Noradrenalin: Wirkung, Funktion und Einfluss auf das Gehirn einfach erklärt

Adrenalin ist wohl das bekannteste Hormon und wird schnell mit Stress assoziiert. Neben Adrenalin gibt es aber auch noch das weniger bekannte Noradrenalin. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkung von Noradrenalin im Gehirn, erklärt den Unterschied zu Adrenalin und Cortisol und zeigt auf, welche Rolle dieses Hormon in unserem Körper spielt.

Was ist Noradrenalin?

Noradrenalin, auch Norepinephrin oder Arterenol genannt, ist ein Hormon und ein Neurotransmitter, der zur Gruppe der Katecholamine gehört. Es wirkt primär exzitatorisch, also aktivierend, und wird daher manchmal auch als "Stresshormon" bezeichnet. Noradrenalin wird im Nebennierenmark gebildet, während der Neurotransmitter direkt aus dem Nervensystem stammt, genauer gesagt aus dem Locus coeruleus des Gehirns und Neuronen des Sympathikus.

Synthese von Noradrenalin

Noradrenalin gehört wie Dopamin und Adrenalin zu den Katecholaminen. Der Organismus synthetisiert Katecholamine über die Aminosäuren Phenylalanin bzw. Tyrosin. Aus Tyrosin wird schließlich DOPA synthetisiert, die direkte Vorstufe von Dopamin. Mithilfe des Enzyms Dopamin-Hydroxylase entsteht dann Noradrenalin.

Unterschied zwischen Adrenalin und Noradrenalin

Adrenalin und Noradrenalin klingen nicht nur ähnlich, sondern sind auch eng miteinander verwandt. Tatsächlich kann aus Noradrenalin enzymatisch Adrenalin entstehen. Der einzige strukturelle Unterschied besteht darin, dass Noradrenalin eine Methylgruppe weniger hat. Dieser kleine Unterschied führt jedoch dazu, dass Adrenalin und Noradrenalin anders wirken und eine leicht unterschiedliche Affinität zu verschiedenen Rezeptoren haben.

Noradrenalin und Adrenalin sind beide Stresshormone, die den Sympathikus aktivieren und somit mitverantwortlich dafür sind, den Körper in einen "Fight or Flight"-Modus zu versetzen. Dennoch kann man sagen, dass Noradrenalin vorrangig ein Neurotransmitter ist, während Adrenalin primär als Hormon wirksam ist.

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Abbau von Noradrenalin

Auch der Abbau von Noradrenalin unterscheidet sich je nachdem, ob es als Neurotransmitter oder als Hormon wirksam war. Nachdem es als Neurotransmitter an Synapsen ausgeschüttet wurde, wird es durch die Wiederaufnahme in die präsynaptische Zelle eliminiert. Dafür sind bestimmte Transporter notwendig.

Besonders, wenn es als Hormon im Körper aktiv war, werden zwei Enzyme benötigt, die das Noradrenalin deaktivieren:

  • Catechol-O-Methyltransferase (COMT)
  • Monoaminooxidase (MAO)

Durch die Monoaminooxidase wird Noradrenalin zu Vanillinmandelsäure desaminiert.

Wirkung von Noradrenalin im Körper

Noradrenalin kann im Körper folgende Wirkungen haben:

  • Kontraktion von Blutgefäßen
  • Erhöhung des Blutdrucks
  • Senkung der Pulsfrequenz
  • Fördert Wachheit, Aufmerksamkeit, Konzentration

Noradrenalin wirkt als wichtigster postganglionärer Neurotransmitter im Sympathikus. Präganglionär wird, so wie auch beim Parasympathikus, Acetylcholin genutzt. Es wird bei entsprechender Erregung in den synaptischen Spalt freigesetzt und wirkt an der postsynaptischen Membran an verschiedenen Adrenorezeptoren.

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Man unterscheidet, je nach Lokalisation und Funktionsweise zwei α- und drei β-Adrenozeptoren. Sie sind G-Protein-gekoppelte Rezeptoren. Das heißt, die Bindung von Noradrenalin setzt eine Signalkaskade in Gang, die zur gewünschten Reaktion des Zielorgans führt.

