Parkinson-Syndrom: Ursachen, Symptome und Therapie

Die Parkinson-Krankheit, auch Morbus Parkinson, idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS) oder umgangssprachlich Schüttelkrankheit genannt, ist eine unheilbare neurodegenerative Erkrankung des extrapyramidal-motorischen Systems. Sie entsteht durch einen langsam fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn, insbesondere der dopaminproduzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra, einer Struktur im Mittelhirn. Die Erkrankung wurde erstmals 1817 vom englischen Arzt James Parkinson in der Monographie "An Essay on the Shaking Palsy" beschrieben.

Ursachen des Parkinson-Syndroms

Die Ursachen des idiopathischen Parkinson-Syndroms (IPS) sind bis heute nicht vollständig verstanden. Es wird von einer multifaktoriellen Genese ausgegangen, bei der Umweltfaktoren, Verhaltenseinflüsse und der genetische Hintergrund eine Rolle spielen. Die Forschung hat gezeigt, dass es sich beim Morbus Parkinson (MP) nicht um eine einheitliche Erkrankung handelt, sondern um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit unterschiedlichen klinischen und pathologischen Ausprägungen (PARK1 bis PARK13).

Genetische Faktoren

Monogene Formen des Morbus Parkinson sind für etwa fünf bis zehn Prozent aller Patienten mit Morbus Parkinson verantwortlich. Mutationen in den Genen PARKIN, PINK1 und DJ-1 wurden als Ursache für die früh auftretende, autosomal rezessive Parkinson-Krankheit identifiziert. Mutationen im LRRK2-Gen werden mit autosomal-dominanter Parkinson-Krankheit mit unvollständiger Penetranz in Verbindung gebracht. Veränderungen in regulatorischen Regionen des SNCA-Gens könnten auch mit einem höheren Risiko für die Entwicklung des Morbus Parkinson einhergehen.

Umweltfaktoren und Neurotoxine

Als externe Auslöser von Parkinson werden bestimmte Giftstoffe, sogenannte Neurotoxine, die die Substantia nigra schädigen, erwogen. Ein bekanntes Beispiel ist MPTP (1-Methyl-4-phenyl-1,2,5,6-tetrahydropyridin), das in den 1980er Jahren bei Drogenabhängigen nach intravenösem Konsum von verunreinigtem Pethidin parkinsonähnliche Symptome auslöste. Auch das Herbizid Paraquat und das Insektizid Rotenon stehen im Verdacht, Parkinson-Syndrome zu verursachen. Studien legen zudem einen Zusammenhang zwischen der Exposition mit Entfettungs- und Reinigungsmitteln auf Basis von Trichlorethen und Tetrachlorethen und der Parkinson-Erkrankung nahe.

Weitere Risikofaktoren

Metallexposition wird als möglicher umweltbedingter Risikofaktor für die Parkinson-Krankheit vermutet. Octenol, ein natürliches Stoffwechselprodukt u. a. von Schimmelpilzen, verursacht in Drosophila und in menschlichen Zelllinien nachweislich eine Störung des Dopamingleichgewichts. Psychostimulanzien vom Amphetamintyp, etwa Methamphetamin (Crystal Meth), begünstigen das Parkinson-Risiko.

Lesen Sie auch: Parkinson-Medikamente: Was Sie beachten müssen

Dual-Hit-Hypothese und Vagusnerv

Die sogenannte Dual-Hit-Hypothese geht von einem möglicherweise viralen Erreger aus, der das Gehirn von der Nase oder dem Magen aus über den Vagusnerv infiziert und eine mit Lewy-Körperchen assoziierte Parkinson-Form hervorruft. Eine Kohortenstudie aus dem Jahr 2015 bestätigte diese Hypothese teilweise: Die Durchtrennung der zum Magen führenden Abzweige des Vagusnervs (Vagotomie) führte zu einer geringeren Parkinson-Erkrankungsrate. Im Tiermodell konnte nachgewiesen werden, dass in die Dünndarmmuskulatur injizierte Alpha-Synuclein-Proteine über den Vagusnerv ins Gehirn gelangen und dort den Verlust von Dopamin produzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra bewirken.

Symptome des Parkinson-Syndroms

Die Symptome der Parkinson-Erkrankung sind vielfältig und können individuell unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Sie beginnen meist schleichend und verstärken sich im Laufe der Zeit. Die aktuellen Definition des Parkinson-Syndroms (genannt auch Parkinsonismus) fordert, dass das Kardinalsymptom Bradykinese oder Akinese mit wenigstens einem der anderen Symptome (Rigor, Tremor oder posturale Instabilität) in Kombination auftritt.

