Genetische Ursachen der Parkinson-Krankheit: Ein umfassender Überblick

Die Parkinson-Krankheit, auch bekannt als Morbus Parkinson, ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die weltweit Millionen von Menschen betrifft. Obwohl die genauen Ursachen von Parkinson noch nicht vollständig geklärt sind, spielen genetische Faktoren eine bedeutende Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Krankheit. Dieser Artikel beleuchtet die genetischen Ursachen von Parkinson, aktuelle Forschungsergebnisse und mögliche Therapieansätze.

Einführung in die Parkinson-Krankheit

Morbus Parkinson ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Weltweit sind etwa zehn Millionen Menschen betroffen, in Deutschland schätzungsweise 200.000. Die Krankheit manifestiert sich typischerweise im höheren Erwachsenenalter, wobei die meisten Betroffenen über 60 Jahre alt sind. Es gibt jedoch auch Fälle von frühem Beginn, bei denen die Symptome vor dem 50. Lebensjahr auftreten.

Die klinischen Hauptmerkmale des idiopathischen Morbus Parkinson umfassen:

  • Akinese und Rigor (akinetisch-rigide Bewegungsstörung)
  • Tremor (Ruhezittern)
  • Posturale Instabilität (reduzierte Stellreflexe)

Im Krankheitsverlauf können auch kognitive, emotionale und vegetative Veränderungen auftreten.

Genetische Grundlagen des Morbus Parkinson

Familiäre vs. sporadische Formen

Die Parkinson-Krankheit wird in zwei Hauptformen unterteilt:

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  • Sporadische Form: Die Mehrzahl der Parkinson-Fälle tritt ohne erkennbare Ursache auf und wird als idiopathisch oder sporadisch bezeichnet. Es wird angenommen, dass Umweltfaktoren und das Zusammenspiel verschiedener genetischer Risikofaktoren eine Rolle spielen.
  • Familiäre Form: Etwa 10 bis 15 Prozent der Parkinson-Erkrankungen sind genetisch bedingt und werden durch Mutationen in bestimmten Genen verursacht. Bei jungen Parkinson-Patienten liegt der Anteil genetisch bedingter Fälle sogar bei bis zu 25 Prozent.

Bekannte Parkinson-Gene

Bisher wurden mehrere Gene identifiziert, die mit der Entstehung der Parkinson-Krankheit in Verbindung stehen. Zu den wichtigsten gehören:

  • SNCA (Alpha-Synuclein): Mutationen in diesem Gen können zu einer autosomal-dominanten Form von Parkinson führen. Alpha-Synuclein ist ein Hauptbestandteil der Lewy-Körperchen, die für die Parkinson-Krankheit charakteristisch sind.
  • PARK2 (Parkin): Mutationen in diesem Gen verursachen eine autosomal-rezessive Form von früh einsetzendem Parkinsonismus. Das Parkin-Protein spielt eine Rolle im Ubiquitin-Proteasom-System, das für den Abbau von Proteinen verantwortlich ist.
  • LRRK2 (Leucine-Rich Repeat Kinase 2): Mutationen in diesem Gen sind die häufigste Ursache für autosomal-dominantes Parkinson-Syndrom. LRRK2 ist eine Kinase, die an verschiedenen zellulären Prozessen beteiligt ist.
  • GBA1 (Glucocerebrosidase): Mutationen in diesem Gen erhöhen das Risiko für die Entwicklung von Parkinson. GBA1 ist für den Abbau von Glucocerebrosid verantwortlich.
  • UCHL1 (Ubiquitin Carboxy-Terminal Hydrolase L1): Eine spezifische Mutation (Ile93Met) in diesem Gen wurde in einer Familie mit autosomal-dominantem Parkinson gefunden, scheint aber insgesamt selten zu sein.
  • PINK1 (PTEN-Induced Kinase 1): Mutationen in diesem Gen verursachen eine autosomal-rezessive Form von Parkinson. PINK1 ist an der mitochondrialen Qualitätskontrolle beteiligt.

Genomweite Assoziationsstudien (GWAS)

Genomweite Assoziationsstudien (GWAS) haben weitere genetische Risikofaktoren für die Parkinson-Krankheit identifiziert. Diese Studien vergleichen die Häufigkeit von genetischen Varianten (Polymorphismen) in einer Gruppe von Parkinson-Patienten mit der einer Kontrollgruppe. Auf diese Weise können Gene identifiziert werden, die mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko assoziiert sind.

Mitochondriale Genetik

Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass Mutationen im mitochondrialen Genom eine Rolle bei der Entstehung von Parkinson spielen können. Mitochondrien sind die "Kraftwerke" der Zelle und für die Energieproduktion verantwortlich. Störungen in der mitochondrialen Funktion können zu oxidativem Stress und Zelltod führen, was zur Pathogenese von Parkinson beitragen kann.

