Ein Schlaganfall ist eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn, die zu dauerhaften Funktionsstörungen führen kann. Jährlich erleiden weltweit 15 Millionen Menschen einen Schlaganfall, von denen 5 Millionen sterben und weitere 5 Millionen dauerhaft eingeschränkt bleiben. In Deutschland werden jährlich etwa 270.000 Schlaganfälle diagnostiziert, wobei fast 80 % aller Schlaganfälle auf die Altersgruppe ab 60 Jahre entfallen. Allerdings sind auch rund 30.000 Menschen unter 55 Jahren betroffen, selbst Kinder.
Definitionen
Unter einem Schlaganfall (Apoplex) versteht man eine plötzlich auftretende zerebrovaskuläre Minderdurchblutung, die oft zu langandauernden Funktionseinschränkungen führt. Ein Schlaganfall (ICD-10 I63) ist eine zeitkritische Erkrankung des Gehirns, die mit einer plötzlich auftretenden Schädigung von Hirngewebe aufgrund eines Gefäßverschlusses (ischämischer Insult) oder einer Hirnblutung (hämorrhagischer Insult) assoziiert ist. Abhängig von der Lokalisation und dem Ausmaß des unterversorgten Hirnareals kommt es zu kognitiven, sensorischen und motorischen Funktionsstörungen. Die Verdachtsdiagnose wird mit bildgebenden Verfahren wie Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) oder einer Angiographie bestätigt. Die Prognose nach einem Schlaganfall richtet sich nach Ursache, Art und Umfang der Läsion sowie dem Zeitpunkt der therapeutischen Intervention.
- TIA (transitorische ischämische Attacke): Ein flüchtiger Insult, dessen fokale neurologische Symptome in der Regel weniger als eine Stunde, definitionsgemäß nicht länger als 24 Stunden anhalten und in einer völligen Rückbildung enden.
- Leichter Insult ("minor stroke"): Die Symptomatik hält länger als 24 Stunden bis zu mehreren Tagen an und bildet sich danach entweder vollständig zurück oder hinterlässt minimale, im Alltag nicht beeinträchtigende Restsymptome.
- Vollendeter Insult ("completed" oder "major stroke"): Eine neurologische Restsymptomatik bleibt auf jeden Fall zurück.
Ursachen und Arten von Schlaganfällen
Grundsätzlich werden zwei Schlaganfall-Formen unterschieden:
- Ischämischer Insult: Infolge eines thromboembolischen Gefäßverschlusses (ca. 87% der Fälle). Umgangssprachlich als „weißer Schlaganfall“ bezeichnet.
- Hämorrhagischer Insult: Aufgrund einer intrazerebralen Blutung (ICB) oder Subarachnoidalblutung (SAB) (ca. 13% der Fälle). Umgangssprachlich als „roter Infarkt“ bezeichnet.
Ischämischer Insult
Die plötzliche Minderdurchblutung resultiert in der Regel aus Stenosen oder Verschlüssen hirnversorgender Arterien. Folgende Situationen können eine ischämische Ursache bedingen:
- Makroangiopathie
- Mikroangiopathie
- Kardiale Embolie
- Andere Erkrankungen
Hämorrhagischer Insult
Bei dieser Form geht Hirngewebe infolge einer Einblutung - meist aufgrund eines intrazerebralen Hämatoms - zugrunde. Ursache ist in der Regel ein rupturiertes Blutgefäß. Die Subarachnoidalblutung hat als extrazerebrales Hämatom eine Sonderstellung. Dabei rupturiert ein Gefäß im Subarachnoidalraum und komprimiert das Hirngewebe von außen.
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Risikofaktoren für einen Schlaganfall
Die Ursache für einen Schlaganfall können nicht beeinflussbare und beeinflussbare Risikofaktoren sein. Wichtig zu wissen ist, dass sich die verschiedenen Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder arterielle Verschlusskrankheit gegenseitig beeinflussen können. Generell gehen 87% der Schlaganfälle zu Lasten definierter Risikofaktoren.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
Zu den nicht beeinflussbaren Risikofaktoren gehören:
- Alter: Das Schlaganfall-Risiko steigt mit zunehmendem Lebensalter deutlich an. Auf die Altersgruppe ab 60 Jahre entfallen fast 80% aller Schlaganfälle.
- Geschlecht: Männer haben ein deutlich höheres Schlaganfall-Risiko als Frauen. Besonders im mittleren Lebensalter sind Männer deutlich häufiger betroffen. Bei Frauen ereignet sich der Schlaganfall meistens in einem späteren Lebensabschnitt als bei Männern. Aufgrund des höheren Alters sind die Folgen dieser Schlaganfälle schwerwiegender und Frauen versterben häufiger daran. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) liegt die altersstandardisierte Schlaganfallrate bei Frauen in Deutschland bei 2,1% pro Jahr, während sie bei Männern 1,8% pro Jahr beträgt.
