Neurologische Grundlagen von ADHS bei Erwachsenen

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine neurologische Entwicklungsstörung, die in der Kindheit beginnt und bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben kann. Früher wurde ADHS als eine Kinderkrankheit angesehen, aber heute weiß man, dass mehr als die Hälfte der Betroffenen auch als Erwachsene noch ADHS-Symptome aufweisen. Viele der betroffenen Männer und Frauen wissen nicht, dass ihre Probleme auf ADHS zurückzuführen sind, da sich ADHS im Erwachsenenalter nicht immer eindeutig über die genannten Kernsymptome zeigt, sondern oft mit ganz eigenen Merkmalen.

Was ist ADHS?

ADHS ist eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Die Kernsymptome der ADHS sind Unaufmerksamkeit, Impulsivität und/oder motorische Unruhe/Hyperaktivität. Um die Kriterien einer ADHS zu erfüllen, müssen die Auffälligkeiten über das hinausgehen, was durch Alter und Entwicklungsstand des Betroffenen erklärbar wäre, eine bedeutsame psychosoziale Beeinträchtigung in mehr als einem Lebensbereich verursachen, schon im Vorschulalter beobachtbar gewesen sein und länger als 6 Monate bestehen. Somit hat nicht jedes Kind/jeder Erwachsener, der unruhig oder unaufmerksam ist, ADHS.

Bei einer psychischen Störung geht es um Auffälligkeiten des Denkens, der Gefühle und des Handelns, die zu einer psychosozialen Beeinträchtigung führen. Bei ADHS sind alle genannten Bereiche betroffen, wenngleich das Störungsmuster von Person zu Person unterschiedlich gewichtet sein kann. Wie bei allen psychischen Störungen können die Symptome von ADHS unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Von einer Störung spricht man dann, wenn entsprechende Symptome vorhanden sind und eine Einschränkung in Alltagsfunktionen vorliegt.

Wie äußert sich ADHS bei Erwachsenen?

Noch bis vor 20 Jahren war man überzeugt, dass sich ADHS mit der Pubertät auswächst. Jedoch weisen mehr als die Hälfte der Betroffenen auch als Erwachsene noch ADHS-Symptome wie Unaufmerksamkeit, Impulsivität und/oder Hyperaktivität auf. Allerdings müssen nicht alle Kernsymptome bei allen Erwachsenen mit ADHS gleichermaßen auftreten. Bei manchen überwiegen Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, bei anderen ist impulsives Verhalten vorherrschend. Zudem sind die Ausprägungen vielfach anders als in der Kindheit:

  • Unaufmerksamkeit: Erwachsene mit ADHS haben oft das Gefühl, alles gleichzeitig intensiv wahrzunehmen. Manche beschreiben es als „Gedankenkarussell“ oder „Orchester“ im Kopf. Das führt dazu, sich immer wieder ablenken zu lassen, wodurch Betroffene zum Beispiel oft Dinge verlieren oder verlegen. Vielen fällt es beispielsweise schwer, Gesprächen zu folgen. Sie selbst formulieren häufig sehr ausschweifend, wobei sie sich in Details verlieren können. Müssen sie exakte Anweisungen befolgen, werden vielfach Einzelheiten nicht beachtet oder Flüchtigkeitsfehler gemacht. Aufgaben, die länger anhaltende Konzentration erfordern, fällt Betroffenen oft schwer. Typisch ist aber auch, dass sich Erwachsene mit ADHS "hyperfokussieren", sobald sie etwas sehr interessiert oder ihnen sofortige Befriedigung verschafft, z. B. Computerspiele. Bei solchen Aktivitäten kann die Konzentration stundenlang anhalten, und zwar auf eine sehr fokussierte Weise.
  • Impulsivität: Impulsives Verhalten kann sich bei Erwachsenen mit ADHS beispielsweise durch häufiges „Ins-Wort-fallen“ bei Gesprächen und sprunghafte Themenwechsel zeigen. Viele haben Schwierigkeiten zu warten, bis sie an der Reihe sind. Ihre Frustrationstoleranz kann sehr gering sein. Dann können sie ihre Emotionen nicht kontrollieren und fahren beim kleinsten Anlass aus der Haut. Ihr impulsives Verhalten und die damit verbundenen zwischenmenschlichen Konflikte haben oft Folgen für die Beziehungen zu Familie, Freund:innen, Kolleg:innen und Vorgesetzten. Es kann zudem ernsthafte Auswirkungen auf die persönlichen Finanzen haben, wenn spontane und unüberlegte Ausgaben zu Schulden führen. Manchmal äußert sich impulsives Verhalten auch in Form von Essanfällen, um die innere Unruhe zu bekämpfen.
  • Hyperaktivität: Das für Kinder mit ADHS typische „zappelige“ Verhalten äußert sich im Erwachsenenalter häufig auf subtilere Weise. Auch wenn Erwachsene mit ADHS nach außen einigermaßen ruhig erscheinen, herrscht in ihrem Innern die meiste Zeit des Tages Unruhe und Anspannung. Diese zeigt sich beispielsweise darin, dass die Betroffenen nicht in der Lage sind, wirklich zur Ruhe zu kommen. Daher kommt es oft zu Einschlafstörungen und zum Konsum von Alkohol oder Medikamenten um „Herunterkommen“. Andere versuchen ihre innere Unruhe zu mildern, indem sie exzessiv Sport treiben. Da die motorische Unruhe im Erwachsenenalter meist nicht mehr so ausgeprägt ist wie bei Kindern, wird oft nur von einer Aufmerksamkeitsdefizit-Störung (ADS) gesprochen.

