Die Physiotherapie spielt eine wichtige Rolle in der Behandlung von Parkinson-Patienten. Sie trägt dazu bei, die Beweglichkeit zu verbessern, Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu erhalten. Dieser Artikel beleuchtet die Möglichkeiten der Kostenerstattung für Physiotherapie bei Parkinson durch die Krankenkassen, insbesondere im Zusammenhang mit der LSVT BIG Therapie.
Physiotherapie als wichtiger Bestandteil der Parkinson-Behandlung
Physiotherapie ist eine nicht-ärztliche Behandlungsmethode, die darauf abzielt, die Beweglichkeit und das Bewegungsverhalten zu optimieren. Sie gehört zu den anerkannten Heilmitteln und kann stationär in einer Klinik oder ambulant in einer physiotherapeutischen Praxis erfolgen. Bei Parkinson-Patienten kann Physiotherapie helfen, die Symptome der Krankheit zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Anwendungsbereiche der Physiotherapie bei Parkinson
Physiotherapie ist ein wahres Multitalent und findet in nahezu jedem medizinischen Fachgebiet Anwendung. Vom Arzt kann sie verordnet werden, wenn die jeweilige Erkrankung oder Symptomatik, die physiotherapeutisch behandelt werden soll, im sogenannten Heilmittelkatalog des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aufgeführt ist. Dazu gehören insbesondere:
- Neurologische Erkrankungen, insbesondere die Parkinson-Krankheit
- Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane
Methoden der physiotherapeutischen Behandlung
Physiotherapeuten verfügen über einen großen Baukasten voller Methoden, Anwendungen und Maßnahmen. Die Behandlung beruht entweder auf einem komplexen Gesamtkonzept oder kombiniert verschiedene Verfahren miteinander. Immer häufiger fließen auch fernöstliche Techniken wie Yoga, Qigong oder Tai-Chi in die Behandlung ein. Zu den bekannten Methoden zählen:
- Physiotherapie nach Bobath: Die Bobath-Methode wird häufig nach einem Schlaganfall mit Lähmungen eingesetzt. Während der Therapie lernen Patienten Bewegungsfolgen, trainieren ihr Gleichgewicht und ihre Körperwahrnehmung. Aber auch alltägliche Fähigkeiten werden eingeübt, zum Beispiel mit einer gelähmten Körperseite selbstständig zu essen und sich zu waschen. Des Weiteren wird die Therapie nach Bobath häufig erfolgreich bei Kindern mit Entwicklungsverzögerungen und neurologischen Erkrankungen eingesetzt.
- Physiotherapie nach Vojta: Bei dieser Methode übt der Therapeut Druck auf streng definierte Zonen an Beinen, Armen und Rumpf aus. Der Körper antwortet mit Reflexen und Bewegungsmustern.
- Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation (PNF): Die PNF-Methode kommt häufig zum Einsatz, wenn natürliche Bewegungsabläufe gestört sind. Ziel ist es, das Zusammenspiel von Muskeln und Nerven zum Beispiel durch gezielte Berührungen und bestimmte Bewegungsmuster zu verbessern.
- Manuelle Therapie: Dabei tastet der Therapeut mit seinen Händen schmerzhafte Verspannungen ab und versucht Gelenkblockaden durch gezielte Handgriffe und Techniken zu lösen.
- Manuelle Lymphdrainage: Durch streichende Handbewegungen und gezielten Druck massiert der Therapeut geschwollenes Gewebe zum Beispiel an Armen oder Beinen. So soll der Abtransport von gestauter Flüssigkeit aus den Lymphbahnen angeregt werden.
Neben den genannten Therapieformen gibt es auch die Möglichkeit der Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage bei zentralen Bewegungsstörungen. Diese Therapieform ist für Erwachsene und Kinder geeignet, die unter angeborenen oder erworbenen neurologischen Beeinträchtigungen leiden. Die Behandlung ist bis zum beihilfefähigen Höchstbetrag nach Anlage 9 der Bundesbeihilfeverordnung erstattungsfähig, wenn eine Schädigung oder Erkrankung Ihres Zentralnervensystems - das heißt Ihres Gehirns oder Rückenmarks - vorliegt.
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LSVT BIG Therapie bei Parkinson
LSVT BIG ist ein spezielles physiotherapeutisches Behandlungskonzept, das auf die Verbesserung der Bewegungsstörung bei Parkinson-Patienten ausgerichtet ist. Es leitet sich vom Lee Silverman Voice Treatment (LSVT LOUD) ab, das weltweit zur Sprachtherapie in der Parkinson-Behandlung verbreitet ist.
Das LSVT BIG Trainingsprinzip
Das BIG-Training umfasst schwerpunktmäßig das Üben großräumiger Bewegungen. Durch intensives Wiederholen dieser Übungen und kontinuierliche Rückmeldung über die erzielten Ergebnisse werden ungenutzte Möglichkeiten des Übenden aktiviert und ausgebaut. Die Frequenz ist nicht veränderbar, da LSVT BIG nur durch die hohe Intensität der Behandlung optimal wirken kann.
Ablauf der LSVT BIG Therapie
Nach zwei Stunden Anamnese und physio-/ergotherapeutischer Diagnostik wird die vierwöchige Intensivbehandlung mit vier Mal wöchentlich 50-60 Minuten Therapie durchgeführt, zusätzlich führt der Patient täglich Übungen zuhause durch. Nach sechs Monaten wird ein Kontrolltermin vereinbart. Die intensive Therapieform erfordert ein besonderes Maß an Eigenleistung und Motivation des Patienten und sollte daher gut geplant werden.
