Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die vor allem das motorische System betrifft und durch den Verlust von Dopamin produzierenden Neuronen im Gehirn gekennzeichnet ist. Typische Symptome sind Zittern (Tremor), verlangsamte Bewegungen (Bradykinesie), Muskelsteifheit und Gleichgewichtsprobleme. Obwohl Parkinson unheilbar ist, können verschiedene therapeutische Maßnahmen, einschließlich gezielter Gymnastik und körperlicher Aktivität, die Symptome lindern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
Bedeutung von Bewegung und Gymnastik bei Parkinson
Regelmäßige körperliche Aktivität und spezielle Übungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung von Parkinson. Sie tragen dazu bei, die Beweglichkeit zu erhalten, Muskelsteifheit zu reduzieren und das Gleichgewicht zu verbessern. Bewegung hilft auch, die kardiovaskuläre Gesundheit zu fördern, das Energieniveau zu erhöhen und die psychische Verfassung zu stabilisieren. Studien haben gezeigt, dass Bewegung die Symptome von Parkinson reduzieren kann.
Frühzeitiger Beginn
Bewegung und Heilgymnastik sind nicht erst sinnvoll, wenn deutliche Beeinträchtigungen auftreten. Es ist ratsam, so früh wie möglich mit leichten Übungen zur Verbesserung der Körperhaltung und regelmäßigen Spaziergängen zu beginnen.
Spezielle Therapieansätze
BIG-Therapie
Eine speziell für Parkinson-Patienten entwickelte Bewegungstherapie ist die BIG-Therapie. Diese Therapie zielt darauf ab, dass Patienten bewusst große Bewegungen ausführen. Parkinson-Patienten nehmen ihre Bewegungen oft kleiner wahr, als sie tatsächlich sind. Durch intensives Training in Einzel- oder Gruppentherapie über drei Wochen lernen sie, wieder größere Bewegungen auszuführen.
Formen der Physiotherapie und geeignete Sportarten
Grundsätzlich sind verschiedene Formen der Physiotherapie für Parkinson-Patienten geeignet. Nordic Walking, Taiji, Qigong, Gymnastik oder Yoga können beispielsweise helfen, die Beweglichkeit zu verbessern, das Gangbild zu stabilisieren und das Gleichgewichtsgefühl zu stärken.
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Empfohlene Aktivitäten
- Schwimmen und Wassergymnastik: Fördern Beweglichkeit, Gleichgewicht, Kraft, Körperhaltung und Koordination.
- Wandern und Nordic Walking: Stärken die Muskulatur und fördern flüssige Bewegungsabläufe.
- Tanzen, Tai Chi und Yoga: Verbessern Koordination und Gleichgewicht und wirken Muskelsteifheit entgegen.
- Tischtennis: Erfreut sich bei Parkinson-Betroffenen wachsender Beliebtheit und bietet bundesweit lokale Gruppen.
Zu vermeidende Aktivitäten
Sportarten mit einem hohen Sturzrisiko, z.B. durch schnelle Drehbewegungen, sollten eher vermieden werden.
Individuelle Anpassung und ärztliche Beratung
Es ist wichtig, die sportlichen Aktivitäten und Übungen individuell an das Leistungsniveau und den Gesundheitszustand des Patienten anzupassen. Vor Beginn eines Trainingsprogramms sollte eine Beratung mit dem behandelnden Neurologen erfolgen. Der Arzt kann Empfehlungen zur Intensität, Häufigkeit und Art der Übungen geben.
Berücksichtigung von Begleiterkrankungen
Bestehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Beschwerden des Bewegungsapparates, sind diese bei der Belastung und der Auswahl der sportlichen Aktivitäten zu berücksichtigen.
Übungen für Zuhause
Die folgenden Übungen können zu Hause durchgeführt werden, um die Beweglichkeit zu fördern und die Symptome von Parkinson zu lindern. Es ist ratsam, vor Beginn der Übungen Aufwärmübungen durchzuführen, um den Körper optimal vorzubereiten.
Übungen in Rückenlage
- Knieabsenken: Auf den Rücken legen, Arme ausstrecken, beide Beine anwinkeln und mit geschlossenen Knien abwechselnd links und rechts zum Boden absenken (je 6 - 8 mal).
