Parkinson-Krankheit und orthostatische Dysregulation: Ursachen, Symptome und Therapie

Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die hauptsächlich ältere Menschen im Alter zwischen 60 und 70 Jahren betrifft. Es wird erwartet, dass sich die Prävalenz bis 2040 nahezu verdoppeln wird. Ein häufiges Problem im Verlauf der Parkinson-Krankheit ist die orthostatische Dysregulation, die sich in einem pathologischen Schellong-Test mit dem Abfall des systolischen Blutdrucks um mindestens 20 mmHg vom Liegen in den Stand zeigt.

Ursachen der Parkinson-Krankheit

Die genauen Ursachen der Parkinson-Krankheit sind noch nicht vollständig geklärt, aber es gibt mehrere bekannte Risikofaktoren und mögliche Auslöser. Dazu gehören:

  • Umweltfaktoren: Vermehrter Umgang mit Pestiziden und Herbiziden sowie wiederholte Kopfverletzungen sind bekannte Risikofaktoren. Auch ein Diabetes mellitus und andere Gefäßrisikofaktoren können eine Parkinsonkrankheit triggern.
  • Genetische Ursachen: In schätzungsweise 15-20 % der Fälle geht die Parkinson-Krankheit auf genetische Ursachen zurück.
  • Medikamente: Neuroleptika können extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen ähnlich einem Parkinson verursachen.
  • Virusinfektionen: Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass Virusinfektionen für das Auslösen von Parkinson verantwortlich sein können. In Europa verursachte vor knapp 100 Jahren die Spanische Grippe mit dem Influenzavirus (Subtyp A/H1N1) enzephalitische Formen der Parkinsonkrankheit.

Symptome der Parkinson-Krankheit

Die Parkinson-Krankheit beginnt schleichend und schreitet langsam fort. Die ersten Symptome sind oft unspezifisch und können Jahre oder sogar Jahrzehnte vor den klassischen motorischen Symptomen auftreten.

Nicht-motorische Symptome

Soweit wir bislang wissen, beginnt die Parkinsonkrankheit und damit die Aggregation von α-Synuklein viele Jahre bis Jahrzehnten vor dem Auftreten der ersten motorischen Symptome. In diesem frühen Stadium der Erkrankung zeigen sich sogenannte nicht-motorische Symptome wie Hyposmie, Obstipationsneigung, Depression und/oder REM-Schlaf-Verhaltensstörung mit dem Ausleben von Träumen. Diese nicht-motorischen Symptome sind typisch für die sehr frühe (oder auch „prodromale“) Phase der Parkinsonkrankheit. Zu den nicht-motorischen Symptomen gehören:

  • Verlust des Geruchssinns (Hyposmie)
  • Verstopfung (Obstipation)
  • Depressionen
  • REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Ausleben von Träumen im Schlaf
  • Schmerzen und Missempfindungen: Insbesondere an einem Arm
  • Erschöpfbarkeit

Motorische Symptome

Definiert ist die Parkinsonkrankheit aktuell nach wie vor anhand von motorischen Symptomen, nämlich Bradykinese, in Kombination mit mindestens entweder Rigor oder Ruhetremor oder beidem. Die vier Kardinalsymptome sind:

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  • Muskelzittern (Tremor): Üblicherweise ein Ruhetremor, der teilweise auch eine Haltetremorkomponente haben kann.
  • Muskelsteifheit (Rigor): Erhöhter Muskeltonus, der zu einer Steifheit des Körpers führt.
  • Verlangsamung der Bewegung (Bradykinese): VerlangsamteInitiation und Ausführung von Bewegungen.
  • Gang- und Gleichgewichtsstörungen (posturale Instabilität): Erhöhte Sturzneigung aufgrund von Gleichgewichtsproblemen.

Im Verlauf der Erkrankung treten, neben beidseitigem Rigor, Tremor und Bradykinese, auch weitere motorische Symptome auf: Gangstörungen, oft auch mit schlurfendem oder kleinschrittigem Gangbild, und sogenanntem Freezing mit Startstörung. Die posturale Instabilität kommt oft in Verbindung mit kognitiven Defiziten vor und erhöht die Sturzneigung.

Weitere Symptome

  • Kognitive Defizite: Zeigen sich anfangs meist als „mild cognitive impairment“ und gehen dann oft in eine Demenz über.
  • Halluzinationen und wahnhafte Symptomatik: Können im weiteren Verlauf der Erkrankung auftreten.
  • Dysarthrophonie: Sprechstörungen
  • Schluckstörungen: Im späteren Verlauf sehr häufig und bedürfen gegebenenfalls einer Anpassung der Kostform (oder gar PEG-Versorgung), um Aspirationen zu vermeiden.
  • Inkontinenz: Entwickeln Parkinsonpatienten im Verlauf der Erkrankung (meist nicht zu Beginn, siehe Differenzialdiagnosen) eine Inkontinenz, die sich zunächst oft durch eine Urge-Symptomatik und Pollakisurie äußert.

