Demenz bei HIV: Ursachen, Symptome und Behandlung

Eine HIV-Infektion kann in jedem Lebensalter das Risiko einer Demenz verdoppeln. Dies zeigen neurologische Studien weitgehend übereinstimmend. Es können auch weitere neurologische Schäden auftreten, wie Nervenschädigungen und sogar Hirntumoren. Glücklicherweise können moderne Medikamente dazu beitragen, die Auswirkungen von HIV auf das Gehirn zu minimieren.

HIV und das Nervensystem

HIV schädigt nicht nur Zellen des Immunsystems, sondern auch andere Zellen, darunter Nervenzellen. Dies kann zu neurologischen Symptomen, Begleit- und Folgekrankheiten führen - sowohl durch direkten HI-Virusbefall als auch durch Immunschwäche bedingte Erkrankungen wie Infektionen und Krebsgeschwulste.

HIV-assoziierte Demenz

Die HIV-assoziierte Demenz ist zwar seltener geworden, dennoch können Vorstufen auftreten. Die Betroffenen leiden dann unter leichteren kognitiven Einschränkungen wie Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen. Später kann es aufgrund von zunehmenden Störungen von geistigen Fähigkeiten, die das menschliche Denken und Handeln steuern (Exekutivfunktionen), intellektuellen Fähigkeiten und der Informationsverarbeitung zu Schwierigkeiten im Beruf und Alltagsleben kommen. Insgesamt ähnelt das Krankheitsbild einer Alzheimer-Demenz.

Nervenschädigungen

Eine weitere Komplikation sind die HIV-assoziierten Nervenschädigungen (Neuropathien). Dabei sind periphere Nerven, also außerhalb von Gehirn und Rückenmark, sowie deren Isolationsschicht, die Myelinscheiden, geschädigt. Bei den Nervenschädigungen kommt es zu aufsteigendem Kribbeln oder brennenden Missempfindungen und Schmerzen in den Zehen und Füßen, bis hin zu Taubheit. Dies kann die Lebensqualität deutlich vermindern und im Vollbild auch Gang und Balance stark beeinträchtigen.

Hirntumore

Zu den schwersten neurologischen Komplikationen einer HIV-Infektion gehören zudem HIV-assoziierte Lymphome (Krebs des Lymphgewebes) im Gehirn und Rückenmark.

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Ursachen und Risikofaktoren

Das HI-Virus dringt bei allen Infizierten im Zuge der Primärinfektion wahrscheinlich hämatogen in infizierten Monozyten und Lymphozyten sowie transependymal aus dem Ventrikelliquor ins Hirnparenchym ein. Dies bedingt, dass meist gering entzündliche Liquorveränderungen bei praktisch allen Infizierten schon in den asymptomatischen Stadien gefunden werden. Die schon früh und hauptsächlich betroffenen Hirnregionen sind die Basalganglien und die frontale weiße Substanz.

Risikofaktoren für eine HIV-Infektion sind:

  • Ungeschützter Sex
  • Infiziertes Drogenbesteck
  • Stichverletzungen mit beispielsweise infizierter Nadel

Bei Patienten mit bekanntem Zeitpunkt der (Primär-)Infektion ist nachgewiesen, dass ein früher Abfall der CD4-Lymphozyten und eine initial hohe Plasmaviruslast eine neurokognitive Störung prädizieren.

Symptome

Die Symptome der HIV-Infektion bis hin zum AIDS-Stadium unterscheiden sich nach der Phase der Erkrankung.

Akute HIV-Infektion

Bei etwa 30 Prozent tauchen nach der Ansteckung die ersten Symptome einer HIV-Infektion innerhalb von sechs Tagen bis sechs Wochen auf. In dieser akuten Phase ähneln die Beschwerden einem grippalen Infekt oder einem mild verlaufenden Pfeifferschen Drüsenfieber. Erste Anzeichen sind:

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  • Kopf- und/oder Halsschmerzen
  • Geschwollene Mandeln und Lymphknoten
  • Fieber und/oder Nachtschweiß
  • Durchfall
  • Hautausschlag vor allem auf Brust und Rücken

Diese erste akute Phase der HIV-Infektion dauert meist nur ein bis zwei Wochen.

