Polyneuropathie ist eine Erkrankung, die viele Menschen betrifft, insbesondere Diabetiker. Sie verursacht Beschwerden wie Kribbeln, Schmerzen und Taubheitsgefühle in den Füßen und Händen. In diesem Artikel werden wir die Polyneuropathie, ihre Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten untersuchen. Darüber hinaus werden wir uns mit den Erfahrungen und Tests von Neuropathie-Socken befassen, einschließlich der innovativen NeuroStep-Technologie.
Was ist Polyneuropathie?
Der Begriff Polyneuropathie kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Erkrankung mehrerer Nerven". Es handelt sich um eine Erkrankung der peripheren Nerven, also der Nerven außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks. Prof. Dr. A. Hufnagel erklärt, dass die Polyneuropathie entsteht, wenn entweder der innere Strang des Nervs oder seine Umhüllung erkranken. Nerven funktionieren wie elektrische Leitungen, und Störungen können entweder durch eine Unterbrechung der Kupferleitung in der Mitte oder der umhüllenden Isolierung entstehen. Je länger ein Nerv ist, desto eher erkrankt er an Polyneuropathie, weshalb die Erkrankung häufig an den Zehen und Füßen beginnt.
Symptome der Polyneuropathie
Die Polyneuropathie beginnt bei den meisten Menschen mit Reizerscheinungen wie Kribbelgefühlen, brennenden Missempfindungen bis hin zu heftigen Schmerzen und Taubheitsgefühlen an den Füßen. Häufig beschrieben wird ein Schwellungsgefühl, unangenehmer Druck, das Gefühl, auf Watte zu gehen, ein Elektrisieren oder Stechen. Meistens sind zunächst nur die Zehen und der Fußballen beidseitig betroffen. Im Verlauf von mehreren Monaten bis Jahren weiten sich die Symptome auf die Füße und Unterschenkel mit sockenförmiger oder kniestrumpfförmiger Begrenzung aus.
Auch das Temperaturempfinden leidet, so dass beispielsweise die Badewassertemperatur in der Badewanne an den Füßen nicht mehr richtig eingeschätzt werden kann. Zumeist erst im Verlauf der Erkrankung können zusätzlich die Fingerspitzen und Hände mit handschuhförmiger Begrenzung der Taubheitsgefühle betroffen sein. Parallel dazu kann es zunehmend zu Lähmungen, beispielsweise der Fußheber oder Zehenheber oder Fußsenker kommen, so dass Muskelschwund und Gangstörungen entstehen. Alle Symptome entstehen zumeist symmetrisch und nur seltener asymmetrisch mit Betonung auf einer Seite. Krämpfe, insbesondere nachts oder bei Belastungen, sind nicht selten. Viele Patienten klagen über kalte Füße.
Auch das Lageempfinden wird zunehmend gestört, so dass die akkurate Aufrechterhaltung des Standes leidet. Dies führt zu Schwanken, Schwindel und Gangstörungen. Das Schmerzempfinden wird allmählich herabgesetzt, so dass Verletzungen am Fuß nicht oder nur zu spät wahrgenommen werden. Dies kann, z.B. beim Diabetes mellitus, zur Entstehung von Druckgeschwüren führen. Letztlich können auch die inneren Organe im Sinne einer autonomen Polyneuropathie betroffen sein. Dies führt beispielsweise zur Blasenlähmung, Darmträgheit oder zur mangelnden Regulation des Herzschlages bei Anstrengung.
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Ursachen der Polyneuropathie
Es gibt über 300 bekannte Ursachen von Polyneuropathie. Ca. 35 % der Polyneuropathien sind in Deutschland auf den Diabetes mellitus (Zuckererkrankung) zurückzuführen und etwa 20 % auf Alkoholkonsum. Die Ursache von etwa 1/4 aller Polyneuropathien bleibt auch nach ausführlicher Abklärung ungeklärt.
Weitere Ursachen können sein:
- Polyneuropathie im Rahmen anderer Erkrankungen: Schilddrüsenüberfunktion, Schilddrüsenunterfunktion, Schilddrüsenentzündungen, Nierenversagen, gewisse Lebererkrankungen, gewisse Krebserkrankungen, Bluteiweißerkrankungen, nach lebensbedrohlicher Erkrankungen mit Intensivbehandlung, HIV/AIDS, Porphyrie, Amyloidose
- Polyneuropathie bei entzündlichen Erkrankungen: Borreliose (Zeckenbisserkrankung), Gefäßentzündungen (Vasculitis), HIV/AIDS, als Autoimmunerkrankung nach stattgehabter Entzündung
- Polyneuropathie bei Vitaminmangel: Vitaminmangel von B1, B2, B6, B12, E
- Polyneuropathie bei Schwermetallvergiftung: Blei, Arsen, Thallium, Quecksilber, Gold
- Polyneuropathie als Nebenwirkung von Medikamenten: gewisse Chemotherapeutika, Interferone, Virustherapeutika bei HIV, viele weitere Einzelsubstanzen
- Genetisch bedingte Polyneuropathien: Es sind mehrere genetisch bedingte Polyneuropathien bekannt. Nicht immer sind betroffene Familienmitglieder zu beobachten.
