Die Polyneuropathie (PNP), eine generalisierte Erkrankung des peripheren Nervensystems, kann durch vielfältige Ursachen ausgelöst werden. Häufige Auslöser sind Diabetes mellitus und übermäßiger Alkoholkonsum. In manchen Fällen bleibt die Ursache der PNP jedoch unklar und wird als idiopathisch klassifiziert. Unabhängig von der Ursache spielt die Ernährung eine wichtige Rolle bei der Behandlung und Linderung der Symptome neuropathischer Schmerzen.
Die Rolle der Ernährung bei Polyneuropathie
Die Ernährung kann einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf und die Ausprägung der Polyneuropathie haben. Eine ausgewogene und gezielte Ernährung kann nicht nur die Symptome lindern, sondern auch die Nervenregeneration fördern und Entzündungsprozesse im Körper reduzieren. Es ist wichtig zu beachten, dass es nicht "die eine" Ernährung bei Polyneuropathie gibt, sondern vielmehr darum geht, individuelle Ernährungsfehler zu vermeiden und eine gesunde Lebensweise zu pflegen.
Ernährungsempfehlungen bei diabetischer Polyneuropathie
Bei Patienten mit diabetischer Polyneuropathie steht die frühzeitige Kontrolle der Stoffwechseleinstellung im Vordergrund. Durch eine Ernährungsumstellung kann die Progression der Neuropathie verlangsamt oder sogar verhindert werden.
Ballaststoffreiche Ernährung
Eine ballaststoffreiche Ernährung ist bei diabetischer Polyneuropathie von großer Bedeutung. Etwa die Hälfte des Energiebedarfs sollte durch Kohlenhydrate gedeckt werden, wobei auf einen niedrigen glykämischen Index geachtet werden sollte. Dies bedeutet, dass Vollkornprodukte, Nüsse, Obst und Gemüse einen hohen Anteil der Ernährung ausmachen sollten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine tägliche Aufnahme von mindestens 30 g Ballaststoffen. Um diese Menge zu erreichen, können beispielsweise drei Scheiben Vollkornbrot, drei Kartoffeln, drei Portionen Gemüse (z. B. 200 g Blumenkohl, eine Karotte, 100 g Blattsalat) und zwei Portionen Obst (z. B. ein Apfel, 150 g Beeren) verzehrt werden.
Die Bedeutung unlöslicher Ballaststoffe
Unlösliche Ballaststoffe können das Risiko für Typ-2-Diabetes und entzündliche Erkrankungen senken. Die Studie Optimal Fibre Trial for Diabetes Prevention (OptiFiT) untersuchte die Effekte unlöslicher Ballaststoffe zur Diabetesprävention. Die Interventionsgruppe nahm zweimal täglich über zwei Jahre ein Ballaststoffpräparat ein, das hauptsächlich auf Hafer basierte. Nach zwei Jahren zeigten sich positive Auswirkungen auf den Langzeitblutzucker HbA1c im Vergleich zu Placebo. Eine Post-hoc-Analyse wies zudem die Dosisabhängigkeit der positiven Effekte nach.
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Weitere Vorteile einer ballaststoffreichen Ernährung
Eine ballaststoffreiche Ernährung mit vielen Vollkornprodukten liefert zusätzlich Mineralstoffe, Vitamine und Proteine und fördert ein gesundes Darmmikrobiom. Darmbakterien verstoffwechseln langkettige Kohlenhydrate zu kurzkettigen Fettsäuren wie Butter- oder Propionsäure, die antiinflammatorische Eigenschaften aufweisen. Aktuelle Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Propionsäure Nervenzellen schützen und deren Regeneration unterstützen kann.
Weitere Ernährungsempfehlungen zur Linderung von PNP-Symptomen
Neben einer ballaststoffreichen Ernährung gibt es weitere Ernährungsstrategien, die zur Linderung von PNP-Symptomen beitragen können.
Zimt und Curcumin
Pflanzen wie Zimt und Pflanzeninhaltsstoffe wie Curcumin zeigen vorteilhafte Effekte bei Chemotherapie-induzierter Polyneuropathie (CIPN). Sie können vor Degeneration der Axone schützen, die endogene antioxidative Abwehr verbessern und die Apoptose von Nervenzellen regulieren. Cassia-Zimt (Chinesischer Zimt, Cinnamomum cassia) wird traditionell bei neurologischen Erkrankungen eingesetzt. Zimtaldehyd, der hauptsächlich im ätherischen Öl enthalten ist, reguliert iNOS, COX-2 und NF-KB bei neuroinflammatorischen Prozessen. Wässrige Extrakte von Zimtrinde und -zweigen zeigen analgetische Effekte. Coumarin aus C. cassia-Extrakten weist ebenfalls analgetische Effekte auf und kann Chemotherapie-induzierte Kälteallodynie lindern. Echter Zimt (Ceylon-Zimt, Cinnamomum verum) wird aufgrund seiner antidiabetischen Eigenschaften in der traditionellen Phytotherapie begleitend zum Diabetesmanagement eingesetzt.
Antioxidantien und B-Vitamine
Es gibt Hinweise zur Verbesserung der Symptome von diabetischer Neuropathie durch Antioxidantien wie α-Liponsäure. Auch Vitamin B12 scheint diabetische Neuropathie lindern zu können. Die Symptomlinderung durch Vitamin B1 ist ebenfalls signifikant. Vor Beginn einer Behandlung mit B-Vitaminen sollte jedoch eine Spiegelbestimmung erfolgen. Folsäure (Vitamin B9) spielt eine bedeutende Rolle bei elementaren zellulären Prozessen, inklusive der Nukleinsäurebiosynthese und dem Aminosäurestoffwechsel.
