Parkinson-Früherkennung und Erblichkeit: Ein umfassender Überblick

Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die weltweit Millionen Menschen betrifft. In Deutschland sind etwa 400.000 Menschen an Parkinson erkrankt, während es weltweit 6,1 Millionen sind. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Parkinson-Krankheit, insbesondere die Früherkennung, die Rolle der Erblichkeit und die neuesten Fortschritte in der Forschung und Therapie. Die Autorin dieses Artikels ist Dr. med.

Was ist die Parkinson-Krankheit?

Die Parkinson-Krankheit ist durch den Verlust von Nervenzellen in einem bestimmten Bereich des Gehirns gekennzeichnet, insbesondere in der Substantia nigra. Dies führt zu einem Mangel an Dopamin, einem Neurotransmitter, der für die Übertragung von Nervenimpulsen verantwortlich ist. Der Dopaminmangel führt zu den typischen motorischen Symptomen der Parkinson-Krankheit.

Hauptsymptome der Parkinson-Krankheit

Die Parkinson-Krankheit manifestiert sich durch eine Reihe von motorischen und nicht-motorischen Symptomen. Die charakteristischen motorischen Symptome umfassen:

  • Bradykinese (verlangsamte Bewegung): Dies ist eine der Hauptmanifestationen der Parkinson-Krankheit. Betroffene zeigen eine deutliche Verlangsamung der Bewegungen, was sich in kleinen Schritten beim Gehen, einer reduzierten Mimik und einer kleineren Handschrift äußern kann.
  • Tremor (Zittern): Viele Menschen verbinden Parkinson hauptsächlich mit zitternden Händen. Dieses Zittern tritt meist in Ruhe auf und kann auch in den Beinen oder im Unterkiefer auftreten. Zu Beginn betrifft es oft nur eine Körperseite.
  • Rigor (Muskelsteifheit): Die Muskeln versteifen sich, was sich durch einen steifen Gang und eine eingefrorene Mimik bemerkbar macht. Dies kann die Beweglichkeit erheblich einschränken und zu einer vornübergebeugten Körperhaltung führen.
  • Gleichgewichtsstörungen: Im späteren Verlauf der Erkrankung können Gleichgewichtsstörungen auftreten, die das Sturzrisiko erhöhen.

Neben den motorischen Symptomen gibt es auch eine Reihe von nicht-motorischen Symptomen, die oft schon Jahre vor den motorischen Symptomen auftreten können:

  • Riechstörung: Ein charakteristisches Frühsymptom ist eine verminderte oder fehlende Geruchswahrnehmung (Hyposmie). Neun von zehn Patienten sind betroffen.
  • Schlafstörungen: Betroffene haben oft Ein- und Durchschlafprobleme, ungesteuerte Beinbewegungen und Krämpfe. Insbesondere die REM-Schlaf-Verhaltensstörung, bei der Betroffene im Schlaf sprechen, schreien oder sich ruckartig bewegen, ist ein frühes Anzeichen.
  • Verstopfung: Eine häufige Begleiterscheinung ist Verstopfung, da auch die Darmtätigkeit von den steifen Muskeln beeinträchtigt sein kann.
  • Blasenprobleme: Häufiger Harndrang ist ein weiteres typisches Symptom.
  • Kognitive Einschränkungen: Bereits am Anfang der Parkinson-Krankheit können leichte kognitive Einschränkungen bestehen, die sich im Verlauf verschlechtern können.
  • Psychische Probleme: Depressionen, Angststörungen und Demenz können als Begleiterkrankungen auftreten und die Lebensqualität stark beeinträchtigen.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen für das Absterben der Nervenzellen in der Substantia nigra sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Risikofaktoren, die das Auftreten der Parkinson-Krankheit beeinflussen können:

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  • Alter: Das Alter ist ein bekannter Risikofaktor, da die meisten Betroffenen bei der Diagnose über 60 Jahre alt sind.
  • Genetische Faktoren: Es gibt mehrere Gene, die das Risiko einer Parkinson-Erkrankung erhöhen können. Mutationen in Genen wie GBA, LRRK2, PRKN (Parkin) oder SNCA können das Risiko deutlich erhöhen.
  • Umweltfaktoren: Pestizide, Lösungsmittel und polychlorierte Biphenyle (PCB) können ebenfalls eine Rolle spielen.
  • Kopftraumata: Häufige Kopfverletzungen oder Gehirnerschütterungen können das Parkinson-Risiko erhöhen.

