Neurologen, Psychiater und die Borderline-Störung: Ein umfassender Überblick

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist eine komplexe psychische Erkrankung, die durch Instabilität in verschiedenen Lebensbereichen gekennzeichnet ist. Neurologen und Psychiater spielen eine entscheidende Rolle bei der Diagnose und Behandlung dieser Störung. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Borderline-Störung, ihre Symptome, Diagnosemethoden und Behandlungsansätze, einschließlich der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT).

Was ist die Borderline-Persönlichkeitsstörung?

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist durch eine tiefgreifende Instabilität in den Bereichen der Affektregulation, der zwischenmenschlichen Beziehungen, des Selbstbildes und der Impulskontrolle gekennzeichnet. Betroffene erleben oft intensive Gefühlsschwankungen, die von extremer Anspannung begleitet sein können. Eine Borderline-Patientin beschreibt ihre Gefühlslage als das Gefühl, "wie in einem schnell rasenden Zug, in dem ich die Notbremse nicht finde". Diese Störung betrifft vor allem junge Menschen und kann ohne angemessene Unterstützung chronisch werden.

Ursprung und Einordnung

Die Bezeichnung "Borderline" (Grenzlinie) entstand aus der psychoanalytischen Vorstellung, dass sich Betroffene in einem Übergangsbereich zwischen neurotischen und psychotischen Störungen befinden. Nach dem Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird die Borderline-Persönlichkeitsstörung heute als eine Unterform der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung betrachtet. Die Störung tritt häufig in Kombination mit anderen psychischen Erkrankungen auf (Komorbidität).

Ursachen

Das Wissen über die Ursachen der Borderline-Störung hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Es gilt als gesichert, dass ein Zusammenspiel zwischen genetischen Faktoren und frühen traumatischen Erfahrungen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung spielt.

Prävalenz

Etwa 1,5 Millionen Deutsche leiden unter unkontrollierten Gefühlsschwankungen, hoher Anspannung und starken Selbstwertproblemen, was oft zu selbstschädigendem Verhalten führt. An einer Borderline-Störung leiden etwa 3 Prozent der Bevölkerung. Die ersten Anzeichen treten meist im Jugendalter auf, und es scheinen etwa gleich viele Männer wie Frauen betroffen zu sein, obwohl sich deutlich mehr Frauen in Therapie begeben.

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Symptome der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Die Symptome der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind vielfältig und können sich von Person zu Person unterschiedlich äußern. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Instabile Emotionen: Unkontrollierte Gefühlsschwankungen und Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation. Borderline-Patienten leiden unter Störungen der Affektregulation, also der Unfähigkeit, ihre inneren gefühlsmäßigen Zustände zu kontrollieren.
  • Impulsivität: Spontane und unüberlegte Handlungen, die oft selbstschädigend sind.
  • Selbstschädigendes Verhalten: Selbstverletzungen, Drogenmissbrauch oder andere gefährliche Verhaltensweisen als Versuch, innere Spannungen abzubauen. Um diesen Zustand zu verändern, entwickeln Borderline-Patienten bestimmte Strategien, wie Selbstverletzungen. Sie verletzen sich unter anderem dadurch, in dem sie sich mit Messern oder Rasierklingen in die Haut schneiden oder sich Verbrennungen zuführen. Doch auch Drogenkonsum oder andere gefährliche Verhaltensweisen wie beispielsweise balancieren auf Brückengeländern oder rasen auf der Autobahn werden als Methoden zum Spannungsabbau eingesetzt.
  • Gestörtes Selbstbild: Ein unsicheres und wechselhaftes Selbstbild, oft verbunden mit Gefühlen von Leere und Identitätsverlust. Die großen Schwankungen im Selbstwertgefühl erschweren eine zufriedenstellende Beziehung.
  • Beziehungsprobleme: Schwierigkeiten, stabile und gesunde Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten, oft geprägt von Angst vor Verlassenwerden und intensiven, aber instabilen Beziehungen. Die Angst vor dem Verlassenwerden ist ein zentraler Aspekt der Erkrankung und kann ein existentielles Ausmaß annehmen. Häufig besteht eine Ambivalenz, also ein Nebeneinander von Sehnsucht nach Geborgenheit und Zuwendung und stark ausgeprägter Angst vor eben dieser sozialen Nähe.
  • Dissoziation: In extremen Spannungszuständen kann es zu einer verzerrten Wahrnehmung des eigenen Körpers oder der Umgebung kommen. Die intensive Anspannung hat eine stress-abhängige Reaktion zufolge, die dazu führen kann, dass sich die Wahrnehmung des eigenen Körpers verzerrt oder gar auflöst. Dieser Zustand wird auch als „Dissoziation“ bezeichnet. Der Körper empfindet keine Schmerzen mehr, manche Betroffene sehen sich wie im Nebel, Geräusche klingen gedämpft und manchmal sind Betroffene nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen oder zu sprechen. Es können auch optische oder akustische Halluzinationen auftreten.
  • Aversive Emotionen: Neben den Spannungszuständen verspüren Borderline-Patienten auch intensive aversive Emotionen wie Schuld, Scham, Ohnmacht und Selbstverachtung.

