Orthopädische Einlagen bei Polyneuropathie: Wirksamkeit und Anwendung

Orthopädische Schuheinlagen sind in Deutschland weit verbreitet und stellen mit rund 12 Millionen Trägern im Jahr 2019 das am häufigsten eingesetzte medizinische Hilfsmittel dar. Sie dienen primär der Korrektur von Fußfehlstellungen und der Linderung von Schmerzen, die durch diese Fehlstellungen bedingt sind. Besonders für Menschen mit Polyneuropathie, einer Erkrankung, die oft mit Nervenschädigungen in den Füßen einhergeht, kann die Wahl des richtigen Schuhwerks und der passenden Einlagen entscheidend sein. Dieser Artikel beleuchtet die Wirksamkeit orthopädischer Einlagen bei Polyneuropathie, die verschiedenen Arten von Einlagen, ihre Anwendung und weitere wichtige Aspekte.

Fußfehlstellungen und ihre Auswirkungen

Fußfehlstellungen sind in der Bevölkerung weit verbreitet. In Deutschland leiden etwa 60 % der Erwachsenen darunter. Diese Fehlstellungen entstehen oft durch das Tragen von unpassendem, insbesondere zu engem Schuhwerk, das die natürliche Form und Funktion des Fußes beeinträchtigt. Auf Dauer können sich solche Fehlstellungen auch auf andere Körperbereiche, wie den Rücken, auswirken und weitere Fehlhaltungen verursachen. Symptome von Fußfehlstellungen können vielfältig sein und Schmerzen, Druckstellen oder ein verändertes Gangbild umfassen.

Orthopädische Schuheinlagen: Ein Überblick

Orthopädische Schuheinlagen sind medizinische Hilfsmittel, die individuell für Patient*innen im Sanitätshaus angefertigt werden. Sie dienen dazu, Fußleiden und Fehlstellungen des Fußes zu korrigieren. Die Einlagen werden in die Alltagsschuhe gelegt und fallen in der Regel nicht weiter auf. Sie werden meistens aufgrund ärztlicher Verordnung getragen, da Betroffene Schmerzen beim Gehen oder Laufen haben.

Arten von Schuheinlagen

Es gibt verschiedene Arten von Schuheinlagen, die je nach Art der Fußfehlstellung und den individuellen Bedürfnissen eingesetzt werden:

  1. Korrigierende Einlagen: Diese Einlagen korrigieren leichte Fehlstellungen.
  2. Stützende Einlagen: Sie entlasten und stützen bestimmte Fußregionen und verbessern das Abrollverhalten des Fußes. Dies wirkt sich positiv auf den Gang und die Körperhaltung aus.
  3. Bettende Einlagen: Diese Einlagen sind für empfindliche oder verletzungsgefährdete Füße geeignet, wie z. B. bei diabetischen Füßen oder rheumatischen Erkrankungen.
  4. Einlagen für das diabetische Fußsyndrom: Diese Einlagen sind speziell für Diabetiker entwickelt und stützen die belastbaren Bereiche der Fußsohle ab, während sie verletzungsgefährdete Bereiche betten.
  5. Sensomotorische Einlagen: Diese Einlagen werden bei neurologisch bedingten Fehlstellungen eingesetzt. Sie verfügen über spezielle Druckpolster, die die Sinneszellen stimulieren, die für die körpereigene Tiefenwahrnehmung zuständig sind.

Materialien und Herstellung

Orthopädietechniker*innen wählen den Werkstoff für die Einlagen oft selbst aus, falls es keine genauen Vorgaben gibt. Je nach den spezifischen Erfordernissen können Weichschäume, Kork, Leder, Kunststoffe oder sogar Metall verwendet werden. Orthopädisch gesehen unterscheidet man dabei zwischen starren, halbstarren und weichen Materialien. Die Anfertigung der Einlagen erfolgt meist auf Basis von Maß- und Modellverfahren, wobei häufig Trittschaum zum Einsatz kommt. Es können aber auch elektronische Druckmessungen, Gipsabdrücke oder Trittspuren verwendet werden.

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Polyneuropathie und ihre Auswirkungen auf die Füße

Polyneuropathie ist eine Erkrankung, die die peripheren Nerven schädigt. Sie kann verschiedene Ursachen haben, wie z. B. Diabetes mellitus, Alkoholmissbrauch, Infektionen oder genetische Faktoren. Eine häufige Folge der Polyneuropathie ist die Schädigung der Nervenzellen in den Füßen, was zu einer verminderten Schmerz- und Temperaturwahrnehmung führen kann. Dies erhöht das Risiko für Verletzungen und Druckstellen, die unbemerkt bleiben und sich zu Geschwüren entwickeln können.

Das diabetische Fußsyndrom

Eine besondere Form der Polyneuropathie ist das diabetische Fußsyndrom, das als Komplikation durch die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus entstehen kann. Hierbei kommt es zu einer unzureichenden Sauerstoffversorgung der Füße und möglicherweise zu einer Nervenschädigung, der sogenannten diabetischen Polyneuropathie. Betroffene nehmen an den Füßen keine Schmerzreize mehr wahr, was das Risiko für Verletzungen und Geschwüre erhöht. Starker Druck auf die Fußsohle kann sich nachteilig auswirken und Geschwüre verursachen.