Motorische Kardinalsymptome

  • Bradykinese/Hypokinese/Akinese: Verlangsamung der Bewegungsgeschwindigkeit, verminderte Bewegungsamplitude und gestörte Bewegungsinitiation. Dies betrifft alle Bewegungsabläufe und führt zu einem schlurfenden Gangbild, einer leisen Sprache (Dysarthrophonie), nachlassender manueller Geschicklichkeit und einer starren, maskenhaften Mimik (Hypomimie).
  • (wächserne) Muskelstarre (Rigor): Erhöhung des Muskeltonus, die zu Muskelsteifheit und Schmerzen führen kann. Bei passiver Bewegung der Gelenke kann das sogenannte Zahnradphänomen auftreten.
  • Ruhetremor: Ein relativ langsames Zittern (Antagonistentremor - vier bis sechs Schläge pro Sekunde), das bei aktiver Bewegung abnimmt. Es ist typisch für das idiopathische Parkinson-Syndrom (75 %) und weniger typisch für atypische Parkinson-Syndrome (25 %), auch der Tremor ist einseitig betont.
  • Posturale Instabilität: Verminderte Stabilität beim Aufrechthalten des Körpers durch eine Störung der Stellreflexe. Dies führt zu Gang- und Standunsicherheit sowie Fallangst.

Weitere Symptome

Neben den motorischen Kardinalsymptomen können auch eine Reihe weiterer Symptome auftreten, darunter:

  • Vegetative Störungen: Kreislaufregulationsstörungen (orthostatische Hypotonie), Blasenfunktionsstörungen, Störungen der Darmfunktion (Verstopfung oder Durchfall), Temperaturregulationsstörungen (verminderte Hitzetoleranz).
  • Psychische Veränderungen: Depressionen, Angstzustände, Verlangsamung der Denkabläufe (Bradyphrenie), Störung der Einschätzung von Entfernungen und Geschwindigkeiten (visuospatiale Aufmerksamkeit), Sinnestäuschungen (Halluzinationen), Demenz (Parkinson-Demenz).
  • Schlafstörungen: REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD).
  • Riechstörungen (Hyposmien)
  • Dermatologische Probleme: vermehrte Talgsekretion

Frühsymptome

Den motorischen Kardinalsymptomen geht meist eine Prodromalphase mit unklaren Beschwerden voraus. Typische Frühsymptome von Parkinson sind:

  • REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD): Störung der physiologisch bewegungsarmen Traumschlafphase durch atypische Bewegungsmuster.
  • Riechstörungen: Verminderte Fähigkeit, Gerüche wahrzunehmen.
  • Stimmungsschwankungen: Reizbarkeit, Ruhelosigkeit, erhöhte Angst- und Depressionsneigung.
  • Obstipation: Verstopfung.

Gangstörungen

Gangstörungen sind ein häufiges Leitsymptom bei älteren Patienten mit Parkinson. Sie können verschiedene Ursachen haben, darunter sensorische Defizite, neurodegenerative Prozesse und Angst. Typische Gangmuster bei Parkinson sind:

Lesen Sie auch: Die Stadien der Parkinson-Krankheit erklärt

  • Hypokinetischer Gang: Kleine, schlurfende Schritte, verminderte Armpendelbewegung.
  • Festina Gang: Beschleunigung des Gangs mit zunehmender Schwierigkeit, anzuhalten.
  • Freezing of Gait: Plötzliches "Einfrieren" der Bewegung, insbesondere beim Starten, Wenden oder Passieren enger Stellen.

Diagnose des Parkinson-Syndroms

Die Diagnose des Parkinson-Syndroms basiert auf dem Ergebnis der klinisch-neurologischen Untersuchung durch einen Arzt mit Expertise im Bereich der Bewegungsstörungen, meist ein Facharzt für Neurologie. Die diagnostischen Kriterien umfassen das Vorhandensein von Bradykinese in Kombination mit mindestens einem der folgenden Symptome: Rigor, Tremor oder posturale Instabilität.

