Parkinson-Chip im Kopf: Funktionsweise und Perspektiven

Computerchips im Gehirn, einst eine Science-Fiction-Vorstellung, rücken immer näher an die Realität heran. Neuartige Hirn-Computer-Schnittstellen (BCIs) - implantierte Computerchips im Gehirn - versprechen, verlorene Funktionen zu ersetzen, neurologische Erkrankungen zu lindern und neue wissenschaftliche Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns zu ermöglichen. Diese Technologie bietet die Möglichkeit, Gelähmten Bewegung oder Kommunikation zurückzugeben und Sinnesverluste wie Blindheit zu kompensieren. Trotz erster klinischer Erfolge stehen die Forscher jedoch noch am Anfang.

Aktueller Stand der Technik

Medizinische Hirnimplantate: Etablierte Anwendungen

Einfache Hirnimplantate werden in der Medizin bereits seit Jahrzehnten eingesetzt. Ein bekanntes Beispiel ist die Tiefe Hirnstimulation (THS) bei Parkinson. Hierbei werden Elektroden im Gehirn platziert, die durch kontinuierliche elektrische Impulse das Zittern und andere Symptome lindern können. Die THS ist heute bei Parkinson-Patienten im Spätstadium nahezu Standard (sog. Deep Brain Stimulation).

Ähnliche Stimulationsimplantate werden experimentell auch bei schwerer Depression eingesetzt, wenn Medikamente versagen. Zudem gibt es Neurostimulatoren für Epilepsie, die Anfallsaktivität erkennen und frühzeitig gegensteuern können. Sie können Patienten sogar vor bevorstehenden Anfällen warnen und so lebensgefährliche Situationen vermeiden. Auch Sinnesprothesen wie Cochlea-Implantate (für Gehörlose) sind etablierte Neuroimplantate. Diese frühen Anwendungen zeigen, dass Technik im Gehirn prinzipiell funktionieren kann und bereits etlichen Patienten geholfen hat.

Neueste Entwicklungen: Brain-Computer Interfaces (BCIs)

Seit etwa 2016 treibt eine neue Generation von Neurotechnologie-Startups die Entwicklung komplexerer Gehirnchips voran. Im Fokus stehen Brain-Computer Interfaces (BCIs), die Nervenzellen anzapfen und Signale drahtlos an Computer übertragen - und teils umgekehrt.

Ein prominentes Beispiel ist Elon Musks Firma Neuralink, die Ende 2023 erstmals einem menschlichen Patienten einen kabellosen Hirnchip implantierte. Das nur münzgroße Implantat mit 1.024 feinen Elektroden wurde bei einem querschnittsgelähmten Patienten unter die Schädeldecke eingesetzt. Ziel dieser laufenden klinischen Studie ist es, Tetraplegikern (Gelähmten aller vier Gliedmaßen) zu ermöglichen, allein durch Gedanken elektronische Geräte zu steuern. Konkret sollen solche Patienten z.B. einen Computer-Cursor bewegen oder ein Smartphone bedienen können, indem das Implantat die Absicht einer Bewegung im motorischen Gehirnareal erkennt.

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Neuralink erhielt dafür 2023 von der US-Arzneimittelbehörde FDA grünes Licht für erste klinische Tests am Menschen. Die Technologie basiert auf jahrelanger Tierversuchsforschung und baut auf Erkenntnissen auf, die schon Anfang der 2000er erzielt wurden (etwa Affen, die mittels Hirnelektroden einen Mauszeiger steuerten). Neuralink ist jedoch das bisher komplexeste System dieser Art und kombiniert viele bekannte Ansätze in einem Gerät. Erste Erfolge wurden bereits öffentlich demonstriert - so konnte der genannte Patient einige Monate nach Implantation allein mit seinen Gedanken auf einem Laptop Online-Schach spielen, wobei der Mauszeiger mental gesteuert wurde (Live-Demonstration im März 2024).

