Neurologische Ausfälle bei Migräne: Eine umfassende Betrachtung

Migräne ist eine komplexe neurologische Erkrankung, die sich durch anfallsartige, oft pulsierende Kopfschmerzen äußert. Charakteristisch sind nicht nur starke, einseitige Kopfschmerzen, sondern auch Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Lichtempfindlichkeit und neurologische Ausfälle. Die Krankheitshäufigkeit (Prävalenz) der Migräne in Deutschland liegt zwischen 12-15% in der weiblichen und 6-8% in der männlichen Bevölkerung. Damit ist die Migräne eine der häufigsten Erkrankungen überhaupt. Frauen sind häufiger betroffen als Männer (14,8 % vs. 6,0 %). Am häufigsten treten Migräneanfälle bei Erwachsen im Alter von 20 bis 50 Jahren auf und beginnen im Jugendalter.

Was ist Migräne?

Laut Definition kommt es bei einer Migräne zu anfallsartigen Kopfschmerzen, die in unregelmäßigen Abständen erscheinen. Meist setzen die Schmerzen während der Migräne nur auf einer Kopfseite ein und sind deutlich stärker als herkömmliche Kopfschmerzen. Migräne ist mehr als nur Kopfschmerz - sie ist eine komplexe neurologische Erkrankung, die Millionen von Menschen betrifft. Die neurologische Krankheit Migräne tritt bei etwa zwölf bis 14 Prozent aller Frauen und sechs bis acht Prozent aller Männer in Deutschland auf. Doch auch vier bis fünf Prozent der Klein- und Schulkinder bis zu Pubertät leiden unter Migräneattacken. Die meisten Frauen erleiden ihren ersten Migräneanfall zwischen dem zwölften und 16. Lebensjahr. Männer hingegen bekommen ihre erste Migräne zwischen 16 und 20 Jahren. Zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr häufen sich die Migräneattacken und nehmen in ihrer Schwere zu. Ab dem 55.

Formen der Migräne

Man kann zwischen mehreren Migräneformen unterscheiden:

  • Einfache Migräne oder auch Migräne ohne Aura
  • Klassische Migräne oder auch Migräne mit Aura
  • Komplizierte Migräne oder auch Migraine accompagnée

Die zwei häufigsten Formen sind Migräne ohne und Migräne mit Aura. Zudem lassen sich folgende Unterformen unterscheiden:

  • Migräne der Augen (auch okulare Migräne genannt): Eine Form der Migräne, die Sehstörungen wie Flimmern, Lichtblitze oder vorübergehenden Sehverlust verursacht, oft ohne Kopfschmerzen.
  • Menstruelle Migräne: Migräne, die in direktem Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus steht, oft kurz vor oder während der Menstruation auftritt.
  • Abdominelle Migräne: Eine Migräneform, die hauptsächlich bei Kindern auftritt und durch wiederkehrende Bauchschmerzen und Übelkeit gekennzeichnet ist, oft ohne Kopfschmerzen.
  • Hemiplegische Migräne: Eine seltene und schwere Form der Migräne, die vorübergehende Lähmungen auf einer Körperseite (Hemiplegie) verursachen kann.
  • Migräne mit Hirnstammaura (früher als Basilaris Migräne bekannt): Eine seltene Form der Migräne, bei der Symptome wie Schwindel, Sprachstörungen, Doppelbilder und Bewusstseinsveränderungen auftreten, die auf den Hirnstamm zurückzuführen sind.
  • Vestibuläre Migräne: Eine Migräneform, bei der Schwindel und Gleichgewichtsstörungen die Hauptsymptome sind, oft begleitet von den klassischen Migränekopfschmerzen.

Symptome der Migräne

Zu den typischen Symptomen von einfacher Migräne zählen mäßige bis starke, einseitige Kopfschmerzen. Patientinnen und Patienten berichten von einem pulsierenden, pochenden oder hämmernden Schmerz, der sich bei körperlicher Aktivität verstärkt.