Zusätzliche Untersuchungen

Zusätzlich zur klinischen Untersuchung können verschiedene apparative Untersuchungen durchgeführt werden, um die Diagnose zu unterstützen und andere Erkrankungen auszuschließen:

  • L-Dopa-Test: Gabe von L-Dopa, einem Medikament, das im Gehirn in Dopamin umgewandelt wird. Eine deutliche Verbesserung der Symptome nach der Einnahme von L-Dopa spricht für ein Parkinson-Syndrom.
  • Bildgebende Verfahren: Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.
  • Funktionelle Bildgebung: Szintigraphie mit 123I-Metaiodobenzylguanidin (MIBG), um die Funktion des autonomen Nervensystems zu beurteilen und zwischen idiopathischem Parkinson-Syndrom und Multisystematrophie zu unterscheiden.
  • Geruchstest: Überprüfung des Geruchssinns, da eine verminderte Geruchswahrnehmung ein frühes Anzeichen für Parkinson sein kann.

Therapie des Parkinson-Syndroms

Es gibt bis heute keine Möglichkeit einer ursächlichen Behandlung des Parkinson-Syndroms, die in einem Verhindern der fortschreitenden Degeneration der Nervenzellen des nigrostriatalen Systems bestünde. Daher konzentriert sich die Parkinson-Therapie auf eine Behandlung der Symptome. Mit einem Fortschreiten der Krankheit werden häufig mehrere Medikamente kombiniert, die in immer kürzeren Abständen eingenommen werden müssen, um eine ausreichende Wirksamkeit zu erzielen und Wirkschwankungen zu vermeiden.

Medikamentöse Therapie

  • L-Dopa: Ein Prodrug, das im Gehirn in Dopamin umgewandelt wird und den Dopaminmangel ausgleicht. L-Dopa ist das wirksamste Medikament zur Behandlung der motorischen Symptome von Parkinson.
  • Dopaminagonisten: Medikamente, die an den Dopaminrezeptoren im Gehirn wirken und diese stimulieren. Sie können als Ergänzung oder Alternative zu L-Dopa eingesetzt werden.
  • MAO-B-Hemmer: Medikamente, die den Abbau von Dopamin im Gehirn hemmen und so die Dopaminkonzentration erhöhen.
  • COMT-Hemmer: Medikamente, die den Abbau von L-Dopa im Körper hemmen und so die Verfügbarkeit von Dopamin im Gehirn erhöhen.
  • Anticholinergika: Medikamente, die die Wirkung von Acetylcholin im Gehirn reduzieren und so den Tremor lindern können.
  • Amantadin: Ein Medikament, das die Freisetzung von Dopamin im Gehirn fördert und die Wirkung von Glutamat reduziert.

Nicht-medikamentöse Therapie

Zusätzlich zur medikamentösen Therapie können verschiedene nicht-medikamentöse Maßnahmen eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern:

  • Physiotherapie: Verbesserung der Beweglichkeit, Kraft und Koordination.
  • Ergotherapie: Anpassung des Wohnumfelds und Erlernen von Strategien zur Bewältigung von Alltagsproblemen.
  • Logopädie: Verbesserung der Sprachverständlichkeit und Schluckfunktion.
  • Psychotherapie: Behandlung von Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Problemen.
  • Tiefe Hirnstimulation (THS): Ein neurochirurgischer Eingriff, bei dem Elektroden in bestimmte Hirnregionen implantiert werden, um die Aktivität dieser Regionen zu modulieren. Die THS kann die motorischen Symptome von Parkinson deutlich verbessern.

Behandlung von Begleitsymptomen

Neben der Behandlung der motorischen Symptome ist es wichtig, auch die Begleitsymptome von Parkinson zu behandeln, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Dazu gehören:

Lesen Sie auch: Überblick zur Dopamin-Erhöhung bei Parkinson

  • Orthostatische Hypotonie: Erhöhung der Flüssigkeits- und Salzzufuhr, Tragen von Kompressionsstrümpfen, Medikamente zur Erhöhung des Blutdrucks.
  • Verstopfung: Ballaststoffreiche Ernährung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Bewegung, Medikamente zur Förderung der Darmtätigkeit.
  • Schlafstörungen: Schlafhygiene, Medikamente zur Verbesserung des Schlafs.
  • Depressionen: Antidepressiva, Psychotherapie.
  • Demenz: Medikamente zur Verbesserung der kognitiven Funktion, unterstützende Maßnahmen für Patienten und Angehörige.

tags: #Parkinson #extrapyramidale #Störungen #Ursachen #Symptome #Therapie