- Fersen- und Fußspitzenbewegung: Arme und Beine lang ausstrecken, linke Fußspitze hochziehen und gleichzeitig die Ferse vom Körper wegschieben (6 - 8 mal). Dann das gleiche mit dem rechten Bein (6 - 8 mal).
- Diagonale Dehnung: Wie vorherige Übung, mit linkem Bein beginnen, jetzt aber gleichzeitig den rechten Arm weit vom Kopf wegschieben (wie beim Räkeln) (6 - 8 mal). Dann das gleiche mit dem rechten Bein und dem linken Arm (6 - 8 mal).
- Arme seitlich ablegen: Die gestreckten Beine leicht grätschen. Arme nach Oben zur Zimmerdecke strecken, die Hände falten und mit gestreckten Armen abwechselnd rechts und links auf den Boden legen (je 6 - 8 mal).
Übungen in Seitlage
- Beinschwingen: Auf die Seite legen, oberen Arm vor dem Körper aufstützen, den anderen Arm unter den Kopf. Unteres Bein anbeugen und mit dem oberen, gestreckten Bein vor- und zurückschwingen (6 - 8 mal). Dann auf die andere Seite legen, unteres Bein anbeugen und das obere Bein vor- und zurückschwingen (6 - 8 mal).
- Beinbeugen: Gleiche Position wie in vorheriger Übung einnehmen und abwechselnd rechtes und linkes Bein anbeugen und wieder ausstrecken (6 - 8 mal). Dann auf die andere Seite legen und die Übung wiederholen (6 - 8 mal).
- Schulterrotation: In der Seitenlage Arme und Beine ausstrecken und jetzt die obere Schulter nach hinten zurückdrehen und wieder hoch drehen. Das Becken bleibt in Seitenlage ( 6 - 8 mal). Dann auf die andere Seite legen und die Übung wiederholen (6 - 8 mal).
- Beckenrotation: Gleiche Position wie in vorheriger Übung einnehmen, beide Beine bleiben aber gestreckt aufeinander liegen. Jetzt das Becken nach vorne drehen und wieder in Seitenlage hochdrehen (6 - 8 mal). Seite wechseln und Übung wiederholen ( 6 - 8 mal).
Übungen im Sitzen
- Vorbeugen: Auf den vorderen Teil des Stuhles setzen, Hände auf die Oberschenkel legen und dann den gestreckten Oberkörper nach vorne neigen und wieder zurück (6 - 8 mal).
- Seitbeugen: Gleiche Position wie in vorheriger Übung einnehmen und abwechselnd den Oberkörper nach rechts und nach links bewegen (je 6 - 8 mal).
- Knieheben mit Oberkörperdrehung: Oberkörper nach rechts bewegen und gleichzeitig das linke Knie anheben. Dann Oberkörper nach links bewegen und gleichzeitig das rechte Knie anheben (6-8 mal).
- Knieheben mit Armschwingen: Wie in vorheriger Übung die Knie abwechselnd anheben. Aber die Arme schwingen gegenläufig mit (wie beim Wandern): linker Arm und rechtes Knie hoch und umgekehrt (6-8 mal).
- Armschwingen seitlich: Stellen Sie das linke und das rechte Bein etwas weiter nach rechts. Arme vor dem Körper nebeneinander ausstrecken und nun mit beiden Armen erst nach links und dann nach rechts schwingen (6-8 mal). Danach Beinposition ändern: Linkes und rechtes Bein jetzt etwas weiter nach links stellen. Beide Arme schwingen nun wieder nach rechts und nach links (6-8 mal).
- Bein dehnen: Mit geradem Rücken an die Stuhllehne anlehnen, den rechten Fuß auf die Stuhlkante setzen und das Bein mit den Armen umfassen. Den Rücken betont strechen. Dann das gleiche mit dem linken Bein (je 6-8 mal).