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  • Migräne ohne Aura: Die einfache Migräne zeichnet sich auch durch eine hohe Empfindlichkeit von Licht, Geräuschen und Gerüchen aus. Hinzukommen können Schwindel, das Sehen von Lichtblitzen und eigenartigen Formen.
  • Migräne mit Aura: Bei der klassischen bzw. Migräne mit Aura kommen zu den Kopfschmerzen neurologische Defizite hinzu. Meist als Vorbote von einem Migräneanfall können sogenannte Gesichtsfeldausfälle auftreten. Diese äußern sich in Form von Sehstörungen wie Lichtblitzen und werden in der Neurologie als Aura oder Migräneaura bezeichnet. Der halbseitige Kopfschmerz geht mit Rötungen im Gesicht einher und kann durch eine temporäre Störung der Zirkulation in den Blutgefäßen erklärt werden. Etwa 30 % der Migränepatienten erleben vor dem Kopfschmerz eine Aura mit Sehstörungen oder Taubheitsgefühlen.
  • Komplizierte Migräne: Die komplizierte Migräne oder auch Migraine accompagnée ist gekennzeichnet durch lange neurologische Störungen im Vergleich zur Migräne mit Aura. Die Vorboten können den jeweiligen Migräneanfall auch überdauern. Zu der komplizierten Migräne zählen Unterformen wie die hemiplegische Migräne, die Basilaris-Migräne sowie die ophthalmoplegische Migräne. Die Symptome einer Migraine accompagnée reichen von leichten Lähmungserscheinungen über Gang- und Sehstörungen bis hin zu Sprachverlust oder Sprachstörungen.

Phasen einer Migräneattacke

Eine Migräne-Attacke kann in mehreren Phasen verlaufen:

  1. Einer initialen Prodomalphase (Anfangsphase)
  2. Einer Aura-Phase
  3. Dem eigentlichen Kopfschmerz
  4. Einer postiktalen Phase (Phase nach dem Anfall)

Viele Patienten beschreiben vor der eigentlichen Migräneattacke sog. Prodromalzeichen. Diese Symptome können bis zu 48 Stunden vor der eigentlichen Kopfschmerzphase auftreten und durch Heißhunger, Stimmungsschwankungen, euphorischen Gefühlen oder Polyurie gekennzeichnet sein.

Aura-Phase

Die Aura geht den starken Kopfschmerzen einer Migräne direkt voraus und entwickelt sich in einem Zeitraum von fünf bis zehn Minuten. Dabei dauern die Symptome der Auraphase etwa 15 bis 30 Minuten an und äußern sich durch Sehstörungen wie etwa Lichtblitze, blinde Flecken im Sehfeld, Doppelbilder, Schwäche, Schwindel, Taubheit, Kribbeln in Gliedmaßen oder Gangunsicherheit. In der Regel setzen die Kopfschmerzen nach der Aura ein. Dennoch können sich Migräneaura und der Migräneanfall überschneiden oder der Kopfschmerz bleibt völlig aus.

Kopfschmerzphase

Bei der eigentlichen Migräne treten die pochenden Schmerzen einseitig auf und verschlimmern sich durch körperliche Tätigkeiten. Je nach Migräneform und ihrer Schwere wird Migräne von vegetativen Störungen wie Schwindel oder Benommenheit oder neurologischen Störungen wie Sehstörungen, Taubheit oder Kribbeln begleitet.

Postiktale Phase

Die letzte Phase ähnelt in Bezug auf die Symptome der Prodromalphase. Nach dem Abklingen des Kopfschmerzes bleibt häufig eine Erschöpfung bestehen: Verstärkte Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Muskelschmerzen.

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Ursachen und Auslöser

Für Migräne besteht generell eine genetische Veranlagung. Bei Menschen mit bestehender Veranlagung können folgende Auslöser für Migräne verantwortlich sein:

  • Schlafüberschuss oder Schlafmangel
  • Hunger oder Unterzuckerung
  • Hormonumstellungen wie während des Zyklus oder bei Einnahme der Anti-Baby-Pille
  • Körperlicher oder psychischer Stress
  • Bestimmte Nahrungsmittel wie Schokolade, Käse, Zitrusfrüchte, Alkohol
  • Licht, Geräusche oder Gerüche
  • Wetterveränderungen
  • Starke Emotionen
  • Bestimmte Medikamente
  • Räume, in denen geraucht wird

Bei Migräne handelt es sich um eine Funktionsstörung des Gehirns, der Hirnhaut und ihrer Blutgefäße. Während eines Migräneanfalls funktionieren die schmerzregulierenden Systeme fehlerhaft und machen Betroffene überempfindlich gegenüber Reizen. Zudem haben die Botenstoffe des Gehirns (Neurotransmitter) Einfluss auf den Migränekopfschmerz. Welche Ursachen Anfälle von Migräne auslösen, ist letztendlich abhängig von der jeweiligen Person.