Diagnose der Polyneuropathie
Diagnostik und Therapie der Polyneuropathie fallen in das Fachgebiet des Neurologen. Am Anfang stehen eine genaue Erhebung der Vorgeschichte (Anamnese) und eine fachärztliche, klinisch-neurologische Untersuchung. Auch eine psychiatrische Untersuchung ist zur Abgrenzung notwendig.
Danach erfolgt die Untersuchung der peripheren Nerven mit elektrophysiologischen Methoden. Hierbei werden überwiegend die Nervenleitgeschwindigkeit und die Reizantwortstärke der betroffenen Nerven vermessen. Begleitet wird dies durch ein EMG (Elektromyographie - elektrische Untersuchung der betroffenen Muskeln mit einer Nadel).
Danach erfolgt eine laborchemische Abklärung der wichtigsten Ursachen aus dem Blut. Klärt man die wichtigsten 35-40 Ursachen ab, so beinhaltet dies ca. 80 % aller betroffenen Patienten.
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Bei Verdacht auf eine entzündliche Erkrankung sollte das Nervenwasser (Liquor) untersucht werden. Eine Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule oder Halswirbelsäule ist erforderlich, wenn gleichzeitig dort eine zusätzliche Erkrankung z.B. ein enger Spinalkanal vermutet wird.
Die wichtigsten genetischen Ursachen lassen sich durch genetische Untersuchungen aus dem Blut heraus abklären. Diese Untersuchungen sind jedoch teuer. Sie werden von daher nicht routinemäßig durchgeführt.
Eine Untersuchung eines operativ entfernten Teils eines betroffenen Nervens (Biopsie) ist heutzutage nur in Ausnahmen notwendig.
Behandlung der Polyneuropathie
Die häufig auch von Ärzten verbreitete Aussage: "Bei Polyneuropathie kann man nichts machen", ist falsch. Es gibt viele therapeutische Ansätze. Verbesserungen sind fast regelmäßig möglich. Auch eine Ausheilung ist nicht selten erzielbar.
Das primäre Ziel der Behandlung ist die Ausschaltung der Ursache der Polyneuropathie. Die bedeutet z.B. einen Diabetes mellitus optimal mit Medikamenten einzustellen. Medikamente, die eine Polyneuropathie verursachen, müssen abgesetzt oder ausgetauscht werden, insofern sie nicht aus anderem Grund unabdingbar notwendig sind. Eine toxische Exposition, beispielsweise durch Schwermetalle oder Umweltgifte, muss beendet werden. Ist Alkohol die Ursache der Polyneuropathie, so muss vollständige, lebenslange Abstinenz eingehalten werden. Auch kleinere Mengen Alkohol können eine Verschlechterung herbeiführen oder eine Ausheilung verhindern, da das Nervensystem bereits vorgeschädigt ist. Alkoholabstinenz ist immer eine Voraussetzung für eine Verbesserung oder Ausheilung der Symptomatik.
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Für die Behandlung der Schmerzen oder unangenehmen Missempfindungen stehen mehrere Medikamente zur Verfügung.
Liegt eine entzündliche Ursache der Polyneuropathie vor, so können Cortison-Infusionen, Plasmapherese (umgangssprachlich - Blutwäsche) oder die Gabe von Immunglobulinen zu einer Linderung oder gar Ausheilung führen. Die Notwendigkeit der Anwendung dieser Medikamente oder Verfahren zu beurteilen ist Sache des neurologischen Experten.
Missempfindungen und Schmerzen können überdies mit einer Neural-Akupunktur behandelt werden.
Lähmungen und Muskelschwund, Gleichgewichtsstörungen und Gangstörungen können mit einer spezifischen Physiotherapie behandelt werden. Diese kann gegebenenfalls um elektrische oder magneto-elektrische Stimulationverfahren ergänzt werden.
