tomographie können Hinweise auf eine Altersdegeneration der Hirnsubstanz, eine Verengung versorgender Blutgefässe, sowie ein raumforderndes Tumorwachstum liefern. Durch nuklearmedizinische Methoden wie der Single-Photon-Emission-Computertomographie (SPECT) oder Positronen-Emissions-Tomographie (PET) kann die Durchblutung verschiedener Gehirnareale sowie der Glukose-Stoffwechsel des Gewebes untersucht werden. Für die Symptome der Alzheimer-Demenz scheint unter anderem die Ablagerung fehlgefalteter Proteine, sogenannter Amyloid-Plaques ursächlich. Diese können seit einigen Jahren mit Amyloid-PET dargestellt werden. Bei der Erstdiagnose der Demenz sollte zusätzlich entweder eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. CT und MRT erstellen Schichtaufnahmen des Gehirns und erlauben einen Einblick in den Aufbau des Gehirns. Diese bildgebenden Verfahren ermöglichen allein zwar nicht die Diagnose einer Demenz, können aber helfen, zwischen den einzelnen Formen zu unterscheiden. So können z.B.

  • Liquordiagnostik: Bei Verdacht auf ein entzündliches Geschehen innerhalb der Schädelkalotte kann durch eine Punktion auf der Höhe Lendenwirbel sogenannter Liquor (Gehirnwasser) aus dem Spinalkanal entnommen werden. Ist die Zahl der Leukozyten oder bestimmter Proteine in der Probe erhöht ist dies ein Hinweis für entzündliche Prozesse. Durch das gehäufte Vorliegen fehlgefalteter Amyloid oder Tau-Proteine im Liquor können altersdegenerative Formen, wie Morbus Alzheimer von Demenzerkrankungen mit vaskulärer Ursache unterschieden werden.

Differenzialdiagnose

Zur Feststellung einer Demenz bei Alzheimer-Krankheit müssen andere Erkrankungen, die ebenfalls Anzeichen einer Demenz zeigen können, abgeklärt werden: Hierzu gehören u.a. eine Verengung der Hirngefäße und das Vorliegen von kleinen Gehirninfarkten (vaskuläre Demenz), eine Demenz mit Lewy-Körperchen, gut- und bösartige Hirntumore, AIDS, eine Parkinson-Krankheit, die Erbkrankheit Chorea Huntington, eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) und ein Vitaminmangel z.B. an B12 oder Folsäure. Weiter können Erkrankungen der Nieren, der Leber und der Bauchspeicheldrüse zu einer Demenz führen. Auch Alkohol- bzw. Immer wieder kommt es vor, dass Patienten mit depressiven Erkrankungen aufgrund der psychischen und körperlichen Verlangsamung für dement gehalten werden („Pseudodemenz"). Der Facharzt kann hier mit speziellen Untersuchungen und Tests in der Regel zwischen den beiden Krankheiten unterscheiden.

Erstellung eines individuellen Behandlungsplans

Da es sehr unterschiedliche Demenz-Formen gibt, können keine generellen Aussagen zur Behandlung der Demenz gemacht werden. Die Behandlung richtet sich ganz nach der Ursache der Demenz. Auch neurodegenerative Demenzen können häufig zumindest in ihrem Verlauf verlangsamt werden. Der Neurologe entwickelt einen individuellen Behandlungsplan, der auf die spezifischen Bedürfnisse und Symptome des Patienten zugeschnitten ist. Dieser kann medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapieansätze umfassen.

Medikamentöse Therapie

Mit Hilfe von speziellen Medikamenten, den Antidementiva, kann das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt werden. Aber auch Medikamente, die Verhaltensstörungen wie Depressionen, Antriebslosigkeit, Unruhe, Aggressivität, Sinnestäuschungen oder Schlafstörungen mindern sollen (z.B.

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Nicht-medikamentöse Therapie

Besonders wichtig ist auch die nicht-medikamentöse Behandlung der Alzheimer-Demenz. So können depressive Symptome durch Psychotherapie behandelt und das Denkvermögen und die Lernfähigkeit durch spezielle Trainings geschult werden. Den Betroffenen steht außerdem eine Reihe von weiteren Verfahren zur Verfügung. Hierzu gehören unter anderem Gedächtnistraining, Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie, Verhaltenstherapie und weitere Therapieformen.

  • Kognitives Training: Das Gehirntraining (durch Lösen von Gedächtnisaufgaben etc.) ist sinnvoll, vor allem in frühen Stadien der Erkrankung, um die Selbständigkeit möglichst lange aufrecht zu erhalten oder wiederzuerlangen.

  • Körperliche Aktivität: Ganz im Vordergrund steht auch die adäquate sportliche, körperliche Betätigung.

  • Förderung erhaltener Funktionen: In späteren Stadien geht es in der Therapie stärker darum, noch erhaltene Funktionen der Betroffenen zu fördern.