Orthostatische Dysregulation bei Parkinson

Ein größeres Problem im Verlauf der Parkinsonkrankheit ist die orthostatische Dysregulation, die sich in einem pathologischen Schellong-Test mit dem Abfall des systolischen Blutdrucks um mindestens 20 mmHg vom Liegen in den Stand zeigt. Patienten berichten oft von Schwindel im Stehen oder aber dem sogenannten Kleiderbügelschmerz in der Schulterregion. Diese Dysregulation wird oft durch die dopaminergen Medikamente verstärkt und bedarf einer Anpassung (Reduktion) der Blutdruckmedikation. Viele Patienten haben allerdings insbesondere nachts einen hohen Blutdruck.

Symptome der orthostatischen Dysregulation

  • Schwindel: Insbesondere beim Aufstehen
  • Benommenheit
  • Sehstörungen: Schwarzwerden vor Augen
  • Schwächegefühl
  • Ohnmacht
  • Kleiderbügelschmerz: Schmerzen in der Schulterregion

Maßnahmen bei orthostatischer Dysregulation

  • Nicht-medikamentöse Maßnahmen: Stützstrümpfe/abdominelle Bauchbinden, erhöhte Trinkmenge am Morgen und das Oberkörperhoch-Liegen um 30° in der Nacht können effektive Maßnahmen sein, bevor medikamentös eingegriffen werden muss.
  • Medikamentöse Anpassung: Anpassung (Reduktion) der Blutdruckmedikation, da die Dysregulation oft durch dopaminerge Medikamente verstärkt wird.

Diagnose der Parkinson-Krankheit

Die Diagnose der Parkinson-Krankheit basiert auf einer Kombination aus:

  • Klinischer Untersuchung: Beurteilung der motorischen und nicht-motorischen Symptome.
  • Anamnese: Erhebung der Krankheitsgeschichte und Risikofaktoren.
  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Reflexe, Koordination und anderer neurologischer Funktionen.
  • Ausschluss anderer Erkrankungen: Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes, um andere Ursachen wie vaskuläre Enzephalopathie, Normaldruckhydrozephalus oder Tumore auszuschließen.
  • Dopamintransporter-Szintigraphie (DaTSCAN): Kann bei frühen Parkinsonsyndromen sinnvoll sein, wenn die Klinik und das Ansprechen auf dopaminerge Medikamente nicht eindeutig sind.
  • Levodopa-Test: Überprüfung des Ansprechens auf Levodopa, ein Medikament, das den Dopaminspiegel im Gehirn erhöht. Eine Verbesserung um > 30 % gilt als positiv und hinweisend auf eine Parkinsonkrankheit.
  • Weitere Untersuchungen: Objektivierung der Riechstörung mittels speziellen Riechtests, video-gestützte Polysomnographie (PSG) zur Objektivierung der REM-Schlaf-Verhaltensstörung, Schellong-Test mit Blutdruckmessung im Liegen und Stehen sowie eine Restharnsonographie zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung einer Parkinsonkrankheit zu einer MSA mit vegetativen Symptomen.

Differenzialdiagnose

Es ist wichtig, die Parkinson-Krankheit von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen zu unterscheiden, insbesondere von atypischen Parkinsonsyndromen. Das schlechte Ansprechen der motorischen Symptome auf dopaminerge Präparate, ein schneller Verlauf und das klinische Auftreten von „Red Flags“ deuten auf ein atypisches Parkinsonsyndrom hin. Hierbei am häufigsten ist die Multisystem­atrophie (MSA; ebenfalls durch α-Synuklein-Aggregation verursacht, allerdings in den Gliazellen und nicht wie bei der Parkinsonkrankheit in den Neuronen). Patienten mit einer MSA werden eingeteilt in MSA-P (vorwiegend Parkinsontyp) oder MSA-C (Überwiegen von zerebellären Anteilen). Gemeinsam bei beiden Patiententypen ist oftmals ein sehr frühes Auftreten vegetativer Symptome wie Harn­inkontinenz, Erektionsstörungen bei Männern, orthostatische Dysregulation und häufiges Verschlucken sowie Dystonien und ein Antekollis.

Weitere Differenzialdiagnosen sind:

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  • Demenz mit Lewy-Körpern (DLB): Demenz, die vor oder spätestens ein Jahr nach dem Auftreten der motorischen Parkinsonsymptome mit einer demenziellen Entwicklung einhergeht.
  • Progressive supranukleäre Blickparese (PSP): Frühe Stürze und eine supranukleäre Blickparese (typischerweise nach unten).
  • Kortikobasale Degeneration (CBD): Einseitiger Beginn mit dystonen, apraktischen Elementen einer Extremitätenseite.
  • Essentieller Tremor (ET): Ein Aktionstremor, der bei aktiver Ausführung einer Tätigkeit auftritt.
  • Vaskuläres Parkinsonsyndrom: Durchblutungsstörungen im Gehirn.
  • Normaldruckhydrozephalus (NPH): Gangstörung, Harninkontinenz und dementielle Entwicklung.

