Die Ultraschalluntersuchung hat sich in der Neurologie als ein wertvolles diagnostisches Instrument etabliert. Sie ermöglicht die Beurteilung von Gefäßen und Weichteilen im Kopf- und Halsbereich, die für die Versorgung des Gehirns von entscheidender Bedeutung sind. Dabei werden sowohl akustische als auch optische Methoden eingesetzt, oft in Kombination.
Ultraschall im Kopf-Hals-Bereich: Ein breites Anwendungsfeld
Der größte Anteil der Ultraschalluntersuchungen im Kopf-Hals-Bereich entfällt auf die sonografische Beurteilung der Halsweichteile. Die Regionen des Weichteilmantels von Hals und Gesicht sind einer sonografischen Untersuchung sehr gut zugänglich. Einschränkungen sind Areale, die ganz oder teilweise von knöchernen oder lufthaltigen Strukturen (Unterkiefer, hinterer Bereich des Schlundes, Luftröhre und Innenraum der Mundhöhle) verdeckt sind. Die Sonografie ist auch in den Fällen gut geeignet, in denen ein Kehlkopf-Karzinom an der inneren oder äußeren Hülle des Schildknorpelskeletts lokalisiert ist. Tumore des Schlundes können in ihrer Größenausdehnung in den meisten Fällen, besonders im Seitenvergleich, genau in ihrer Größe vermessen werden. Dies gelingt ebenso bei Raumforderungen der Lippen- und Wangenweichteile. Ebenso hervorragend abgrenzbar sind Veränderungen der Schilddrüse und der Zunge.
Bedeutung der Ultraschalluntersuchung bei Kopf-Hals-Tumoren
Die Anzahl der Menschen mit Tumoren im Kopf-Hals-Bereich steigt. In Deutschland erkranken jährlich etwa 7 von 100.000 Einwohnern neu an einem solchen Tumor. Nach der Anamnese und dem klinisch/endoskopischen Befund haben moderne Ultraschallverfahren heute einen wichtigen Stellenwert bei der Beurteilung von Primärtumoren, insbesondere des Halslymphknotenstatus. Die Therapieplanung erfolgt auf der Basis einer internationalen Klassifizierung des Tumors (TNM-System).
Vorteile des Ultraschalls
Ein großer Vorteil des Ultraschalls ist die schnelle Durchführbarkeit durch den behandelnden Arzt und das Fehlen von Strahlenbelastung. Der größte Vorteil der Sonografie zeigt sich dadurch, dass der klinische Untersucher die Informationen der Untersuchung selbst mit dem Ultraschallbild korrelieren kann.
Ultraschall bei Speicheldrüsenerkrankungen
Bei Speicheldrüsenerkrankungen ist die Ultraschalluntersuchung die primäre bildgebende Methode. Raumforderungen in der Ohrspeicheldrüse und in der Unterkieferspeicheldrüse sind hervorragend mit der Farbdoppler-Sonografie und B-Scan-Sonografie visualisierbar. Entzündliche Prozesse, Tumoren oder Beteiligungen dieser Drüsen bei Systemerkrankungen (z.B. aus dem rheumatischen Formenkreis, Autoimmunerkrankungen) sind nicht invasiv zu beurteilen und ersparen häufig eine Probeentnahme. Speichelsteine am Ausführungsgang der Ohrspeicheldrüse können den Abfluss des Speichels verlegen und zu einer Schwellung der betroffenen Drüse führen.
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Ultraschall in der neurologischen Gefäßdiagnostik
Bei der neurologischen Ultraschalldiagnostik werden vor allem die Gefäße an Hals und Kopf untersucht, die das Gehirn mit Blut versorgen. Dazu gehören die beiden vorderen Halsschlagadern (A. carotis), die Nackenschlagadern (A. vertebralis) und die verschiedenen Hirnschlagadern (Aa. cerebri und A. basilaris).
Dopplersonografie und Duplexsonografie
Es gibt verschiedene Ultraschallmethoden zur Beurteilung der Blutgefäße:
- Extrakranielle Dopplersonografie (ECD): Hier werden die Halsgefäße mit einer stiftähnlichen Sonde untersucht und die Flussgeschwindigkeit des Blutes akustisch und grafisch wiedergegeben.
- Transkranielle Dopplersonografie (TCD): Hier werden die Gefäße des Gehirns untersucht. Auch hier wird die Blutflussgeschwindigkeit als Geräusch dargestellt.
- Duplex-Sonografie: Hier werden die Gefäße und der darin enthaltene Blutfluss als farbiges Bild dargestellt.
