Unerkannter Schlaganfall: Ursachen, Symptome und Behandlung

Schlaganfälle können plötzlich und ohne Vorwarnung auftreten und sowohl Erwachsene als auch Kinder betreffen. Selbst wenn ein Betroffener den Schlaganfall überlebt, können langfristige Behinderungen die Folge sein. Die hohe Anzahl von etwa 270.000 Menschen, die jährlich in Deutschland einen Schlaganfall erleiden, stellt eine erhebliche Belastung für das Gesundheitssystem dar. Dies führt dazu, dass Betroffene nicht immer die notwendige Behandlung erhalten, was negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit und ihr Leben haben kann. Behandlungsfehler können ebenfalls zu einem Schlaganfall führen.

Ursachen und Entstehung eines Schlaganfalls

Ein Schlaganfall entsteht, wenn die Blutzufuhr zum Gehirn unterbrochen oder stark reduziert wird. Dies kann durch eine verstopfte Arterie (z. B. durch ein Blutgerinnsel), ein geplatztes oder undichtes Blutgefäß verursacht werden. Der Schlaganfall wird auch als Hirninfarkt bezeichnet.

Häufigkeit und Folgen

Allein in Deutschland gibt es über 1,2 Millionen Schlaganfallüberlebende, von denen fast zwei Drittel mit einer Behinderung leben. Zu den häufigsten Behinderungen nach einem Schlaganfall gehören:

  • Lähmungen einer Körperseite
  • Verlust der Muskelkontrolle
  • Schwierigkeiten beim Sprechen und/oder Schlucken
  • Gedächtnisverlust
  • Emotionales Trauma

Viele Betroffene können nach einem Schlaganfall ein relativ normales Leben führen, während andere dauerhaft schwerbehindert bleiben. In einigen Fällen könnten die Folgen vermieden werden, insbesondere wenn Ärzte die Anzeichen eines Schlaganfalls übersehen und nicht schnell genug oder richtig handeln. Im Medizinrecht wird dies als ärztlicher Behandlungsfehler bezeichnet.

Symptome eines Schlaganfalls

Die durch einen Schlaganfall verursachte Mangeldurchblutung im Gehirn führt in den meisten Fällen zu Lähmungserscheinungen, Gefühlsstörungen oder Gangunsicherheit. Der Betroffene kann plötzlich hinfallen und anschließend Lähmungen auf einer Körperseite aufweisen. Je nach Stärke des Schlaganfalls können leichte Lähmungen von Gesicht oder Arm bis hin zur kompletten Lähmung einer Körperhälfte (Halbseitenlähmung) auftreten. Im Gesicht kann sich die Lähmung durch einen einseitig herunterhängenden Mundwinkel bemerkbar machen. Ist die Zunge des Patienten gekrümmt und windet sich von einer Seite zur anderen, ist dies ebenfalls ein Akutzeichen eines Hirninfarkts.

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Weitere Symptome eines Schlaganfalls können Sprachstörungen, Sehstörungen, Schluckstörungen, Schwindel, Gefühlsausfälle und in schweren Fällen sogar Bewusstseinsstörungen sein. So können die Patienten bei starken Schwindelgefühlen weder sitzen noch stehen. Das plötzliche Sehen von Doppelbildern oder der Ausfall der Sehfähigkeit nach einer Seite gehören zu den typischen Sehstörungen nach einem Schlaganfall. Sprachstörungen machen sich dadurch bemerkbar, dass die Patienten Gegenstände oder Personen nicht mehr mit den passenden Begriffen oder Namen benennen können. Zusätzlich zu den genannten Symptomen kann es zu starken, stechenden Kopfschmerzen kommen, die auch mit Übelkeit und Erbrechen verbunden sein können. Sie sind ein Hinweis darauf, dass eine Hirnblutung als Ursache des Schlaganfalls in Frage kommt. Welche Ausfallerscheinungen bei den Patienten auftreten und wie stark sie sind, hängt in erster Linie von den betroffenen Gehirnregionen und dem Ausmaß der Gehirnschädigung dort ab.

Dauern die Symptome mindestens 24 Stunden an, liegt ein vollendeter Schlaganfall vor. Zumindest ein Teil des Hirngewebes ist dann meist dauerhaft geschädigt. Bilden sich die Ausfallerscheinungen innerhalb von Minuten oder Stunden wieder zurück, liegt eine transitorisch ischämische Attacke (TIA) vor. Ob vollendeter Schlaganfall oder TIA, jedes Ereignis ist ein Notfall und der Patient ist so schnell wie möglich in ein Krankenhaus einzuliefern. Am besten ist es, den Notarzt sofort zu verständigen und den Patienten mit Blaulicht ins Krankenhaus zu bringen.