Therapie der Parkinson-Krankheit

Eine ursächliche Behandlung der Parkinson-Krankheit ist bisher nicht möglich, sondern nur eine Linderung der Beschwerden. Die Therapie zielt darauf ab, die Symptome zu kontrollieren und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Medikamentöse Therapie

Therapeutisch steht uns gegen die motorischen Symptome eine große Auswahl an dopaminergen Substanzen zur Verfügung, die je nach Stadium, Alter der Patienten, Komorbiditäten und Komedikation individuell angepasst werden können:

  • Levodopa: Steht oral immer in fester Kombination mit einem Decarboxylasehemmer (Carbidopa oder Benserazid) zur Verfügung. Retardierte Levodopapräparate eignen sich für die abendliche Gabe, sollten aber aufgrund der längeren Resorptionszeiten nicht tagsüber gegeben werden. Lösliche Formen von Levodopa mit schnellerem Wirkungseintritt können zum Start in den Tag oder bei Bedarf eingenommen werden. Inhalatives Levodopa gibt es nur ohne Decarboxylasehemmer und sollte daher nur in Kombination mit oralem Levodopa bei Bedarf eingenommen werden.
  • Dopaminagonisten: Pramipexol, Ropinirol, Piribedil und Rotigotin. Sie wirken ähnlich wie Dopamin im Gehirn. Beim Einsatz von Dopaminagonisten ist es wichtig, über die häufigsten möglichen Nebenwirkungen wie Trugwahrnehmungen/Halluzinationen bis hin zur Psychose (letzteres vor allem bei älteren Patienten), Beinödeme, Tagesmüdigkeit und vor allem mögliche Impulskontrollstörungen zu informieren. Letztere treten überwiegend bei jüngeren Patienten auf und können sich durch Ess-, Spiel- oder Kaufsucht, Libidosteigerung und Punding äußern. In diesem Fall sollten keine Dopaminagonisten oder nur in sehr niedrigen Dosierungen gegeben werden.
  • COMT-Hemmer: Entacapon (kurzwirksam) und Opicapon (länger wirksam) hemmen den Abbau von Levodopa und sollten (erst) bei Auftreten von motorischen Wirkfluktuationen zum Einsatz kommen. Diese zeigen sich in der Regel nach vier bis sechs Jahren mit nachlassender Medikamentenwirkung von Levodopa (sogenanntes wearing-off). Auch dabei müssen Nebenwirkungen wie Halluzinationen in Betracht gezogen werden. Ebenso können diese Medikamente orthostatische Dysregulation und Durchfälle triggern.
  • MAO-B-Hemmer: Rasagilin oder Selegilin hemmen den Abbau von körpereigenem Dopamin. Sie können zu Beginn als Monotherapie eingesetzt werden oder als „add on“ bei Therapie mit Levodopa und motorischen Wirkfluktuationen (im Sinne von „wearing-off“). Safinamid sollte nicht als Monotherapie, sondern nur in Kombination mit Levodopa bei Parkinson mit motorischen Wirkfluktuationen eingenommen werden.
  • NMDA-Rezeptor-Antagonist: Amantadin kann bei speziellen Problemen wie Dyskinesien zum Einsatz kommen.

Nicht-medikamentöse Therapie

  • Physiotherapie: Zur Verbesserung der Beweglichkeit, Koordination und des Gleichgewichts.
  • Ergotherapie: Zur Verbesserung der Alltagskompetenzen.
  • Logopädie: Zur Behandlung von Sprech- und Schluckstörungen.
  • Psychotherapie: Zur Behandlung von Depressionen und anderen psychischen Problemen.
  • Tiefe Hirnstimulation (THS): Ein neurochirurgisches Verfahren, bei dem Elektroden in bestimmte Hirnbereiche implantiert werden, um die Symptome zu lindern.

Behandlung der orthostatischen Dysregulation

  • Nicht-medikamentöse Maßnahmen:
    • Erhöhte Flüssigkeitszufuhr: Mindestens 1,5 bis 2 Liter pro Tag trinken.
    • Erhöhte Salzzufuhr: Achten Sie auf eine ausreichende Salzzufuhr.
    • Vermeiden großer Mahlzeiten: Vermeiden Sie große fett- und kohlenhydratreiche Mahlzeiten. Alternativ können mehrere kleinere und leichtere Mahlzeiten über den Tag verteilt sinnvoll sein.
    • Bauchbinde: Eine elastische Bauchbinde hilft, das „Versacken“ des Bluts in der unteren Körperhälfte nach dem Aufstehen zu reduzieren.
    • Stützstrümpfe: Können ebenfalls helfen, den Blutdruck zu stabilisieren.
    • Vermeiden von Hitze: Halten Sie sich bei großer Hitze vorzugsweise in kühlen Innenräumen auf. Vermeiden Sie heiße Vollbäder oder Saunagänge.
    • Erhöhter Oberkörper beim Schlafen: Schlafen Sie mit leicht erhöhtem Oberkörper (ca. 10 - 20 Grad).
    • Langsames Aufstehen: Stehen Sie langsam aus dem Liegen oder Sitzen auf.
  • Medikamentöse Therapie: In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung mit Fludrocortison oder Midodrin erforderlich sein.

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