Diagnostik

Die Diagnostik der Borderline-Persönlichkeitsstörung erfordert eine umfassende Beurteilung durch einen erfahrenen Neurologen oder Psychiater. Dabei werden verschiedene Aspekte berücksichtigt:

  • Anamnese: Eine ausführliche Erhebung der Krankheitsgeschichte, einschließlich früherer Traumata und Belastungen. Die Diagnostik und Differentialdiagnostik hat psychodynamische und biographische Gesichtspunkte, die psychopathologischen, organischen-medizinischen Gesichtspunkte innerhalb und außerhalb des Fachs, Familiendynamik sowie soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
  • Psychopathologische Untersuchung: Eine systematische Erfassung der aktuellen psychischen Symptome.
  • Psychologische Tests: Der Einsatz von standardisierten Fragebögen und Tests zur Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen und Symptomen.
  • Differentialdiagnostik: Abgrenzung von anderen psychischen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen.

Therapieansätze

Die Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist komplex und erfordert einen individuellen Therapieplan, der auf die spezifischen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist. Im Vordergrund stehen psychotherapeutische Verfahren, insbesondere die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT).

Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)

Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) wurde von Marsha Linehan speziell für Menschen mit chronischer Suizidalität und Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt. Sie basiert auf Einzel- und Gruppentherapieverfahren und zielt darauf ab, den Patienten zu helfen, ihre Emotionen zu regulieren, ihre zwischenmenschlichen Fähigkeiten zu verbessern und ihre Impulsivität zu kontrollieren. Die Therapiemodule umfassen besonders Achtsamkeit, Umgang mit Gefühlen, Soziale Kompetenzen (Zwischenmenschlicher Umgang), Selbstakzeptanz und Training der Stresstoleranz. Außerdem werden Fertigkeiten (sog.

Die DBT zielt darauf ab, Verhaltensweisen zu verändern, die selbstschädigend, suizidal und beziehungsschädigend sind oder die sich negativ auf Ihre Lebensqualität auswirken. Dabei ist es uns wichtig, Ihre Sicht der Dinge zu verstehen. In der Gruppentherapie „Fertigkeitentraining“ erlernen Sie Verhaltensweisen, die in einer belastenden Situation die Anspannung senken. So können Sie künftig Stress besser ertragen. Da hinter dem Stress oft unbewältigte Gefühle stecken, vermitteln wir Ihnen in der Gruppe auch Fertigkeiten zur Emotionsregulation. Neben den Gruppentherapien erhalten Sie auch einzeltherapeutische Sitzungen.

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Stationäre DBT-Behandlung

Die stationäre Behandlung basiert auf dem Konzept der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT). Die Voraussetzung für den Therapieerfolg ist die klare Indikationsstellung und Motivation der Patient*innen. Aus diesem Grund erfolgt zunächst ein Vorgespräch zur Klärung, ob eine stationäre Behandlung im individuellen Fall geeignet erscheint. Die stationäre Aufnahme erfolgt geplant über eine Warteliste.