Führende Projekte und Unternehmen

Neuralink ist nicht allein auf diesem Gebiet. Mehrere Unternehmen und Forschungsteams arbeiten an Hirnchips mit unterschiedlichen Ansätzen. So entwickelt die US-Firma Precision Neuroscience ein flexibles Implantat, das über einen minimal-invasiven Schnitt in der Schädeldecke eingeführt und wie eine Folie auf der Hirnoberfläche ausgebreitet wird - ebenfalls mit rund 1.000 Elektroden.

Das Startup Synchron aus Australien/USA verfolgt einen noch weniger invasiven Weg: Es platziert seinen Elektroden-Chip mittels Katheter über Blutgefäße im Gehirn, sodass keine offene Schädeloperation nötig ist. Synchron implantierte 2022 erstmals einen solchen BCI-Chip bei einem Menschen und ermöglichte ihm, durch Gedanken Texte zu schreiben und Technologien zu bedienen.

Auch in Europa gibt es bahnbrechende Projekte: 2019 stellte etwa das französische Clinatec-Institut ein Hirnimplantat vor, mit dem Querschnittsgelähmte ein Exoskelett steuern und dadurch Arme und Beine bewegen können. Ein anderes spektakuläres Beispiel lieferte 2023 ein Schweizer Forschungsteam: Sie kombinierten einen Hirnchip mit einem implantierten Stimulator im Rückenmark, sodass ein seit Jahren gelähmter Patient namens Gert-Jan O. mithilfe dieser Gehirn-zu-Rückenmark-Überbrückung wieder stehen und einige Schritte gehen konnte. Dieses System dekodiert die Gehabsicht im Gehirn und leitet die Signale in Echtzeit an das Rückenmark weiter, wo die Beinbewegung ausgelöst wird. Solche Ergebnisse zeigen das enorme Potenzial der Technologie, sind bislang aber Einzelfälle in Forschungsumgebungen.

Neben Universitäten mischen auch große Tech-Investoren mit: So wurde 2020 in Europa das Startup INBRAIN Neuroelectronics gegründet, das einen neuartigen Graphen-basierten Hirnchip entwickelt. Graphen als Material ist extrem dünn, flexibel und leitfähig - ideal für biokompatible Elektroden. INBRAINs Chip erhielt von der FDA den Status eines “Breakthrough Device” für ein beschleunigtes Zulassungsverfahren. Erste klinische Studien mit Graphen-Implantaten sollen in Kürze starten.

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Neurograins: Eine neue Generation von Mikrochips

Eine vielversprechende Technologie sind sogenannte Neurograins. Diese Mikrochips, die nur die Größe eines Daumenabdrucks haben, werden wie ein Pflaster auf der Kopfhaut befestigt. Die Empfangseinheit übernimmt mehrere Funktionen. Zum einen funktioniert sie wie eine Art Router, indem sie die Signale der Neurograins koordiniert und an einen Computer weitersendet. Jedes Neurograin ist über eine eigene Netzwerkadresse ansteuerbar.

Ein Forscherteam der Brown University hat bereits einen ersten Praxistest mit Neurograins durchgeführt. Sie setzten einer betäubten Ratte 48 dieser Mikrochips auf die Hirnoberfläche und konnten damit erfolgreich die typischen Hirnsignale des narkotisierten Tieres ableiten. Auch eine gezielte Stimulation war über dieses Netzwerk von Neurograins möglich. Die Wissenschaftler wählten zunächst ein einzelnes Neurograin des implantierten Ensembles aus und ließen es eine Reihe von elektrischen 100 Hertz-Pulsen aussenden. In weiteren Tests sendeten sie die Stimulationsbefehle an mehrere Neurograins gleichzeitig, so dass ein spezifisches räumliches Muster der Reizung entstand.

Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnet die Neurograin-Technologie ganz neue Chancen, mehr über die Arbeitsweise des Gehirns zu erfahren. In seiner jetzigen Form kann das Mikrochip-Netzwerk bereits bis zu 770 einzelne Sensoren umfassen. Die Hoffnung der Forscher ist es, dass sie damit letztlich ein System entwickeln, das neue wissenschaftliche Einblicke ins Gehirn eröffnet und neue Therapien ermöglicht.

Anwendungsmöglichkeiten bei neurologischen Erkrankungen

Die primären Ziele dieser Hirnchip-Technologien liegen im medizinischen Bereich.

Lähmungen überwinden

Einen großen Hoffnungsträger stellen BCIs für Patienten mit Querschnittlähmung dar. Indem motorische Signale direkt aus dem Hirn ausgelesen werden, können Gelähmte damit z.B. Computer, Rollstühle oder Prothesen steuern. Im günstigen Fall lassen sich sogar verlorene Bewegungsfunktionen teilweise wiederherstellen - wie im erwähnten Fall von Gert-Jan O., der dank Gehirnimplantat und Rückenmarks-Stimulator wieder selbstständig Schritte machen konnte. Zwar ist eine vollständige Heilung einer Lähmung damit noch nicht erreicht, aber solche Neuroimplantate könnten in Zukunft vielen querschnittsgelähmten Menschen erheblich mehr Autonomie geben.

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Kommunikation und Alltag bei Locked-in-Patienten

Ähnliche Implantate können auch eingesetzt werden, um Kommunikation durch Gedanken zu ermöglichen. Patienten, die bei vollem Bewusstsein aber körperlich fast vollständig gelähmt sind (Locked-in-Syndrom), könnten über ein Gehirnchip-System einen Cursor bewegen, Texte schreiben oder Geräte bedienen, indem das Implantat ihre beabsichtigten Hand- oder Sprachbewegungen erkennt. Aktuelle Studien konzentrieren sich darauf, solchen Patienten das Schreiben von Texten oder sogar das Sprechen durch einen Sprachsynthesizer zu ermöglichen - allein gesteuert durch Hirnsignale.

Erste Durchbrüche wurden 2023 gemeldet, als Hirnimplantate in Kombination mit KI-Algorithmen bei einzelnen Probanden in der Lage waren, gesprochene Sätze in Echtzeit aus der Hirnaktivität zu dekodieren. In den kommenden Jahren könnten solche Kommunikations-BCIs vielen vollständig Gelähmten helfen, sich wieder mitzuteilen.

Bewegungsstörungen und neurologische Erkrankungen

Patienten mit Parkinson oder anderen Tremor-Erkrankungen profitieren bereits von implantierten Hirnstimulatoren, die kontinuierlich bestimmte Hirnareale stimulieren und so Zittern und Steifheit reduzieren. Künftige Chips gehen einen Schritt weiter: Dank fortschrittlicher Sensorik und KI könnten sie abnormale neuronale Muster erkennen und gezielt Gegenreize in Echtzeit liefern. So entwickelt INBRAIN einen Graphen-basierten Neurochip, der die gestörten Signalschaltungen bei Parkinson identifiziert und durch mikroelektrische Impulse die Symptome unmittelbar unterdrückt. Solche intelligenten Hirnschrittmacher hätten großes Potenzial, motorische Symptome nicht nur zu lindern, sondern dynamisch zu kontrollieren, je nach Bedarf des Patienten.

Ein Beispiel für den Erfolg der THS ist Max Gruber (Name geändert), der stark unter den Symptomen seiner Parkinson-Erkrankung litt. Linker Arm und Fuß zitterten stark, dazu kamen Steifigkeit in Nacken, Händen und Füßen sowie Unsicherheit bei jeder Bewegung. Selbstständig anziehen, normal essen oder am PC arbeiten war nicht mehr möglich. Dank eines Gehirnschrittmachers, der millimetergenau in bestimmten, tiefen Regionen im Gehirn platziert wurde und fein justierte elektrische Signale sendet, sind all diese Beschwerden verschwunden.