Neuropathie-Socken: Eine innovative Lösung
Eine vielversprechende Entwicklung im Bereich der Polyneuropathie-Behandlung sind spezielle Socken für Diabetiker, die vor Empfindungsstörungen, Schmerzen, Geschwüren und sogar Amputationen der Füße bewahren können. Bisherige Therapien gegen die diabetische Neuropathie zielten darauf ab, die Symptome zu lindern. Nun entwickelten Forscher aus der Schweiz und Österreich eine nichtinvasive Neuroprothese: Das System, das wie ein herkömmlicher Socken getragen werden kann, stellt mit gezielten elektrischen Impulsen die gestörte Nervenleitung und damit das verlorene Gefühl in den Füßen wieder her.
NeuroStep: Eine tragbare Neuroprothese
Das internationale Forschungsteam um Studienleiter Stanisa Raspopovic vom Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der MedUni Wien und die Erstautoren Noemi Gozzi sowie Lauren Chee von der ETH Zürich haben gemeinsam mit Kollegen der Universitätskliniken Zürich und Balgrist die tragbare, nichtinvasive Neuroprothese «NeuroStep» entwickelt und an 14 Patienten mit diabetischer Neuropathie getestet.
Die Technologie wird eingesetzt, um die noch teilweise funktionierenden Nervenbahnen durch die Haut zu stimulieren und die beeinträchtigte Reizleitung wiederherzustellen. Das geschieht über ein personalisiertes Kalibrierungsverfahren, das die Stimulation an den individuellen Grad der Nervenschädigung der Patienten anpasst. Das System arbeitet dabei im geschlossenen Regelkreis während des Gehens und bietet in Echtzeit sensorisches Feedback.
Ergebnisse der NeuroStep-Studie
Über deutliche Verbesserungen des Empfindungsvermögens und der Bewegungskoordination sowie weniger Schmerzen berichteten die Testpersonen im Rahmen der Studie bereits nach nur einem Tag Nutzung der Neuroprothese. Diese subjektiven Angaben wurden durch Messungen der Forscher bestätigt. Ergebnisse von Magnetresonanztomografien zeigten außerdem, dass das Gehirn das wiederhergestellte Gefühlsempfinden ähnlich verarbeitet wie natürliche Sinnesreize, was eine intuitive Nutzung der Neuroprothese ermöglicht.
Bevor «NeuroStep» in der Praxis eingesetzt werden kann, sind weitere Untersuchungen nötig. Eine Folgestudie, an der das Team bereits arbeitet, konzentriert sich auf die Langzeitanwendung der Neuroprothese und deren Auswirkung auf den Verlauf der diabetischen Neuropathie.
Weitere Optionen: Kompressionssocken
Neben den innovativen Neuroprothesen gibt es auch Kompressionssocken, die bei Polyneuropathie helfen können. Diese Socken üben einen leichten Druck auf die Beine aus, was die Durchblutung verbessert und Schwellungen reduziert.
Vorteile von Kompressionssocken
- Verbesserte Durchblutung: Kompressionssocken fördern die Durchblutung in den Beinen, was besonders bei Polyneuropathie von Vorteil ist, da diese oft mit Durchblutungsstörungen einhergeht.
- Reduzierung von Schwellungen: Der Druck der Socken hilft, Flüssigkeitsansammlungen in den Beinen zu reduzieren, was Schwellungen und Beschwerden lindern kann.
- Unterstützung der Muskeln: Kompressionssocken können die Muskeln in den Beinen stabilisieren und unterstützen, was bei Gangstörungen und Muskelschwund hilfreich sein kann.
Auswahl von Kompressionssocken
Beim Kauf von Kompressionssocken sollten Sie auf folgende Punkte achten:
- Kompressionsstärke: Die Kompressionsstärke wird in mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) angegeben. Leichte Kompression (15-20 mmHg) ist für den täglichen Gebrauch geeignet, während stärkere Kompression (20-30 mmHg oder höher) bei stärkeren Beschwerden oder nach ärztlicher Empfehlung verwendet werden sollte.
- Material: Achten Sie auf atmungsaktive Materialien wie Baumwolle, Polyamid oder Elasthan, die Feuchtigkeit ableiten und ein angenehmes Tragegefühl bieten.
- Passform: Die Socken sollten gut sitzen und nicht rutschen oder einschneiden. Messen Sie Ihre Beine, um die richtige Größe zu finden.
Beliebte Marken und Modelle
Es gibt viele verschiedene Marken und Modelle von Kompressionssocken auf dem Markt. Einige beliebte Optionen sind:
- Danish Endurance Sport Kompressionsstrümpfe: Diese Socken sind sowohl für Damen als auch für Herren geeignet und bieten einen hohen Tragekomfort. Sie sind in verschiedenen Farben erhältlich und können in der Waschmaschine gewaschen werden.
