Obere Plexus brachialis Lähmung: Ursachen, Symptome und Behandlung

Die obere Plexus brachialis Lähmung, auch bekannt als Duchenne-Erb-Lähmung, ist eine Bewegungsunfähigkeit des Armes, die durch eine Schädigung des Nervengeflechts (Plexus brachialis) verursacht wird. Dieses Nervengeflecht verbindet den Arm mit dem Zentralnervensystem und versorgt den Arm und die Hand sowie Teile der Schulter und des Halses. Eine Verletzung dieses Nervengeflechts kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die von Schmerzen und Empfindungsstörungen bis hin zu Lähmungen reichen.

Was ist der Plexus brachialis?

Der Plexus brachialis ist ein komplexes Nervengeflecht, das aus fünf Nervenwurzeln entspringt, die aus dem Rückenmark abzweigen und im Halsbereich zwischen den Wirbelkörpern aus dem Wirbelkanal austreten. Er versorgt den Arm und die Hand sowie Teile der Schulter und des Halses. Daher wird er auch als Armplexus bezeichnet. Er besteht zunächst aus Primärsträngen, passiert dann das Schlüsselbein und mündet anschließend in Sekundärstränge. Diese gehen in die Äste der Armnerven über.

Ursachen der oberen Plexus brachialis Lähmung

Eine Verletzung des Plexus brachialis entsteht meist bei Unfällen und führt zu Beschwerden am Arm und an der Hand, aber auch in der Hals-Schulter-Region. Bis zu 80 % aller Fälle entstehen bei Motorradunfällen. Auch andere Verkehrsunfälle und Sportunfälle kommen als Ursachen vor. Stich- oder Schussverletzungen sind seltener. Läsionen des Plexus brachialis bei der Geburt sind extrem selten. Manchmal wird die Läsion durch medizinisches Personal verursacht (iatrogene Läsion).

Meist entsteht die Verletzung durch Zugkräfte. Es kommt zur Zerrung bzw. Dehnung von Teilen des Plexus. Es ist sogar möglich, dass Nervenwurzeln ausgerissen werden. Welche Muskeln und Hautbereiche betroffen sind, hängt davon ab, welcher Bereich des Armplexus geschädigt ist. Dabei wird zwischen Verletzungen der Primärstränge und Läsionen der Sekundärstränge unterschieden.

Bei Verletzungen der Primärstränge, also nah an den Rückenmarkswurzeln, unterscheidet man je nach betroffener Wurzel zwischen oberen Armplexusläsionen (Duchenne-Erb-Läsion) und unteren Armplexusläsionen (Déjerine-Klumpke-Läsion). Mittlere Armplexusläsionen sind selten.

Lesen Sie auch: Neurologen Reutlingen: Ihre Anlaufstelle

Zu den Risikofaktoren zählen neben dem Motorradfahren auch Kontaktsportarten und Extremsport.

Symptome der oberen Plexus brachialis Lähmung

Die Verletzung führt zu Schmerzen in der Hals-Schulter-Region. Die Schmerzen strahlen in den Arm aus. Zusätzlich sind Störungen der Sensibilität möglich (sensible Defizite), ebenso wie Störungen der Motorik (motorische Defizite). Die motorischen Defizite können sich auf Koordinationsstörungen beschränken, sie können aber auch bis zur Lähmung (Parese) der betroffenen Muskeln reichen. Je tiefer der verletzte Nervenstrang liegt, umso mehr verlagern sich die Symptome in Richtung der Hand. Außerdem können Muskelreflexe wie der Bizepssehnenreflex und der Trizepssehnenreflex abgeschwächt sein.

Bei der oberen Schulter-Arm-Lähmung (Duchenne-Erb-Lähmung) kann der Oberarm nicht angehoben und nach außen gedreht werden. Darüber hinaus treten Empfindungsstörungen an der Außenseite des Oberarms und der dem Daumen zugewandten Seite des Unterarms auf. Die untere Schulter-Arm-Lähmung (Klumpke-Lähmung) zeigt sich typischerweise durch eine Verkrümmung der Finger zur Krallenhand, was mit Empfindungsstörungen an Unterarm und Hand einhergeht.