Sinne wiederherstellen

Ein weiteres Feld ist die Kompensation von verlorenen Sinnesfunktionen. Bei Blindheit beispielsweise wird erforscht, ob ein visuelles Implantat die Funktion der beschädigten Sehrinde übernehmen kann. Die Idee: Eine Kamera speist Bildinformationen in einen Gehirnchip ein, der diese in neuronale Signale „übersetzt“. Erste Versuche haben gezeigt, dass damit rudimentäres Sehen erzeugt werden kann. In klinischen Studien konnten vollkommen blinde Probanden durch ein visuelles Cortex-Implantat einfache Lichtmuster und Umrisse wahrnehmen. Auch wenn die Auflösung noch gering ist, weckt dies Hoffnung, dass in Zukunft einige Blinde durch Gehirnchips zumindest ein einfaches visuelles Wahrnehmungsvermögen zurückerlangen. Ähnlich arbeiten Forscher an Hörimplantaten im Hirnstamm für Fälle, in denen das übliche Cochlea-Implantat nicht greift.

Epilepsie und andere neurologische Leiden

Wie erwähnt, kommen Hirnchips bereits bei Epilepsie zum Einsatz. Moderne Systeme können die elektrische Hirnaktivität rund um die Uhr überwachen und vor einem drohenden epileptischen Anfall warnen. Einige Implantate gehen noch weiter und stimulieren das Gehirn unmittelbar, um einen beginnenden Anfall zu unterbrechen. Solche geschlossen-regelnden Systeme („closed-loop“) könnten auch bei anderen Erkrankungen helfen. In Studien wird z.B. erprobt, ob Hirnimplantate bei schweren Zwangsstörungen oder Depressionen die krankhaften Muster erkennen und gezielt gegensteuern können. Ebenso gibt es visionäre Ansätze, Gedächtnisfunktionen durch Chips zu unterstützen, was eines Tages Patienten mit Demenz oder Alzheimer zugutekommen könnte - noch ist dies allerdings im Forschungsstadium.

Insgesamt sind die Anwendungsmöglichkeiten breit: Von Bewegungs- und Sinnesprothesen über neuropsychiatrische Therapien bis hin zu Brain-Computer-Interfaces, die Patienten wieder in Kontakt mit ihrer Umwelt bringen.

Technische Herausforderungen

Trotz aller Fortschritte stehen Ingenieure und Neurowissenschaftler vor großen technischen Hürden.

Biokompatibilität

Ein zentrales Problem ist die Biokompatibilität: Ein Chip im empfindlichen Gehirngewebe ist ein Fremdkörper. Der Körper reagiert darauf mit Immunabwehr, Entzündungen oder Narbengewebe-Bildung, die die Elektroden mit der Zeit isolieren können. Dieses Phänomen der Abkapselung kann die Signalqualität verschlechtern oder das Implantat unbrauchbar machen. Neue Materialien wie Graphen oder flexible polymere Elektroden sollen dieses Problem mildern, da sie weicher und verträglicher sind als herkömmliche Metalle. Graphen-Chips etwa können so dünn wie eine Atomlage gefertigt werden und passen sich dem Hirngewebe quasi wie eine Folie an, was Abstoßungsreaktionen minimieren könnte. Zudem bieten sie eine sehr hohe elektrische Leitfähigkeit, Auflösung und benötigen wenig Energie. Dennoch muss sich erst in Langzeitstudien zeigen, ob solche neuen Materialien tatsächlich jahrelang im menschlichen Gehirn funktionieren.