Mit dem Ultraschallgerät können Ablagerungen in den Halsschlagadern, Flussgeschwindigkeiten oder Fehlbildungen dieser Blutgefäße sichtbar gemacht werden. Für die Untersuchung wird ein Ultraschallkopf auf den Hals aufgelegt, der unschädliche, für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbare Schallwellen aussendet. Über einen Lautsprecher hört man das Pulsieren des Blutes in den Halsgefäßen, wobei die Pulskurven gleichzeitig aufgezeichnet werden bzw. das Bild des Gefäßes auf einem Bildschirm sichtbar gemacht wird. Diese Untersuchung ist schmerz- und gefahrlos und kann mehrfach wiederholt werden. Untersucht werden mit dieser Methode die hirnversorgenden Arterien am Hals und ebenso die Arterien im Gehirn bzw.
Anwendungsbereiche der Doppler-Sonographie
Die Doppler-Sonographie ist eine wichtige Untersuchungsmethode bei Kopfschmerzen und Gedächtnisstörungen, die unter Umständen durch eine schlechte Durchblutung des Gehirns ausgelöst werden können, vor allem bei älteren Patienten, Rauchern, Patienten mit hohem Blutdruck oder Stoffwechselstörungen (Diabetes).
Erkennung von Gefäßerkrankungen
Gefäßerkrankungen können zur Verengung (Stenose) oder einem kompletten Verschluss der Schlagadern innerhalb und außerhalb des Kopfes führen. Damit ist die Blutversorgung des Gehirns extrem gefährdet. An den Stenosen tritt eine Flussbeschleunigung ein. Diese Veränderung der Blutfließgeschwindigkeit kann durch die Ultraschalluntersuchung festgestellt werden. Mit der Ultraschall-Doppleruntersuchung werden die Arterien am Hals und im Gehirn untersucht. Die Untersuchung der Hirngefäße am Hals heißt extracranielle Dopplersonographie, die Untersuchung der Hirngefäße im Kopf heißt intracranielle oder transcranielle Dopplersonographie.
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Ablauf der Ultraschalluntersuchung
Der Ultraschall hat eine Schallfrequenz von 2 bis 10 Mega-Hertz, d. h., eine sehr geringe Energie und ist nicht hörbar. Der Patient liegt auf einer Untersuchungsliege und der Kopf ist leicht nach hinten geneigt. Es wird ein Kontakt-Gel aufgetragen, das ungefährlich und gut verträglich ist. Anschließend werden zuerst die Gefäße in den Augen untersucht, anschließend die Gefäße am Hals und unterhalb des Schlüsselbeins. Die Ultraschalluntersuchung belastet den Organismus nicht und kann jederzeit ohne Risiko wiederholt werden.
Optikusnervenscheiden-Sonografie (ONSD)
„Die Optikusnervenscheiden-Sonografie ist ein einfach anwendbares, nicht-invasives und hochrelevantes Verfahren, mit dem sich ein erhöhter Hirndruck frühzeitig feststellen lässt“, sagt Professor Dr. Michael Ertl, Leiter der Sektion Neurologie der DEGUM.
Funktionsweise der ONSD-Sonografie
Beim ONSD-Ultraschall wird ein passender Schallkopf sanft auf das geschlossene Augenlid aufgesetzt. Die Untersuchung macht sich zunutze, dass sich Veränderungen in der Regel an der Hülle des Sehnervs zeigen, wenn der Druck im Schädelinneren steigt. Für die Betroffenen bedeutet das: keine Strahlenbelastung, keine Schmerzen, kein Eingriff. Diese Verfahren liefern zwar sehr genaue Ergebnisse, sind jedoch zeitaufwändig, belastend oder nicht überall sofort verfügbar. „Die Optikusnervenscheiden-Sonografie bietet hier eine wertvolle, patientenschonende Ergänzung, insbesondere in Notfallsituationen oder wenn eine invasive Messung nicht möglich ist“, erklärt Ertl.
Anwendung bei Pseudotumor cerebri
Ein Beispiel für eine Erkrankung, bei der der ONSD-Ultraschall besonders hilfreich ist, ist der sogenannte Pseudotumor cerebri (medizinisch: idiopathische intrakranielle Hypertension). Dabei kommt es zu einem erhöhten Hirndruck, ohne dass ein Tumor, eine Blutung oder eine andere erkennbare Ursache vorliegt. Typische Symptome sind lageabhängige Kopfschmerzen, die im Liegen zunehmen sowie Sehstörungen durch den Druck auf den Sehnerv. „Diese Erkrankung wird leider oft erst spät erkannt, weil die Symptome - wie Kopfschmerzen oder Sehstörungen - zunächst unspezifisch sind und leicht anderen Ursachen zugeschrieben werden“, so Ertl. „Übergewicht ist der wichtigste Risikofaktor“, erklärt der Neurologe aus Günzburg. Therapeutisch stehe daher Gewichtsreduktion an erster Stelle. Akut könne der Hirndruck durch das Ablassen von Nervenwasser gesenkt werden.