Omega-3-Fettsäuren
Omega-3-Fettsäuren zeigten bei Patienten, die eine Chemotherapie bekamen, einen präventiven Effekt. Die in Fischöl enthaltenen Docosahexaensäure sowie die Eicosapentaensäure nutzen hingegen mehr als die in vielen Pflanzenölen enthaltene Alpha-Linolensäure. Da man nicht täglich Fisch essen kann, aber eine tägliche Einnahme von Fischölen notwendig ist, um die Polyneuropathie zu bremsen, ist es am sinnvollsten, Fischölkapseln zu sich zu nehmen.
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Ernährungstipps für den Alltag bei Polyneuropathie
Neben den spezifischen Ernährungsempfehlungen gibt es einige allgemeine Tipps, die Patienten mit Polyneuropathie im Alltag beachten sollten.
Ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung
Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung sind für die Gesunderhaltung des gesamten Körpers wichtig - so auch für die Nerven. Durch eine vollwertige Kost werden die Nerven mit lebenswichtigen Nährstoffen und Energie versorgt; Bewegung fördert die Durchblutung und Sauerstoffversorgung. Zudem trägt eine gesunde Lebensweise entscheidend zur Prävention und Therapie von Stoffwechselstörungen wie dem Diabetes bei.
Vermeidung von Risikofaktoren
Rauchen erhöht das Risiko für Nervenschäden und kann bestehende Beschwerden verstärken. Ähnliches gilt auch für einen hohen Alkoholkonsum. Daher wird Patienten geraten, mit dem Rauchen aufzuhören und höchstens ab und zu Alkohol zu trinken.
Regelmäßige Fußkontrolle
Nervenschäden in den Beinen führen dazu, dass die Füße besonders anfällig für Verletzungen sind. Gleichzeitig können Betroffene ihre Füße aber nicht mehr richtig wahrnehmen, sodass zum Beispiel kleine Risse, Druckstellen oder Blasen oft lange Zeit unbemerkt bleiben und sich zu tiefen Geschwüren entwickeln können. Deshalb ist es wichtig, dass Sie Ihre Füße täglich kontrollieren - denn so können Sie Veränderungen, die rasch behandelt werden müssen, frühzeitig erkennen.
Aktiver Lebensstil
Trotz aller Einschränkungen, die eine Neuropathie mit sich bringen kann: Es ist wichtig, dass Sie aktiv bleiben und sich Ihre Lebensfreude bewahren. Genießen Sie die schönen Dinge im Leben, gehen Sie möglichst viel raus an die frische Luft und verbringen Sie Zeit mit den Menschen, die Ihnen am Herzen liegen - das macht nicht nur gute Laune, sondern trägt auch zur Linderung der Beschwerden in den Füßen bei.
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Lebensmittel, die bei Polyneuropathie empfehlenswert sind
Eine gezielte Lebensmittelauswahl kann die Symptome der Polyneuropathie positiv beeinflussen.
B-Vitamine
B-Vitamine, insbesondere B1, B6 und B12, sorgen für gesunde Nerven und deren Regeneration. Gute Quellen sind Hülsenfrüchte, Vollkornbrot, Weizenkeime, Rindfleisch und Hühnchen.
Antioxidantien
Antioxidantien wie Vitamin C und E, Alpha-Liponsäure, Zink, sekundäre Pflanzenstoffe wie Polyphenole und Beta-Carotin reduzieren oxidativen Stress, wirken protektiv und entzündungshemmend. Sie sind reichlich enthalten in Karotten, Tomaten, Spinat, Brokkoli, Vollkorngetreide, Hafer und fermentierten Lebensmitteln.
Omega-3-Fettsäuren
Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaensäure (EPA) und Alpha-Linolensäure unterstützen eine gesunde Nervenfunktion und sind entzündungshemmend. Fetter Fisch wie Lachs und Makrele, Nüsse, Lein- und Rapsöl sowie Avocados sind gute Quellen.
Lebensmittel, die bei Polyneuropathie vermieden werden sollten
Bestimmte Lebensmittel können die Beschwerden bei einer Polyneuropathie verstärken und das Fortschreiten der Erkrankung begünstigen.
Alkohol und Tabak
Alkohol und Tabak sollten vermieden werden, da sie ein Voranschreiten der Nervenschädigung fördern.
Zuckerhaltige Getränke und Weißmehlprodukte
Zuckerhaltige Getränke wie Cola und Limonaden sowie Weißmehlprodukte und Fertiggerichte können sich negativ auf die Erkrankung auswirken.
Weitere unterstützende Maßnahmen
Neben der Ernährung können auch andere Maßnahmen zur Linderung von Polyneuropathie-Symptomen beitragen.
Bewegungstherapie
Eine ausreichende Bewegung im Alltag und spezielle kräftigende Übungen können die Symptome einer Polyneuropathie lindern. Sensomotorisches Training verbessert das Gleichgewicht sowie die Gangsicherheit.
Schlaf
Ein gesunder und erholsamer Schlaf ist die Basis für unser Wohlbefinden. Gehen Sie jeden Tag - auch am Wochenende - ungefähr zur selben Zeit ins Bett, und stehen Sie auch immer zur selben Zeit auf. Schlafen Sie genug, aber auch nicht zu viel: Rund 8 Stunden im Bett sind für die meisten Menschen ausreichend.
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