Haltbarkeit und Sicherheit

Ein Implantat muss über viele Jahre zuverlässig arbeiten, ohne zu versagen. Aktuelle Elektroden können im tierischen Gehirn oft nur wenige Jahre Daten auslesen, bevor sie degradieren. Die Verkabelung und Stromversorgung stellen ebenfalls Herausforderungen dar. Drahtlose Systeme wie Neuralink benötigen implantierte Batterien oder Induktionsladesysteme unter der Haut - dies muss so gestaltet sein, dass keine Hitze entsteht und kein Infektionsrisiko durch Ladeanschlüsse auftritt. Jede Operation am Gehirn birgt Risiken; idealerweise sollte ein Chip ein ganzes Patientenleben lang halten, um wiederholte neurochirurgische Eingriffe zu vermeiden. Daher arbeiten Entwickler an Methoden, die Lebensdauer der Implantate zu verlängern und Updates möglichst ohne erneute Operation zu ermöglichen.

Signalverarbeitung und Komplexität des Gehirns

Das menschliche Gehirn ist extrem komplex, mit rund 86 Milliarden Neuronen. Ein Hauptproblem ist, aus den aufgezeichneten Signalen sinnvolle Informationen zu extrahieren. Bisher können Implantate nur kleine Ausschnitte der neuronalen Aktivität abgreifen. Selbst Systeme mit tausend Elektroden erfassen nur einen winzigen Bruchteil des Gehirns. Die Dekodierung von Gedanken - also aus einem bestimmten Aktivitätsmuster die Intention oder Vorstellung abzulesen - erfordert leistungsfähige Algorithmen und maschinelles Lernen. Erste Ansätze erkennen einfache Bewegungsabsichten oder Buchstaben, aber feinere Details (etwa komplexe Sprache oder Erinnerungen) sind viel schwerer zu entschlüsseln. Hier besteht ein großer technischer Entwicklungsbedarf, um die Genauigkeit und Bandbreite der Gehirn-Auswertung zu erhöhen. Gelingt dies, könnten BCIs deutlich mehr leisten, etwa flüssigere Kommunikation in ganzen Sätzen ermöglichen. Die Entschlüsselung neuronaler Signale, die für die Funktionalität von Neuroimplantaten entscheidend ist, erfordert oft den Einsatz von KI und maschinellem Lernen. Da die Hirnforschung noch vergleichweise am Anfang steht und neuronale Korrelationen geistiger Prozesse noch wenig verstanden sind, unterstützt KI die Verarbeitung und Interpretation dieser Signale.

Chirurgische Verfahren

Nicht zuletzt muss die Implantation selbst verbessert werden. Neuralinks Team hat z.B. spezielle Robotersysteme entwickelt, um die ultrafeinen Elektroden präzise ins Gehirn zu setzen, da kein menschlicher Chirurg so genau arbeiten kann. Solche Operationen dürfen keine relevanten Blutgefäße verletzen und müssen das Risiko für den Patienten minimieren. Minimalinvasive Ansätze (wie über Blutgefäße bei Synchron) verringern das Operationsrisiko, liefern aber eventuell weniger präzise Signale, da die Elektroden das Gehirn nicht direkt berühren. Es gilt also, einen Balanceakt zu meistern zwischen Invasivität und Signalqualität. Ebenso muss verhindert werden, dass die Implantate verrutschen oder sich durch Bewegungen im Kopf lockern. Die Fixierung, Abdichtung und eventuelle Entfernbarkeit der Chips sind technisch knifflig.

Diese Herausforderungen erklären, warum trotz großer Versprechen noch keine massenhafte Anwendung der Gehirnchips erfolgt ist. Viele Komponenten müssen perfekt zusammenspielen, und die Sicherheit der Patienten hat oberste Priorität. Experten schätzen, dass es noch einige Jahre intensiver Forschung und Entwicklung bedarf, bis solche Implantate routinemäßig zugelassen und eingesetzt werden - konservative Stimmen sprechen von mindestens einem Jahrzehnt.

