Dieser Artikel beleuchtet das Feld der Neurologie, die Forschungsschwerpunkte und die wachsende Bewegung für eine patientenorientierte Medizin, wobei der Fokus auf dem Neurologe Philip Grewe liegt.
Forschungsschwerpunkte in der Neurologie
Das Forschungszentrum Neuroimmunologie unter der Leitung von Prof. Dr. Ralf Gold widmet sich seit seiner Gründung im Jahr 2006 der Untersuchung der Pathogenese von Autoimmunerkrankungen des Nervensystems. Im Mittelpunkt steht die Multiple Sklerose (MS), eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems bei jungen Erwachsenen.
Klinisch-translationale Forschung
Eine klinisch-translationale Forschungsgruppe konzentriert sich auf Multiple Sklerose, Myasthenia Gravis, Immunneuropathien und andere neuroimmunologische Erkrankungen. Untersucht werden die Auswirkungen von Veränderungen des Darmmikrobioms und seiner Metaboliten auf das Immunsystem und das Zentralnervensystem, wobei verschiedene zellkulturbasierte Systeme zum Einsatz kommen. Darüber hinaus wird die neuroprotektive oder neuroregenerative Wirkung verschiedener Substanzen auf unterschiedliche Zelltypen des Zentralnervensystems analysiert.
KI-basierte Analysen und zellbasierte Therapien
Klinisch werden KI-basierte Analysen zur Früherkennung visueller und okulomotorischer Störungen sowie zellbasierte Therapieansätze bei neurologischen Erkrankungen verfolgt. Große Patientenkohorten mit angeschlossener Biomaterialsammlung werden mit biologischer Grundlagenforschung verbunden. Die Forschungsgruppe besteht aus ÄrztInnen und BiologInnen, die einen translationalen Ansatz verfolgen. Es bestehen sowohl interne als auch externe nationale und internationale Kooperationen mit gemeinsamer Betreuung von PhD- und Medizin-Studierenden.
Multiple Sklerose: Genetische Prädisposition und Umweltfaktoren
Nach aktuellem Forschungsstand wird eine MS-Erkrankung durch das Zusammenspiel einer genetischen Prädisposition und der Exposition gegenüber bestimmten Umweltfaktoren verursacht. Aktuelle Studien zeigen, dass eine Ernährung, die vor allem verarbeitete Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Salz und tierischen Fetten enthält, mit einem Anstieg chronischer Erkrankungen einhergeht. Dabei spielen Metaboliten, die unter anderem bei der Fermentation sonst unverdaulicher Nahrungsbestandteile durch das Darmmikrobiom entstehen, eine Schlüsselrolle.
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Rolle kurzkettiger Fettsäuren
Kurzkettige Fettsäuren wie Propionsäure (PA), die bei der Verarbeitung von ballaststoffreicher Nahrung produziert werden, fehlen oft in der westlichen Ernährung. Die Arbeitsgruppe konnte bereits zeigen, dass die Supplementierung mit der kurzkettigen Fettsäure PA sich positiv auf den Krankheitsverlauf von MS auswirkt und neuroregenerative Wirkungen in vitro hat.
Biomarker in der MS-Forschung
Ein Fokus der MS-Forschung ist die Identifizierung und Validierung neuer Biomarker, die klinisch- oder labor-basiert sein können. Diese sollen eine präzisere Vorhersage der Krankheitsentstehung und des Krankheitsverlaufs ermöglichen. Bestimmte Biomarker können sich in Körperflüssigkeiten wie Blut, Liquor oder Gewebeproben nachweisen lassen und Aufschluss über pathophysiologische Prozesse geben, die mit der Entstehung und Progression der MS zusammenhängen. Dazu zählen beispielsweise Entzündungs- und neurodegenerative Marker sowie Moleküle, die mit der Myelinisierung oder dem Immunsystem assoziiert sind.
Bildgebende Verfahren und funktionelle Biomarker
Ein weiterer Bereich ist die Erforschung von Biomarkern, die sich mit bildgebenden Verfahren wie der Magnetresonanztomographie (MRT) korrelieren lassen. Neben strukturellen Biomarkern sind mit Hilfe neuer Technologien auch funktionelle Biomarker Teil der Forschung. Solche Biomarker könnten die MS-Diagnose und -Überwachung verbessern und neue Einblicke in Krankheitsmechanismen bieten. Die Herausforderung in der Biomarkerforschung liegt in der Validierung und Standardisierung dieser Marker, um ihre klinische Anwendbarkeit zu gewährleisten. Es ist entscheidend, die Interaktionen zwischen verschiedenen Biomarkern zu verstehen, um ein umfassendes Bild der Krankheitsdynamik und des Krankheitsverlaufs zu erhalten.
Geschlechterunterschiede bei MS
MS betrifft Frauen deutlich häufiger als Männer. Es zeigen sich bei den Geschlechtern deutliche Unterschiede im Krankheitsverlauf und in der Reaktion des Immunsystems. In einem klinisch-datenbasierten Projekt werden mithilfe verschiedener Datenquellen große Patientenkohorten untersucht, um Geschlechtsunterschiede bei MS zu erforschen. Dabei können sowohl biologische Geschlechtsunterschiede („Sex“) als auch sozial-gesellschaftliche Aspekte und Rollenverständnisse („Gender“) eine Rolle spielen.
