Parkinson, MSA und Lebenserwartung: Ein umfassender Vergleich

Atypische Parkinson-Syndrome sind eine Gruppe von Erkrankungen, die für medizinische Laien oft unbekannt sind. Im Vergleich zur klassischen Parkinson-Krankheit verlaufen sie in der Regel schneller und schwerer. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Vergleich zwischen Parkinson, Multisystematrophie (MSA) und der damit verbundenen Lebenserwartung.

Was sind atypische Parkinson-Syndrome?

Atypische Parkinson-Syndrome umfassen eine Vielzahl ähnlicher Erkrankungen mit gemeinsamen Symptomen. Die Parkinson-Krankheit (Morbus Parkinson) gilt als „typisch“ und zeichnet sich durch die Symptomtrias Muskelsteifheit (Rigor), Zittern (Tremor) und Verlangsamung der willkürlichen Bewegungen (Bradykinese) aus. Atypische Parkinson-Syndrome weisen oft fehlendes Zittern auf, dafür treten andere neurologische Symptome hinzu. Ein gutes Ansprechen auf Dopaminersatz spricht für die Parkinson-Krankheit, während atypische Syndrome medikamentös weniger gut behandelbar sind.

Zu den atypischen Parkinson-Syndromen zählen:

  • Multisystematrophie (MSA): Eine Degeneration in mehreren Gehirnregionen, einschließlich des Kleinhirns, des autonomen Nervensystems und der Basalganglien.
  • Progressive supranukleäre Blickparese (PSP): Betrifft besonders das Mittelhirn und ist durch abnormale Ansammlungen des Tau-Eiweißes gekennzeichnet.
  • Kortikobasale Syndrome (CBS): Eine Kombination von kortikalen und basalganglionären Symptomen.
  • Diffuse Lewy-Körper-Erkrankung oder Lewy-Körper-Demenz (LBD): Bildung von Lewy-Körpern, die Eiweißablagerungen von alpha-Synuclein in Nervenzellen darstellen.
  • Sekundäre Parkinson-Syndrome: Parkinson bei subkortikaler vaskulärer Enzephalopathie und Normaldruckhydrozephalus.

Wie entstehen atypische Parkinson-Syndrome?

Ähnlich wie bei der Parkinson-Krankheit liegt atypischen Parkinson-Syndromen eine Schädigung oder Degeneration von Nervengewebe im Gehirn zugrunde. Bei der MSA ist die Degeneration in mehreren Gehirnregionen zu finden, während PSP besonders das Mittelhirn betrifft. Lewy-Körper-Demenz führt zur Bildung von Lewy-Körpern, die sich diffus über die Großhirnrinden verteilen. Sekundäre Parkinson-Syndrome entstehen durch bekannte innere oder äußere Einflüsse, wie Hirndurchblutungsstörungen, Stoffwechselstörungen, Medikamentennebenwirkungen oder Veränderungen der Druckverhältnisse in den Hirnräumen.

Symptome und Diagnose

Frühsymptome

Atypische Parkinson-Syndrome können sich durch Stürze, Gleichgewichtsprobleme, Kreislaufregulationsstörungen, ausgeprägte Blasenstörungen sowie kognitive Störungen und Demenz äußern. Diese Symptome können schon am Anfang der Erkrankung auftreten, im Gegensatz zur Parkinson-Krankheit, bei der sie erst im späteren Verlauf auftreten.

Diagnoseverfahren

Die Diagnose erfolgt durch Neurologen und basiert auf einer Kombination aus klinischer Untersuchung, Verlaufsbeobachtung und dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Untersuchungen wie Blutdruckmessungen im Liegen und nach dem Aufstehen sowie die Bestimmung der Restharnmenge können zur Diagnosefindung beitragen. Eine MRT-Untersuchung kann strukturelle Veränderungen im Gehirn zeigen, die typisch für bestimmte atypische Parkinson-Syndrome sind. Nuklearmedizinische Verfahren wie PET oder DaTSCAN können ebenfalls zur Diagnosefindung beitragen.

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Zur Diagnosestellung von atypischen Parkinson-Syndromen können folgende Untersuchungen hilfreich sein:

  • Nervenwasseruntersuchung
  • Kernspintomographie
  • Kardiovaskuläre Funktionstests: Kipptischuntersuchung zur Feststellung der orthostatischen Hypotonie.
  • Da-TSCAN®: Bestimmung der Dichte von Dopamintransportern im Gehirn.
  • 18F FDG PET: Darstellung des Gehirnstoffwechsels.
  • MIBG-Szintigraphie: Visualisierung der Aufnahme und Speicherung von Katecholaminen in kardialen Neuronen.

Verlauf und Prognose

Der Verlauf atypischer Parkinson-Syndrome ist oft schwerer und schneller voranschreitend als bei der klassischen Parkinson-Krankheit. Patienten sprechen weniger gut bis gar nicht auf Medikamente wie Levodopa an. Spezifische Verlaufsmerkmale finden sich je nach Syndrom. Bei der MSA zeigen Patienten oft Kreislaufregulationsstörungen, Harninkontinenz und eine Kombination aus Parkinson- und Kleinhirnstörungen. Bei der PSP sind Gleichgewichtsstörungen mit Stürzen, steife Körperhaltung, Blicklähmungen und kognitive Beeinträchtigungen typisch. Bei der LBD kommt es neben Parkinson-ähnlichen motorischen Symptomen zu visuellen Halluzinationen, räumlichen Orientierungsstörungen sowie ausgeprägten Fluktuationen der Wachheit.