Beurteilung der Hirnarterien mit Ultraschall
Die Ultraschalldiagnostik (Sonographie) in der Neurologie beinhaltet die Beurteilung der den Kopf und das Gehirn versorgenden Schlagadern (Arterien) mit der sogenannten Doppler- bzw. Farbduplexsonographie. Außerhalb des Kopfes (extrakraniell) sind das die großen vorderen Halsschlagadern (Arteria carotis) und die kleineren hinteren Halsschlagadern (Arteria vertebralis).
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Darstellung intrakranieller Arterien
Mit modernen Geräten gelingt es, auch Arterien innerhalb des Kopfes (intrakraniell) darzustellen. Hierbei wird der Ultraschallkopf vom Untersucher an die Schläfen bzw. am Nacken vor das große Hinterhauptsloch (Foramen magnum) gehalten. Untersucht werden die sogenannten Hirnbasisarterien, die anatomisch im ringförmigen Circulus Willisii mit den davon abzweigenden vorderen, mittleren und hinteren hirnversorgenden Arterien (Arteria cerebri anterior, media und posterior) angeordnet sind, sowie die intrakraniellen Abschnitte der Vertebralarterien, die sich vor dem Hirnstamm zur Arteria basilaris vereinigen.
Analyse der Blutflussgeschwindigkeit
Bei allen beschriebenen Gefäßen ist eine Analyse der Blutfluss- geschwindigkeit möglich. Hierbei wird vom Ultraschallgerät die von dem österreichischen Physiker Christian Doppler im 19. Jahr- hundert entdeckte (und nach ihm benannte) Frequenzverschiebung bei sich in Relation zueinander bewegenden Körpern ausgenutzt, um, analog zu einer Radarfalle im Straßenverkehr, die Geschwindigkeit der roten Blutkörperchen zu bestimmen. Farbig kodierte Geschwindigkeits- und Richtungsinformationen werden auf das übliche graue Schnittbild projiziert (Duplexsonographie) und somit anatomische und funktionelle Information vereint.
Bedeutung in der Schlaganfalldiagnostik
In der neurologischen Gefäßultraschalldiagnostik werden hauptsächlich Verengungen (Stenosen), Verschlüsse, aber auch Umgehungskreisläufe beurteilt. Sie ist eine Standardmethode in der Ursachenklärung von Schlaganfällen und wird schon aus der Notfallaufnahme heraus oder von der Stroke-Unit initiiert. An den extrakraniellen Halsgefäßen lassen sich mit der anatomischen Information der Duplexsonographie zudem direkt arteriosklerotische Ablagerungen, Änderungen der Gefäßwanddicke oder Einblutungen in eine Gefäßwand (Dissektion) darstellen.
Dauer und Durchführung der Untersuchung
Die gesamte Untersuchung dauert im Allgemeinen ca. 20 bis 30 Minuten und wird, unter Supervision des zuständigen Oberarztes, von einer in der Technik erfahrenen MTA durchgeführt.
Ultraschall bei Arteriitis temporalis (Riesenzellarteriitis)
Die Arteriitis temporalis (neuer: Riesenzellarteriitis) ist eine systemische Gefäßentzündung, die vor allem bei älteren Menschen die Schläfenarterien befällt. Unbehandelt besteht ein Risiko von 20 Prozent zu erblinden, da die Entzündung der Arterien zu einer ungenügenden Durchblutung der Sehnervenpapille führt. Ein Baustein der Diagnostik ist die spezielle Ultraschalluntersuchung der teils schmerzhaft verdickten Gefäße, bei der sich Wandverdickungen (Halo) darstellen lassen. Gemäß Empfehlungen der Europäischen Rheumaliga (European League against Rheumatism - EULAR) ist die Duplex-Sonographie der Temporalarterien die Methode erster Wahl in der Diagnostik einer Riesenzellarteriitis mit kranialem Befallsmuster.
Ultraschall in der Diagnostik von Nervenerkrankungen
In Ergänzung zur Elektroneurographie und Elektromyographie lassen sich mit diesem Verfahren Zusatzinformationen erlangen. Besonders ist dies bei der Frage nach einem Karpaltunnelsyndrom und bei der Diagnose entzündlicher Neuropathien (z. B. Dieses Verfahren setzen wir sowohl bei bestimmten Erkrankungen der Augenmuskeln (Myositis) als auch bei Erkrankungen, die durch eine Zunahme des Nervenwasserdrucks (Idiopathische und sekundäre intrakranielle Hypertension, früher Pseudotumor cerebri) zu einer Veränderung am Eintrittspunkt des Sehnervens in den Augapfel (Papille) oder am Sehnerven selbst führen ein.
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