Otto Waalkes, Deutschlands bekanntester Komiker, legte mit fast 70 Jahren seine "Ottobiografie" vor. Das Buch mit dem Titel "Kleinhirn an alle - Die große Ottobiografie - Nach einer wahren Geschichte" erschien im Heyne Verlag und bietet einen Blick hinter die Bühne des Lebens des Kult-Komikers. Die Biografie, geschrieben gemeinsam mit Bernd Eilert, ist mehr als nur eine Promi-Biografie; sie ist eine Dialektik zwischen Bühne und Alltag, die zeigt, wie Humor Krisen überwindet und Gemeinschaft stiftet.
Kindheit, Jugend und die Anfänge einer Karriere
Waalkes wuchs in Emden auf, in einem Haushalt, in dem Witze zwar geschätzt, aber eher heimlich erzählt wurden. Nach dem Abitur reiste er nach Hamburg, um sein Talent in Kleinkunst-Lokalen zu erproben. Seine ersten Bühnenauftritte waren noch mit knallroter Perücke und Kinderzaubertricks garniert - ein Experiment, das sofort das Publikum elektrisierte. Der Durchbruch gelang in den 1970er-Jahren mit der BRAVO-Ottifanten-Comicserie und seinen ersten TV-Auftritten.
Inhalte und Stil der Biografie
"Kleinhirn an alle" ist eine gekürzte Lesung mit Otto Waalkes, die ca. 6h 12 dauert (1 mp3-CD). Otto erzählt von seiner Kindheit und Jugend, springt aber ab dem Erwachsenenalter viel zwischen den Jahrzehnten hin und her, was den Leser gelegentlich verwirren kann. Es fehlt teilweise etwas Struktur. Allerdings werden die verschiedenen Stationen seines Lebens, von denen er in seiner Biografie erzählt, als sehr spannend empfunden. Er berichtet nämlich nicht nur von den schönen Momenten, sondern erzählt auch von Zeiten, in denen es für ihn schwierig wurde.
Toll ist, dass der Inhalt eine Mischung aus Otto, der über sich und sein Leben reflektiert, und Fachwissen zum Thema Komik ist. Otto erzählt nicht nur von seinen Stärken und Schwächen, sondern teilt auch sein Wissen über Komik mit. Er erzählt, was für ihn bei einem Sketch wichtig ist oder warum er nach Jahrzehnten immer noch auf alte Sketche zurückgreifen kann. Er erzählt, wie er mit Fans umgeht und warum es ihn nicht stört, sich nach einer Show Zeit für seine Fans zu nehmen.
Ottos Schreibstil wird als sehr angenehm empfunden. Er ermöglicht einen leichten Einstieg in das Hörbuch und ist natürlich, wie man es von Otto kennt, mit viel Witz gespickt. Obwohl es in Ottos Leben, wie in unseren Leben eben auch, Höhen und Tiefen gibt, ist die Stimmung in dem Hörbuch sehr positiv. Otto hat es geschafft, die Leichtigkeit nicht zu verlieren. Seine Art zu erzählen ist sehr lebendig. Es gibt keine Stelle, an der es langweilig wird.
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Kritik und Selbstgerechtigkeit
In der aktuellen Folge des Spotify-Podcasts "Fest & Flauschig" äußert sich vor allem Olli Schulz besonders kritisch zum neuen Buch von Otto Waalkes. Schulz hatte sich die Biografie als Hörbuch besorgt und in zwei Nächten durchgehört. Aber vor allem die Art und Weise, wie Otto darin auf seine Kollegen aber auch auf das Showgeschäft blicke, kann der Hamburger Songwriter nicht nachvollziehen. "Er hat alles beurteilt und das macht diese Biografie auch so bittersüß für mich", erzählt Schulz im Gespräch mit Jan Böhmermann, "beziehungsweise grenzwertig." Dabei würde er der Reihe nach alle Comedians aufzählen und zu jedem sein Urteil sprechen. "Das alles kommt mir doch sehr selbstgerecht vor", so Schulz weiter. Auch über Jan Böhmermann äußert sich Otto im Zuge einer Kritik an den Late-Night-Shows. Aber das Schlimmste an der Biografie sei für ihn "der Punkt, wo er auf einmal anfängt, die 90er Jahre und den damaligen Comedy-Boom zu erklären (…). Und dann ist sein letzter Satz: Mein Gott, habe ich mir damals gedacht, was habe ich da bloß angerichtet." Diese selbstgerechte Art auf das eigene Leben zurückzublicken sei ein Grund, weshalb Olli Schulz niemals eine Biografie schreiben wolle.
Ottos Sicht auf Erfolg, Misserfolg und die "Lucky Generation"
Otto selbst sieht sich nicht als jemanden, der schon alles erreicht hat. "Erreicht habe ich noch gar nichts. Der Weg ist das Ziel, wie der alte Konfuzius und der mittlere Franz Beckenbauer zu sagen pflegten." Er räumt aber ein, dass es eine Talsohle zwischen dem gefloppten “Otto - Der Katastrophenfilm“ und dem ersten “Ice Age“-Film gab. "Aber so ist es eben. Man probiert Sachen aus - ist es erfolgreich, wird man gelobt. Geht es daneben, herrscht Erklärungsbedarf (lacht). Das ist ein Lernprozess. Solange ein Absturz nicht mit einem Totalschaden endet …… probiert man weiter Sachen aus."
Im Buch nennt Otto die Künstler seiner Zeit die “Lucky Generation“. "Den Namen habe ich mir ausgedacht, da ich rückblickend das Gefühl hatte, uns wäre alles leicht gemacht worden: So viele Möglichkeiten und so wenige Hindernisse - so viel Glück wird kaum eine andere Generation gehabt haben."
Otto und die Politik
Otto betont, dass er zwischen seiner privaten und öffentlichen Person trennt. "Wenn ich mich öffentlich aus den genannten Gründen nicht zu politischen Fragen äußern möchte, heißt das nicht, dass ich privat keine Meinung dazu hätte. Aber gibt es nicht schon genug Meinungen auf der Welt?"
Das Feuer in Las Vegas
Ein einschneidendes Erlebnis in Ottos Leben war die Brandkatastrophe im Luxus-Hotel „MGM Grand“ in Las Vegas im Jahr 1980, die er nur knapp überlebte. Frisch ausgezeichnet mit mehreren goldenen Schallplatten, war Otto mit seinem damaligen Manager Hartmut Fischer in den USA unterwegs und bezog ein Zimmer im 26. Stock des MGM Grand. Ein Kurzschluss in der Küche hatte ein Feuer ausgelöst. Otto schildert, wie er ein mutmaßlich mexikanisches Ehepaar rettete und schließlich selbst dem Feuer entkam. Insgesamt 87 Menschen kamen bei der Brandkatastrophe ums Leben. Bis heute besteht Otto darauf, auf Tourneen in niedrigen Stockwerken untergebracht zu werden.
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Der Komiker und sein Publikum
Otto hat nie angefangen, sich zu verstellen. "Damit habe ich mir allerhand Anstrengungen erspart." Er fühlt sich vor seinem Publikum tatsächlich zuweilen wie ein Hochstapler. "Dieses Gefühl kennen viele, die vor Publikum auftreten - manchmal fragt man sich: Was habe ich zu bieten, was andere nicht auch oder sogar besser könnten? Und dann muss man sich ganz schnell antworten: Das soll das Publikum entscheiden, es hat sowieso immer recht."
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