Nervenentzündung: Kalte oder warme Behandlung?

Schmerzen sind unangenehme Sinneswahrnehmungen, die die Lebensqualität Betroffener deutlich einschränken können, unabhängig davon, ob sie akut oder chronisch auftreten. Viele Menschen greifen auf natürliche Formen der Schmerzlinderung wie Wärme oder Kälte zurück, bevor sie zu Schmerzmedikamenten greifen.

Wann ist Kälte angebracht?

Bei akuten Schmerzen, die plötzlich auftreten, wie z. B. bei Band-, Muskelverletzungen oder Wundschmerzen nach Operationen, kann Kälte oft Linderung verschaffen. Kälteanwendungen reduzieren die Aktivität von entzündungsfördernden Botenstoffen. Dies lindert in vielen Fällen den akuten Schmerz, insbesondere bei Sportverletzungen oder Schmerzen, die durch Entzündungen verursacht werden. Eispackungen, Kaltkompressen oder Kältesprays werden häufig verwendet. Die Anwendungen sollten jedoch nicht länger als fünf Minuten dauern.

Auch bei einigen Rheumatikern wirkt Kälte gegen schmerzhafte, entzündliche Gelenkschmerzen. Die Behandlung sollte jedoch mit dem Arzt abgesprochen werden, da kurze Kältereize auch eine reaktive Hitze in den Gelenken verursachen können. Dies würde eine Entzündung noch verstärken. Viele Rheumatiker profitieren jedoch von Wärmebehandlungen.

Kälte hat eine nachweislich entzündungshemmende und gefäßverengende Wirkung. Wird ein Kühlpack oder Eisbeutel auf die Haut gelegt, nimmt die Durchblutung ab und lässt eine vorhandene Schwellung zurückgehen. Gleichzeitig kann die Einwirkung von Kälte dazu beitragen, zu einer verminderten Schmerzwahrnehmung beizutragen. Dies hilft z. B. bei Verstauchungen und Prellungen, wie sie typischerweise als Folge einer Sportverletzung auftreten. Neben Kühlpacks kann die Wirkung von Kälte auch durch kühlende Kompressen oder Umschläge erreicht werden. Die gezielte Kälte wird entweder auf einzelne Körperteile gerichtet oder in Form der Ganzkörper-Kryotherapie angewendet. Letzteres erfolgt in speziellen Kältekammern, in die sich Patient*innen für einige Minuten begeben.

Ob umgeknickt, verdreht oder gestoßen - bei akuten Überlastungen ist erst mal kühlen angesagt, denn: Kälte verengt die Blutgefäße und reduziert die Durchblutung. Auf diese Weise können sich Schwellungen und Blutergüsse nicht so gut ausbreiten. Zusätzlich dämpft Kälte alle örtlichen Entzündungsvorgänge. Für die lokale Kältebehandlung eignen sich am besten Kühlpads oder zerstoßene Eiswürfel in einer Plastiktüte. Wichtig um Erfrierungen der Haut zu vermeiden: Kühlpad in ein Handtuch wickeln, so dass es nicht direkt auf der Haut liegt. Gekühlt wird in Intervallen von 10-20 Minuten mit einer etwa gleichlangen Pause innerhalb der ersten 48 Stunden nachdem die akuten Beschwerden aufgetreten sind. Nach zu langem oder zu intensivem Kühlen kann eine starke Durchblutungssteigerung einsetzen, die die Beschwerden verstärkt. Daher am besten immer die Uhr im Auge behalten.

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Bei akuten Entzündungen ist es in der Regel ratsam, die Anwendung von Kälte einer Behandlung mit Wärme vorzuziehen. Der Grund: Wärme würde den Entzündungsprozess womöglich noch anregen und steigern, wodurch der vorhandene Schmerz zusätzlich verstärkt wird. Kälte hilft am ehesten nach Verletzungen oder bei entzündlichen Prozessen.

Wann ist Wärme angebracht?

Bei chronischen Beschwerden hingegen ist Wärme oft sinnvoller. Wärmebehandlungen, beispielsweise ergänzt durch Radon, sind oft die einzige Möglichkeit, chronische Schmerzen zu lindern. Bei Fibromyalgie, Rheuma oder Nervenschmerzen helfen Schmerzmittel oft nur bedingt.