Warnzeichen im Vorfeld eines Schlaganfalls

In vielen Fällen kündigt sich ein Schlaganfall durch Warnzeichen an. Dazu gehören:

  • Kurz andauernde Lähmung, Schwäche oder Taubheit einer Körperhälfte
  • Kurzes Erblinden auf einem Auge (Amaurosis fugax) oder Sehstörungen (Doppelbilder sehen, Einschränkung des Gesichtsfeldes)
  • Kurzzeitige Sprachstörungen (d.h. Probleme, Sprache zu verstehen oder Störung der Sprachfähigkeit)
  • Drehschwindel, Gangunsicherheit, Gleichgewichtsstörungen, plötzliche Stürze
  • Erstmals und plötzlich auftretende, extrem starke Kopfschmerzen
  • Vorübergehende Bewusstseinsstörungen oder Desorientierung in Bezug auf Raum, Zeit oder Personen

Diese Symptome treten bei bis zu 40 % aller Schlaganfall-Patienten im Vorfeld eines Schlaganfalls auf. Sie beginnen immer plötzlich und können einige Minuten oder Stunden andauern, um anschließend wieder abzuklingen. Ausfallerscheinungen, die nicht länger als 24 Stunden anhalten, werden als transitorisch ischämische Attacke (TIA) bezeichnet. Patienten mit solchen Warnzeichen sollten, auch wenn sie schon wieder abgeklungen sind, unverzüglich in ein Krankenhaus gebracht werden. Schnelligkeit ist hier das oberste Gebot. Bei dem leisesten Verdacht auf einen Schlaganfall sollte sofort der Notarzt über den Notruf 112 oder die örtliche Notrufnummer alarmiert werden. Jede Minute zählt! Der Umweg über den Hausarzt kostet wertvolle Zeit. Wichtig ist es, im Telefonat den Verdacht auf Hirninfarkt zu äußern. Patienten, die innerhalb von drei Stunden im Krankenhaus eintreffen und dort in speziellen Schlaganfall-Einrichtungen („Stroke Unit") behandelt werden, haben erheblich bessere Überlebens- und Rehabilitationschancen. Bis zum Eintreffen des Notarztes sollten Hilfeleistende den Betroffenen beruhigen. Damit der Patient besser atmen kann, gilt es den Oberkörper hoch zu lagern und enge Kleidung wie etwa Kragen oder Krawatte zu öffnen. Im Falle eines Kreislauf-Stillstands, also wenn der Patient bewusstlos, keine Atmung zu erkennen bzw. kein Puls tastbar ist, muss sofort mit einer Herzdruckmassage und ggf.

FAST-Test zur Erkennung eines Schlaganfalls

Um einen Schlaganfall zu erkennen, kann man sich die Buchstaben FAST merken:

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  • Face (hängt ein Mundwinkel?)
  • Arms (kann ein Arm nicht gehoben werden?)
  • Speech (ist die Sprache verwaschen?)
  • Time (Zeit ist Hirn - sofort Notruf wählen!)

Auch moderne Merkhilfen wie „Schlange oder Kanarienvogel“ können helfen - kann der Betroffene zwischen beiden unterscheiden oder hat er Schwierigkeiten?

Risikofaktoren und Prävention

Die Hauptrisikofaktoren für einen Schlaganfall sind Bluthochdruck und Vorhofflimmern. Weitere relevante Risikofaktoren sind Diabetes, Rauchen, Bewegungsmangel und Fettstoffwechselstörungen. Das Risiko steigt auch mit zunehmendem Alter.

Die besten Tipps zur Prävention eines Schlaganfalls sind die Vermeidung von Risikofaktoren. Dazu gehören:

  • Eine vernünftige Ernährung (balancierte, ausgewogene, z.B. mediterrane Diät mit viel Gemüse, nicht zu viel Fleisch und wenig Alkohol)
  • Ausreichende Bewegung (20 bis 30 Minuten pro Tag, bei der man leicht schwitzt)
  • Behandlung von Risikofaktoren wie Diabetes oder Bluthochdruck

Es wird empfohlen, einen Schlaganfall-Risikotest durchzuführen, um das persönliche Risiko einzuschätzen. Bei einem auffälligen Testergebnis sollte ein Arzt aufgesucht werden, um Risikofaktoren frühzeitig zu überprüfen und entsprechende Behandlungen einzuleiten.

Behandlung und Therapie

Bei einem akuten Schlaganfall muss sofort der Rettungsdienst (112) gerufen werden. Die Erstversorgung in einer spezialisierten "Stroke Unit" ist essentiell, da dort die diagnostische und therapeutische Expertise sehr hoch ist. In Stroke Units können Experten einschätzen, ob eine Spezialtherapie wie eine Lyse-Therapie oder eine katheterbasierte Thrombektomie möglich und nötig ist. Zudem erfolgt ein Herz-Kreislauf-Monitoring und die Ursachenforschung des Schlaganfalls.

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Therapiechancen

Im Bereich der Thrombektomie gibt es Heilungserfolge, die an Wunderheilung grenzen können. Es gibt Fälle, in denen Patienten mit schwersten Lähmungen in die Klinik kommen und bei Entlassung eine Woche später keinerlei Einschränkungen mehr haben - sofern sie nach dem Schlaganfall schnell in die Klinik gebracht wurden. Der Therapieerfolg hängt stark von der Beteiligung des Patienten ab.