- Kopf neigen: Mit geradem Rücken an die Stuhllehne anlehnen. Mit der rechten Hand an der Sitzfläche festhalten. Mit dem linken Arm fassen Sie weit über den Kopf zum rechten Ohr und ziehen den Kopf sanft nach links. Dann Kopf wieder aufrichten. Und nun umgekehrt mit rechtem Arm über den Kopf greifen und Kopf sanft nach rechts ziehen (6-8 mal).
- Kopfnicken: Die Hände wieder auf de Oberschenkel, den Kopf langsam nach rechts drehen und jetzt mehrmals nicken. Und dann das gleiche zur linken Seite (je 6-8 mal).
Übungen im Stehen
Bei diesen Übungen ist es wichtig, sich an einer festen Griffstange, z. B. an einer Sprossenwand, festzuhalten. Alternativ kann man sich an der Türklinke oder einem anderen festen Griff festhalten.
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Wichtig: Tür vorher verschließen, damit sie sich während der Übungen nicht versehentlich öffnet.
- Beinschwingen seitlich: Seitlich zur Tür hinstellen. Mit rechter Hand an Türklinke/Griff festhalten. Auf den linken Bein stehen bleiben und rechtes Bein vor- und zurückschwingen (6-8 mal). Dann umdrehen, mit linker Hand festhalten. Und das rechte Bein vor- und zurückschwingen (6-8 mal).
- Beinschwingen mit Armbewegung: Nun kommt zur Übung 1 eine Armbewegung hinzu. Wenn das rechte Bein nach vorne schwingt, schwingt der linke freie Arm auch nach Vorne. Arm und Bein gleichzeitig vor- und zurückschwingen (6-8 mal).
- Beinschwingen zur anderen Seite: Drehen Sie sich jetzt zur anderen Seite und halten Sie mit der linken Hand die Türklinke fest. Auf dem rechten Bein stehen bleiben und linkes Bein vor- und zurückschwingen (6-8 mal). Danach die Armbewegungen hinzunehmen: linkes Bein und rechter Arm schwingen gleichzeitig vor und zurück (6-8 mal).
- Beckenstrecken: Mit dem Gesicht zur Tür hinstellen. Die Füße stehen mindestens hüftbreit auseinander. Mit beiden Händen die Türklinke festhalten. Becken nach hinten strecken.
Allgemeine Tipps und Empfehlungen
- Regelmäßigkeit: Planen Sie feste Termine für Ihre Übungen ein, um den inneren Schweinehund zu überwinden.
- Abwechslung: Variieren Sie die Übungen und Aktivitäten, um die Motivation aufrechtzuerhalten.
- Positive Verstärkung: Achten Sie auf positive Empfindungen und Freude während der Aktivität.
- Realistische Ziele: Vermeiden Sie Überforderung und setzen Sie sich realistische Ziele.
- Motivation: Motivation ist wichtig und nötig, aber eine Überforderung und zu große Ansprüche sind jedoch zu vermeiden. Eine reale Einschätzung der Leistungsfähigkeit ist erforderlich und grundsätzlich ist es empfehlenswert, deutlich unter der maximalen Leistungsgrenze zu bleiben.
- Häufigkeit: Allgemein geht man davon aus, dass zwei Mal pro Woche Übungseinheiten absolviert werden sollten. Die Dauer ist durchaus von dem individuellen Leistungsniveau abhängig und sollte wenn möglich 15 bis 60 Minuten andauern.
- Bewegungsbad: Insbesondere sind auch Trainingseinheiten im Bewegungsbad, also im warmen Wasser, sinnvoll. Die Muskulatur kann gelockert und der Wasserwiderstand kann auch zur Kräftigung der Muskulatur genutzt werden.
- Ergänzende Maßnahmen: Die Übungen dienen als Ergänzung, nicht aber als Ersatz für eine physiotherapeutisch angeleitete Behandlung.
Hilfsmittel
- Gymnastikball: Ein Ball mit einem Durchmesser von ca. 16 - 20 cm hat sich in der Physiotherapie bewährt.
- Gymnastikstab: Ein ca. 1 m langer Gymnastikstab ist für diese Art der Übungen gut geeignet.
- Gymnastikmatte: Für Bodenübungen ist eine weiche, rutschfeste Unterlage empfehlenswert.
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