Neurologischer Hintergrund von ADHS

Ausgehend von der wissenschaftlichen Befundlage kommt es bei der ADHS aber auch bei der ADS in geringerem Umfang, zu einer verminderten Aktivität der stratiofrontalen Strukturen. Präfrontaler Cortex wie auch Striatum sind essentiell für die Steuerung und der Modulation von Handlungen zuständig. Planung, Ordnung, Periodisierung und Ausführung von gezielter Handlung unter Abgrenzung von Außenreizen. Hierzu ist die Hemmung von Spontanimpulsen aus dem limbischen System notwendig, welche im Besonderen durch den präfrontalem Cortex ausgeführt wird. Das limbische System ist Bereich, wo unsere Gefühle beherbergt sind. Ein wichtiger Botenstoff ist diesem Zusammenhang das Dopamin, welcher die Kommunikation von Nervenzellen untereinander steuert.

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Hyperaktive Kinder besitzen in einem Teil des Gehirns (dem sog. Hinterhirn) zu viel Dopamin, wodurch die sehr ausgeprägte Impulse von Neugier, Bewegung und die Suche nach Stimuli begründet ist. Und in dem Teil des Gehirns der zur Hemmung und Steuerung zuständig ist (Vorderhirn: präfrontaler Cortex und Striatum) liegt eine zu geringe Aktivität (und damit Konzentration von Dopamin) vor. Zur Erläuterung: Dopamin macht das Gehirn schnell, neugierig, impulsiv, glücklich, ausdauernd. Durch die Aufnahme von Zucker, Kokain und anderen Stimulantien kommt es zu einer erhöhten Ausschüttung von Dopamin.

Bei der ADHS, auch in geringerem Umfang bei der ADS, wurde durch bildgebende Verfahren eine geringere Aktivität im Striatum und auch im präfrontalem Cortex gemessen. Ursächlich dafür ist eine Erhöhung der Anzahl von Dopamin-Transporter (DAT) in diesen Strukturen. Die erhöhte Dichte an Dopamintransportern (DAT) hat nun die Folge, dass aus den synaptischen Spalt Dopamin abtransportiert wird, sodass in diesen Bereichen entsprechend weniger Signalübetragung stattfindet. Bei der Dopaminüberschusshypothese wird nun ein Schritt weiter gedacht. Hier geht man davon aus, dass ein Zuviel des Botenstoffes Dopamin zu einer Erhöhung der Dopamintransporterdichte (DAT) quasi als kompensatorische Antwort des Gehirns auf einen Dopaminüberschuss zustande kommt.

Ursachen von ADHS

Die Ursachen und Entstehungsmechanismen der ADHS sind noch nicht vollständig geklärt. Forscher gehen heute davon aus, dass eine Vielzahl einzelner genetischer Einflussfaktoren mit anderen Einflussfaktoren, z.B. mit Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen oder auch Umweltfaktoren zusammenwirken und so Entwicklungsabweichungen neuronaler Regelkreise zustande kommen, die für die Entwicklung der Symptomatik verantwortlich sind. Zu diesen Entwicklungsabweichungen neuronaler Regelkreise gehören Veränderungen im Neurotransmittersystem, die bei Kindern mit ADHS nachgewiesen werden konnten.