Noradrenalin Funktion im Detail

Einige direkte Effekte von Noradrenalin, wie die Steigerung der Herzfrequenz, sind bereits bekannt. Aber Noradrenalin hat, immer abhängig vom jeweiligen Rezeptor, noch viele weitere Auswirkungen. Dazu gehören:

  • Erhöhung der Herzfrequenz, Steigerung der Kontraktionskraft des Herzmuskels.
  • Kontraktion, also Engstellung von Gefäßen (außer der Arterien des Herzens, die erweitert werden).
  • Steigerung des Blutdrucks.
  • Positiver Einfluss auf Motivation, Wachheit und Konzentration.
  • Über Aktivierung des Sympathikus wird Adrenalin aus den Nebennieren ausgeschüttet.

Noradrenalin in der Medizin

Als wichtiger Neurotransmitter spielt Noradrenalin natürlich auch eine große Rolle in der Medizin.

Noradrenalin Mangel

Wie jede Substanz im Körper sollte auch Noradrenalin in angemessenen Mengen vorliegen. Es sollte eine Balance herrschen, zwischen Noradrenalin und anderen Neurotransmittern bzw. Hormonen. Da Noradrenalin unter anderem Motivation, Wachheit und Aufmerksamkeit vermittelt, kann ein Mangel zu Motivationsabfall und Konzentrationsschwäche führen. Sogar Depressionen, die von diesen Symptomen geprägt sein können, werden mit einem Mangel an Noradrenalin in Verbindung gebracht. Betroffene fühlen sich erschöpft und antriebslos.

Noradrenalin Überschuss

Genauso kann auch das Gegenteil der Fall sein, nämlich wenn es zu viel Noradrenalin im Körper gibt. Das kann verschiedene Gründe haben. Eine mögliche Ursache für einen erhöhten Noradrenalin-Spiegel ist Dauerstress, an den sich der Körper anzupassen versucht. Für sehr lange Zeit kann dieser Zustand nicht aufrecht erhalten werden. Das heißt, irgendwann sinkt das Noradrenalin stark ab, was als ein möglicher Grund für Burnout diskutiert wird.

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Aber auch komplett ohne äußere Einflüsse kann im Körper zu viel Noradrenalin produziert werden. Es könnte ein sogenanntes Phäochromozytom vorliegen, ein Tumor des Nebennierenmarks oder Teilen des Nervengewebes, der unkontrolliert Katecholamine produziert. Durch ihre Wirkung auf den Körper fallen die Patienten oft durch einen erhöhten Blutdruck auf. Bei erhöhtem Noradrenalin kann es zum Beispiel aber auch zu Unruhe, Kopfschmerzen und Herzklopfen kommen. Die Therapie besteht in der operativen Entfernung des Tumors.

Noradrenalin als Medikament

Ein Überschuss an Noradrenalin ist also schädlich. Trotzdem kann man sich seine Wirkung in einem Medikament zunutze machen. Besonders oft wird Noradrenalin deshalb in der Notfall- und Intensivmedizin verwendet, um Patienten im Schock oder mit stark erniedrigtem Blutdruck zu behandeln. Dabei wird Noradrenalin intravenös verabreicht.

Ein Schock bedeutet in der Medizin: Der Kreislauf ist so stark eingeschränkt, dass der Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden kann. Das kann verschiedene Ursachen haben; meist führen sie zu vermindertem Blutvolumen bzw. vermindertem Blutdruck. In diesem Fall ist es sinnvoll, Noradrenalin zur Therapie einzusetzen: Es steigert den Blutdruck und kann somit helfen, den Kreislauf wieder zu stabilisieren. Allerdings ist bei der Verwendung von Noradrenalin auch Vorsicht geboten. Sind bestimmte Vorerkrankungen vorhanden, wie Bluthochdruck oder das oben beschriebene Phäochromozytom, sollte man auf den Einsatz verzichten.

Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer

Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, kurz auch SSNRI genannt, werden vor allem zur Therapie von Depressionen eingesetzt (Antidepressiva). Wie der Name schon sagt, verhindern sie die Wiederaufnahme der Neurotransmitter in die präsynaptische Zelle. Dadurch bleiben mehr aktives Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt zurück, die ihre Wirkung entfalten können. Entsprechend der positiven Auswirkungen der Neurotransmitter auf die Motivation wirkt das Medikament somit antriebssteigernd und stimmungsaufhellend.

Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer werden, in Gegensatz zu Noradrenalin selbst, in Tablettenform verabreicht. Doch auch dieses Medikament ist natürlich nicht frei von Nebenwirkungen, was bei der Behandlung beachtet werden sollte. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören unter anderem Übelkeit, veränderter Appetit, Bluthochdruck und innere Unruhe.

