Parkinson-Gesellschaft Kritik: Eine umfassende Analyse der Herausforderungen und Perspektiven

Die Parkinson-Krankheit betrifft in Deutschland laut der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) etwa 400.000 Menschen. Eine aktuelle Studie im Fachblatt "BMJ" prognostiziert einen deutlichen Anstieg der Krankheitsfälle weltweit, von 11,9 Millionen im Jahr 2021 auf mehr als das Doppelte bis 2050. Für Deutschland wird bis dahin ein Anstieg auf 574.000 Fälle erwartet. Trotz dieser Herausforderungen gibt es Fortschritte in der Forschung und Behandlung, aber auch Kritik an der Versorgung und den Strukturen der Parkinson-Selbsthilfe.

Fortschritte in Forschung und Behandlung

Mediziner sind zuversichtlich, die Parkinson-Krankheit in einem möglichst frühen Stadium diagnostizieren und behandeln zu können, was einer Heilung nahekommen würde. Johannes Levin, Leiter der Ambulanzen für kognitive Neurologie und Bewegungsstörungen an der Neurologischen Klinik der LMU, Campus Großhadern, betont die Fortschritte bei Immuntherapien, insbesondere bei Antikörpertherapien. Erste Ergebnisse deuten auf eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufs hin. Vielversprechend sind auch Substanzen, die die für Parkinson typischen Proteinverklumpungen im Gehirn auflösen können.

Franziska Hopfner, Neurologin am Klinikum Großhadern, ergänzt, dass man inzwischen mit hoher Genauigkeit aus dem Nervenwasser von Parkinson-Patienten feststellen kann, ob die Erkrankung vorliegt oder im Entstehen ist. Eine frühe Diagnose ist entscheidend, da Nervenzellen sich nicht neu bilden.

Eine weitere Post-hoc-Analyse der PASADENA-Studie deutet darauf hin, dass eine längere Gabe von Prasinezumab das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen könnte. Kathrin Brockmann, 3. Vorsitzende der DPG, betont jedoch, dass dies noch in placebokontrollierten Langzeitstudien bestätigt werden muss. Die PASADENA-Studie untersuchte die Wirkung von Prasinezumab, einem Alpha-Synuclein-Antikörper, auf die motorische Progression bei Morbus Parkinson. Die Ergebnisse zeigten, dass Prasinezumab möglicherweise eine längerfristige Wirkung hat.

Kritik an der Versorgung und dem Zugang zu Therapien

Manfred B. aus Herrsching, bei dem 2010 Parkinson diagnostiziert wurde, profitiert von einem Hirnschrittmacher (Tiefe Hirnstimulation, THS). Jan-Hinnerk Mehrkens, Neurochirurg am Klinikum Großhadern, kritisiert jedoch, dass immer noch zu wenige Patienten mit einem solchen Hirnschrittmacher versorgt werden, obwohl sie davon profitieren könnten. Er spricht von einer "chronischen Unterversorgung" und einer zu hohen "Hemmschwelle" für Patienten, spezialisierte Zentren aufzusuchen.

Lesen Sie auch: Parkinson-Medikamente: Was Sie beachten müssen

"Parklink", ein neues Netzwerk für mehr Kooperation aller Parkinson-Kliniken in Bayern, soll die Versorgung verbessern. Günter Höglinger, Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik des LMU-Klinikums, betont die Bedeutung dieses Netzwerks.

Berufskrankheit Parkinson und Pestizide

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) empfehlen, das Parkinson-Syndrom durch Pestizide als Berufskrankheit anzuerkennen. Ein entsprechendes Votum kommt auch vom ärztlichen Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB). Daniela Berg, Vizepräsidentin der DGN und Mitglied der DPG, begrüßt diese Empfehlung, da sie Betroffenen und ihren Familien medizinisch und finanziell helfen würde und die Notwendigkeit des Schutzes für exponierte Personen verdeutlicht.

Joseph Claßen, erster Vorsitzender der DPG, fordert, den Einsatz von Pestiziden unter dem Aspekt des Schutzes vor neurodegenerativen Erkrankungen auf das Notwendigste zu beschränken und verstärkt nach unschädlichen Ersatzstoffen zu suchen. DGN und DPG betonen, dass weitere Forschung nötig sei, um die Zusammenhänge von Pestiziden und Parkinson besser zu verstehen. Umweltfaktoren wie Pestizide und Feinstäube spielen eine wichtige Rolle bei der Verursachung der Parkinson-Krankheit, ebenso wie genetische Veränderungen und Lebensstilfaktoren.