Die meisten Rheumatiker profitieren jedoch von Wärmebehandlungen. Sie mildern Schmerzen und Steifheit, indem sie die Durchblutung fördern. Viele Patienten wissen aus Erfahrung, dass sich auch rheumageplagte Muskeln entspannen. So haben sie bei sommerlichen Temperaturen meist weniger Schmerzen als im eisigen Winter. Wärmebehandlungen mit Moor-, Fango- oder Schlammpackungen wirken meist für etwa 20 Minuten auf betroffenen Stellen. Ärzte bieten auch Infrarot-, Ultraschall- oder Hochfrequenztherapien an. Wer von einer Kur in warmen Thermalstollen profitiert, dem tut Wärme in der Regel auch gut. Dort herrschen Temperaturen von über 37,5 Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit von bis zu 100 Prozent. Bei der sogenannten Radonwärmetherapie tritt zusätzlich aus dem Berggestein Radon in geringen Mengen aus. Das Naturheilmittel Radon regt die körpereigene Zellreparatur an und reduziert die Aktivität von Schmerzbotenstoffen. Je weniger aktiv diese sind, desto geringer nehmen Patienten Schmerzen wahr. Die Schmerzlinderung bis hin zur kompletten Beschwerdefreiheit hält bis zu neun Monate an. Vor allem Patienten mit entzündlichen Rheuma-Erkrankungen wie beispielsweise Morbus Bechterew, Polyarthritis, Psoriasis-Arthritis oder Fibromyalgie und Patienten mit chronischen Erkrankungen des Bewegungsapparates erzielen mit der Radonwärmetherapie besonders gute Effekte.

Der Einsatz von Wärme fördert die Durchblutung und kann einen entspannenden Effekt haben, was insbesondere Verkrampfungen zugutekommt. So kann Wärme beispielsweise bei Nackenschmerzen einen positiven Effekt erzielen. Dies ist mithilfe von Wärmekissen möglich, wie auch mit Wärmepflaster oder Infrarotlampen. Alternativ ist ein heißes Bad in der Badewanne oder ein Saunagang möglich. Neben einem durchblutungsfördernden Effekt kann Wärme außerdem dafür sorgen, das Schmerzempfinden zu reduzieren.

Dagegen entfaltet Wärme bei jeglicher Art von Muskelbeschwerden und Verspannungen im Schulter-, Nacken- und Rückenbereich sowie Muskelkater ihre wohltuende und entspannende Wirkung. Denn Wärme weitet die Blutgefäße und steigert die Durchblutung: das Gewebe wird besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Zudem können Stoffwechselprodukte schneller abtransportiert werden. Wärme lockert im Gegensatz zum Kühlen außerdem die Muskulatur, auch bei Rückenschmerzen, und unterstützt somit das Dehnen von Sehnen und Bändern sowie von muskelumspannendem Bindegewebe, der Faszien. Für die Wärmebehandlung eigenen sich Wärmflaschen, Kirschkernkissen oder Rotlichtlampen. Auch Wärmepflaster aus der Apotheke oder elektrische Wärmekissen können helfen Beschwerden zu lindern. Bei Rückenschmerzen ist es wie bei anderen Beschwerden auch: Bei Verspannungen ist wärmen eine echte Wohltat.

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Paradoxe Effekte: Kälte als Auslöser oder Hemmer von Schmerzen

Während Kälte bei gesunden Menschen mit akutem Schmerz schmerzhemmend sein kann, existiert bei Patienten mit Nervenschmerzen ein gegenteiliger Effekt: Sie reagieren häufig überempfindlich auf Kälte und empfinden manchmal schon bei einem leichten Luftzug starke Schmerzen. Verantwortlich dafür sind Eiweiße der Zelloberfläche der Nerven, die die Nervensignale um ein Vielfaches steigern und zu der unangenehmen Wahrnehmung führen.