Nach heutiger Auffassung können verschiedene Entstehungswege zu dem klinischen Erscheinungsbild einer ADHS führen. Das bedeutet auch, dass nicht bei allen Betroffenen die gleichen neuropsychologischen und neurobiologischen Auffälligkeiten der Symptomatik zugrunde liegen. Ergebnisse neuroanatomischer Studien sprechen dafür, dass bei ADHS Funktionsstörungen bestimmter neuronaler Regelkreise vorliegen, deren wesentliche Bestandteile das Striatum und das Frontalhirn sind. Aber auch im Kleinhirn und anderen Hirnarealen von Kindern mit ADHS wurden Abweichungen gefunden. Die betreffenden Regelkreise sind wesentlich daran beteiligt, das Zusammenwirken von Motivation, Emotion, Kognition und Bewegungsverhalten neuronal zu realisieren bzw. zu steuern. Dysfunktionen dieser Regelkreise gehen mit einem Über- oder Unterangebot von Botenstoffen (Neurotransmittern) in bestimmten Gehirnregionen einher.

Viele Studien weisen darauf hin, dass erbliche Faktoren eine bedeutsame Rolle für die Entwicklung von ADHS darstellen. Überzeugende Belege dafür stammen aus Familien-, Zwillings- und Adoptionsstudien. Zwillingsstudien zeigen, dass gut 80% der eineiigen und knapp 30% der zweieiigen Zwillinge die gleiche Symptomatik aufweisen. Auch anhand von molekulargenetischen Studien konnten einzelne Regionen im menschlichen Erbgut identifiziert werden, die bei Menschen mit ADHS typische Veränderungen aufweisen. Vor allem bei den Erbinformationen, die für die Bildung und Übertragung des Botenstoffes Dopamin verantwortlich sind, konnten entsprechende Veränderungen festgestellt werden.

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Der Konsum von Nikotin, Alkohol oder andere Drogen während der Schwangerschaft sowie ein Sauerstoffmangel bei der Geburt erhöhen vermutlich das Risiko des Kindes, später an ADHS zu erkranken. Auch zentralnervöse Infektionen während der Schwangerschaft, Schädelhirntraumen oder Verletzungen sowie Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt werden mit späteren hyperkinetischen Auffälligkeiten in Verbindung gebracht.

Die Entwicklung und der Verlauf von ADHS kann durch familiäre und schulische Einflüsse beeinflusst werden. Familiäre Bedingungen, Bedingungen im Kindergarten und in der Schule sind zwar nicht die ausschließliche Ursache der Störung, sie können aber in einem erheblichen Maße die Stärke der Probleme und ihren weiteren Verlauf mitbestimmen.

Diagnose von ADHS bei Erwachsenen

Zerstreutheit, Vergesslichkeit, Impulsivität oder innere Unruhe allein sind noch kein Beweis, dass eine ADHS vorliegt. Bei einer ADHS können u. a. Funktionsstörungen in neuronalen Systemen im Hirn vorliegen. Dennoch lässt sich die Störung weder mithilfe von Laborwerten noch durch einzelne Untersuchungen des Gehirns sicher diagnostizieren. Wichtigste Grundlage für die Diagnose ADHS sind Gespräche und strukturierte Interviews mit einem Facharzt oder einer Fachärztin, die in Diagnostik und Behandlung der ADHS erfahren sind.

Dabei nimmt die Lebensgeschichte der Betroffenen einen großen Stellenwert ein, insbesondere deren schulische und berufliche Entwicklung. Diese wird im Rahmen einer ausführlichen Anamnese (das Erheben der Krankengeschichte) erfasst. Oft können die Anwesenheit des Partners oder der Partnerin, einer Bezugsperson aus der Kindheit oder zusätzliche Gespräche mit Angehörigen wertvolle Informationen liefern. Spezielle ADHS-Fragebögen können die Diagnostik unterstützen, sind aber niemals allein ausreichend für eine Diagnose. Verschiedene körperliche Untersuchungen dienen dazu, andere Erkrankungen wie z.B. Schilddrüsenfunktionsstörungen als Ursache für die Symptome auszuschließen. Ebenso muss abgeklärt werden, ob weitere seelische Störungen, z. B. Depressionen, Angststörungen oder Abhängigkeitserkrankungen vorliegen. Bildgebende Verfahren wie CT (Computertomografie) oder MRT (Magnetresonanztomografie) sowie EEG (Elektroenzephalografie) können zum Ausschluss neurologischer Erkrankungen zum Einsatz kommen.