Teilstationäre DBT-Behandlung

Am Standort Altscherbitz (bei Leipzig) bieten wir mit der sachsenweit erste DBT-Tagesklinik die Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung mit 15 Therapieplätzen. Das teilstationäre DBT-Programm dauert 12 bis 14 Wochen. Grundvoraussetzung für eine tagesklinische Behandlung ist eine ausreichende Stabilität und vor allem keine akute Suizidgefährdung Behandlungskonzept Das Behandlungskonzept orientiert sich an der Dialektisch Behavioralen Therapie (DBT) nach Marsha M. Linehan, einem speziellen Therapieprogramm zur Behandlung der Borderline-Erkrankung. Vereinfacht gesprochen geht es um eine Erweiterung der herkömmlichen Verhaltenstherapie. Der Schwerpunkt der Dialektik liegt nicht wie in den üblichen Psychotherapieverfahren nur auf der Seite der Veränderung, sondern vor allem auf der Seite der Akzeptanz persönlicher Defizite. In fünf Modulen werden folgende Fertigkeiten vermittelt:

  • Innere Achtsamkeit
  • Stresstoleranz
  • Bewusster Umgang mit Gefühlen
  • Zwischenmenschliche Fertigkeiten
  • Selbstwert

Ziel ist die Vermittlung von Techniken im Umgang mit emotionalen Krisen, mit Verzweiflung und innerer Leere. Die Patienten lernen mit impulsiven, selbstschädigenden und suizidalen Verhalten angemessen umzugehen.

Nachsorgegruppe

Einmal im Monat findet eine ambulante Nachsorgegruppe in der Tagesklinik statt. Die Teilnahme an der Gruppe besteht auf freiwilliger Basis. Die Nachsorgegruppe wird als Behandlungsangebot für BPS-Patienten angesehen, die eine professionelle Begleitung und Betreuung brauchen, auch nach Abschluss der teilstationären Behandlung. Für die Nachsorgegruppe muss einmal pro Quartal eine Überweisung mitgebracht und mit der Krankenkassenchipkarte in der Ambulanz eingelesen werden. Dieses Angebot steht auch für Patienten der Warteliste vor Therapieaufnahme zur Verfügung.

Pharmakotherapie

Es existieren keine Medikamente, die eine Borderline-Störung alleine heilen können. In den letzten Jahren wurde aber festgestellt, dass es durchaus Medikamente gibt, welche stabilisierend und unterstützend eingesetzt werden können. Medikamente können jedoch zur Linderung bestimmter Symptome eingesetzt werden, wie z.B. Depressionen, Angstzustände oder Impulsivität. Häufig eingesetzte Medikamente sind Antidepressiva, Stimmungsstabilisatoren und Neuroleptika.

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Weitere Therapieangebote

Neben der DBT und der Pharmakotherapie können auch andere Therapieangebote hilfreich sein, wie z.B.:

  • Tiefenpsychologische Psychotherapie: Zur Aufarbeitung unbewusster Konflikte und traumatischer Erfahrungen. Hierdurch werden Patienten mit verschiedenen neurotischen Störungen, psychoreaktiven Störungen, psychosomatischen Störungen und Persönlichkeitsstörungen behandelt. Die Praxis ist zugelassen für die Durchführung von tiefenpsychologischer Psychotherapie bei Erwachsenen und bei Kindern und Jugendlichen. Die Therapiesitzungen dauern 50 Minuten und werden regelmäßig ein-, zwei- oder dreimal in der Woche durchgeführt. Die Kosten werden durch die gesetzliche oder private Krankenkasse nach entsprechendem Antrag übernommen.
  • Ergotherapie: Zur Förderung von Alltagskompetenzen und sozialer Integration. Die Zusammenarbeit mit Psychologen, Ergotherapeuten, Pädagogen, Sozialarbeitern und anderen an der Therapie beteiligten Berufsgruppen wird gewährleistet.
  • Soziotherapie: Zur Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagsproblemen und der Integration in das soziale Umfeld.
  • Familientherapie: Zur Verbesserung der Kommunikation und des Verständnisses innerhalb der Familie. In Absprache mit Ihnen können wir auch Ihre Familie und Ihre Partnerin oder Ihren Partner miteinbeziehen, denn sie sind eine wichtige Stütze bei der Bewältigung der täglichen Herausforderungen.