- Genetische Prädisposition: Ist in der Familie bereits ein Schlaganfall aufgetreten, erhöht sich das Risiko, selbst einen Schlaganfall zu erleiden. Bis jetzt wurden 89 Schlaganfall-Risikogene ermittelt. Dazu gehören Gene, die für den Stoffwechsel von Lipiden, die Blutdruckregulation und Gerinnungsfaktoren verantwortlich sind. Die Risikogene korrelieren mit der Herkunft der PatientInnen und der Art des Schlaganfalls (ischämisch/hämorrhagisch).
- Blutgruppe: Die Blutgruppe mit dem geringsten Schlaganfallrisiko ist Blutgruppe 0. Die Blutgruppe AB hat einen um 30 Prozent höheres Schlaganfallrisiko.
- Vergangener Schlaganfall: Nach einem erlittenen Schlaganfall ist das Risiko für einen weiteren Schlaganfall erhöht.
Beeinflussbare Risikofaktoren
Die wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren sind:
- Hypertonie (Bluthochdruck): Der chronische arterielle Hypertonus ist bei fast 70 Prozent aller Schlaganfallpatienten vorhanden und damit der bedeutendste Risikofaktor.
- Erhöhter Body-Mass-Index (BMI) bzw. Übergewicht.
- Diabetes mellitus.
- Umwelt- bzw. Luftverschmutzung.
- Zigarettenrauchen: Zigarettenrauchen ist ein wesentlicher Risikofaktor für ischämische Insulte und Blutungen.
- Hoher Salzkonsum.
- Bewegungsmangel.
- Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung).
- Vorhofflimmern.
- Stress.
- Alkoholkonsum.
- Arteriosklerose.
- Karotisstenose.
- Ovulationshemmer.
- Polyglobulie.
Primär- und Sekundärprävention
Solange die direkte Behandlung des Hirninfarktes im Akutstadium nur in sehr beschränktem Maße möglich ist, ist die Primär- und Sekundärprävention des ischämischen Insultes die wichtigste und aussichtsreichste Therapie. Je nach dem Ziel der präventiven Maßnahmen kommen unterschiedliche Therapieverfahren zum Einsatz.
- Primärprävention: Ziel ist es, durch Behandlung der bekannten Risikofaktoren einen ischämischen Insult zu verhindern. Dies kann durch die konsequente Modifikation vaskulärer Risikofaktoren und die Behandlung potentieller kardialer Emboliequellen geschehen. Primärprävention ist nicht als kurz dauernde Akut-, sondern als lang anhaltende Dauertherapie zu verstehen.
- Sekundärprävention: Umfasst Maßnahmen zur Verhinderung eines Schlaganfalls, nachdem zuvor bereits ein flüchtiger, leichter oder vollendeter Insult aufgetreten ist. Das Spektrum der möglichen Therapieprinzipien umfaßt alle bei der Primärprävention genannten Maßnahmen, den Einsatz von Thrombozytenfunktionshemmern, Antikoagulation und die Karotisendarterektomie.
Therapieempfehlungen zur Primärprävention
- Behandlung einer Hypertonie.
- Optimale Einstellung eines Diabetes mellitus, Einstellen des Zigarettenrauchens, Förderung körperlicher Aktivität, Reduktion von Übergewicht, Behandlung einer Hypercholesterinämie.
Medikamentöse Prävention
- Thrombozytenfunktionshemmer: In der Sekundärprävention nach einer flüchtigen oder bleibenden zerebralen Durchblutungsstörung und Ausschluß einer kardialen Emboliequelle werden Thrombozytenfunktionshemmer gegeben. Bei Vorliegen einer kardialen Emboliequelle und Kontraindikationen gegen eine Antikoagulation kommt ASS in einer Tagesdosis von 300 mg zum Einsatz.
- Antikoagulation: Antikoagulantien werden zur Primär- und Sekundärprävention kardiogener Hirnembolien eingesetzt. Zur Primärprävention werden bei nichtvalvulärem Vorhofflimmern niedrig dosierte Antikoagulantien eingesetzt.
Symptome und Diagnose
Das klinische Bild eines Schlaganfalls ist äußerst heterogen. Beim ischämischen Insult sind die Beschwerden meist unspezifisch - mitunter fallen nur leichter Schwindel, kurzzeitiges Zittern oder eine kaum wahrnehmbare Gangunsicherheit auf. Auf einen hämorrhagischen Insult weisen beispielsweise akute Kopfschmerzen, Erbrechen und Nackensteifigkeit hin.
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Klassische Symptome, die auf einen ischämischen Insult hinweisen, sind:
- Plötzlich einsetzende Hemiparesen (Mundwinkel, Gesicht oder eine Körperhälfte)
- Artikulationsstörungen (oft mit verwaschener Sprache)
- Dysphagie
- Aphasie
- Apraxie
- Ataxie
- Sehbeeinträchtigungen (zum Beispiel Diplopie, Hemianopsie, Quadrantenanopsie oder Herdblick)
- Bewusstseinseinschränkungen
FAST-Test
Ein geeigneter Schlaganfall-Test ist der FAST-Test, welcher ursprünglich aus dem englischen Raum kommt. FAST steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit). Mit dem Test kann der Verdacht auf einen Schlaganfall in kürzester Zeit überprüft werden.