Oft liegen Begleitverletzungen vor. Etwa 39 % der Betroffenen erleiden Knochenbrüche (Frakturen) von langen Röhrenknochen. Ungefähr jede vierte Person erleidet einen Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur). Etwa 34 % haben ein Schädel-Hirn-Trauma. Weniger oft kommt es zu Verletzungen des Brustkorbs bzw. der Organe innerhalb des Brustkorbes (Thoraxtrauma).

Diagnose der oberen Plexus brachialis Lähmung

Im Arztgespräch ist die Frage nach dem Verletzungsmechanismus besonders wichtig. Sie werden nach Schmerzen, Missempfindungen und Taubheit gefragt. Auch motorische Defizite sollten identifiziert werden. Dazu zählen Koordinationsstörungen und eine Kraftminderung der Hand oder des Arms. Es erfolgt eine Kraftprüfung beider Arme und Hände. Ihre Kraft wird mit einer Zahl von 0-5 bewertet, wobei 0 bedeutet, dass sich ein Muskel gar nicht mehr zusammenzieht (Parese), und 5 für eine normale Muskelkraft steht.

Lesen Sie auch: Neurochirurgie auf höchstem Niveau in Reutlingen

Bei der Untersuchung überprüft man u. a. Ihren Bewegungsumfang, Ihre Reflexe, Ihre Muskelkraft sowie Ihre Sensibilität. Ein Beklopfen (Perkussion) bestimmter Hautbereiche rund um das Schlüsselbein führt zu elektrisierenden, ausstrahlenden Schmerzen (Hoffmann-Tinel-Zeichen).

Wenn Ihre Verletzung schon länger zurückliegt und Ihre Beschwerden fortbestehen, erhalten Sie eine Überweisung an eine Facharztpraxis für Neurologie. Bei einer akuten Verletzung mit sensiblen oder motorischen Defiziten erhalten Sie möglicherweise eine Einweisung ins Krankenhaus.

Bildgebende Untersuchungen

  • Röntgen- oder CT-Bild: Bei einem Trauma wird oft zunächst ein Röntgen- oder CT-Bild gemacht. Damit werden z. B. Knochenbrüche (Frakturen) und andere Begleitverletzungen dargestellt.
  • MRT des Plexus brachialis (Neurografie): Mit diesem Verfahren stellt man die Nervenbahnen dar.
  • Ultraschall (Nervensonografie): Mit dieser hochauflösenden Nervensonografie kann man die Armnerven untersuchen - und ggf. auch den Plexus brachialis.

Elektrophysiologische Untersuchungen

  • Messung der elektrischen Muskelaktivität (Elektromyografie, EMG): Dies ist erst ungefähr 3 Wochen nach dem Trauma sinnvoll.
  • Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (Elektroneurografie, ENG): Damit kann man Schäden der peripheren Nerven nachweisen und ihr Ausmaß beurteilen.

Die MR-Neurographie des Arm-Nervengeflechts bietet Vorteile gegenüber anderen diagnostischen Verfahren, da sie die selektive und gleichzeitige Darstellung aller Durchflechtungsstufen des Plexus brachialis in einer Untersuchungssitzung ermöglicht und auch Teilläsionen eines Nervenstranges nachweisen kann. Sie ist besonders schonend, da es zu keiner Strahlenbelastung kommt, meist kein Kontrastmittel notwendig ist und sie ein nicht-invasives Verfahren darstellt. Bei leichten/beginnenden Nervenschädigungen steigen zunächst die „Helligkeit“ und später auch der Durchmesser der Nervenfaserbündel an. Bei schweren Schädigungen kann es darüber hinaus auch zu einer veränderten Durchblutung in der Muskulatur kommen, welche von einem geschädigten Nerv versorgt wird.