Parkinson-Patienten mit beruflicher Exposition gegenüber Pestiziden sollten ihre Ärzte informieren, um gegebenenfalls eine Anzeige bei der Berufsgenossenschaft zu veranlassen. Die aktuellen Kriterien für eine entsprechende Berufskrankheit sind die Erfüllung eines Dosismaßes von mindestens 100 trendkorrigierten Anwendungstagen und das gesicherte Vorliegen einer Parkinson-Erkrankung.

Kritik an der Deutschen Parkinson Vereinigung (DPV)

Die Sulzbacher Aktionstage der Parkinson-Kranken wurden durch einen Organisationskonflikt überschattet. Es geht um den Interessenverband Deutsche Parkinson Vereinigung (DPV) mit 23.000 Mitgliedern. Vorwürfe sind zu hohe Personalkosten der Verwaltung, mangelnde Transparenz, ein zu enges Verhältnis zur Pharmaindustrie sowie undemokratische Strukturen.

Lesen Sie auch: Die Stadien der Parkinson-Krankheit erklärt

Brigitte Kämpf, eine Frankfurter Parkinson-Patientin, wurde aus dem Verband ausgeschlossen, nachdem sie kritische Worte über die Verbandsspitze geäußert hatte. Schwere Vorwürfe wurden gegen den langjährigen Geschäftsführer der DPV, Friedrich-Wilhelm Mehrhoff, erhoben, der über Jahre mehr als 1,8 Millionen Euro auf ein Schattenkonto geschafft haben soll.

Die DPV bewegt viel Geld, vor allem das Geld ihrer Mitglieder. Ein Viertel der Mitgliedsbeiträge fließt an die Regionalgruppen zurück. Es stellt sich die Frage, wie die DPV strukturiert ist und wie unabhängig sie zwischen den Bedürfnissen der schwerkranken Mitglieder und den verschiedenen Interessengruppen agiert.

Warnung vor unseriösen Stammzelltherapien

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) warnt anlässlich des Welt-Parkinson-Tages am 11. April vor unseriösen Stammzelltherapien. Patienten zahlten in der Vergangenheit viel Geld für Behandlungen mit ihren eigenen Knochenmarkzellen, die jedoch keinen klinischen Nutzen brachten.

Eine Nachuntersuchung von 17 Patienten mit Morbus Parkinson oder einer Multisystematrophie, die sich solchen Behandlungen unterzogen hatten, ergab keinen verbesserten klinischen Gesamteindruck. Die Patienten benötigten nicht weniger Medikamente als zuvor. Die DGN und die DPG hatten bereits im Juni 2009 vor den Behandlungsmethoden des XCell-Centers gewarnt, bevor die Firma geschlossen wurde.

Die DGN empfiehlt dringend, von derartigen Eingriffen Abstand zu nehmen, solange es keine überzeugenden Daten aus präklinischen und klinischen Studien gibt.

Lesen Sie auch: Überblick zur Dopamin-Erhöhung bei Parkinson

Ethische Fragen der Gentechnik und Stammzellforschung

Wolfgang Götz, Vorsitzender der Deutschen Parkinson-Vereinigung, äußert sich zu den ethischen Fragen der Gentechnik und Stammzellforschung. Er betont, dass die Ursache der Parkinson-Krankheit noch nicht bekannt ist und daher alle Versuche, durch Genmanipulationen Heilungen zu erzeugen, zu kurz gesprungen seien.

Die DPV ist im Prinzip gegen den Import von embryonalen Stammzellen und befürwortet die Forschung mit adulten Stammzellen. Götz betont, dass mit der Vereinigung von Eizelle und Samen das Leben beginnt und daher der Schutz einsetzt. Er sieht das Klonen von menschlichen Embryonen als Tabubruch und warnt davor, dass Wissenschaftler nicht alles tun sollten, was sie tun können.

Die DPV befürwortet eine breite Diskussion über die Grenzen der Forschung und eine internationale Zusammenarbeit, um gemeinsam getragene Entscheidungen zu treffen. Ein generelles Verbot der Forschung wäre aus ihrer Sicht der falsche Weg.

tags: #parkinson #gesellschaft #kritik