Einfluss von Noradrenalin auf Aufmerksamkeit und Kognition

Noradrenalin im Gehirn als Neurotransmitter hat neben seinem bereits lange bekannten Einfluss auf Arousal, Wachsamkeit im Wachzustand und auf die Erkennung sensorischer Signale zudem eine Rolle in Bezug auf Verhalten und Kognition. Es beeinflusst das retikuläre Aktivierungssystem und die Impulssteuerung. Die Ausschüttung von Noradrenalin im Gehirn wird z.B. durch Stress oder Schlaf beeinflusst.

Noradrenalin und ADHS

Bei ADHS hat Noradrenalin nach Dopamin den zweitgrößten Einfluss. Es spielt eine Rolle in den Aufmerksamkeitszentren des Gehirns und beeinflusst die Motivation, Stimmung und die Gedächtnisfähigkeit. Es wird vermutet, dass bei ADHS eine Gehirnreifungsverzögerung vorliegt, die mit einer erhöhten Noradrenalinaktivität im Gehirn einhergeht.

Noradrenerge Rezeptoren

Es gibt verschiedene Arten von noradrenergen Rezeptoren, die sogenannten Adrenozeptoren: α1-, α2- und β-Rezeptoren. Diese Rezeptoren können durch Agonisten aktiviert oder Antagonisten blockiert werden.

Tonische und phasische Noradrenalin-Aktivität

Die tonische noradrenerge Aktivität variiert während der Wachsamkeit. Die phasische Noradrenalin-Aktivität wird durch das Ergebnis aufgabenbezogener Entscheidungsprozesse im vorderen cingulären Cortex (ACC) und in orbitofrontalen Cortices (OFC) gesteuert. Lässt der Nutzen einer Aufgabe nach, zeigt der Locus coeruleus einen tonischen Aktivitätsmodus, was zur Abwendung von der aktuellen Aufgabe und zur Suche nach alternativen Verhaltensweisen führt.

Noradrenalin und Stress

Adrenalin ist das kurzzeitige Stresshormon, welches dich aktiviert und dafür sorgt, dass du dich konzentrieren kannst. Ursprünglich hatte Adrenalin die Aufgabe, dich in Gefahrensituationen auf den Kampf bzw. die Flucht vorzubereiten. Wenn Adrenalin ausgeschüttet wird, dann werden alle Reserven deines Körpers mobilisiert und du bist einfach wach und voll da. Noradrenalin ist der eigentliche Neurotransmitter, der im zentralen Nervensystem gebildet wird und in deinem Gehirn die dann folgende Reaktionskette auslöst.

Um Adrenalin wirklich einordnen zu können, ist es wichtig zu verstehen, wie Stress auf neuronaler und biochemischer Ebene entsteht. Gerätst du in eine anspruchsvolle Situation, wird in deinem Gehirn entschieden, ob eine Bedrohung vorliegt oder nicht. Im Locus coeruleus (blauer Kern) in deinem Gehirn wird das Noradrenalin produziert, welches wiederum den Sympathikus aktiviert − der Teil in deinem Gehirn, der für Stress verantwortlich ist.

Dies hat zur Folge, dass Atmung und Puls spürbar anziehen. Dein Blutdruck steigt an und dein Herz schlägt deutlich schneller, sodass mehr Blut durch Körper und Gehirn zirkuliert. Das bringt vor allem mit sich, dass die Sauerstoffversorgung verbessert wird. Das ist besonders wichtig für das Gehirn, denn so wirst du wach und kannst deine Leistungen besser abrufen.

Einfach gesagt: Dein Kreislauf fährt hoch. Durch die Aktivierung des Sympathikus wird wiederum das Mark der Nebennieren aktiviert und dadurch kommt es dann schlussendlich zur Freisetzung von Adrenalin. Diese Art von Aktivierung durch Adrenalin passiert in kürzester Zeit, wenn dein Gehirn Stress signalisiert. Das ist auch dringend notwendig, denn dieser Modus trägt den Namen “ready for fight or flight”. Übersetzt bedeutet dies, dass dein Gehirn dich für Kampf bzw. Flucht vorbereitet.

Im Anschluss daran können zwei Dinge passieren. Entweder, der Stress nimmt ab und dies führt dazu, dass auch die sympathische Aktivierung abnimmt und die Stressreaktion durch Adrenalin endet. Falls dein Gehirn aber nicht eindeutig entscheidet, dass der Stress vorbei ist, bleibt es bei einer konstanten Freisetzung von Noradrenalin.