Patienten, die wegen eines Krebsleidens mit Platinsalz (Oxaliplatin) behandelt werden, empfinden die Abkühlung oft als viel stärker. Solange das Platinsalz im Körper wirkt, sind die Patienten ausgesprochen kälteüberempfindlich, und selbst kurze Kaltreize lösen ein lang andauerndes übersteigertes Kältegefühl aus. Die Ursache dafür liegt jedoch nicht in den „Fühlern“ für Kälte, sondern in den Eiweißen der Zelloberfläche („Natriumkanäle“), die für die Weiterleitung der Nervensignale entlang der Nervenfasern verantwortlich sind. Calcium kann dieses „Türklappern“ reduzieren und wird daher bei Patienten mit Neuropathie zur Therapie eingesetzt.

Schaut man sich die Wirkung von Kälte bei Patienten mit Nervenschmerzen, also neuropathischen Schmerzen, an, fällt auf, dass sie Kälte nicht nur als unangenehmer, sondern sogar als brennenden Schmerz empfinden. „Wir bezeichnen diesen Effekt als Kaltschmerzüberempfindlichkeit, eine Kälteallodynie. Auch Patienten, die mit Platinsalzen behandelt wurden, können im späteren Verlauf einen solchen Nervenschmerz erleiden, der dann aber völlig unabhängig von dem Medikament ist.

Hausmittel gegen Nervenschmerzen

Verschiedene Hausmittel haben sich gegen Nervenentzündungen und Nervenschmerzen bei Patienten bereits bewährt. Vor allem bei chronischen Schmerzen lohnt es sich aber, die Hausmittel auszutesten.

  • Kräuter und Tee: Einige Kräuter können in Form von Kapseln, die das wirksame Trocken-Extrakt enthalten, eingenommen werden. Dazu gehört zum Beispiel die Teufelskrallenwurzel. Diese soll ähnliche, schmerzlindernde Eigenschaften haben wie die Acetylsalicylsäure, ist dabei aber magenfreundlicher. Allerdings müssen Sie bei der Einnahme mindestens eine, eher zwei Wochen Geduld beweisen. Ein eigenes Massageöl aus Kräutern schaffen Sie durch die Mischung aus Brennnessel-Geist und Apfelessig. Das Verhältnis sollte dabei 1:5 sein. Mit dem Öl reiben Sie anschließend sanft die betroffenen Stellen ein. Nicht nur die enthaltenen Wirkstoffe, auch die Massage selbst kann Nervenschmerzen lindern. Auch ein leckerer (Kräuter-)Tee kann von innen heraus seine Wirkung gegen Nervenschmerzen entfalten. Zu den geeigneten Hausmitteln bei Nervenentzündung und Nervenschmerzen gehören der Brennnessel-Tee oder der allseits beliebte Ingwer-Tee mit jeweils entzündungshemmender und schmerzstillender Wirkung. Wenn mit den Nervenschmerzen Übelkeit einhergeht (wie es beispielsweise bei einer den Halsnerv betreffenden Zervikalneuralgie der Fall ist), hilft Ingwer zusätzlich gegen dieses Symptom. Weiterhin kann Grüner Tee das Allgemeinbefinden durch einen positiven Einfluss auf den Blutdruck, das Herz und den Zuckerstoffwechsel stärken. Durch diese Faktoren verbessern sich bei manchen Patienten auch die Nervenschmerzen. Ebenfalls hat sich Weidenrinde-Tee bewährt.
  • Wechselbäder: Wechselbäder sollen gegen verschiedene, gesundheitliche Beschwerden helfen und auch allgemein das Immunsystem stärken. Auch als Hausmittel gegen Nervenschmerzen können sie wirksam sein. Wenn Sie den Wechsel zwischen kaltem und warmem Wasser im Wannenbad aber scheuen, ist der Wechsel zwischen Eisbeutel und Wärmeauflage eine mögliche Alternative. Legen Sie dafür zunächst einen Eisbeutel auf die schmerzende Stelle und belassen ihn dort für einige Minuten, anschließend kommt ein warmer Wickel oder ein Wärmekissen dorthin. Sie können dies mehrmals im Wechsel wiederholen.
  • Chili: Mit Schärfe gegen Nervenschmerzen - das gelingt dem in Chili- und Cayenne-Pfeffer enthaltenem Wirkstoff Capsaicin. Während er Ihrem Essen die nötige Würze verleiht, wirkt er beispielsweise in Salbenform oder als Schmerzpflaster wärmend, schmerzlindernd, durchblutungsfördernd und anregend für die betroffenen Nerven. Die Wirkung beruht auf der Desensibilisierung der Nervenrezeptoren.
  • Johanniskraut: Vor allem, wenn Sie an Nervenschmerzen im Rückenbereich leiden, vermag Ihnen ein Öl aus Johanniskraut Linderung verschaffen. Genießen Sie die wohltuende Massage, die eine andere Person vornehmen sollte, damit alle Bereiche des Rückens „erfasst“ werden. Auch für die innere Anwendung eignet sich Johanniskraut, etwa als Tee oder in Tablettenform. Es wirkt entzündungshemmend und ist daher als Hausmittel gegen eine Nervenentzündung beliebt. Auch aufgrund seiner beruhigenden Eigenschaften kann es in der Schmerztherapie und bei durch die Schmerzen bedingten Depressionen helfen.
  • Pfefferminzöl: Herrlich kühlend wirkt Pfefferminzöl, das als Bestandteil von Massageölen Verwendung findet. Die Nervenschmerzen werden durch den kühlenden und krampflösenden Effekt oft reduziert oder im besten Fall gänzlich beseitigt. Wenn Sie auf Kälteanwendungen ansprechen, ist Pfefferminzöl in der Nervenschmerzen-Therapie auf jeden Fall einen Versuch wert.
  • Olivenöl: Oleocanthal in Olivenöl wirkt entzündungshemmend und blutverdünnend, was sich positiv bei einer Nervenentzündung und damit verbundenen Nervenschmerzen auswirken kann.