Therapieansätze

Es gibt bis heute keine kausale medikamentöse Therapie, die die erkrankungsbedingten Veränderungen im Gehirn aufhält oder beseitigt. Die Therapie zielt darauf ab, Symptome zu lindern, den funktionellen Status zu halten und die Lebensqualität zu verbessern.

Medikamentöse Therapie

  • Levodopa: Kann bei einigen Patienten die motorischen Symptome verbessern, jedoch lässt die Wirkung oft im Verlauf nach.
  • Medikamente zur Behandlung der Kreislaufprobleme: Midodrin kann helfen, den Blutdruck aufrechtzuerhalten.
  • Medikamente zur Kontrolle der Blasenfunktion: Bei Harninkontinenz und Blasenproblemen.
  • Antidepressiva: Bei depressiven Verstimmungen oder Angstzuständen.
  • Acetylcholinesterase-Hemmer: Bei Lewy-Körper-Demenz zur Behandlung von kognitiven Symptomen und Halluzinationen.
  • Botulinumtoxin: Bei Dystonien und Schwierigkeiten, die Augenlider offen zu halten.

Nicht-medikamentöse Therapie

  • Physiotherapie: Zur Verbesserung von Mobilität, Gleichgewicht und Kraft.
  • Ergotherapie: Zur Unterstützung bei alltäglichen Aktivitäten und Anpassung des häuslichen Umfelds.
  • Logopädie: Zur Verbesserung der Sprachverständlichkeit und Schlucktechniken.
  • Gesunde Ernährung: Zur Linderung bestimmter Symptome und Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens.
  • Urotherapie und Kontinenzberatung: Besonders wertvoll bei MSA.

Die Rolle von Selbsthilfegruppen und Fachkliniken

Parkinson-Fachkliniken, die eine multimodale Komplexbehandlung anbieten, spielen eine besondere Rolle in der Versorgung. Sie sind spezialisiert auf eine ganzheitliche und multidisziplinäre Betreuung durch Mitarbeitende der Neurologie, Innere Medizin, Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie, Urotherapie und Sozialdienst. Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen.

Unterschiede zwischen Parkinson, MSA, PSP und LBD

Parkinson-Krankheit (PK)

  • Symptome: Tremor, Rigor, Bradykinese, posturale Instabilität.
  • Verlauf: Langsamer als bei atypischen Parkinson-Syndromen.
  • Therapie: Gut ansprechbar auf Levodopa.
  • Besonderheiten: Ruhetremor ist häufig.

Multisystematrophie (MSA)

  • Symptome: Parkinson-Symptome, zerebelläre Ataxie, autonome Störungen (Harninkontinenz, orthostatische Hypotonie, erektile Dysfunktion).
  • Verlauf: Schneller als bei der PK.
  • Therapie: Weniger ansprechbar auf Levodopa.
  • Besonderheiten: Ausgeprägte Störungen des autonomen Nervensystems.

Progressive Supranukleäre Blickparese (PSP)

  • Symptome: Akinesie, Rigor, posturale Instabilität, supranukleäre Blickparese, Frontalhirnsyndrom.
  • Verlauf: Schnell fortschreitend.
  • Therapie: Geringe Besserung durch Levodopa.
  • Besonderheiten: Fallneigung nach hinten, Schwierigkeiten bei vertikalen Augenbewegungen.

Demenz mit Lewy-Körpern (LBD)

  • Symptome: Demenz, Schwankungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, optische Halluzinationen, Parkinson-Symptome.
  • Verlauf: Variabel.
  • Therapie: Schwierig, da Levodopa neuropsychiatrische Symptome verschlimmern kann.
  • Besonderheiten: REM-Schlaf-Verhaltensstörung, Empfindlichkeit gegenüber Neuroleptika.

Lebenserwartung im Vergleich

Die Lebenserwartung von Menschen mit Parkinson verkürzt sich durchschnittlich um vier bis elf Jahre. Dies gilt vor allem für die Parkinson-Krankheit, die häufigste Form der Parkinson-Syndrome. Atypische Parkinson-Syndrome verlaufen in der Regel schwerer und schneller, was sich auch auf die Lebenserwartung auswirken kann.

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Multisystematrophie (MSA)

Die mediane Überlebenszeit nach Diagnosestellung beträgt etwa sechs bis zehn Jahre. Die häufigste Todesursache sind Bronchopneumonien infolge der ausgeprägten Hypokinese und Immobilisierung.

Progressive Supranukleäre Blickparese (PSP)

Die durchschnittliche Überlebenszeit beträgt etwa acht Jahre nach Krankheitsbeginn, wobei Aspiration bei Dysphagie eine häufige Todesursache ist.

Demenz mit Lewy-Körpern (LBD)

Die Lebenserwartung kann variieren, ist aber oft kürzer als bei der Alzheimer-Krankheit.

Bewältigungsstrategien und Unterstützung

Pflegestufen und Leistungen

Sobald Unterstützung im Alltag notwendig wird, sollte der Anspruch auf eine Pflegestufe geprüft werden. Damit stehen bestimmte Leistungen der Pflegeversicherung zu, die den Pflegealltag erleichtern.

Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass die medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so die Selbstbestimmung.

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Selbsthilfegruppen und Online-Stammtische

Der Austausch mit anderen Betroffenen kann eine wertvolle Unterstützung sein. Es gibt verschiedene Selbsthilfegruppen und Online-Stammtische, die regelmäßig stattfinden.

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