Diagnose

Da es keine spezifischen Biomarker für Migräne gibt, erfolgt die Diagnose durch eine Ausschlussdiagnostik. Ein Kopfschmerztagebuch kann helfen, Muster zu erkennen und die Migräne von anderen Kopfschmerzarten abzugrenzen. Die Diagnose der Migräne erfolgt durch die Anamnese und die unauffällige neurologische Untersuchung.

Differenzierung von Spannungskopfschmerz

Es ist wichtig, Migräne von anderen Kopfschmerzarten, insbesondere Spannungskopfschmerz, zu unterscheiden:

MerkmaleMigräneSpannungskopfschmerz
SchmerzlokalisationEinseitigBeidseitig
SchmerzcharakterPulsierend, pochendDumpf, drückend
IntensitätMittel bis starkLeicht bis mittel
BegleiterscheinungenÜbelkeit, Aura, Licht- und GeräuschempfindlichkeitKeine Begleitsymptome

Spezielle Formen der Migräne mit neurologischen Ausfällen

Hemiplegische Migräne (FHM)

Die sehr seltene hemiplegische Migräne ist gekennzeichnet durch motorische Ausfälle in Kombination mit mindestens einem weiteren Aura-Symptom, etwa einer visuellen Störung. Von der FHM betroffene Patienten erleiden während der Migräneattacke eine u. U. komplette Halbseitenlähmung (daher der Name - hemi - halb, Plegie = Lähmung), die für 30-60 Minuten, in einigen Fällen sogar mehrere Stunden andauern kann.

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Drei Typen dieser seltenen Migräneform werden unterschieden: FHM-1, FHM-2 und FHM-3. Der FHM-1 liegt ein Gendefekt auf Chromosom 19 p13 zugrunde, der eine Untereinheit eines Hirn-spezifischen P/Q-Kalzium-Kanals kodiert (CACNL1A4). Der FHM Typ 2 hingegen liegt ein Gendefekt auf Chromsom 1 (1q23) zugrunde. Dieses Gen kodiert für eine spezifische Natrium-/ Kaliumpumpe, welche ebenfalls nur cerebral vorkommt. Die FHM Typ 3 entsteht durch einen Gendefekt auf Chromosom 2, der einen Natrium-Kanal codiert. Diese Form der Migräne ist sehr selten, präsentiert sich klinisch jedoch als sehr dramatisch, so dass diese Patienten nicht selten auf eine neurologische Intensivstation gebracht werden, weil ein Schlaganfall vermutet wird.

Diejenigen, die innerhalb der Familie einen Verwandten ersten oder zweiten Grades besitzen, der ebenfalls an der komplizierten Migräne leidet, sind von der sogenannten familiären hemiplegischen Migräne (FHM) betroffen. Die Ausprägung der Symptome kann innerhalb der Familie variieren und es betrifft oft bereits Kinder und junge Erwachsene. Die häufigste Ursache der familiären hemiplegischen Migräne ist eine Mutation (Veränderung) in den Genen FHM1, 2 oder 3. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Vererbt wird das Gen autosomal-dominant.

Leidet ein Patient an der hemiplegischen Migräne und besitzt keinen Verwandten mit gleichen Beschwerden, wird die Form als sporadische hemiplegische Migräne (SHM) bezeichnet. Bei dieser Variante der komplizierten Migräne kommen nur in 10 bis 20 Prozent der Fälle Mutationen des FHM-Gens vor. Für die restlichen Fälle gibt es noch keine ausreichenden Daten. Die Patienten leiden meistens schon als Kind unter den Beschwerden. Hinzu kommen dann oft anhaltende Begleitsymptome wie Epilepsie.

Retinale Migräne

Während der akuten Attacke entwickeln diese Patienten eine monokuläre (nur auf einem Auge) Sehstörung. Sie können Skotome (Ausfall eines Teils des Gesichtsfeldes) oder gar eine (monoculäre) Blindheit entwickeln. Diese Störungen sind zeitlich begrenzt und bilden sich innerhalb weniger Stunden wieder komplett zurück. Die Diagnose einer retinalen Migräne fordert im symptomfreien Intervall einen unauffälligen augenärztlichen Befund.