Ethische Aspekte

Neben den technischen Fragen werfen Gehirnchips tiefgreifende ethische und gesellschaftliche Fragen auf. Ein Implantat, das direkt mit dem Gehirn verbunden ist, berührt grundlegende Prinzipien von Autonomie, Identität und Privatheit. Wichtig ist vor allem die Gedanken- und Datenhoheit des Individuums: Die im Hirnchip erfassten neuronalen Daten sind höchst persönlich. Könnten diese Daten ohne Zustimmung ausgelesen oder manipuliert werden, wäre die geistige Privatsphäre bedroht. Datenschutz und IT-Sicherheit sind daher essenzielle Anforderungen - es darf nicht sein, dass etwa Hacker oder Unternehmen Zugang zu den Gedankenströmen eines Menschen erhalten. Erste Diskussionen über spezielle “Neurorights” (geistige Grundrechte in Zeiten von Neurotech) haben bereits begonnen, um das Recht auf kognitive Freiheit und mentale Privatsphäre zu schützen.

Hirnimplantate, insbesondere wenn sie Signale zurück ins Gehirn spielen, könnten die Empfindungen oder Entscheidungen einer Person beeinflussen. Es ist wichtig, dass die Autonomie des Individuums gewahrt bleibt und die Technologie nicht dazu missbraucht wird, Menschen zu manipulieren oder zu kontrollieren.

Marktpotential und Zukunftsperspektiven

Das Marktpotential für »Neurotech« ist riesig und geht weit über die Medizintechnik hinaus. Laut einem Bericht von Allied Market Research wird der weltweite Markt für Neurotechnologie bis 2026 voraussichtlich ein Marktvolumen von 30,8 Milliarden US-Dollar erreichen. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 13,3% im Zeitraum von 2019 bis 2026.

Die beträchtlichen Investitionen spiegeln das wachsende Interesse an neurotechnologischen Innovationen und deren Potenzial zur Bewältigung von neurologischen Erkrankungen wider. Allein die beiden Unternehmen Neuralink und Synchron konnten seit ihrem Bestehen ein Investitionsvolumen von fast 500 Millionen US-Dollar einsammeln. Ingesamt flossen Schätzungen zufolge im Jahr 2021 über 1,7 Milliarden Dollar in die junge Medizintechnik-Industrie.

Neben den medizinischen Anwendungen könnten Neuroimplantate langfristig auch als Gehirn-Booster die kognitiven Fähigkeiten des Menschen verbessern. Elon Musk propagiert die Verschmelzung von Mensch und Computer und sieht in der Neurotechnologie die Möglichkeit, Menschen mit "Supervision" auszustatten und menschliche Telepathie zu ermöglichen.

Für die Ausweitung in die Bereiche Sport, Wellness und Wohlbefinden könnte eine Kombination aus Neurotech-Technologie und Wearbales sorgen. Tragbare Geräte wären dann in der Lage, die Gehirnaktivität in Echtzeit überwachen, die mentale Gesundheit zu verfolgen und personalisiertes Coaching sowie möglichweise auch eine automatisierte Gehirn-Stimulation basierend auf dem persönlichen Empfinden anzubieten oder zumindest bei Unregelmäßigkeiten frühzeitig warnen. Musk nennt das »Fitness-Tracker für den Kopf«.

Die Neurotechnologie verspricht nicht weniger als eine Revolution für die Medizintechnik und den gesamten Gesundheitsbereich. Neben den Gehirn-Computer-Schnittstellen spielen die Neuroprothetik, die Neuromodulation und die kognitive Verbesserung eine große Rolle für den Hype und das hohe Investionsvolumen - Start-ups spielen eine führende Rolle in der Entwicklung der Neuroimplantate, sowohl in der Forschung wie auch dem Go-to-Market. Wie bei dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz und anderen »neuen Technologien« müssen bei der Verbreitung der Neuroimplanate - insbesondere über die reine Medizintechnik hinaus - jedoch ethische Überlegungen und Herausforderungen mitgedacht werden.

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