Viele Erwachsene mit ADHS haben im Laufe der Jahre gelernt, mit ihrer Symptomatik zu leben. Sie halten ihre Probleme für gegeben und haben sie als Teil ihrer Persönlichkeit angenommen. Oft sind es zusätzliche Erkrankungen wie Depressionen oder Alkoholabhängigkeit, die den Leidensdruck so stark erhöhen, dass Betroffene nach professioneller Hilfe suchen. Häufig kommt dazu auch der Anstoß vom Partner bzw. von der Partnerin oder einer anderen Bezugsperson. Da jedoch die Symptome der ADHS anderen psychischen Erkrankungen ähneln, erschwert dies die Diagnose. Auch wird häufig die eigentliche Begleiterkrankung, z. B. eine Depression, als Hauptdiagnose gewertet. In diesen Fällen können viele ADHS-Symptome fälschlicherweise der Depression zugeschrieben und übersehen werden.

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Behandlung von ADHS bei Erwachsenen

Es gibt nicht „die eine“ Behandlung, die Erwachsenen mit ADHS helfen kann. Die Behandlung wird individuell auf die Symptome und Probleme des Patienten/der Patientin zugeschnitten. Dabei richtet sich das Vorgehen auch nach der persönlichen Lebenssituation und den Wünschen der Betroffenen. Gemeinsam wird die ärtzliche oder psychotherapeutische Behandlungsperson die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten mit dem/der Betroffenen besprechen. Bei Erwachsenen mit ADHS steht die Behandlung mit Medikamenten neben der Psychoedukation an erster Stelle.

ADHS wirkt sich auf alle Aspekte des Lebens aus. Daher ist ein umfassender Behandlungsplan, der soziale, pädagogische, psychologische und medizinische Maßnahmen umfasst, der beste Ansatz zur Behandlung von ADHS. Expert:innen sprechen dabei von einem „multimodalen therapeutischen Gesamtkonzept“. Grundsätzlich gehört dazu, die Betroffenen und ihre Bezugspersonen über ADHS, ihre Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten anschaulich und verständlich aufzuklären. Das nennt man auch Psychoedukation. Wie Studien zeigen, konnten Teilnehmende eines Psychoedukationsprogramm nicht nur ihr Wissen über ADHS erweitern, sondern auch die Qualität ihrer Beziehungen und ihr psychisches Wohlbefinden verbessern.

Neben der Psychoedukation steht bei Erwachsenen mit ADHS die Behandlung mit Medikamenten an erster Stelle - auch bei leichter und mittelschwerer Ausprägung und Beeinträchtigung. Voraussetzung ist, dass die Patient:innen damit einverstanden sind. Fachgesellschaften empfehlen in ihren Leitlinien verschiedene Wirkstoffe zur ADHS-Behandlung bei Erwachsenen. Diese können das Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn regulieren. Dadurch können die ADHS-Symptome verringert werden. Insgesamt kann sich die pharmakologische Behandlung positiv auf die Lebensqualität von Erwachsenen mit ADHS auswirken. Welches Präparat am besten für die individuelle Behandlung der ADHS geeignet ist, bespricht der/die behandelnde Arzt bzw. Ärztin in der Regel ausführlich mit den Betroffenen. Wichtig ist es, die Medikamente genau nach Anweisung einzunehmen und nicht ohne Rücksprache mit der Behandlungsperson abzusetzen.

Im Rahmen eines multimodalen therapeutischen Gesamtkonzeptes kann die medikamentöse Behandlung mit psychosozialen Maßnahmen wie einer kognitiven Verhaltenstherapie kombiniert werden. Psychosoziale Maßnahmen können auch sinnvoll sein, wenn Medikamente abgelehnt, nicht vertragen oder unzureichend wirksam sind, oder bei nur ganz leichter ADHS-Symptomatik, mit nur geringer Beeinträchtigung im Alltag.