Rehabilitation

Nach der Akuttherapie wird der Fokus auf die Rehabilitation gelegt, um verlorengegangene Fähigkeiten wie Sprechen, Schlucken, Gehen und Ankleiden wieder zu erlernen. Je nach Schweregrad der Behinderung erfolgt die Weiterbehandlung stationär, tagesklinisch oder ambulant. Betroffene werden während der Rehabilitation auch über die Risikofaktoren aufgeklärt und erfahren, was sie selbst tun können, um einem weiteren Schlaganfall vorzubeugen.

Auch die Angehörigen der Schlaganfallpatienten haben eine sehr wichtige Bedeutung im Rehabilitationsprozess. Es gibt eine Reihe von Unterstützungsangeboten für Familienangehörige wie Selbsthilfegruppen oder Beratungsangebote der Kliniken und Gemeinden.

Unerkannte oder fehldiagnostizierte Schlaganfälle

Eine Fehldiagnose liegt vor, wenn der Arzt die Anzeichen nicht richtig deutet und dadurch keine oder eine falsche Behandlung einleitet. Oft werden die Symptome anderen Krankheiten zugeordnet. Ärzte haften, wenn sie den ärztlichen Standard unterschreiten. Bei einem Schlaganfall müssen diagnostische Maßnahmen zwingend eingehalten werden, da jede Minute zählt.

Fehldiagnosen kommen oft wegen fehlender Infrastruktur der Krankenhäuser vor. Nicht jede Klinik hat rund um die Uhr einen Spezialisten für neurologische Notfälle im Haus. Des Weiteren werden Patienten mit Schlaganfallsymptomen manchmal zu spät behandelt, weil der Ernst der Situation bzw. die Verdachtsdiagnose nicht rechtzeitig erkannt wird.

Rechtliche Möglichkeiten nach einer Fehldiagnose

Patienten haben nach einer Fehldiagnose die Möglichkeit, Schmerzensgeld und Schadensersatz zu fordern, wenn ein Behandlungsfehler nachgewiesen werden kann. Ein spezialisierter Rechtsanwalt kann dabei helfen festzustellen, ob in Ihrem Fall ein ärztlicher Fehler vorliegt. D.h., sobald die Verdachtsdiagnose Schlaganfall im Raum steht, müssen bestimmte Standards eingehalten werden.

Beispiele für Gerichtsurteile

  • Das Landgericht Dortmund verurteilte ein Krankenhaus zur Zahlung von 100.000 € Schmerzensgeld (inflationsbereinigt ca. 137.000 €), da bei einer 50-jährigen Patientin ein Schlaganfall nicht erkannt wurde, was zu einem zweiten Schlaganfall und schweren dauerhaften Folgen führte.
  • Das OLG Düsseldorf verurteilte einen Arzt zur Zahlung von 80.000 € Schmerzensgeld (inflationsbereinigt ca. 105.901 €), da ein 33-jähriger Mann aufgrund eines nicht rechtzeitig erkannten Schlaganfalls rechtsseitige hirnstrukturelle Schäden erlitt.

Typische Behandlungsfehler im Zusammenhang mit dem Schlaganfall

  • Zeitliche Verzögerung nach dem Absetzen des Notrufs
  • Falsche Diagnosen / Diagnosefehler
  • Übersehen eines Blutgerinnsels
  • Verzögerung bei der Therapie des Schlaganfalls
  • Fehler bei der Behandlung von Bluthochdruck, wodurch es zu einer Blutung kommt
  • Unzureichende Überwachung von Personen mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko
  • Ungeeignete Nachsorge

Stummer Schlaganfall

Ein stummer Schlaganfall zeigt mild ausgeprägte Symptome wie kurzer Schwindel oder Kribbeln, die häufig nicht als Schlaganfall-Symptom bewertet werden. Meistens werden die Symptome einfach gar nicht bemerkt, weil stille Schlaganfälle in aller Regel kleinere Schlaganfälle sind, die letzten Endes keine Funktionsstörung verursachen.

Personengruppen mit verdeckten Schlaganfällen sind denen mit "offenen" Schlaganfällen sehr, sehr ähnlich. Sie haben die klassischen vaskulären Risikofaktoren wie Arteriosklerose, hohen Blutdruck, Rauchen, Diabetes mellitus, höheres Alter oder Vorhofflimmern.

Scheinbar gesunde Menschen bei denen verdeckte Schlaganfälle gefunden werden, haben ein 1,5-fach bis 2,5-fach erhöhtes Risiko für offene Schlaganfälle und ein 4-fach erhöhtes Risiko eine Demenz zu entwickeln. Darum sollten, auch wenn ein Schlaganfall scheinbar ohne Symptome auftrat und nur zufällig entdeckt wurde, die gleichen vorbeugenden Maßnahmen ergriffen werden, wie bei einem offenen Schlaganfall.

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