Das menschliche Gehirn besitzt auch nach Schädigungen ein bemerkenswertes Potential zur Anpassung und Plastizität, das in der neurologischen Rehabilitation (Reha) genutzt werden kann. In Freiburg erkannten dies bereits vor 20 Jahren einige Arbeitsgruppen der Neurologischen Universitätsklinik, was zu einer grundlegenden Neuausrichtung der Schlaganfall-Rehabilitation führte.
Faktoren, die die Dauer der Schlaganfall-Rehabilitation beeinflussen
Die Dauer einer Schlaganfall-Rehabilitation ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu gehören:
- Ort der Schädigung: Wo genau im Gehirn die Schädigung aufgetreten ist.
- Schweregrad der Symptome: Wie stark die neurologischen Ausfälle sind.
- Auftreten von Neglect: Eine Aufmerksamkeitsstörung, bei der eine Körperseite oder ein Teil des Raumes vernachlässigt wird.
- Begleiterkrankungen und Risikofaktoren: Vorliegen von z.B. Hypertonus, starkes Übergewicht, zerebrale Mikroangiopathie, Parkinson oder Normaldruckhydrozephalus.
- Soziales Netzwerk: Unterstützung durch das Umfeld des Patienten.
- Vorbildung: Das Bildungsniveau des Patienten.
- Psychische Verfassung: Depressionen, die während der Rehabilitation auftreten können.
Phasen der Erholung nach einem Schlaganfall
Bildgebungsstudien (fMRT) haben gezeigt, dass die Erholung nach einem Schlaganfall in drei Phasen verläuft:
Reha-Phase 1: Behandlung direkt nach dem Schlaganfall ("Schockzustand")
In den ersten Stunden oder Tagen nach dem Schlaganfall befindet sich das Gehirn in einem "Schockzustand". Das gesamte System ist beeinträchtigt. Eine funktionsorientierte Rehabilitation ist in dieser Phase wenig sinnvoll und eine zu starke Aktivierung möglicherweise sogar schädlich. Die Rehabilitation findet meist auf einer speziellen Schlaganfall-Station statt, wo Ärzte einen erneuten Schlaganfall verhindern können, der besonders in den ersten drei Tagen auftreten kann. Diese Phase dient also auch der Schlaganfall-Prävention.
In dieser Phase messen Therapeuten oft mehrmals täglich die Funktionen, um Veränderungen oder Verschlechterungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Die Patienten benötigen viel Pflege und Unterstützung.
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Reha-Phase 2: Hyperaktivierung des Gehirns
In dieser Phase kommt es zu einer "Hyperaktivierung" des Gehirns. Die Patienten werden mobilisiert und erste funktionsorientierte Reha-Maßnahmen werden durchgeführt. Ziel ist die schrittweise Rückkehr zur Selbstständigkeit. In dieser Phase können psychische Reaktionen bei Patienten und Angehörigen auftreten, weshalb eine engmaschige Überwachung und unterstützende Maßnahmen wie Gespräche oder Antidepressiva sinnvoll sein können. Die meisten Patienten werden in dieser Phase bereits für eine Rehabilitation in einer Reha-Klinik in Baden-Württemberg angemeldet.
Reha-Phase 3: Funktionelle Therapie
In der dritten Phase nähert sich die Aktivierung des Gehirns wieder einem normalen Niveau an. Eine modellbasierte, auf die Funktion ausgerichtete Therapie ist wahrscheinlich nur bei Patienten sinnvoll, die diese Phase erreichen. In dieser Phase ist der Effekt von Dauer. Die Neurologische Universitätsklinik Freiburg bietet für Patienten in dieser Phase gezielte ambulante Reha-Maßnahmen an.
Therapieansätze in der neurologischen Rehabilitation
Forced-Use Therapy
Die "Forced-Use Therapy" wurde vor über 10 Jahren von Freiburger Wissenschaftlern in Deutschland eingeführt. Sie beinhaltet einen "verstärkten Gebrauch" der betroffenen Hand oder des betroffenen Beins bei gleichzeitigem "Verbot", die gesunde Hand für alltägliche Tätigkeiten einzusetzen.
Spiegeltraining
Besonders schwierig ist die Behandlung von Patienten, die auch Monate nach dem Schlaganfall die Hand noch nicht bewegen können. Jedes Lernen erfordert "Feedback" und "Reinforcement". Beim Spiegeltraining bewegt der Patient seine gesunde Hand und beobachtet dies in einem Spiegel. Dadurch entsteht der Eindruck, dass er die gelähmte Hand bewegt. Dies erzeugt die Illusion eines visuellen Feedbacks einer Bewegung der gelähmten Hand, während er das motorische Programm in der gesunden Hirnhälfte für die Bewegung der gesunden Hand abruft. Es kommt zu einer verstärkten Bindung des motorischen Programms in der "falschen" Hirnhälfte mit der illusionären Bewegung der gelähmten Hand. Auch für diese Therapie wurden in Freiburg die neurobiologischen Grundlagen erarbeitet.