Erfolge der LSVT BIG Therapie
Nachhaltige Erfolge konnten durch die BIG-Therapie in Forschungsstudien insbesondere bei Patienten in frühen Krankheitsstadien nachgewiesen werden. Dabei wurde BIG als ein wirkungsvolles Behandlungsverfahren bei Parkinson festgestellt.
Kostenerstattung der LSVT BIG Therapie durch die Krankenkasse
Da die LSVT BIG Therapie bisher im Heilmittelkatalog der Physiotherapie nicht als verordnungsfähige Therapie aufgenommen wurde, muss die Kostenübernahme für den jeweiligen Patienten individuell beantragt werden. Viele Krankenkassen entscheiden im Einzelfall im Sinne ihres Mitglieds, die Kosten zu übernehmen.
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Antragstellung auf Kostenübernahme
Um die Kostenübernahme für die LSVT BIG Therapie zu beantragen, sind folgende Schritte erforderlich:
- Verordnung: Der Arzt (Neurologe, Internist, HNO-Arzt oder Hausarzt) verordnet 18 x PT Einzelbehandlungen (16 x LSVT BIG; 2 x Befund) à 60 Minuten, 4 Therapieeinheiten / Woche auf Muster 13 - Heilmittelverordnung. Alternativ kann der Arzt (Neurologe) 18 x Einzelbehandlungen (16 x LSVT BIG; 2 x Befund) psychisch-funktionelle Therapie à 60 Minuten, 4 Therapieeinheiten / Woche oder alternativ: 36 x motorisch-funktionelle Doppelbehandlungen à zwei Mal 30 Minuten (32 x LSVT BIG; 4 x Befund) verordnen.
- Begründungsschreiben und Kostenvoranschlag: Reichen Sie ein Begründungsschreiben mit einem Kostenvoranschlag über den Patienten bei der Krankenkasse ein.
- Genehmigung abwarten: Beginnen Sie die Behandlung erst NACH der Genehmigung der Krankenkasse.
Es ist ratsam, sich im Vorfeld mit der Krankenkasse des Patienten in Verbindung zu setzen, da LSVT BIG bei den zuständigen Stellen möglicherweise noch nicht bekannt ist.
LSVT BIG in der Ergotherapie
Seit 2012 ist BIG im Heilmittelkatalog der Ergotherapie aufgenommen und kann mittels Indikation EN 2 oder PS 2 entsprechend vom Arzt als Heilmittel (16 X Ergotherapie mit psychisch-funktioneller oder/und motorisch-funktioneller Behandlung bei M. Parkinson) verordnet werden; in dieser Form kann es auch abgerechnet werden. Die Kosten für die Behandlung werden von den gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen (ebenso von Beihilfestellen) übernommen; der Patient trägt, sofern nicht befreit, den üblichen Eigenanteil an den Behandlungskosten.
Alternativen zur LSVT BIG Therapie
Bei der Physiotherapie nach LSVT BIG kann BIG momentan nicht direkt abgerechnet werden, da es dort im Heilmittelkatalog nicht aufgenommen ist; es werden dann drei Verordnungen benötigt: Erstverordnung mit 10 Mal KG (N) mit einer Frequenz bis 5 X pro Woche (Diagnoseschlüssel ZN2).
Weitere Möglichkeiten der Kostenerstattung
Neben der Physiotherapie und Ergotherapie gibt es weitere Möglichkeiten, die Kosten für die Behandlung von Parkinson durch die Krankenkasse erstattet zu bekommen:
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Rehasport
Gemäß Sozialgesetzbuch IX und der “Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining“ vom 1.10.2003 ist der „Rehasport“ im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (bei privat Versicherten wird es analog bewilligt) als Anspruchsleistung für alle Behinderten und von Behinderung bedrohten sowie chronisch kranken Menschen festgehalten. Dies gilt ausdrücklich auch für Parkinsonerkrankte. Sie haben deshalb einen Anspruch auf Verordnung von 120 Übungseinheiten Rehasport in 36 Monaten, der auch nach den drei Jahren verlängert werden kann. Diese Leistungen können neben der Einzelgymnastik (gemäß Heilmittelverordnung) in Anspruch genommen werden und werden separat abgerechnet. Die Verordnung durch den Arzt erfolgt auf dem Formular 56, das dann von den gesetzlichen Krankenkassen oder privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen vor Übungsbeginn genehmigt werden muss.
Zuzahlungen und Befreiungen
Grundsätzlich haben versicherte Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, eine Zuzahlung in Höhe von 10 Prozent der Behandlungskosten, zuzüglich 10 Euro je Verordnung, zu leisten. Für alle Versicherten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, übernimmt die AOK die Behandlungskosten selbstverständlich vollständig. Es gibt jedoch die Möglichkeit, sich von den Zuzahlungen befreien zu lassen, wenn bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden.
Tipps für die Inanspruchnahme von Physiotherapie
Um die Physiotherapie optimal nutzen zu können, sollten Sie folgende Tipps beachten:
- Ärztliche Verordnung: Lassen Sie sich von Ihrem Arzt eine Verordnung für Physiotherapie ausstellen.
- Therapeutensuche: Suchen Sie sich eine qualifizierte Physiotherapiepraxis. Der Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten (IFK e. V.) hilft bei der Suche nach einer Physiotherapiepraxis und gibt Patienten einen Fragenkatalog an die Hand, mit dem sie eine gute Praxis und Behandlung erkennen können.
- Behandlungsbeginn: Beginnen Sie die Behandlung innerhalb von 28 Kalendertagen nach Ausstellung der Verordnung.
- Aktive Mitarbeit: Arbeiten Sie aktiv bei der Therapie mit und führen Sie die Übungen auch zu Hause regelmäßig durch.
- Therapeutenwechsel: Sie können Ihre Therapeutin oder Ihren Therapeuten wechseln.
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