Früherkennung der Parkinson-Krankheit

Die Früherkennung der Parkinson-Krankheit ist von großer Bedeutung, da eine frühzeitige Behandlung die Symptome lindern und den Krankheitsverlauf verlangsamen kann. Da die ersten Symptome oft unspezifisch sind, ist es wichtig, aufmerksam zu sein und bei Verdacht einen Arzt aufzusuchen.

Prämotorische Symptome

Die Parkinson-Krankheit kann schon Jahre oder Jahrzehnte vor den motorischen Symptomen durch nicht-motorische Symptome angekündigt werden. Diese prämotorischen Symptome umfassen:

  • Hyposmie (Geruchsstörung): Eine der häufigsten prämotorischen Symptome ist die Beeinträchtigung des Geruchssinns.
  • Chronische Obstipation (Verstopfung): Langanhaltende Verstopfung kann ein frühes Warnzeichen sein.
  • Depression: Psychische Veränderungen wie Depressionen können ebenfalls auftreten.
  • REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Diese Schlafstörung, bei der Betroffene im Schlaf lebhafte Träume ausleben und sich dabei bewegen oder sprechen, ist ein starker Indikator für eine mögliche Parkinson-Erkrankung.

Diagnostische Verfahren

Die Diagnose der Parkinson-Krankheit wird in erster Linie klinisch gestellt, basierend auf den charakteristischen Symptomen. Der Arzt achtet besonders auf Zittern, verlangsamte Bewegungen und Muskelsteifheit. Weitere diagnostische Verfahren können eingesetzt werden, um die Diagnose zu bestätigen oder andere Erkrankungen auszuschließen:

  • Körperliche Untersuchung: Der Neurologe prüft die motorischen Fähigkeiten und achtet auf typische Parkinson-Symptome.
  • Riechtest: Ein Riechtest kann durchgeführt werden, um eine Riechstörung festzustellen.
  • Ultraschalluntersuchung: Eine Ultraschalluntersuchung einer bestimmten Hirnregion (Substantia nigra) kann durchgeführt werden.
  • MRT (Magnetresonanztomographie): Ein MRT kann durchgeführt werden, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.
  • Dopamintransporter-Szintigrafie (FP-CIT-SPECT): Dieses Verfahren kann die Dichte der Dopamintransporter messen und hilft, ein Parkinson-Syndrom von anderen Erkrankungen zu unterscheiden.
  • MIBG-Szintigrafie: Diese Untersuchung kann eine reduzierte kardiale noradrenerge Innervation bei der Parkinson-Krankheit nachweisen.
  • FDG-PET: Die Untersuchung des zerebralen Glukosemetabolismus mittels FDG-PET ermöglicht die Differenzierung der Parkinson-Syndrome.

Genetische Diagnostik

In einigen Fällen kann eine genetische Testung sinnvoll sein, insbesondere wenn die Erkrankung in jungen Jahren auftritt oder mehrere Familienmitglieder betroffen sind. Derzeit sind etwa 13 Gene bekannt, in denen Mutationen zu einer Parkinson-Erkrankung führen können. Für deutschstämmige Patienten kommen aber fast nur zwei Gene infrage: LRRK2 und Parkin. Ein Gentest kann Klarheit verschaffen, ob eine vererbbare Form der Parkinson-Krankheit vorliegt.

Erblichkeit der Parkinson-Krankheit

Die Parkinson-Krankheit tritt meist sporadisch auf, das heißt, ohne erkennbaren Erbgang. Allerdings gibt es auch erbliche Formen der Parkinson-Krankheit, die etwa 5-10 % der Fälle ausmachen. Diese treten häufig bei jüngeren Patienten auf, und es sind weitere Familienmitglieder betroffen.

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Genetische Ursachen

Mutationen in verschiedenen Genen können das Risiko einer Parkinson-Erkrankung erhöhen. Zu den wichtigsten Genen gehören:

  • LRRK2: Mutationen in diesem Gen werden autosomal-dominant vererbt und beginnen meist im Alter von 50 bis 55 Jahren.
  • Parkin: Mutationen in diesem Gen werden autosomal-rezessiv vererbt und können zu einem frühen Krankheitsbeginn führen.
  • SNCA: Mutationen in diesem Gen sind selten, können aber zu einer frühen und aggressiven Form der Parkinson-Krankheit führen.
  • GBA: Heterozygote Mutationen in diesem Gen erhöhen das Erkrankungsrisiko um den Faktor 6.