Cortisol: Das langfristige Stresshormon

Es kommt noch ein drittes Hormon und Neurotransmitter hinzu, das vor allem bei längerfristigem Stress eine wichtige Rolle spielt: Cortisol. Cortisol wird ausgeschüttet, wenn die Anforderungen an deine Leistungsfähigkeit nicht nachlassen. Dein Gehirn signalisiert eine konstante Freisetzung von Glutamat, wodurch von Adrenalin auf Cortisol umgewechselt wird.

Dieser Prozess läuft bereits nach 10−15 Minuten ab. Das Cortisol sorgt dafür, dass du auf eine lange Zeit vorbereitet wirst, in der du dich gewissermaßen im Ausnahmezustand befindest. Da du unter Stress mehr Energie benötigst, die dann deinem Gehirn zur Verfügung gestellt werden kann, wird an anderen Stellen zwangsläufig eingespart. Problematisch wird es erst dann, wenn du dich über einen längeren Zeitraum in diesem Stresszustand befindest, also wenn der Stress chronisch wird. Dann tritt der Fall ein, dass wichtige Funktionen deines Körpers darunter leiden.

Vor allem besteht das Problem darin, dass für diesen chronischen Stresszustand viel Energie benötigt wird. Auf körperlicher Ebene wird vor allem dein Immunsystem in Mitleidenschaft gezogen. Cortisol hat den Effekt, dass es dir viel Energie entzieht, wirkt aber zugleich entzündungshemmend. Das hat zur Folge, dass chronisch Gestresste krank werden, sobald sie sich entspannen und das Cortisol abgebaut wird. Auch auf kognitiver Ebene nimmt das langfristige Stresshormon Schaden.

Kurzfristiger vs. langfristiger Stress: Die Rolle von Adrenalin und Cortisol

Viele, die sich um ihr eigenes Stressmanagement kümmern, glauben, dass das Senken von Adrenalin der richtige Weg ist. Dabei ist Adrenalin nicht der Übeltäter, sondern hat im Gegenteil zahlreiche Vorteile. Es ist wichtig, zwischen kurzfristigem und positivem Stress, der die Freisetzung von Adrenalin bedingt, und langfristigem Stress, bei dem Cortisol ausgeschüttet wird, zu unterscheiden.

Adrenalin, das uns also kurzfristig aktiviert, hat zahlreiche positive Effekte. Der wohl wichtigste Vorteil besteht darin, dass Adrenalin uns leistungsfähig, wach und aktiv macht. Wie eine Studie des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg zeigte, konnte Adrenalin bei Studenten, die in kurzer Zeit etwas auswendig lernen mussten, die Gedächtnisleistung erhöhen. Ein weiterer Vorteil des Adrenalins ist das damit einhergehende, positive Gefühl. Ist die herausfordernde Situation erfolgreich gemeistert, schüttet der Körper Dopamin aus, was ein gutes Gefühl gibt.

Somit machen kurzfristige Adrenalin-Kicks nicht nur wach und glücklich, sondern verbessern auch kurzfristig deine mentale Leistungsfähigkeit!

Die negativen Auswirkungen von Cortisol

Im Vergleich zu Adrenalin hat Cortisol einige negative Auswirkungen:

  1. Unterdrückt Melatonin: Dies kann zu Einschlafschwierigkeiten führen.
  2. Entzieht viel Energie: Dies kann zu Erschöpfung führen.
  3. Schwächt das Immunsystem: Dies kann zu Infekten führen.
  4. Verändert die Gehirnstruktur: Dies kann zu Konzentrationsschwierigkeiten führen.

Was erhöht den Noradrenalin-Spiegel?

Körperliche Belastungen (Sport, Unterzuckerung, Schlafentzug) und emotionaler Stress aktivieren das sympathische Nervensystem und erhöhen somit den Noradrenalin-Spiegel.

Was passiert, wenn der Körper zu viel Noradrenalin hat?

Bei einem Überangebot an Noradrenalin kommt es zu negativen Effekten an vielen Organsystemen. Das Herz reagiert mit erhöhten Blutdruckwerten und Herzrhythmusstörungen, die Blutzuckerkontrolle entgleitet hin zu einer gestörten Glukosetoleranz, Übergewicht oder gar Zuckerkrankheit. Das Gehirn reagiert mit einer gestörten Schlafarchitektur, Gedächtnisstörungen und depressiver Stimmungslage.

Wann wird Noradrenalin ausgeschüttet?

Noradrenalin wird ausgeschüttet, wenn ein Stress- oder Schmerzreiz eintritt, sowie bei einem akuten Abfall des Blutdrucks oder des Blutzuckers.

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