Beratung und Unterstützung von Patienten und Angehörigen

Der Neurologe berät Patienten und ihre Angehörigen umfassend über die Erkrankung, ihre Ursachen, den Verlauf und die Behandlungsmöglichkeiten. Er unterstützt sie auch bei der Bewältigung der Herausforderungen, die mit der Demenz einhergehen. Die Begleitung und Betreuung der meisten Alzheimer-Erkrankten wird durch die Angehörigen geleistet. Sie unterstützen im Alltag, stellen sich den krankheitsbedingten Konflikten und helfen das Leben der Betroffenen weiterhin erfüllt und lebenswert zu gestalten. Das kostet sehr viel Kraft. Es ist daher wichtig, dass Angehörige sich über die Erkrankung und den Umgang mit den Erkrankten informieren sowie frühzeitig Unterstützung in Anspruch nehmen. Bei aller Unterstützung sollten Sie sich selbst nicht vergessen. Achten Sie auf Ihre persönlichen Grenzen. Es ist besonders wichtig, dass Sie körperlich wie psychisch gesund bleiben, nur dann können Sie Ihren Angehörigen wirksam helfen.

Enge Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen

Regelmäßige Verlaufskontrollen und eine enge Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen und Selbsthilfegruppen sind wichtige Bestandteile unserer Arbeit. Der Neurologe arbeitet eng mit anderen Fachärzten, Therapeuten, Pflegekräften und Sozialarbeitern zusammen, um eine umfassende und koordinierte Versorgung der Patienten zu gewährleisten.

Frühzeitige Diagnose und Therapie

Durch eine frühzeitige fachmännische Diagnose der fortschreitenden kognitiven Beeinträchtigungen, sind angewendete Therapieformen bei Demenz häufig zielgerichteter und folglich effektiver um dem Patienten einen Erhalt an Lebensqualität zu gewähren.

Gedächtnisambulanzen und spezialisierte Zentren

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung dementieller Erkrankungen in der heutigen Gesellschaft gibt es zahlreiche Gerontopsychiatrische Zentren, Memory-Kliniken oder Gedächtnisambulanzen, die sich auf Diagnostik und Therapie der kognitiven Degeneration spezialisiert haben.

Die Ambulanz für Demenz und Gedächtnisstörungen der Klinik für Neurologie am UKS bietet Ihnen umfassende Diagnostik und individuelle Therapieansätze für Demenz, milde kognitive Beeinträchtigungen und andere Gedächtnisstörungen. Ein interdisziplinäres Team aus Neurologinnen und Neurologen, Psychologinnen und Psychologen sowie Therapeutinnen und Therapeuten arbeitet interdisziplinär, um eine ganzheitliche und patientenorientierte Versorgung zu gewährleisten. Mit modernster Technik und wissenschaftlich fundierten Methoden bieten wir Ihnen eine präzise Diagnosestellung und individuell abgestimmte Behandlungspläne. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Frühdiagnose und Therapie von Alzheimer-Erkrankungen sowie anderen Demenz-Formen wie der vaskulären, also durchblutungsbedingten Demenz oder der frontotemporalen Demenz, einer Demenzform, die vor allem Stirn- und Schläfenlappen betrifft. Neben der Behandlung mit Medikamenten bieten wir auch nicht-medikamentöse Ansätze an. Diese umfassen kognitive Trainingsprogramme ("Gehirntraining"), Ergo- und Physiotherapie (Übungen zur Verbesserung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten) sowie Beratung und Unterstützung für Angehörige. Ziel unserer Behandlung ist es, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und die Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten. Im Rahmen der universitären Forschung bieten wir Ihnen auch die Möglichkeit zur Teilnahme an Studien an.

Was können Betroffene und Angehörige tun?

  • Suchen Sie frühzeitig ärztlichen Rat: Bei ersten Anzeichen von Gedächtnisstörungen oder anderen kognitiven Beeinträchtigungen sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
  • Bleiben Sie aktiv: Bitte bleiben Sie körperlich, geistig und sozial aktiv.
  • Nutzen Sie Gedächtnisstützen: In Ihrem Alltag können Ihnen Gedächtnisstützen, wie Kalender, Notizzettel oder die Erinnerungsfunktion Ihres Mobiltelefons helfen. Auch ein organisierter Tages- und Wochenablauf wird Sie sicherer machen.
  • Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen aus: Darüber hinaus kann der Austausch mit anderen Betroffenen eine Entlastung für Sie sein. In Gruppen für Demenzkranke können Sie sich gemeinsam mit der Erkrankung auseinandersetzen und diese verarbeiten.
  • Informieren Sie sich über die Erkrankung: Je besser Sie über die Demenz Bescheid wissen, desto besser können Sie damit umgehen.
  • Nehmen Sie Unterstützung in Anspruch: Scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

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