Auswirkungen von Methylphenidat auf das Gehirn

Der Wirkstoff Methylphenidat entfaltet seine Wirkung in der Blockierung des Dopamintransporter-Systems (DAT). Dadurch kommt es zu einer Erhöhung der Konzentration des Botenstoffes Dopamin im synaptischen Spalt. Methylphenidat (Ritalin) fällt unter das Betäubungsmittelgesetz unter der Gruppe der Amphetamine. Kurzfristig und während der Gabe von Ritalin kommt es damit zu einer Aktivierung des präfrontalen Cortex sowie auch des Striatum. Die Erhöhung der stratiofrontalen Aktivität hat nun zur unmittelbaren Folge, dass die Hemmungsfunktion des Cortex auf das limbische System aufgebaut wird und die Patienten in der Folge temporär, während der Wirkung des Medikaments (1- 4h), bessere Konzentrationsleistungen im Sinne der fokussierten Aufmerksamkeit erbracht werden können und auch weniger Störungsanfälligkeit im Sinne des Auftretens neuer Handlungsimpulse zuungunsten der aktuellen Tätigkeit stattfinden.

Nach ca. 4 Stunden und nach insgesamtem Absetzen des Medikamentes kann es allerdings zu einem Reboundeffekt kommen, d.h. In der Langzeitwirkung von Methylphenidat kann es langfristig, aufgrund der kompensatorischen Bemühungen des Gehirns, zu einer Erhöhung der Dopamamintransporter (DAT) kommen. Unerwünschte Nebeneffekte können Wachstumsstörungen, Tics, Sehstörungen, Schlafstörungen, Bauchschmerzen, Herzrasen, erhöhter Blutdruck, gesteigerte Nervosität, Herzrhythmusstörung u.a. Langzeituntersuchungen stehen noch aus.

Alternative Behandlungsansätze

Präfrontaler Cortex und das Striatum sind maßgeblich für Selbstkontrolle, dem Gedächtnis, der Konzentration und vielen anderen geistigen Leistungen verantwortlich. Die Studienlage ergibt eine signifikante Aktivierung und Neuronenzunahme der frontostratialen Strukturen über die Durchführung von komplexen Bewegungstrainings. Befunde einer Erhöhung der Aktivierung und Anzahl von Neuronen liegen außerdem im Bereich des Hippocampus vor, von dem aus das räumliche, sprachliche und situative Gedächtnis gebildet wird. Durch die Kombination von funktionalem Bewegungstraining und Neurofeedbacktraining werden entsprechend nicht nur die Strukturen aktiviert, die normalerweise durch Ritalin aktiviert werden (Selbstkontrolle und Leistungsverbesserung), sondern es finden auch weitere Verbesserungen wie Raumorientierung, Sozialverhalten und Kreativität statt. Dies bedeutet: In den Strukturen, die zur Steuerung des Verhaltens und der kognitiven Leistungen zuständig sind, kommt es zu erhöhter Aktivität.

Komorbidität und Folgen von ADHS

Die meisten Erwachsenen mit ADHS leiden an weiteren psychischen Störungen, z. B. an Depressionen, Angsterkrankungen oder Persönlichkeitsstörungen. Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko für Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Jugendliche mit ADHS beginnen in der Regel früher zu rauchen und konsumieren insgesamt mehr Tabak als Gleichaltrige. Die Raucherquote ist bei Personen mit ADHS fast doppelt so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung. Im Erwachsenenalter werden zudem vermehrt Essstörungen beobachtet. Auch scheint ein Zusammenhang zwischen ADHS und starkem Übergewicht zu bestehen. In einer Studie konnte ein Restless-legs-Syndrom bei etwa einem Drittel der erwachsenen ADHS-Patienten festgestellt werden. Insgesamt scheinen Erwachsene mit ADHS ein erhöhtes Risiko für verschiedene körperliche Erkrankungen zu haben.

Beeinträchtigungen durch ADHS können sich in allen Lebensbereichen finden. So können beispielsweise Lernschwierigkeiten, der Abbruch einer Ausbildung, unzureichende Leistungen im Beruf, häufige Jobwechsel, finanzielle Probleme, Kauf-, Spiel- und Internetsucht auf eine ADHS zurückzuführen sein. Aufgrund der Ablenkbarkeit und mangelnden Fähigkeit, Gefahren richtig einzuschätzen, steigt die Unfallgefahr. Daher sind Erwachsene mit ADHS häufiger in Haus- und Verkehrsunfälle verwickelt. Auch nimmt während der Jugend und beim Übergang ins Erwachsenenalter das Risikoverhalten zu. Eine ADHS begünstigt zudem die Gefahr, auf die „schiefe Bahn“ zu geraten: Forscher fanden z. B. einen großen Anteil an ADHS-Betroffenen unter jugendlichen Straftätern von ca. 30%.

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