- Gesicht (Face): Bitten Sie die betroffene Person, zu lächeln. Wenn ein Mundwinkel herabhängt, ist eine halbseitige Körperlähmung wahrscheinlich.
- Arme (Arms): Bitten Sie die betroffene Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handinnenflächen nach oben zu drehen. Bei einer halbseitigen Körperlähmung sind die Betroffenen nicht in der Lage beide Arme anzuheben.
- Sprache (Speech): Sprechen Sie einen einfachen Satz klar und deutlich aus und lassen Sie die betroffene Person diesen Satz genau nachsprechen. Ist die Aussprache der Betroffenen undeutlich oder ist die Person nicht fähig den Satz nachzusprechen, liegt eine Sprachstörung vor.
- Zeit (Time): Wenn Sie Anzeichen eines Schlaganfalls erkennen, rufen Sie sofort den Notruf (112) und benennen Sie die Anzeichen des Schlaganfalls.
Erste Hilfe
Was Sie als Anwesender tun sollten, wenn Sie bei Ihrem Gegenüber den Verdacht auf einen Schlaganfall haben:
- Notruf: Ein Schlaganfall ist ein Notfall. Deshalb unbedingt den Notrufnummer 112 anwählen.
- Hilfe von Notrufzentrale: Erklären Sie dem Notdienst, welche Symptome der Betroffene hat und fragen Sie, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen Sie einleiten sollen bis der Rettungswagen kommt.
- Beruhigung: Beruhigen Sie den Patienten. Teilen Sie ihm mit, dass der Notarzt unterwegs ist. Sorgen Sie dafür, dass der Betroffene nicht alleine ist.
- Essen, Getränke, Medikamente: Geben Sie möglichst keine Nahrung oder Flüssigkeiten bis der Rettungsdienst da ist. Liegt nämlich eine Schluckstörung vor, kann es zu Erstickungsanfällen kommen.
- Lagerung: Sorgen Sie dafür, dass die Kleidung nicht einengt. Evtl. Knöpfe öffnen.
Verlauf und Prognose
Die Schädigungen durch den Schlaganfall und der Krankheitsverlauf bei dem Patienten sind davon abhängig:
- Wie schnell Hilfe geleistet wurde.
- Welche Hirnareale betroffen sind und wie groß die Hirnschädigung ist.
- Ob noch weitere Komplikationen oder gar ein weiterer Hirnschlag hinzukommen.
- Ob intakte Bereiche des Gehirns die Funktion der geschädigten Hirnareale teilweise oder ganz übernehmen können.
- Wie alt die Patienten sind.
- Von der behandelnden Klinik.
- Von der Nachbehandlung, Reha, Therapien, der eigenen Motivation usw.
Komplikationen nach einem Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall ist natürlich immer mit Komplikationen zu rechnen. Zu den vielen Komplikationen gehören u.a.:
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- Thrombosen
- Lungenentzündung
- Dekubitus
Behandlung und Therapien
Ein Schlaganfall kann dazu führen, dass der Betroffene sein Leben lang medizinisch und therapeutisch betreut werden muss. Welche Maßnahmen, Therapien und Behandlungen im Einzelfall durchgeführt werden, müssen die behandelnden Ärzte entscheiden.
- Notarzt: Der alarmierte Notarzt ist der erste, der den Patienten untersuchen muss. Hat er den Verdacht auf einen Gehirnschlag, wird er den Patienten medizinisch versorgen und stabilisieren.
- Krankenhaus / Neurologe: In der Notaufnahme der Klinik wird der Neurologe den Patienten untersuchen und weitere Untersuchungen und notwendige Behandlungen durchführen.
- Stroke-Unit-Klinik: In den Spezialstationen für schlaganfallbetroffene Menschen ist das medizinische Personal auf Schlaganfallpatienten ausgelegt und sie verfügen auch über das notwendige apparative Equipment, um den Patienten bestmöglich versorgen zu können.
- Ambulante Physiotherapie: Die Aufgabeder Physiotherapie besteht darin, mit gezielten Übungen die Mobilität und Wahrnehmungsfähigkeit des Patienten wieder herzustellen.
- Ergotherapie: Ziel einer Ergotherapie ist es, die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Patienten wieder herzustellen.
- Psychotherapie / Psychiatrische Behandlung: Hier können Psychotherapeuten und Psychiater behilflich sein, um Depressionen vorzubeugen und zu behandeln.
- Ambulante oder stationäre Rehabilitation: In der Reha erhält der Schlaganfallpatient natürlich alle erforderlichen und sinnvollen Therapiemaßnahmen, um nach der Maßnahme sein Leben so selbstständig wie möglich zu meistern.
- Rehasport: Der Rehasport dient dazu, dass die Betroffenen wieder in die Gesellschaft bzw. ins Arbeitsleben integriert werden.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen hilft vielfach schon, um die eigene Situation besser zu verstehen.
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