- Under Pressure Runattack Kompressionsstrümpfe: Diese Socken sind in vielen verschiedenen Farben und Größen erhältlich und eignen sich für verschiedene Aktivitäten wie Laufen, Trailrunning und Triathlon. Sie bieten eine zusätzliche Polsterung im Knöchel- und Ristbereich.
- Core Gorimo Sport-Kompressionsstrümpfe: Diese Socken haben eine mittlere Kompressionsstärke und sind sowohl für Frauen als auch für Männer geeignet. Sie sind in verschiedenen Größen erhältlich und haben verstärkte Bereiche an Fersen und Zehen, um Blasenbildung zu verhindern.
Tipps zur Fußpflege bei Polyneuropathie
Neben der Verwendung von Neuropathie-Socken und Kompressionssocken ist eine sorgfältige Fußpflege bei Polyneuropathie besonders wichtig. Da das Schmerzempfinden herabgesetzt sein kann, werden Verletzungen oft nicht oder zu spät wahrgenommen.
Wichtige Maßnahmen zur Fußpflege
- Tägliche Inspektion: Untersuchen Sie Ihre Füße täglich auf Verletzungen, Risse, Blasen oder Druckstellen. Verwenden Sie einen Spiegel, um auch die Unterseite der Füße zu überprüfen.
- Sanfte Reinigung: Waschen Sie Ihre Füße täglich mit lauwarmem Wasser und einer milden Seife. Vermeiden Sie heißes Wasser, da dies die Haut austrocknen kann.
- Sorgfältiges Trocknen: Trocknen Sie Ihre Füße nach dem Waschen gründlich ab, besonders zwischen den Zehen, um Pilzinfektionen vorzubeugen.
- Feuchtigkeitspflege: Tragen Sie täglich eine feuchtigkeitsspendende Creme auf Ihre Füße auf, um die Haut geschmeidig zu halten. Vermeiden Sie Cremes zwischen den Zehen, da dies Feuchtigkeit einschließen und Pilzinfektionen fördern kann.
- Geeignetes Schuhwerk: Tragen Sie bequeme Schuhe mit ausreichend Platz für Ihre Zehen. Vermeiden Sie Schuhe mit hohen Absätzen oder engen Zehenbereichen. Überprüfen Sie Ihre Schuhe regelmäßig auf Fremdkörper oder Unebenheiten, die Druckstellen verursachen könnten.
- Nahtlose Socken: Tragen Sie Socken ohne Nähte, um Reibung und Druckstellen zu vermeiden. Diabetikersocken sind oft nahtlos und aus atmungsaktiven Materialien gefertigt.
- Regelmäßige Fußpflege: Lassen Sie Ihre Füße regelmäßig von einem Podologen oder einer medizinischen Fußpflegerin behandeln. Diese können Hornhaut entfernen, Nägel schneiden und auf eventuelle Probleme aufmerksam machen.
- Vermeidung von Barfußlaufen: Laufen Sie nicht barfuß, um Verletzungen vorzubeugen. Tragen Sie auch in Schwimmbädern oder Saunen Badeschuhe.
Kryotherapie: Abkühlung gegen Neuropathie bei Chemotherapie
Eine weitere interessante Methode zur Vorbeugung von Neuropathie, insbesondere bei Chemotherapie-Patienten, ist die Kryotherapie. Hierbei werden Hände und Füße während der Chemotherapie gezielt gekühlt, um die Durchblutung zu vermindern und so die Schädigung der Nervenfasern durch die Zytostatika zu reduzieren.
Studienergebnisse zur Kryotherapie
Eine randomisierte Studie aus Japan zeigte, dass die gezielte Abkühlung von Händen und Füßen während der Therapie verhindern kann, dass Patienten nach einer Chemotherapie eine periphere Neuropathie entwickeln. In der Studie trugen Patientinnen, die mit Paclitaxel behandelt wurden, 15 Minuten vor der Infusion gefrorene Handschuhe und Socken und legten sie erst 15 Minuten nach dem Ende der Infusion wieder ab. Die Ergebnisse zeigten eine signifikant geringere Berührungsempfindlichkeit auf der behandelten Hand und dem behandelten Fuß im Vergleich zur unbehandelten Seite.
Praktische Anwendung der Kryotherapie
Die Kryotherapie kann einfach durch das Tragen von gefrorenen Handschuhen und Socken während der Chemotherapie angewendet werden. Es ist wichtig, die Behandlung mit dem behandelnden Arzt abzusprechen und auf eventuelle Nebenwirkungen wie Schmerzen oder Kälteempfindlichkeit zu achten.
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