Behandlung der oberen Plexus brachialis Lähmung

Wenn der Plexus nur zum Teil beschädigt ist, kann eine spontane Regeneration der Nerven (Reinnervation) eintreten. Bei einem leichten Trauma und keinen Beschwerden außer Schmerzen kann ggf. der Spontanverlauf abgewartet werden. Ziel der Behandlung ist es, Ihre Schmerzen zu lindern und sensible und motorische Defizite zu verringern. Die Funktionen des Armes und der Hand sollen erhalten werden.

Konservative Behandlung

  • Schmerzmittel: Sie können Schmerzmittel erhalten. Neuropathische Schmerzen können mit verschiedenen Medikamentengruppen behandelt werden. Dazu zählen auch Substanzgruppen, die Sie vielleicht nicht erwarten, wie Antidepressiva und Mittel gegen Krampfanfälle (Antikonvulsiva).
  • Physiotherapie: Eine Physiotherapie kann sinnvoll sein.
  • Ergotherapie: Ebenso kann eine Ergotherapie helfen.
  • Elektrotherapie: Eine Elektrotherapie, also die Behandlung mit elektrischem Strom, kann Muskelschwund verzögern, bis die Nervenregeneration abgeschlossen ist.
  • Rehabilitationsmaßnahmen: Rehabilitationsmaßnahmen können Teil der Behandlung sein.

Operation

Eine Operation wird etwa dann empfohlen, wenn die Regeneration unter konservativer Behandlung nach ca. 3-6 Monaten nicht ausreicht. Auch wenn eine spontane Reinnervation unmöglich ist, sollten Sie operiert werden. Es sollte außerdem eine Operation gemacht werden, wenn Sie eine offene Plexusläsion erlitten haben oder Blutergüsse (Hämatome) auftreten, die durch ihre Größe das umliegende Gewebe verdrängen.

Lesen Sie auch: Neurologische Versorgung in Schwäbisch Hall

Der Zeitpunkt der Operation hängt vom Ausmaß der Verletzung ab. Bei ausgerissenen Nervenwurzeln wird möglichst nach 6-8 Wochen operiert. Wenn keine Nerven durchtrennt sind, sollte die Operation später stattfinden, und zwar nach 3-6 Monaten. Es gibt einige mögliche Operationsverfahren:

  • Freilegung von eingeengtem Nervengewebe (Neurolyse)
  • Verlagerung von gesunden Ästen an beschädigte Äste innerhalb des Plexus - die gesunden Äste können aus dem Plexus oder von außerhalb stammen (intraplexaler Nerventransfer bzw. extraplexaler Nerventransfer).
  • Versetzen eines eigenen Nervenastes aus einem anderen Körperbereich (Autologe Nerventransplantation)
  • Verlagerung von intakten Muskeln zum Funktionserhalt (Ersatzoperation)

Vorbeugung

Tragen Sie eine Schutzausrüstung, wenn Sie sich in Situationen mit einem entsprechenden Verletzungsrisiko begeben (z. B. bei Extremsportarten und beim Motorradfahren).

Prognose

Abhängig vom Schweregrad der Plexusverletzung kann eine spontane Nervenheilung möglich sein (Reinnervation). Die Spontanheilung kann zu besseren funktionellen Ergebnissen führen als eine Operation - selbst wenn die Operation optimal verläuft. Allerdings dauert die Nervenregeneration etwa 2,5-3 Jahre. Bei ausgerissenen Nervenwurzeln kann keine spontane Regeneration stattfinden.

Insgesamt sind etwa 70 % der Ergebnisse bei oberen Plexusläsionen gut. Bei unteren Plexusläsionen ist die Prognose schlechter. Als Folge einer Plexusläsion können langfristig Defizite der Sensibilität oder Motorik mit einer Funktionseinschränkung zurückbleiben. Neuropathische Schmerzen können chronisch werden.

tags: #obere #Plexus #brachialis #Lähmung #Ursachen