Visuelle und okulomotorische Störungen
Menschen mit Sehstörungen können verschiedene Symptome erfahren, wie verschwommenes Sehen, die Empfindung, durch Milchglas zu sehen, verschwommenes oder doppeltes Sehen, Schwierigkeiten beim Fixieren des Blicks oder ein zitterndes Bild. Diese Störungen lassen sich neuroanatomisch zuordnen, wobei sich meistens festlegen lässt, in welchem Bereich des Gehirns die Störung vorliegen müsste. Es wird unterschieden zwischen Sehstörungen als Störungen des visuellen Systems und Störungen der Augenbewegung (=Okulomotorik). In Studien hierzu werden visuelle und okulomotorische Störungen bei neurologischen Erkrankungen, beginnend mit verschiedenen Stadien der MS, genau untersucht.
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Virtual Reality in der Diagnostik
Für die Messung von Symptomen wird eine Virtual Reality (VR-) Brille verwendet, die über eine Kamera die Augen- und Pupillenbewegungen verfolgt, während verschiedene Szenen über die Brille gezeigt werden. Im Gegensatz zur klinischen Untersuchung liefert die Untersuchung mit der VR-Brille quantitative Messergebnisse, beispielsweise zur exakten Pupillengröße, Augenstellung und Geschwindigkeit der Augenbewegungen. Untersucher-unabhängig wird so eine Untersuchung des visuellen und okulomotorischen Systems ermöglicht, die objektivierbar, quantifizierbar und wiederholbar ist. Dadurch wird auch eine Nachverfolgung der Symptome ermöglicht, beispielsweise nach Einleitung einer Therapie.
Zellbasierte Therapieansätze
Zellbasierte Therapieansätze, insbesondere die Anwendung von Chimären-Antigen-Rezeptor-T-Zellen (CAR-T-Zellen) und indirekte durch bispezifischen Antikörpern, sind ein neues Verfahren zur Behandlung neuroimmunologischer Erkrankungen. CAR-T-Zellen sind genetisch modifizierte T-Lymphozyten, die mit einem synthetischen Rezeptor ausgestattet sind, der es den T-Zellen ermöglicht, spezifische Antigene auf Zielzellen zu erkennen und zu eliminieren.
Bispezifische Antikörper
Neben CAR-T-Zellen stellen bispezifische Antikörper (BiTEs, bispecific T-cell engagers) einen weiteren innovativen Ansatz in der Behandlung neuroimmunologischer Erkrankungen dar. Sie verbinden gleichzeitig eine Bindungsstelle für ein krankheitsrelevantes Zielantigen mit einer Bindungsstelle für den CD3-Rezeptor auf T-Zellen. Dadurch werden patienteneigene T-Zellen unmittelbar und ohne genetische Modifikation zur gezielten Lyse autoreaktiver B-Zellen rekrutiert.
Kooperationen
Diese Projekte erfolgen in enger Kooperation zwischen der Klinik für Neurologie (UK RUB), der Klinik für Hämatologie im Knappschaftskrankenhaus Bochum (UK RUB) und den immunologischen Laboren.
"Mensch vor Profit": Eine Bewegung für eine patientenorientierte Medizin
Im Kontext der Neurologie und der medizinischen Versorgung im Allgemeinen gewinnt die Bewegung "Mensch vor Profit" zunehmend an Bedeutung. Mehr als 2800 Ärztinnen und Ärzte haben einen Appell unterzeichnet, der im Stern veröffentlicht wurde und auf die zunehmenden wirtschaftlichen Zwänge hinweist, die ärztliche Entscheidungen beeinflussen.
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Breite Unterstützung aus der Ärzteschaft
Der Appell wird von Medizinern aus unterschiedlichen Stadien ihrer beruflichen Laufbahn unterstützt, von jungen Ärzten bis hin zu Präsidenten von Ärzteorganisationen. Sie alle sind sich einig, dass die aktuelle Entwicklung nicht fortgesetzt werden darf. Zum Zeitpunkt des Erscheinens der Stern-Titelgeschichte "Mensch vor Profit" am 5. September 2019 gab es mehr als 200 Mediziner als Einzelunterzeichner und 19 Organisationen. Mittlerweile (Stand: 3. Februar 2020) sind über 2800 Ärztinnen und Ärzte namentlich erfasst, und die Zahl steigt weiter.
Beteiligung von Organisationen und Nicht-Ärzten
Die Zahl der Organisationen, die im Gesundheitswesen aktiv sind, stieg auf 75. Rechnet man nur die Mitgliederzahlen der ärztlichen Fachgesellschaften und Berufsverbände zusammen, vertreten diese mehr als 130.000 Mediziner. Auch viele Nichtärzte meldeten sich, darunter Diplom-Psychologen, Pflegekräfte, Krankenhausseelsorger, die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Hebammen, die Deutsche Gesellschaft für Patientenwürde und Patienten.
Beispiele für wirtschaftliche Zwänge
Beispiele, die zeigen, wie wirtschaftliche Zwänge ärztliche Entscheidungen beeinflussen, werden gesammelt und dokumentiert.
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