Symptomfreie Latenz-Phase

Nach Abklingen erster HIV-Symptome bleibt die Virus-Infektion mitunter jahrelang symptomfrei oder symptomarm. Das Virus ist in dieser Zeit aber weiterhin aktiv und schädigt das Immunsystem langfristig. Diese stumme Phase der Infektion (auch Latenz-Phase genannt) endet bei etwa 40 Prozent der HIV-Erkrankten mit einer Schwellung der Lymphknoten am ganzen Körper.

Phase mit Symptomen der HIV-Infektion

Im weiteren Verlauf ist das Immunsystem so weit geschwächt, dass verschiedene Krankheiten auftreten. Typisch sind in dieser Phase unter anderem:

  • Langanhaltender Durchfall (über vier Wochen)
  • Fieber über 38,5 °C
  • Periphere Neuropathie (Nervenstörungen abgesehen von Gehirn und Rückenmark, also z. B. in Armen oder Beinen)
  • Pilz-Erkrankungen im Rachen oder im Genital-Bereich
  • Gürtelrose (Herpes zoster)
  • Orale Haar-Leukoplakie (weißliche Veränderungen am seitlichen Zungenrand)

Symptome im AIDS-Stadium der HIV-Infektion

Im fortgeschrittenen Stadium führt eine HIV-Infektion zu AIDS. In dieser Phase ist es dem stark geschwächten Immunsystem dann nicht mehr möglich, den vielen Krankheitserregern standzuhalten. Zu den AIDS-definierenden Erkrankungen gehören:

  • Wasting-Syndrom
  • Erkrankungen der Gehirnfunktion (HIV-assoziierte Enzephalopathie)
  • Opportunistische Infektionen (wie bestimmte Pilz-Infekte, zerebrale Toxoplasmose oder häufige bakterielle Lungen-Entzündungen)
  • Bestimmte Krebserkrankungen wie das Kaposi-Sarkom, Non-Hodgkin-Lymphom, Zervix-Karzinom

Wasting-Syndrom

Symptome des sogenannten Wasting-Syndroms sind:

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  • Ungewollter Gewichtsverlust von über zehn Prozent des Körpergewichts
  • Anhaltender Durchfall (über 30 Tage)
  • Fieber und Erschöpfung

HIV-assoziierte Enzephalopathie

Die durch HIV-verursachten Veränderungen der Gehirn-Funktion sind unter anderen gekennzeichnet durch:

  • Konzentrations- und Gedächtnis-Störungen
  • Gang-Störungen sowie feinmotorische Leistungseinbußen
  • Depression

Opportunistische Infektionen

Bei den sogenannten opportunistischen Infektionen nutzen Erreger die Immunschwäche aus, um sich zu vermehren. Zu diesen zählen unter anderem folgende Erkrankungen:

  • Lungen-Entzündungen durch den Erreger Pneumocystis jirovecii
  • Candida-Pilz-Infektionen der Speiseröhre und der tiefen Atemwege
  • Gehirn-Entzündungen durch Toxoplasmose-Erreger
  • Zytomegalie-Virus-Infektionen in Auge, Lunge, Hirn oder Darm
  • Tuberkulose

Bestimmte Krebs-Erkrankungen

Zu diesen AIDS-definierenden Krebs-Erkrankungen zählen:

  • Kaposi-Sarkom: bösartige Neubildung von Blutgefäßen, die auf der Haut als braunrote Flecken sichtbar sind
  • Non-Hodgkin-Lymphom
  • Gebärmutter-Karzinom (Zervix-Karzinom)

Diagnose

Die Diagnose von HAND wird klinisch gestellt. In der Diagnostik von HAND werden neuropsychologische, radiologische, liquoranalytische und neurophysiologische Methoden eingesetzt.

Neuropsychologische Testung

Die neuropsychologische Testung ist am besten geeignet, die kognitiven Defizite quantitativ zu erfassen. Geeignete Tests inkl. der speziell für HAND entwickelten HIV-Demenz-Skala sind verfügbar.