Wann ist ein Gentest sinnvoll?

Ein Gentest ist sinnvoll, wenn:

  • Die Erkrankung vor dem 40. Lebensjahr auftritt.
  • Mehr als zwei Verwandte in direkter Linie ebenfalls an Parkinson erkrankt sind oder waren.
  • Der Verdacht auf eine familiäre Parkinson-Erkrankung vorliegt.

Ein Gentest kann helfen, Fehldiagnosen und langjährige Fehltherapien zu vermeiden. Zudem könnten Gentests in Zukunft dazu beitragen, dass Patienten mit einem bestimmten Gendefekt besser auf einzelne Therapeutika ansprechen.

Stammbaumanalyse

Bei Verdacht auf eine familiäre Erkrankung kann eine Stammbaumanalyse durchgeführt werden, um festzustellen, ob die Krankheit vererbt wird und ob es sich um einen dominanten oder rezessiven Erbgang handelt. Ein Hinweis auf einen Gendefekt kann auch das Alter sein: Je früher die Krankheit beginnt, desto wahrscheinlicher ist ein Gendefekt die Ursache.

Therapie der Parkinson-Krankheit

Obwohl es derzeit keine Heilung für die Parkinson-Krankheit gibt, gibt es verschiedene Therapieansätze, die die Symptome lindern und die Lebensqualität verbessern können. Die Therapie umfasst in der Regel eine Kombination aus medikamentösen und nicht-medikamentösen Behandlungen.

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Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie zielt darauf ab, den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen oder die Wirkung von Dopamin zu verstärken. Zu den wichtigsten Medikamenten gehören:

  • Levodopa: Levodopa ist eine Vorstufe von Dopamin und wird im Gehirn in Dopamin umgewandelt. Es verbessert die typischen Parkinson-Symptome wie Zittern, verlangsamte Bewegungen und Muskelsteifheit.
  • Dopaminagonisten: Dopaminagonisten sind Substanzen, die dem Botenstoff Dopamin ähneln und an die Dopamin-Rezeptoren binden. Sie wirken ähnlich wie Dopamin, haben aber eine längere Wirkdauer.
  • MAO-B-Hemmer: Monoaminooxidase-B-Hemmer (MAO-B-Hemmer) werden eingesetzt, um den Abbau von Dopamin im Gehirn zu stoppen. Sie helfen quasi, Dopamin zu recyclen, sodass der Körper es mehrfach verwenden kann.
  • COMT-Inhibitoren: COMT-Inhibitoren werden gegeben, um die Wirklücke bei Levodopa bis zur nächsten Gabe zu überbrücken.
  • Decarboxylasehemmer: Decarboxylasehemmer können mit Levodopa zusammen gegeben werden, um zu verhindern, dass Levodopa außerhalb des Gehirns in Dopamin umgewandelt wird.

Invasive therapeutische Verfahren

Bei fortgeschrittener Parkinson-Krankheit können invasive therapeutische Verfahren in Betracht gezogen werden:

  • Dopamin- oder Apomorphinpumpe: Bei der Dopaminpumpe wird flüssiges Medikament über eine Sonde in den Dünndarm geleitet. Bei der Apomorphinpumpe wird das Medikament über die Bauchhaut in das Unterhautfettgewebe verabreicht.
  • Tiefe Hirnstimulation: Bei der tiefen Hirnstimulation werden Elektroden in das Gehirn implantiert, die elektrische Impulse abgeben und so die Parkinson-Symptome unterdrücken.

Nicht-medikamentöse Therapie

Neben der medikamentösen Therapie spielen auch nicht-medikamentöse Therapien eine wichtige Rolle:

  • Physiotherapie: Physiotherapie hilft, die Beweglichkeit und Koordination zu verbessern.
  • Ergotherapie: Ergotherapie unterstützt Betroffene bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben.
  • Logopädie: Logopädie hilft bei Sprach- und Schluckstörungen.
  • Sport und Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität kann den Krankheitsverlauf verlangsamen und die Symptome lindern.
  • Ernährung: Eine gesunde, mediterrane Ernährung mit vielen Ballaststoffen und Polyphenolen kann das Fortschreiten der Erkrankung positiv beeinflussen.
  • Soziale Kontakte: Ein aktives Sozialleben mit vielen Kontakten und gemeinsamen Aktivitäten kann der Entwicklung einer Demenz entgegenwirken.

