Studienteilnahme bei Epilepsie: Ein umfassender Überblick

Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, von der viele Menschen betroffen sind. Da die Ursachen und Ausprägungen der Epilepsie vielfältig sind, gestaltet sich auch die Therapie oft komplex. Klinische Studien spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung neuer und effektiverer Behandlungsmethoden. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über verschiedene Studien, die derzeit in Deutschland durchgeführt werden, und beleuchtet die Bedeutung der Studienteilnahme für Betroffene.

Warum an Epilepsie-Studien teilnehmen?

Epilepsie-Studien sind unerlässlich, um unser Verständnis der Erkrankung zu vertiefen und innovative Therapieansätze zu entwickeln. Viele Menschen erleiden im Laufe ihres Lebens einen ersten epileptischen Anfall, der oft mit großer Unsicherheit verbunden ist. Wiederholen sich die Anfälle, spricht man von Epilepsie. Die Teilnahme an Studien ermöglicht es Patienten, von neuartigen Behandlungsmethoden zu profitieren und gleichzeitig einen Beitrag zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Epilepsie zu leisten.

Obwohl aus der Teilnahme an einer Studie meist kein persönlicher Nutzen resultiert, sind diese Studien nur möglich, wenn sich Patienten zur Teilnahme bereit erklären.

Aktuelle Studien zur Epilepsie

Verschiedene Kliniken und Forschungszentren in Deutschland führen derzeit eine Vielzahl von Studien zu Epilepsie durch. Diese Studien konzentrieren sich auf unterschiedliche Aspekte der Erkrankung, von der Wirksamkeit neuer Medikamente bis hin zu innovativen Stimulationsverfahren. Im Folgenden werden einige ausgewählte Studien vorgestellt:

Medikamentenstudien

XEN1101-Studien (X-TOLE2 und X-ACKT)

Diese multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-3-Studien untersuchen die klinische Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von XEN1101 als Zusatztherapie bei erwachsenen Patienten mit therapierefraktärer fokaler Epilepsie (X-TOLE2) bzw. primär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen (X-ACKT).

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  • X-TOLE2: Richtet sich an Erwachsene ab 18 Jahren mit fokaler Epilepsie, bei denen trotz medikamentöser Therapie weiterhin Anfälle auftreten. Die Teilnehmer werden nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen aufgeteilt: Zwei Gruppen erhalten zusätzlich zur bisherigen Behandlung XEN1101 in unterschiedlichen Dosierungen (15 mg, 25 mg), die dritte Gruppe erhält ein Placebo.
  • X-ACKT: Richtet sich an Erwachsene ab 18 Jahren mit generalisierter Epilepsie, bei denen trotz medikamentöser Therapie weiterhin Anfälle auftreten. Die Teilnehmer werden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine Gruppe erhält zusätzlich zur bisherigen Behandlung XEN1101 (25 mg), die andere Gruppe erhält ein Placebo.

Ziel beider Studien ist es, zu prüfen, ob die Einnahme von XEN1101 das Auftreten weiterer epileptischer Anfälle besser verhindert als die bisherige Behandlung. Nach Ende der Studie besteht die Möglichkeit, das Prüfpräparat im Rahmen einer Anschlussstudie weiter zu beziehen.

STARS-Studie mit Alprazolam (Staccato®)

Diese doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Phase-3-Studie untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit von Alprazolam (Staccato®) 2 mg bei Patienten mit stereotypen, prolongierten Anfällen. Die Studie richtet sich an Menschen ab 12 Jahren mit Epilepsie, die immer wieder anhaltende epileptische Anfälle (d. h. Anfälle, die länger als 3 Minuten dauern) haben. In der Studie wird ein Inhalator mit einem Prüfpräparat untersucht, das einen aktiven anhaltenden Anfall schnell beenden soll. Das Prüfpräparat wird hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit im Vergleich zu einem Placebo untersucht. Nach Ende der Studie kann das Prüfpräparat im Rahmen einer Anschlussstudie weiter zur Verfügung gestellt werden.