Weitere wichtige Hinweise

  • Wichtig bei der Anwendung, egal ob mit Wärme oder Kälte, ist, bei Temperatur und Dauer nicht zu übertreiben. Viele Patient*innen neigen dazu, die Haut zu lang extremer Wärme bzw. Kälte auszusetzen. Dies kann im schlimmsten Fall Verbrennungen, Unterkühlungen und somit Schädigungen der Haut mit sich bringen. Um dies zu verhindern, sollten Eisbeutel oder Wärmekissen niemals direkt auf der zu behandelnden Hautstelle platziert werden.
  • Beachten Sie, dass Johanniskraut die Wirkung gewisser Medikamente (zum Beispiel der Antibabypille) abschwächen oder sogar gänzlich aufheben kann. Außerdem müssen Sie darauf achten, dass Johanniskraut die Empfindlichkeit der Haut gegenüber dem Sonnenlicht verstärken kann.
  • Achten Sie darauf, dass Sie bei Nervenschmerzen frühzeitig einen Arzt aufsuchen. Dieser kann Ihnen einen individuellen Behandlungsplan erstellen und/oder für den Anfang eine wirksame Medikation verschreiben.

Bewegung bei Nervenschmerzen

Bewegung kann helfen, um die Symptome zu lindern. Beispielsweise können Sie diese Übung bei Nervenschmerzen im Rückenbereich ausprobieren: Legen Sie sich auf den Rücken und stützen Sie die Arme neben dem Oberkörper ab. Mit dem Einatmen bewegen Sie das linke Knie nach oben, verschränken die Hände unterhalb des Oberschenkels und ziehen das Bein zu sich (in Brustrichtung). Halten Sie die Position einige Sekunden lang und senken Sie das Bein sanft wieder ab. Anschließend tauschen Sie die Seite. Das jeweils andere Bein bleibt durchgehend flach auf dem Boden liegen. Atmen Sie während der Übung bewusst tief ein und wiederholen Sie sie pro Bein mindestens dreimal.

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Wärme oder Kälte? Ärztlichen Rat einholen

Wenn Sie sich nicht sicher sind, woher Ihr Schmerz kommt und ob Kälte oder Wärme ihn besser bekämpft, dann zögern Sie nicht, ärztliche Hilfe einzuholen. Dies gilt unbedingt auch für den Fall, dass sich Ihre Beschwerden trotz Thermotherapie nicht bessern oder über Tage hinweg bestehen bleiben. Möglicherweise steckt eine Ursache dahinter, die ärztlicher Behandlung bedarf oder verschreibungspflichtige Medikamentierung erfordert. So oder so gilt: Sie müssen nicht unnötig Schmerzen aushalten, die Chancen auf Abhilfe stehen gut!

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