Aktuelle Forschungsergebnisse

Rolle der Cytochrom P450-Gene

Ein Forscherteam um Prof. Rita Bernhardt von der Universität des Saarlandes untersucht die Rolle der Cytochrom P450-Proteine bei der Entstehung von Parkinson. Cytochrom P450-Gene umfassen 57 Gene, die für die Produktion von Enzymen zuständig sind, die wichtige Stoffwechselprozesse im Körper steuern. Die Forscher fanden heraus, dass bei genetisch vorbelasteten Parkinson-Patienten zusätzliche Änderungen in Cytochrom P450-Genen zur Ausprägung der Erkrankung führen können. Insbesondere wurden P450-Gene identifiziert, die am Vitamin A- und Vitamin D-Stoffwechsel sowie am Cholesterinabbau im Gehirn beteiligt sind.

Neue genetische Risikofaktoren

Eine Studie unter der Leitung von Dr. Joanne Trinh von der Universität zu Lübeck identifizierte eine neue genetische Variante der RAB-GTPasen (RAB32 Ser71Arg) als Risikofaktor für Parkinson. Diese Variante erhöht die Aktivität des Enzyms LRRK2, was zu Störungen im Zelltransport, der Ansammlung von fehlgefalteten Proteinen und dem Tod von Dopamin-produzierenden Neuronen führt.

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Bedeutung von Strukturvarianten (SVs)

Eine genomweite Analyse von Strukturvarianten (SVs) bei der sporadischen Form von Parkinson identifizierte drei SVs in Form von Deletionen, die mit einem erhöhten Parkinson-Risiko assoziiert sind. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von SVs für das Erkrankungsrisiko bei Parkinson und legen nahe, diese auch bei künftigen Untersuchungen zur Genetik bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen zu berücksichtigen.

Alpha-Synuclein Seed Amplification Assay (SAA)

Ein neuer Test, der Alpha-Synuclein Seed Amplification Assay (SAA), ermöglicht es, das Vorhandensein von fehlgefaltetem Alpha-Synuclein individuell mit hoher Genauigkeit zu messen. Dieser Test ist ein Meilenstein für die Parkinson-Forschung und die Entwicklung neuer Therapien, da er eine frühe und genaue Diagnose ermöglichen könnte.

Therapeutische Ansätze

Ursachenspezifische Therapien

Das Verständnis der genetischen Ursachen von Parkinson eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung ursachenspezifischer Therapien. Kenntnisse über zelluläre Stoffwechselwege, die durch eine Mutation gestört sind, erlauben es, gezielt und kausal in den Krankheitsprozess einzugreifen. Derzeit laufen vielversprechende Phase-2-Studien mit Substanzen bei Patienten mit GBA- und mit LRRK2-Mutationen.

Präzisionsmedizin

Die Aufklärung genetischer Ursachen kann für Menschen mit Parkinson von großer Bedeutung sein, um den Verlauf abzuschätzen und personalisierte Therapieansätze zu entwickeln. Die Unterteilung der Patienten in verschiedene genetische Subtypen soll langfristig eine verbesserte Therapie ermöglichen. Je nachdem, welche Mutationen vorliegen, können daran angepasste Wirkstoffe zum Einsatz kommen.

Neue Klassifikation der Parkinson-Krankheit

Basierend auf neuen Forschungserkenntnissen arbeiten Forschende weltweit an einer neuen Klassifikation der Parkinson-Krankheit. Die neue Klassifikation soll auf rein biologischen Merkmalen basieren, wie dem Nachweis von Alpha-Synuclein, dem Nachweis von Neurodegeneration und dem Nachweis von genetischen Varianten.

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Herausforderungen und zukünftige Forschung

Trotz der Fortschritte in der genetischen Forschung gibt es noch viele Herausforderungen zu bewältigen. Es ist wichtig, die komplexen Wechselwirkungen zwischen genetischen und Umweltfaktoren besser zu verstehen. Zudem ist es notwendig, die Auswirkungen der verschiedenen Mutationen auf die Funktion der betroffenen Proteine und die Pathogenese der Parkinson-Krankheit genauer zu analysieren.

Zukünftige Forschung sollte sich auf die folgenden Bereiche konzentrieren:

  • Identifizierung weiterer genetischer Risikofaktoren
  • Entwicklung von Biomarkern für die Früherkennung und Diagnose von Parkinson
  • Entwicklung von ursachenspezifischen Therapien, die auf die genetischen Grundlagen der Krankheit abzielen
  • Durchführung von klinischen Studien, um die Wirksamkeit neuer Therapieansätze zu testen
  • Etablierung einer neuen, biologisch fundierten Klassifikation der Parkinson-Krankheit

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