Neue Entwicklungen in der Therapie

Es gibt vielversprechende neue Entwicklungen in den Bereichen der Gentherapie und der Neuroimmunologie. Zielgerichtete Medikamente können entweder Gene ausschalten, die an der Entstehung von Parkinson beteiligt sind, oder Signalwege blockieren, die die typischen Parkinson-Symptome verursachen. Diese Therapien werden derzeit in klinischen Prüfungen getestet und sind noch nicht von der europäischen Arzneimittelbehörde zugelassen.

Forschung zur Parkinson-Krankheit

Die Forschung zur Parkinson-Krankheit ist sehr aktiv und zielt darauf ab, die Ursachen der Erkrankung besser zu verstehen, neue Biomarker zu identifizieren und neue Therapien zu entwickeln.

Aktuelle Forschungsprojekte

  • Ursachenforschung: Wissenschaftler suchen nach den Ursachen für das Nervenzellsterben bei Parkinson, sowohl bei der sporadischen als auch bei der erblichen Form der Erkrankung.
  • Rolle von Entzündungsprozessen: Die Rolle von Entzündungsprozessen bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Parkinson-Krankheit wird untersucht.
  • Genmutationen: Die Auswirkungen von Genmutationen auf die Entstehung der Parkinson-Krankheit werden erforscht.
  • Mitochondrien: Die Rolle geschädigter Mitochondrien, den "Kraftwerken der Zelle", bei der Krankheitsentstehung wird untersucht.
  • Biomarker: Die Suche nach Biomarkern, messbaren biologischen Merkmalen im Blut oder Nervenwasser, die eine Früherkennung von Parkinson ermöglichen und helfen, das Fortschreiten der Erkrankung besser im Auge zu behalten, ist ein wichtiges Forschungsziel.
  • Cytochrom P450-Proteine: Forscher untersuchen die Rolle der Cytochrom P450-Proteine, die wichtige Stoffwechselprozesse im Körper steuern, bei der Entstehung der Parkinson-Krankheit.
  • Alpha-Synuclein Seed Amplification Assay (SAA): Mit diesem neuen Test kann das Vorhandensein von fehlgefaltetem Alpha-Synuclein individuell mit einer hohen Genauigkeit gemessen werden.

Internationale Konsortien

Zahlreiche internationale Konsortien haben sich etabliert, um die unterschiedlichen genetischen Subtypen der Parkinson-Krankheit klinisch und biologisch besser zu beschreiben und zu stratifizieren. Zu diesen Konsortien gehören MDSGene, MJFF Global Genetics Parkinson’s Disease Cohort oder Global Parkinson’s Genetics Program (GP2) und MJFF PRKN-PINK1 Consortium.

Leben mit Parkinson

Die Diagnose Parkinson stellt Patienten und Angehörige zunächst vor viele Herausforderungen und Fragen. Es ist wichtig, sich umfassend zu informieren und Unterstützung zu suchen.

Umgang mit der Diagnose

  • Kommunikation: Die Kommunikation über die Erkrankung mit der Familie und dem Partner/der Partnerin ist wichtig.
  • Soziale Aktivitäten: Sportliche Betätigung, Reisen, Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und der Arbeit werden, je nach individueller Symptomatik, sogar ausdrücklich empfohlen.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann sehr hilfreich sein.
  • Psychologische Unterstützung: Bei Bedarf kann psychologische Unterstützung in Anspruch genommen werden, um mit den emotionalen Belastungen der Erkrankung umzugehen.

Was Patienten selbst tun können

  • Bewegung und Sport: Regelmäßige körperliche Aktivität kann den Krankheitsverlauf verlangsamen und die Symptome lindern.
  • Ernährung: Eine gesunde, mediterrane Ernährung mit vielen Ballaststoffen und Polyphenolen kann das Fortschreiten der Erkrankung positiv beeinflussen.
  • Schlaf: Ausreichend Schlaf ist wichtig für das Wohlbefinden und kann die Symptome lindern.
  • Soziale Kontakte: Ein aktives Sozialleben mit vielen Kontakten und gemeinsamen Aktivitäten kann der Entwicklung einer Demenz entgegenwirken.

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