Neurophysiologische Untersuchungen

Bei den neurophysiologischen Untersuchungen sind Motoriktests wie z. B. der „Finger-tapping“-Test anwendbar. Bei HAND ist das Elektroenzephalogramm (EEG) normal oder allenfalls gering allgemeinverändert und ohne relevante Herdbefunde.

Bildgebende Verfahren

Die wichtigste Aufgabe der bildgebenden Methoden ist der Ausschluss anderer Hirnkrankheiten. In der Magnetresonanztomographie (MRT) sollten bestimmte Sequenzen durchgeführt werden. HAND geht oft mit Echoanhebungen in T2-gewichteten Sequenzen in der tiefen weißen Substanz und den Basalganglien einher; allerdings sind diese Veränderungen keinesfalls spezifisch. Es findet sich schon früh eine innere und äußere, nichtfokale Atrophie. Raumforderungen und fokale Kontrastmittel(KM)-Anreicherung sind mit der Diagnose HAND nicht vereinbar.

Liquoruntersuchungen

Die Bedeutung der Liquoruntersuchungen liegt in der Abgrenzung zu opportunistischen Infektionen und dem ZNS-Lymphom. Unspezifische, mit einer chronischen Entzündung zu vereinbarende Befunde finden sich schon bei asymptomatischer HIV-Infektion.

Behandlung

Obwohl HIV-Infektionen nicht heilbar sind, ermöglichen moderne Medikamente den Patienten ein weitgehend normales Leben mit durchschnittlicher Lebenserwartung. Es ist notwendig, die Medikamente ein Leben lang regelmäßig einzunehmen. Bei einer frühzeitigen Behandlung lassen sich dadurch in vielen Fällen die Symptome lindern oder verhindern und AIDS vermeiden.

Hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART)

HIV-Patienten erhalten eine hochaktive antiretrovirale Therapie, kurz: HAART. Sie besteht aus einer individuell angepassten Kombination verschiedener Medikamente. Wichtig ist eine Kombination aus verschiedenen Arzneien, um einer Resistenz-Entwicklung des HI-Virus vorzubeugen. Folgende Medikamente stehen zur Verfügung:

  • Reverse-Transkriptase-Hemmer (RTI)
  • Protease-Inhibitoren (PI)
  • Integrase-Inhibitoren (INI)
  • Fusions-Inhibitoren (FI)

Wann und in welchem Umfang Ärzte eine HAART einleiten, ist von jedem Patienten individuell abhängig. Ausschlaggebend für die Entscheidung sind zum Beispiel die aktuellen Symptome sowie die möglichen Nebenwirkungen der HIV-Behandlung.

Weitere Behandlungsansätze

Wie für die altersbedingte Demenz gibt es auch für die HIV-assoziierte Demenz keine Therapie, die an den Ursachen angreift. Derzeit befinden sich verschiedene Medikamente in der klinischen Prüfung, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Dazu gehören Wirkstoffe, die die neuronale Entzündung reduzieren oder in den Stoffwechsel der Botenstoffe eingreifen und die bereits bei anderen neurologischen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose zum Einsatz kommen.

Zusätzlich haben sich Ausdauertraining und Gedächtnistraining als wirksam erwiesen. Wichtig sind dafür regelmäßige Untersuchungen bei HIV-Positiven, auch mit kognitiven Testverfahren.

Was Betroffene selbst tun können

  • Suchen Sie sich einen Arzt, der AIDS-Spezialist ist und den Sie sympathisch finden.
  • Halten Sie sich an die Anweisungen Ihres Arztes.
  • Schutzimpfungen sind für Immungeschwächte besonders wichtig.
  • Es ist ratsam, nicht zu rauchen und keine Drogen einzunehmen.
  • Stärken Sie Ihr Immunsystem, indem Sie viel Obst und Gemüse sowie Vollkorn-Produkte zu sich nehmen.
  • Achten Sie bei der Zubereitung von Lebensmitteln auf Hygiene und vermeiden Sie rohe Zutaten.
  • Bewegen Sie sich regelmäßig.
  • Seien Sie vorsichtig mit Haustieren.

Vorbeugung

  • Kondome
  • Sauberes Drogenbesteck
  • Gegebenenfalls bestimmte Medikamente bei begründetem Verdacht auf Infektion

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