Bedeutung des richtigen Schuhwerks bei Polyneuropathie

Für Menschen mit Polyneuropathie ist die Wahl des richtigen Schuhwerks von großer Bedeutung. Die passenden Schuhe können Beschwerden lindern, die Standfestigkeit verbessern und Stürze vermeiden helfen. Studien zeigen, dass Menschen mit Polyneuropathie ein doppelt so hohes Sturzrisiko haben wie gleichaltrige Personen ohne Nervenschädigung. Spezialisierte Schuhhersteller bieten inzwischen eine Vielzahl an Modellen, die speziell für Menschen mit Polyneuropathie entwickelt wurden.

Wirksamkeit orthopädischer Einlagen bei Polyneuropathie

Die Wirksamkeit orthopädischer Einlagen bei Polyneuropathie ist ein viel diskutiertes Thema. Während einige Studien positive Effekte zeigen, gibt es auch kritische Stimmen. Eine Übersichtsarbeit hat jedoch ergeben, dass die Verwendung individuell angepasster Schuheinlagen den maximalen Plantardruck erheblich verringern konnte. Derartige Einlagen seien empfehlenswert, um Komplikationen zu vermeiden und die diabetischen Füße möglichst zu schonen. Es muss jedoch angemerkt werden, dass die Zahl der ausgewerteten Untersuchungen recht gering war.

Sensomotorische Einlagen bei neurologisch bedingten Fehlstellungen

Sensomotorische Einlagen können bei neurologisch bedingten Fehlstellungen des Fußes eingesetzt werden. Durch gezielte Aktivierung der Muskeln lassen sich mit diesen Einlagen Verspannungen und Verkrampfungen lösen. Die Besonderheit dieser Einlagen sind Druckpolster, die die Sinneszellen stimulieren, die für die körpereigene Tiefenwahrnehmung zuständig sind. Über die von diesen Sinneszellen vermittelten Reize bestimmt das Gehirn die Position des Körpers im Raum.

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Empfehlungen für die Anwendung von Einlagen und Schuhwerk bei Polyneuropathie

  1. Regelmäßige Fußpflege: Menschen mit Polyneuropathie sollten ihre Füße täglich auf Verletzungen, Druckstellen oder andere Veränderungen untersuchen.
  2. Passendes Schuhwerk: Es ist wichtig, Schuhe zu tragen, die ausreichend Platz bieten, bequem sind und keine Druckstellen verursachen. Empfehlenswert sind Schuhe, bei denen die Sohle problemlos herausgenommen werden kann und genug Platz für die Schuheinlagen ist.
  3. Orthopädische Einlagen: Bei Fußfehlstellungen oder Druckstellen können orthopädische Einlagen helfen, den Fuß zu entlasten und die Körperhaltung zu verbessern. Die Einlagen sollten individuell angepasst und regelmäßig von einem Arzt oder Orthopädieschuhmacher überprüft werden.
  4. Einlaufphase beachten: Besonders maßgefertigte Schuhe benötigen oft eine Einlaufphase.
  5. Abwechslung: Nutzen Sie mehrere Paar Schuhe und zwei verschiedene Einlagen. Somit wird Ihr Fuß immer wieder anders belastet und gewöhnt sich nicht an eine Haltung. Das beugt Schmerzen vor!
  6. Barfuß laufen: Nutzen Sie Gelegenheiten, bei denen Sie barfuß gehen können. So haben Ihre Füße die Chance so aufzutreten, wie es die Natur eigentlich vorgesehen hat.
  7. Fußmassage und Fußbäder: Massieren Sie bei Gelegenheit ihre Füße und gönnen Sie sich regelmäßig ein Fußbad. Vergessen Sie auch nicht, Ihre Füße einzucremen.
  8. Dehnübungen: Dehnen Sie in regelmäßigen Abständen Ihre Füße, um Verkürzungen der Sehnen entgegenzuwirken.
  9. Regelmäßige Kontrollen: Nachdem Sie die Einlagen einige Zeit getragen haben, steht in der Regel ein Kontrollbesuch in der Arztpraxis an, meist nach 3-6 Wochen. Bei diabetischen Füßen wird oft direkt geprüft, ob die Einlagen passend sind, um Komplikationen zu vermeiden.
  10. Schuhkauf: Wenn Sie neue Schuhe kaufen, sollten Sie beim Anprobieren möglichst Ihre Einlagen einlegen. Im Optimalfall kaufen Sie Schuhe, deren Innensohlen Sie problemlos wechseln können.

Kosten und Krankenkassenübernahme

Die Kosten für orthopädische Einlagen liegen in der Regel zwischen 60 und 150 €, abhängig von Material und Fertigungsmethode. Maßgefertigte Schuhe sind eine hochwertige, aber teure Investition. In Deutschland übernehmen gesetzliche Krankenkassen bei ärztlicher Verordnung in der Regel zwei Paar orthopädische Einlagen pro Jahr. Auch die Kosten für orthopädische Schuhe werden von den Krankenkassen übernommen, wenn sie medizinisch notwendig sind. In der Regel wird jedoch ein Eigenanteil von ca. 80-150 € pro Paar fällig. Es ist ratsam, sich vorab bei der Krankenkasse über die genauen Bedingungen und Zuzahlungen zu informieren.

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