Weitere Therapieansätze und Einrichtungen
Neben den genannten Therapieansätzen gibt es eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten der neurologischen Rehabilitation. Dazu gehören beispielsweise:
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- Physiotherapie: Zur Verbesserung der Beweglichkeit und Koordination.
- Ergotherapie: Zur Verbesserung der Alltagskompetenzen.
- Logopädie: Zur Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen.
- Neuropsychologie: Zur Behandlung von kognitiven Störungen.
In Freiburg und Umgebung gibt es verschiedene Einrichtungen, die neurologische Rehabilitation anbieten:
- Neurologische Universitätsklinik Freiburg: Bietet ambulante Reha-Maßnahmen an.
- Schwarzwaldklinik Neurologie in Bad Krozingen: Spezialisiert auf neurologische Erkrankungen.
- BDH-Klinik Elzach: Klinik für Neurologische Rehabilitation im Schwarzwald.
- SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach: Akutkrankenhaus mit Neurologischer / Neurochirurgischer Frührehabilitation.
- Mooswaldklinik: Spezialisiert auf orthopädisch-traumatologische Erkrankungen und Verletzungen vor den Toren Freiburgs.
- ZAPR (Zentrum für ambulante Psychatrische Rehabilitation): Bietet ambulante Behandlung in Glottertal in der Nähe von Freiburg.
- Gesundheitszentrum Hölderle-Carré: Befindet sich in zentraler Lage Freiburgs.
Telemedizin
Die Telemedizin spielt eine zunehmend wichtige Rolle in der Versorgung von Schlaganfallpatienten. Sie ermöglicht die umgehende neurologische Untersuchung des Patienten im Partnerkrankenhaus über eine Audio-Video-Konferenz, die Fremdbewertung der zerebralen Bildgebung und die Übermittlung einer Behandlungsempfehlung. In der überregionalen Stroke Unit in Freiburg kann jederzeit ein Neurologe zu einer neurologischen Untersuchung über eine Audio- /Videoverbindung hinzugezogen werden, wenn in einem Partnerkrankenhaus ein Patient mit Verdacht auf Schlaganfall eingeliefert wird. Dies ermöglicht auch Kliniken ohne ständige neurologische Fachexpertise vor Ort eine umgehende neurologische Evaluation und optimale Therapie.
Qualitätssicherung in der neurologischen Rehabilitation
Die Qualität der neurologischen Rehabilitation wird durch verschiedene Maßnahmen sichergestellt. Dazu gehören:
- Leitlinien: Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie hat Leitlinien zur Schlaganfall-Reha veröffentlicht.
- Zertifizierungen: Viele Reha-Einrichtungen sind nach DIN EN ISO 9001:2015 sowie den Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation e. V. zertifiziert.
- Qualitätsvergleich: Das Online-Portal "Meine Rehabilitation" ermöglicht den Vergleich der Qualität von mehr als 1.000 Reha-Einrichtungen.
Fazit
Die neurologische Rehabilitation in Freiburg und Umgebung bietet vielfältige Möglichkeiten zur Behandlung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen. Durch die enge Zusammenarbeit von Universitätskliniken, Reha-Kliniken und niedergelassenen Ärzten wird eine umfassende und individuelle Versorgung der Patienten gewährleistet. Die stetige Weiterentwicklung von Therapieansätzen und die Nutzung moderner Technologien wie der Telemedizin tragen dazu bei, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Wichtige Informationen für Patienten und Angehörige
- Frühzeitige Behandlung: Besonders im Bereich Neurologie ist die frühzeitige Behandlung relevant für eine erfolgreiche Therapie.
- Individuelle Therapie: Die Therapie richtet sich individuell nach dem Ausmaß der neurologischen Erkrankung sowie nach den persönlichen Bedürfnissen.
- Ganzheitliche Unterstützung: Hauptziel der Rehabilitation ist die Wiederherstellung der kognitiven Funktionen und Fähigkeiten sowie eine ganzheitliche Unterstützung, damit Patienten ihren Alltag so eigenständig wie möglich führen können.
- Nachsorge: Es ist wichtig, auch nach der Rehabilitation Möglichkeiten der nachstationären Therapie in Eigenregie wahrzunehmen.
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