Migräne mit Hirnstammaura (Basilarismigräne)

Neben Gesichtsfelddefekten können sich Sehstörungen, Schwindel, Tinnitus, Hörstörungen, Doppelbilder, Ataxie (Bewegungsstörungen) und unter Umständen eine Paraparese (Lähmungserscheinungen) der Beine einstellen.

Chronische Migräne

Nach der Definition müssen Migränekopfschmerzen an mehr als an 15 Tagen im Monat seit mindestens 3 Monaten bestehen. Ein Medikamenten-induzierter (durch Medikamente ausgelöster) Kopfschmerz muss jedoch ausgeschlossen werden. Aber genau diese Abgrenzung kann hier sehr schwer sein, da Patienten mit häufigen Migräne-Attacken auch häufig Medikamente einnehmen. Liegt also der Verdacht auf eine chronische Migräne vor und nimmt der Patient tatsächlich an mehr als an 15 Tagen Medikamente zur Akutbehandlung der Migräne ein, kann die Diagnose erst gestellt werden, wenn der Patient von seinen Medikamenten entzogen worden ist und nach vollendetem Entzug immer noch unter chronischen Migräne-Kopfschmerzen leidet.

Behandlung

Auch wenn Migräne eine nicht heilbare Krankheit ist, lässt sie sich mit Medikamenten gut behandeln. Dabei gibt es einen Unterschied zwischen Medikamenten für akute Migräne und zur Rückfallprophylaxe. Für eine erfolgreiche Medikation muss die Therapie zu Beginn der Migräne angewandt werden. Laut deutscher Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft ist eine schrittweise und für den Bedarf gerechte Medikation vorgesehen. Dabei gibt es gegen Übelkeit und Erbrechen ein Antiemetikum, während bei Schmerzen Analgetika, Triptane oder Cortison eingesetzt werden können. Zudem empfiehlt die deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft die Medikation der jeweiligen Patientin bzw. Triptane und Ergotamine sollten bei mittelschweren Migräneanfällen oder Migraine accompagnée - allerdings nicht zusammen oder kurz hintereinander - eingesetzt werden. Die vielen unterschiedlichen Darreichungsformen bieten Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, die für sie passende zu finden. Allerdings sollten Triptane erst nach Abklingen der Aura und beim beginnenden Migränekopfschmerz angewandt werden.

Akuttherapie

Leichte bis mittelschwere Migräneattacken können mit peripher wirksamen Analgetika (schmerzstillende und -lindernde Medikamente) und NSAID’s (=Nichtsteroidale Antiphlogistika, entzündungshemmende Schmerzmittel ohne Kortison) behandelt werden. Die Wirksamkeit der Analgetika kann durch die Gabe von Prokinetika (Mittel zur Förderung der Magen-Darm-Bewegung) und Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen) wie Metoclopramid oder Domperidon verbessert werden, da somit die Aufnahme der Medikamente insgesamt verbessert wird. Da viele Patienten gleichzeitig unter Übelkeit und Erbrechen leiden, bietet sich die begleitende Gabe dieser Substanzen auch unter diesem Gesichtspunkt an. Wichtig ist eine ausreichend hohe Dosierung der eingesetzten Präparate sowie die Auswahl gut und schnell aufnehmbarer Darreichungsform (Brausetabletten oder Granulate).

Spezifische Antimigränemittel sind die Ergotamine und Triptane. In der Therapie der akuten Migräneattacke sind die Triptane (5-HT1B/D-Agonisten) die Mittel der ersten Wahl. Die vielfältigen Darreichungsformen und Dosierungen der Triptane ermöglichen ein hohes Maß an individueller Therapie. Dabei können auch besondere klinische Präsentationen berücksichtigt werden. So eignen sich für Patienten, die besonders unter Übelkeit und Erbrechen leiden, subcutane (unter die Haut) oder intranasale (=in die Nase hinein) Darreichungsformen (Sumatriptan sucutan, Nasenspray, Zolmitriptan Nasenspray).