ToSEE-Studie: Valproat vs. Levetiracetam bei Status epilepticus im höheren Lebensalter

Hierbei handelt es sich um eine prospektive, multizentrische, doppelblinde, randomisierte Medikamentenvergleichsstudie, die Valproat mit Levetiracetam vergleicht, um eine wirksame und sichere Therapie (2. Therapiestufe) des Status epilepticus in der älteren Bevölkerungsgruppe zu identifizieren. Im Rahmen der ToSEE-Studie werden ältere Erwachsene (ab 65 Jahre), die mit einem anhaltenden Status epilepticus ins Krankenhaus kommen, bei Versagen der 1. Stufe der Standardbehandlung (mit Benzodiazepinen) nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen aufgeteilt, von denen die eine mit Valproat, die andere mit Levetiracetam behandelt wird. Beide Substanzen sollen hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit verglichen werden. Die Studie endet in der Regel mit Entlassung aus dem Krankenhaus, spätestens nach 30 Tagen.

Studie zu Ganaxolon bei Tuberöser Sklerose

Es wird eine Phase-III-Studie zu Ganaxolon zur Therapie der Epilepsie bei Patienten mit Tuberöser Sklerose durchgeführt. Patienten ab dem Alter von 1 Jahr können teilnehmen. Speziell werden Teilnehmer mit Epilepsie gesucht, bei denen zwei anfallssuppressive Medikamente in ausreichender Dosierung nicht zu einer Anfallsfreiheit geführt haben (bei mehr als zwei Anfällen pro Monat).

Stimulationsverfahren

EASEE®-PEARL-Beobachtungsstudie

Diese Studie richtet sich an Ärzte, die Patienten mit einem EASEE®-Stimulationssystem bereits behandeln oder in Zukunft behandeln wollen. Die EASEE®-PEARL-Beobachtungsstudie soll Erfahrungswerte mit dem kommerziell verfügbaren EASEE®-System im Real-World-Setting sammeln. Bei Patienten, die aufgrund einer therapierefraktären fokalen Epilepsie mit dem EASEE®-System behandelt werden, sollen über einen längeren Zeitraum Effektivität und Verträglichkeit der Stimulationsbehandlung untersucht werden.

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AURORA-Studie zur Vagusnervstimulation

In dieser Studie wird ein neu entwickeltes Gerät der belgischen Firma Synergia erprobt. Das Gerät verwendet anstelle elektrischer Impulse Lichtleitung und kann daher ohne Einschränkungen auch dann eingesetzt werden, wenn Kernspintomographien erforderlich sind. Ferner wird es wöchentlich aufgeladen und benötigt keinen Batteriewechsel. In diese Studie können Patienten im Alter von >18 Jahren mit einer fokalen Epilepsie eingeschlossen werden, die trotz Pharmakotherapie unter beeinträchtigen Anfällen leiden.

Studie zur Fokusstimulation mittels kombinierter Wechsel- und Gleichströme

Am Epilepsiezentrum Freiburg wird eine Studie zur Fokusstimulation mittels kombinierter Wechselströme (100 Hz) und Gleichströme mittels eines neuen entwickelten, unter die Kopfhaut implantierten Gerätes durchgeführt. Hierbei wird mittels einer speziellen Elektrode im Laplace-Design eine besonders gute Eindringtiefe erreicht; der Generator wird - wie bei anderen Stimulationsformen - im Brustbereich platziert. Die Studie EASEE4YOU wird Patienten zwischen 12 und 18 Jahren mit fokalem Anfallsbeginn im Neocortex, der an der Außenseite des Gehirns liegt, angeboten. Patienten mit mindestens 3 fokal beginnenden Anfällen pro Monat, die auf Medikamente nicht ausreichend angesprochen haben, können teilnehmen.

