Die Parkinson-Krankheit, auch Schüttellähmung genannt, ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die vor allem das motorische System betrifft. Weltweit sind Millionen von Menschen davon betroffen, und die Zahl der Erkrankten steigt stetig. Bisherige Behandlungsansätze konzentrieren sich hauptsächlich auf die Linderung der Symptome, doch die Forschung arbeitet intensiv an Therapien, die den Krankheitsverlauf verlangsamen oder sogar aufhalten könnten. Ein vielversprechender Ansatz sind Impfstoffe gegen Parkinson, die darauf abzielen, die Ursachen der Erkrankung zu bekämpfen.
Die Rolle von Alpha-Synuclein bei Parkinson
Ein Schlüsselprotein bei der Entstehung von Parkinson ist Alpha-Synuclein. Bei Parkinson-Patienten verändert sich dieses Protein, verklumpt und bildet sogenannte Lewy-Körper in den Nervenzellen, insbesondere in der Substantia nigra, einem Bereich im Gehirn, der für die Dopaminproduktion wichtig ist. Diese Lewy-Körper stören die Funktion der Nervenzellen und führen schließlich zu deren Absterben. Da Dopamin eine entscheidende Rolle bei der Steuerung von Bewegungen spielt, führt der Mangel an Dopamin zu den typischen Parkinson-Symptomen wie Zittern, Muskelsteifheit und Bewegungsverlangsamung.
Immuntherapie als neuer Therapieansatz
Die Forschung hat erkannt, dass die Bekämpfung der Alpha-Synuclein-Verklumpungen ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung von Parkinson sein könnte. Hier kommt die Immuntherapie ins Spiel, die darauf abzielt, das Immunsystem des Körpers zu nutzen, um die schädlichen Alpha-Synuclein-Aggregate zu beseitigen. Es gibt zwei Haupttypen der Immuntherapie:
- Aktive Immunisierung: Bei der aktiven Immunisierung wird dem Körper eine Substanz (ein Impfstoff) verabreicht, die das Immunsystem dazu anregt, selbst Antikörper gegen das Alpha-Synuclein zu produzieren.
- Passive Immunisierung: Bei der passiven Immunisierung werden dem Körper direkt Antikörper gegen das Alpha-Synuclein verabreicht.
Aktive Immunisierung: Parkinson-Impfstoffe in der Entwicklung
Mehrere Unternehmen und Forschungseinrichtungen arbeiten an der Entwicklung von Parkinson-Impfstoffen, die auf der aktiven Immunisierung basieren. Eines davon ist das österreichische Biotech-Unternehmen AFFiRiS, das bereits zwei Impfstoffkandidaten, AFFITOPE® PD01A und PD03A, entwickelt hat. Diese Impfstoffe imitieren das bei Parkinson falsch gefaltete Alpha-Synuclein und sollen das Immunsystem dazu anregen, Antikörper gegen das körpereigene krankmachende Alpha-Synuclein zu bilden.
AFFITOPE® PD01A und PD03A: Ergebnisse aus Phase-I-Studien
AFFiRiS hat bereits Phase-I-Studien mit PD01A und PD03A durchgeführt, um die Sicherheit und Verträglichkeit der Impfstoffe zu prüfen. Die Ergebnisse dieser Studien waren vielversprechend:
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- Sicherheit und Verträglichkeit: Die Impfstoffe erwiesen sich als sicher und gut verträglich. Die meisten Nebenwirkungen waren mild und lokal begrenzt (z.B. Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle).
- Immunantwort: Die Impfstoffe führten zu einer signifikanten Erhöhung der Antikörper gegen Alpha-Synuclein.
- Klinische Wirksamkeit: Obwohl die Studien nicht primär auf die Bewertung der klinischen Wirksamkeit ausgelegt waren, zeigten sich erste Hinweise auf einen positiven Effekt auf die motorischen Fähigkeiten der Patienten.
AC Immune und der Impfstoffkandidat ACI-7104.056
Auch das Schweizer Biotech-Unternehmen AC Immune forscht an einer Parkinson-spezifischen Immuntherapie. Das Unternehmen hat von Affiris die Wirkstoffpipeline übernommen und eine multizentrische Phase-II-Studie mit dem Immuntherapie-Kandidaten ACI-7104.056 gegen Alpha-Synuclein bei Parkinson-Patienten im Frühstadium gestartet. Ziel dieser Studie ist es, die Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität von ACI-7104.056 zu untersuchen.
Passive Immunisierung: Antikörper gegen Alpha-Synuclein
Neben der aktiven Immunisierung wird auch die passive Immunisierung als Therapieansatz bei Parkinson erforscht. Dabei werden den Patienten direkt Antikörper gegen Alpha-Synuclein verabreicht, die die Verklumpungen außerhalb der Zellen abfangen und so die Ausbreitung der Erkrankung stoppen sollen.
Studien mit Prasinezumab und BIIB054
Derzeit laufen mehrere Studien, in denen die Wirksamkeit von Antikörpern gegen Alpha-Synuclein untersucht wird. In Deutschland werden beispielsweise die Wirkstoffe Prasinezumab und BIIB054 in Phase-II-Studien getestet. Ziel dieser Studien ist es, herauszufinden, ob die Antikörper tatsächlich ins Gehirn gelangen und die motorischen Fähigkeiten der Patienten verbessern können.
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Obwohl die Immuntherapie ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung von Parkinson ist, gibt es noch einige Herausforderungen zu bewältigen:
- Zielgenauigkeit: Die Antikörper müssen sehr zielgenau sein, um nur das krankmachende Alpha-Synuclein zu bekämpfen und das nicht verklumpte Eiweiß, das wichtige Funktionen im Gehirn erfüllt, nicht zu schädigen.
- Wirksamkeit: Es ist noch unklar, ob die Immuntherapie tatsächlich das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit aufhalten oder verlangsamen kann.
- Langzeitwirkungen: Die Langzeitwirkungen der Immuntherapie sind noch nicht bekannt.
Trotz dieser Herausforderungen sind die Forscher optimistisch, dass die Immuntherapie in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Parkinson spielen wird. Wenn sich die neuartigen Medikamente als wirksam erweisen, könnte eines Tages sogar ein Impfstoff gegen Parkinson zur Verfügung stehen.
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COVID-19-Impfung bei Parkinson-Patienten
Sollten auch Menschen mit Parkinson gegen COVID-19 geimpft werden? Aufgrund ihres Alters, eines Aufenthalts in Pflegeheimen oder aufgrund bestimmter Begleiterkrankungen gehören Parkinson-Patienten häufig zu den priorisierten Impfgruppen. Die COVID-19-Impfstoffe induzieren die Immunisierung durch Mechanismen, die nicht mit dem neurodegenerativen Prozess von Parkinson interagieren. Es sollte jedoch immer eine differenzierte, ausgewogene Risiko-Nutzen-Abwägung zwischen der prinzipiell möglichen erhöhten Anfallsbereitschaft durch Fieber als Folge einer Impfung und dem zu erwartenden Nutzen durch Verhinderung der Erkrankung erfolgen.
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