Ein Triptan-spezifisches Problem ist das Wiederauftreten des Kopfschmerzes im Zeitfenster von 2-24 Stunden nach einer anfänglich erfolgreichen Behandlung (=sekundäres Therapieversagen). Da Patienten eine schnelle Hilfe erwarten und schnell wirksame Triptane in aller Regel bevorzugt werden, kann dem sekundären Therapieversagen mittels gleichzeitiger Einnahme von Analgetika in ausreichender Dosierung, wie z. B. Ibuprofen entgegen gewirkt werden.

In der Notfallsituation oder beim Versagen einer oralen Medikation stehen bisher Sumatriptan in einer sukutanen Darreichungsform und Lysin-Acetylsalicylsäure (LAS, früher Aspisol®, Aspirin IV) zur intravenösen Gabe zur Verfügung.

Prophylaxe

Die akute Therapie muss in nicht selten durch eine Prophylaxe (=Vorbeugung) ergänzt werden. Ziel ist es, die Zahl der Migräneattacken im Monat bzw. die Anzahl der Migränetage im Monat sowie die Intensität jeder Migräneattacke zu senken. In der Folge soll damit auch erreicht werden, die Einnahme von Akutpräparaten wie Triptane, NSAID und Analgetika auf ein Mindestmaß zu senken, um zum einen die Menge der eingenommenen Akutmedikation zu reduzieren und um zum anderen die Gefahr eines Medikamenten-induzierten (durch Medikamente ausgelösten) Kopfschmerzes zu reduzieren.

Patientinnen und Patienten können anhand eines Anfallstagebuchs Schlüsse ziehen, wodurch ihre Migräne entsteht. Davon ausgehend können sie ggf. ihren Lebensstil verändern und dadurch langfristig Migräneanfälle senken. Zudem gibt es psychotherapeutische Verfahren, bei denen Betroffene lernen, mit ihrer Migräne besser umgehen zu können. Neben einer psychotherapeutischen Verhaltenstherapie, Ausdauersport und Akkupunktur können Medikamente einer Migräne vorbeugen. Zudem sollten Migräneauslöser möglichst vermieden werden. Eine medikamentöse Vorbeugung kann zwar die Erkrankung nicht völlig verhindern, doch sie kann die Häufigkeit, Dauer und Intensität der Migräne mindern.

Diese Behandlung zur Prophylaxe ist für Patientinnen und Patienten sinnvoll, wenn:

  • Die bisherige Behandlung der migränösen Attacken zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt hat
  • Sie pro Monat unter mehr als drei Migräneanfällen leiden
  • Keine oder kaum Verträglichkeit für die Medikamente gegen Migräne besteht
  • Die Migräneanfälle häufiger auftreten
  • Sie mehr als zehn Tage pro Monat Schmerz- oder Migränemittel einnehmen
  • Die Migräne das alltägliche Leben stark einschränkt
  • Es nach einer Migräne zu neurologischen Migränekomplikationen und Störungen kommt, die mehr als sieben Tage andauern

Vorbeugend können Medikamente wie Betablocker, Flunarizin, Antiepileptika oder Topiramat verwendet werden. Um auf natürliche Weise einer Migräne vorzubeugen, sollten Betroffene die Ursachen für die anfallsartigen, migränösen Kopfschmerzen kennen und diese möglichst vermeiden. Hilfreich ist daher ein regelmäßiger Schlafrhythmus, die Einhaltung fester Mahlzeiten sowie das Meiden von lauten Geräuschen oder hellem Licht.

Leiden Patientinnen und Patienten unter mehr als drei Migräneattacken im Monat, gibt es folgende Möglichkeiten der Migränetherapie und -prophylaxe:

  • Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR): Hierbei lernen Betroffene in Form von Fantasiereisen einzelne Muskelbereiche an- und zu entspannen, was auch für Kinder gut geeignet ist.
  • Kognitiv-behaviorales Schmerzbewältigungstraining (Stressmanagement): Patientinnen und Patienten lernen, sich mit möglichen Stressfaktoren des Alltags und Berufs im Zusammenhang mit ihren kognitiven Prozessen auseinanderzusetzen und entwickeln Strategien zur Stressbewältigung.
  • Biofeedback-Therapie: Bei dieser Methode werden biologische Signale wie etwa der Blutdruck in sicht- oder hörbare Signale umgewandelt, sodass Betroffenen diese bewusst werden. Dabei lernen sie, die Weite ihrer Blutgefäße der Kopfhaut bewusst zu beeinflussen und so die Kopfschmerzen zu lindern.

