Parkinson-Forschung: Heilung in Sicht?

Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die Millionen von Menschen weltweit betrifft. Bislang konzentrieren sich die Behandlungen auf die Linderung der Symptome, aber die Forschung sucht intensiv nach neuen krankheitsmodifizierenden Therapieansätzen. Dieser Artikel beleuchtet die neuesten Fortschritte in der Parkinson-Forschung und gibt einen Einblick in vielversprechende Therapieansätze.

Aktuelle Therapieansätze und Forschungsschwerpunkte

Die Parkinson-Krankheit ist eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems, die hauptsächlich die Bewegungsfähigkeit beeinträchtigt. Sie entsteht durch das Absterben von Nervenzellen in der Substantia nigra, einem Bereich des Gehirns, der für die Produktion des Botenstoffes Dopamin verantwortlich ist. Verlangsamte Bewegung, Zittern und steife Muskeln sind typische Symptome. Die Krankheit ist nicht heilbar, aber die Symptome können behandelt werden.

Im Bereich der medikamentösen Therapie stehen zwei Wirkstoff-Targets im Fokus: der GLP-1-Rezeptor und alpha-Synuclein. Die Aktivierung des GLP-1-Rezeptors könnte neuroprotektive Effekte haben, während die Aggregation von alpha-Synuclein mit der Pathogenese von Parkinson in Verbindung steht.

GLP-1-Rezeptoragonisten

Der GLP-1-Rezeptoragonist Exenatid hat in einer Phase-III-Studie keine signifikanten Vorteile hinsichtlich einer Krankheitsmodifikation bei Morbus Parkinson gezeigt. Frühere vielversprechende Daten hatten die Hoffnungen geweckt, dass Exenatid den Krankheitsfortschritt verlangsamen könnte. In der aktuellen Studie wurden 194 Teilnehmende mit einer Parkinson-Diagnose (25-80 Jahre, 71 % Männer), die bereits mit L-Dopa behandelt wurden, auf eine zusätzliche Behandlung mit Exenatid (n=97) oder Placebo (n=97) randomisiert. In der Exenatid-Gruppe kam es in der aktuellen Studie nach 96 Wochen zu einer Verschlechterung um 5,7 Punkte, in der Placebogruppe um 4,5 Punkte. Die Forschenden betonen, dass der GLP-1-Weg dennoch ein wichtiger Zielmechanismus bleibt.

Alpha-Synuclein-Antikörper

Anfang 2024 deutete eine Subgruppen-Analyse der PASADENA-Studie an, dass der alpha-Synuclein-Antikörper Prasinezumab für Betroffene mit schnellerem Krankheitsverlauf in der Frühphase der Erkrankung Vorteile bietet. Mit der PADOVA-Studie haben weitere Forschungsaktivitäten mit Prasinezumab als Zusatzbehandlung zur symptomatischen Standardtherapie begonnen. Aktuelle Analysen aus der open-label Extensionsphase der PASADENA-Studie deuteten darauf hin, dass eine längere Gabe von Prasinezumab über vier Jahre hinweg das Fortschreiten der Erkrankung bei allen behandelten Patientinnen und Patienten verlangsamen könnte. Die PADOVA-Studie hat kürzlich die Phase der Rekrutierung erfolgreich beendet und untersucht nun die Effekte von Prasinezumab (intravenös 1.500 mg alle 4 Wochen) als Zusatztherapie zur bestehenden symptomatischen Therapie bei Patientinnen und Patienten im frühen Stadium der Parkinson-Krankheit. Alle 586 Teilnehmenden (mittleres Alter 64,2 Jahre, 63,5 % männlich) waren bereits auf die Dopamin-Vorstufe Levodopa (74,2 %) oder MAO-B-Hemmer (25,8 %) eingestellt.

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Tiefe Hirnstimulation und Maschinelles Lernen

Mittels tiefer Hirnstimulation können elektrische Impulse die Wirkung des Dopamins nachahmen, wie Forschende der Charité - Universitätsmedizin Berlin jetzt zeigen konnten. In der Fachzeitschrift Brain beschreiben sie den Einfluss des Botenstoffes auf Hirnnetzwerke, die die Absicht einer Bewegung weiterleiten. Ziel ist es, die tiefe Hirnstimulation weiterzuentwickeln. Um das Verfahren noch wirkungsvoller und präziser zu gestalten, haben die Neurowissenschaftler:innen dort angesetzt, wo Bewegungen entstehen, und untersucht, wie sie im Gehirn vorbereitet werden. Bei Parkinson-Patient:innen, die sich einer neurochirurgischen Operation zur tiefen Hirnstimulation unterzogen hatten, haben sie Hirnsignale von Bewegung auslösenden Arealen der Hirnrinde und aus der Tiefe des Gehirns gemessen, während sie bewusste Bewegungen durchführten. Diese Hirnsignale haben sie anschließend über eine Gehirn-Computer-Schnittstelle und mit Methoden des Maschinellen Lernens ausgelesen. Bereits Sekunden vor der eigentlichen Aktion konnten die Forschenden die Absicht zu einer Bewegung entschlüsseln. Durch gezielte tiefe Hirnstimulation konnten sie den Effekt von Dopamin imitieren. Die Kommunikation im Hirnnetzwerk wurde schneller und die für Parkinson typische Bewegungsverzögerung verkürzte sich.