Weitere Studien

GRAPE: German Registry of Antiepileptic Drugs in Pregnancy with Epilepsy

Das German Registry of Antiepileptic Drugs in Pregnancy with Epilepsy (GRAPE) ist Teil des Internationalen Schwangerschaftsregisters European Registry of Antiepileptic Drugs in Pregnancy (EURAP). Ziel dieses Schwangerschaftsregisters ist ein Vergleich der Sicherheit verschiedener Antiepileptika für das ungeborene Kind hinsichtlich der Häufigkeit von kongenitalen Fehlbildungen und pränatalen Wachstumsverzögerungen.

Studie zur Intervallfasten-Therapie

In der geplanten Studie soll über den Zeitraum von 7 Monaten mit einer veränderten Ernährung durch Intervallfasten in Kombination mit einem zugelassenen Nahrungsergänzungsmittel eine Reduktion von epileptischen Anfällen untersucht werden. Speziell werden Teilnehmer mit Epilepsie gesucht, bei denen zwei anfallssuppressive Medikamente in ausreichender Dosierung nicht zu einer Anfallsfreiheit geführt haben (bei mehr als zwei Anfällen pro Monat). Metabolische Erkrankungen (bspw.

Vote-Studie zur Präferenz bei Antiepileptika

In der Vote-Studie werden Patienten und Ärzte hinsichtlich ihrer Präferenz zur Behandlung mit dem Antiepileptikum Lacosamid oder mit anderen Antiepileptika in Monotherapie befragt, die Behandlung wird ansonsten nicht beeinflusst.

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EDITH-Studie: Clinical Decision Support System

Mit dem CDSS - EDITH (Epilepsie richtig diagnostizieren und therapieren) wurde eine Software entwickelt, die den Arzt bei der Behandlung der Epilepsie unterstützen soll. Nach Einschluss in die Studie wird der Patient entweder in den Interventionsarm (Anwendung von EDITH) oder in den Kontrollarm (übliche Behandlung) randomisiert. Ziel der Studie ist es, die Fehlerrate von Diagnose und Therapie durch den Einsatz von EDITH zu reduzieren.

Genetische Studien

Für die Durchführung genetischer Studien sind oft sehr große Patientenzahlen, d.h. Familien, in denen eine bestimmte Erkrankung (Epilepsieform) vererbt wird notwendig. Wir sammeln daher Blutproben von Kindern und Erwachsenen mit Epilepsien sowie deren Angehörigen (Eltern, Geschwister). Aus den Zellen des Blutes wird die Erbinformation, Erbmaterial oder die DNA, isoliert.

Einschlusskriterien und Ablauf einer Studienteilnahme

Die genauen Einschlusskriterien für eine Studienteilnahme variieren je nach Studie. In der Regel müssen die Teilnehmer bestimmte medizinische Voraussetzungen erfüllen, beispielsweise eine bestimmte Form der Epilepsie oder ein bestimmtes Alter haben. Vor der Teilnahme an einer Studie erfolgt ein ausführliches Aufklärungsgespräch, in dem die Ziele, der Ablauf und die möglichen Risiken und Nebenwirkungen der Studie erläutert werden. Die Teilnahme ist freiwillig und kann jederzeit ohne Angabe von Gründen beendet werden.

Auswirkungen von Antiepileptika auf die Knochenstabilität

Eine Vielzahl von Antiepileptika, insbesondere starke Enzyminduktoren wie Phenytoin, Phenobarbital und Carbamezepin), führen bei längerer Einnahme zu einer Verminderung der Knochenstabilität (Osteoporose). Am Epilepsiezentrum Freiburg gehören Messungen der Knochendichte („Osteodensitometrie“) zum Standard der Behandlung, wenn Auswirkungen auf die Knochenstabilität möglich sind.

Anlaufstellen für Studienteilnehmer

Interessierte Patienten können sich an verschiedene Kliniken und Forschungszentren wenden, die Epilepsie-Studien durchführen. Zu den Anlaufstellen gehören unter anderem:

  • Universitätsklinikum Tübingen
  • Norddeutsches Epilepsiezentrum Raisdorf
  • Epilepsiezentrum Freiburg
  • Vivantes Klinikum (Klinik für Neurologie, Humboldt-Klinikum)
  • JULIUSSPITAL EPILEPSIEBERATUNG UNTERFRANKEN

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