Nicht-medikamentöse Maßnahmen

Individuelle Trigger erkennen (z. B. Ernährung, Stress, Schlafmangel), regelmäßige Bewegung und Entspannungstechniken (Yoga, Meditation) und eine ausgewogene Ernährung (Vermeidung von Trigger-Lebensmitteln) können helfen.

Patientinnen und Patienten können anhand eines Anfallstagebuchs Schlüsse ziehen, wodurch ihre Migräne entsteht. Davon ausgehend können sie ggf. ihren Lebensstil verändern und dadurch langfristig Migräneanfälle senken. Zudem gibt es psychotherapeutische Verfahren, bei denen Betroffene lernen, mit ihrer Migräne besser umgehen zu können.

Patienten sollten daher während der ersten Monate einer prophylaktischen Therapie angehalten werden, ein Kopfschmerztagebuch zu führen, in dem neben den Schmerzattacken auch die eingenommene Akutmedikation aufgeführt wird. Aufklärung des Patienten über den langsamen Wirkeintritt der prophylaktischen Therapie (Patienten erwarten häufig einen Wirkeintritt und einen Effekt nach wenigen Tagen, Prophylaktika können häufig aber erst nach mehreren Wochen beurteilt werden.

Maßnahmen im Alltag

  • Beobachten Sie sich selbst.
  • Vermeiden Sie die Auslösefaktoren für Ihre Schmerzattacken.
  • Erlernen Sie Methoden der Stressbewältigung.
  • Machen Sie Entspannungsübungen. Hier bieten sich viele Praktiken wie zum Beispiel Progressive Muskeltiefenentspannung nach Jacobson, Biofeedback, Autogenes Training, fernöstliche Praktiken wie Qi-Gong und Meditation an.
  • Bewegen Sie sich regelmäßig.
  • Gönnen Sie sich etwas Gutes wie einen Theater-, Konzert-, Kinobesuch oder lassen Sie sich mit einem Wellness-Tag verwöhnen. Auch ein ausgiebiger Plausch mit der besten Freundin kann Ihnen Freude machen.
  • Finden Sie die richtige Einstellung zu Ihrer Migräne.

Wichtige Hinweise

  • Migränepatienten mit Aura haben ein leicht erhöhtes Schlaganfallrisiko, insbesondere wenn weitere Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und Pille bestehen.
  • Migräne-Patienten, bei denen dem Kopfschmerz eine Aura vorausgeht, haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko.
  • Bemerken Patienten im Rahmen einer Aura neue neurologische Symptome oder treten Aura-Beschwerden wie Empfindungs-, Seh- oder Sprachstörungen zum gleichen Zeitpunkt wie Kopf- und Gesichtsschmerzen auf, sollte unbedingt auch an einen Schlaganfall gedacht werden.
  • Einem Verdacht auf einen Schlaganfall können auch medizinische Laien mit einem einfachen Test nachgehen. Innerhalb kürzester Zeit lassen sich die wichtigsten dieser Anzeichen mit dem sogenannten FAST-Test überprüfen.
  • Du musst Migräne-Schmerzen nicht einfach aushalten.
  • Eine Prophylaxe kann die Migräne nicht heilen und muss mindestens über drei Monate erfolgen, um die Wirksamkeit beurteilen zu können. Eine Prophylaxe ist dann wirksam, wenn sie die Häufigkeit der Kopfschmerzen halbieren kann.
  • Sollte es gehäuft zu Migräneattacken komme, ist es unbedingt notwendig, sich von einem Neurologen beraten und behandeln zu lassen. Diesem hilft es ungemein, wenn sie einen Kopfschmerzkalender führen, in dem Sie eintragen, wie oft, in welcher Qualität und in welcher Situation die Beschwerden auftreten. So kann Ihnen ihr Neurologe besser helfen, Situationen mit Kopfschmerz zu vermeiden und Ihnen zu einem geeigneten Akutpräparat und einem Medikament als Prophylaxe raten.
  • Sollte kein Medikament und keine Allgemeinmaßnahme die Häufigkeit der Schmerzattacken vermindern, ist die Diagnose erneut zu überprüfen.

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