Ergänzende Behandlungsmethoden

Neben den etablierten Therapieansätzen gibt es auch einige ergänzende Behandlungsmethoden, die bei der Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung unterstützend eingesetzt werden können:

  • Neurofeedback: Neurofeedback basiert auf der Messung der elektrischen Aktivitäten des Gehirns mittels EEG-Ableitungen und deren Rückmeldung ans Gehirn mittels computergesteuerter Animationen. Das Verfahren ist zwar seit über vierzig Jahren bekannt, beginnt aber erst in den letzten Jahren, sich für die Behandlung regulationsbedingter mentaler Störungen in der Medizin durchzusetzen. Hauptanwendungen heute sind ADS / ADHS, Autismus, Lernstörungen und Verhaltensauffälligkeiten sowie Angststörungen, Depressionen oder Problemen mit Drogen- oder Alkoholmissbrauch. Auch kann Neurofeedback Symptome physischer und emotionaler Probleme, wie Migräne oder posttraumatische Belastungsstörung, lindern. Neurofeedback kann zudem alternden Menschen helfen, eine gute Gehirnfunktion zu erhalten. Das Gehirn, unabhängig davon in welchem Ausgangszustand es sich befindet, kann zu besserer Funktion trainiert werden. So können Personen jeden Alters vom EEG Training profitieren. Neben der eher medizinischen Anwendungen wird Neurofeedback auch für Tiefenentspannung und Meditation eingesetzt (laut EEG Info). Neurofeedback wird privat angeboten.
  • Lichttherapie: In der Praxis wird die Lichttherapie für die Behandlung saisonaler depressiver Störungen angewendet. Die chronobiologische Forschung in verschiedenen Universitäten der USA, aber auch in Europa, hat gezeigt, dass unter den depressiven Erkrankungen häufig eine sog. "Winterdepression" zu finden ist. Als Behandlung der ersten Wahl für die Winterdepression gilt die Lichttherapie. Die Patienten erhalten 30 Minuten lang helles weißes Licht von speziellen Lampen mit einer Intensität von mehr als 10 000 Lux. Dieses Licht enthält keine UV-Strahlung, d.h. ist bei jeder Anwendungsdauer ungefährlich. Die Häufigkeit der Anwendung variiert gemäß dem Krankheitsbild von 10 bis 30 Sitzungen bis zum Abklingen der Winterdepression. Anamnestische Sitzungen zur Aufrechterhaltung der erfolgreichen Behandlung sind evtl. nötig. Die Lichttherapie ist nach einigen Forschern in den USA auch eine erfolgreiche Hilfsmethode für die Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Außerdem wird sie bei verschiedenen Kopfschmerzsyndromen und bei prämenstruellen Syndromen von Frauen angewendet. Lichttherapie wird als IGEL Leistung in der Praxis angeboten.
  • Akupunktur: Akupunktur wird als Kassenleistung (bei einigen Indikationen) oder als IGEL Leistung privat in der Praxis angeboten. Wann kann Akupunktur bei Schmerz eingesetzt werden? (Laut Deutsche Schmerzgesellschaft e. V.) Akute und chronische Schmerzen, wie z. B.: - Kopfschmerzen - Rücken- und Gelenkschmerzen - Fibromyalgie (Faser-Muskel-Schmerz) - Tumorschmerzen - Schmerzen des Kau- und Zahnsystems Erkrankungen des Bewegungssystems, wie z. B.: - Schmerzen an Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule - Bandscheibenvorfall - Sehnen- und Gelenkerkrankungen - Tennisellenbogen - chronische Hüftgelenkschmerzen - Kniegelenkschmerzen - Karpaltunnel-Syndrom - Nachbehandlung von Hüft-, Knie- und Bandscheibenoperationen - Arthroseschmerzen Neurologische Krankheiten, wie z. B.: - Migräne - Neuralgien - Trigeminusneuralgie - Schmerzen nach Schlaganfall und bei Polyneurophatie - Schmerzen bei Gürtelrose (Zoster) Sonstige Indikationen, wie z. B.: - Schmerzen bei funktionellen Magen-Darm-Störungen - Menstruationsschmerzen - Schmerzen bei Endometriose (Wucherung der Gebärmutterschleimhaut)

Die Rolle des Neurologen und Psychiaters

Neurologen und Psychiater spielen eine zentrale Rolle bei der Diagnose und Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Sie verfügen über das Fachwissen und die Erfahrung, um die komplexen Symptome der Störung zu erkennen, eine umfassende Diagnostik durchzuführen und einen individuellen Therapieplan zu erstellen. Darüber hinaus können sie Medikamente verschreiben und die Patienten bei der Bewältigung ihrer emotionalen und sozialen Herausforderungen unterstützen.

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