Weitere Forschungsansätze

Die Forschung zu Parkinson ist intensiv und vielfältig. Neben den bereits genannten Ansätzen gibt es weitere vielversprechende Forschungsbereiche:

  • Regenerative Medizin: Einsatz von Stammzellen, die in der Lage sind, sich in verschiedene Zellen verwandeln zu können.
  • Biomarker-Identifikation: Suche nach spezifischen biologischen Markern, die eine frühzeitige Diagnose ermöglichen.
  • Immuntherapien: In ersten klinischen Studien werden Immuntherapien mit Antikörpern getestet, die die Ablagerung des Proteins Alpha-Synuclein im Gehirn verhindern sollen.
  • Gentherapie: Aktuelle Ansätze der Gentherapie fördern die Produktion von Nervenwachstumsfaktoren in den betroffenen Gehirnbereichen, um das Nervensterben abzumildern.
  • Verständnis der Ursachen: Wissenschaftler untersuchen, wie genetische Faktoren und Umweltfaktoren zur Entstehung der Krankheit beitragen können.
  • Rolle von Mitochondrien: Forschende untersuchen die Rolle von geschädigten Mitochondrien bei der Krankheitsentstehung.
  • Protein-Ingenieurskunst: Forschende haben die Wirkungsweise eines Hemmstoffs des Enzyms USP30 durch die Herstellung chimärer Proteine aufgeklärt.

Bedeutung der Qualitätskontrolle von Mitochondrien

Geschädigte Mitochondrien spielen bei der Parkinson-Erkrankung eine zentrale Rolle. Verantwortlich für den Abbau solcher Mitochondrien sind Enzyme, die in der erblichen Variante von Parkinson krankhaft verändert sind. Das Enzym USP30 entfernt Ubiquitin-Markierungen defekter, für den Abbau bestimmter Mitochondrien. Ein neuer Hemmstoff des Enzyms gilt als vielversprechender Kandidat zur Behandlung von Parkinson und chronischer Niereninsuffizienz. Forschende des Max-Planck-Instituts für molekulare Physiologie haben die Wirkungsweise des Hemmstoffs durch die Herstellung chimärer Proteine aufgeklärt.

Früherkennung und Prävention

Die frühe Diagnostik ist eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung von Therapien, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen oder stoppen. In naher Zukunft könnten Laboruntersuchungen helfen, die für Parkinson typischen, fehlgefalteten Alpha-Synuclein-Proteine noch vor dem Ausbruch motorischer Symptome im Nervenwasser oder sogar im Blut nachzuweisen.

Hoffnung trotz Herausforderungen

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse bleiben die Forschenden zurückhaltend. Die Hauptlimitation vieler Studien ist das Fehlen einer echten Placebo-Kontrollgruppe. Die Umsetzung von Grundlagenerkenntnissen in neue Therapien ist ein zeitaufwändiger und kostenintensiver Prozess.

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Die Rolle der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) und der Parkinson Stiftung

Die Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) fördert die Erforschung der Parkinson-Krankheit und verbessert die Versorgung der Patientinnen und Patienten. Die Parkinson Stiftung engagiert sich in den Bereichen „Forschen. Informieren. Betroffenen helfen“. Sie fördert die Prävention und Früherkennung und unterstützt die Selbsthilfe von Betroffenen. Die Stiftung setzt sich im Austausch mit Wissenschaftler:innen weltweit für neue Therapien ein, die nicht nur Symptome lindern, sondern die Krankheit verlangsamen oder heilen können.

Leben mit Parkinson verbessern

Auch vermeintlich hoffnungslose Fälle können noch von einem Therapiewechsel profitieren. Eine Studie unter der Leitung von Forschenden am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) zeigt nun, dass auch vermeintlich hoffnungslose Fälle noch von einem Therapiewechsel profitieren können. Wenn eine fortgeschrittene Therapie nicht oder nicht mehr die erwünschte Wirkung zeigt, sollte man einen Therapiewechsel erwägen.

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