Die Parkinson-Krankheit, auch Morbus Parkinson oder Schüttellähmung genannt, ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen bei Menschen über 60 Jahren. In Deutschland sind über 300.000 Menschen betroffen. Die Krankheit ist durch einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen gekennzeichnet, was zu einer Vielzahl von motorischen und nicht-motorischen Symptomen führt.
Was ist Morbus Parkinson?
Morbus Parkinson ist eine unheilbare, fortschreitende, neurodegenerative Erkrankung, die das extrapyramidal-motorische System betrifft. Dieses System steuert hauptsächlich die Bewegungsabläufe der Rumpf- und Extremitätenmuskulatur. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch das Absterben von dopaminproduzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra, einer Struktur im Mittelhirn. Dopamin ist ein chemischer Botenstoff, der für die Steuerung von Bewegungen unerlässlich ist.
Ursachen von Morbus Parkinson
Bis heute ist die genaue Ursache für Morbus Parkinson nicht bekannt. Experten bezeichnen die typische Erkrankung auch als idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS). In etwa 5-10 % der Fälle ist die Erkrankung rein erblich bedingt, wobei genetische Faktoren auch in anderen Fällen zum Krankheitsausbruch beitragen können. Es wird vermutet, dass ein komplexes Zusammenspiel von Veranlagung und Umweltfaktoren eine Rolle spielt.
Parkinson-Syndrome vs. Morbus Parkinson
Parkinson-Syndrome weisen ähnliche Symptome wie Morbus Parkinson auf, werden aber häufig durch bestimmte Medikamente oder andere Faktoren ausgelöst. Die genaue Ursache und der Verlauf der weiteren Behandlung müssen in jedem Fall mit einem Facharzt besprochen werden.
Symptome von Morbus Parkinson
Die vier Hauptsymptome von Morbus Parkinson sind:
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- Muskelstarre (Rigor): Erhöhter Muskeltonus, der zu Steifheit und Schmerzen führen kann.
- Verlangsamte Bewegungen (Bradykinese oder Hypokinese): Verlangsamung der Willkürmotorik und der Spontan- und Mitbewegungen, die bis hin zur Bewegungslosigkeit (Akinese) führen kann.
- Muskelzittern (Tremor): Unwillkürliches Zittern, insbesondere als Ruhetremor der Extremitäten.
- Haltungsinstabilität (posturale Instabilität): Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten, was zu Stürzen führen kann.
Weitere häufige Symptome sind:
- Depression
- Hypomimie (Verlust der Gesichtsmimik)
- Leise Sprache
- Riechstörung
- Verdauungsstörungen
- Verschlechterung des Schriftbildes
- Schlafstörungen
- Verstopfung
- Persönlichkeitsveränderungen
- Erektionsstörungen
- Müdigkeit
- Schluckstörungen (Dysphagie)
Die Symptome können im Laufe des Tages in ihrer Intensität schwanken, was auf Wirkungsschwankungen der Medikamente und den Einfluss psychischer Faktoren wie Angst, Anspannung und Stress zurückzuführen ist.
Diagnose von Morbus Parkinson
Die Diagnose von Morbus Parkinson basiert in erster Linie auf einer gründlichen neurologischen Untersuchung und der Anamnese des Patienten. Folgende Untersuchungen können durchgeführt werden:
- Körperliche Untersuchung: Beurteilung der motorischen Fähigkeiten, Reflexe und des Gleichgewichts.
- L-Dopa-Test: Gabe von L-Dopa, einem Medikament, das im Gehirn in Dopamin umgewandelt wird. Eine Verbesserung der Symptome nach der Einnahme von L-Dopa unterstützt die Diagnose Parkinson.
- Bildgebende Verfahren (MRT, DaTSCAN, MIBG-Szintigrafie): Diese Verfahren können helfen, andere Erkrankungen auszuschließen und die Diagnose zu untermauern.
- Riechtest: Ein gestörter Geruchssinn kann ein frühes Anzeichen von Parkinson sein.
Stadien der Parkinson-Erkrankung nach Hoehn und Yahr
Zur Beschreibung des Krankheitsverlaufs hat sich die Skala nach Hoehn und Yahr (1967) etabliert. Diese Skala gliedert die Erkrankung in fünf Stadien, wobei ein Stadium meist etwa zwei bis fünf Jahre andauert:
- Stadium 1:
- Leichte Symptome, die in der Regel nur eine Körperseite betreffen.
- Tremor und andere Bewegungssymptome treten bereits in den frühen Stadien der Parkinson-Krankheit auf und betreffen in der Regel nur eine Körperseite.
- Leichte Veränderung der Mimik und der Körperhaltung wird sichtbar.
- Die Symptome sind in der Regel mild und haben im Allgemeinen nur geringe Auswirkungen auf das tägliche Leben, obwohl nahe Verwandte und Freunde Veränderungen in der Körperhaltung, im Gehverhalten und in der Mimik bemerken können.
- Stadium 2:
- Symptome werden beidseitig sichtbar.
- Die Symptome beginnen sich zu verschlimmern.
- Zittern, Steifheit und andere Bewegungssymptome können sich stärker bemerkbar machen, da sie nun beide Seiten des Körpers betreffen.
- Das Gehen wird schwieriger und Haltungsänderungen können deutlicher werden.
- Die Erledigung alltäglicher Aufgaben kann mehr Zeit als gewöhnlich in Anspruch nehmen.
- Stadium 3:
- Zunahme der Symptome; hinzu kommt eine leichte Haltungsinstabilität.
- Körperbewegungen werden sichtbar langsamer.
- Das dritte Stadium ist durch eine Verlangsamung der Bewegungen und einen Verlust des Gleichgewichts gekennzeichnet, die beide das Risiko von Stürzen erhöhen können.
- Die Intensität der Symptome kann es erheblich erschweren, die Aktivitäten des täglichen Lebens wie Anziehen und Essen zu erledigen.
- Stadium 4:
- Bereits eine starke Behinderung.
- Die Symptome verschlimmern sich weiter.
- Es ist möglich, ohne Hilfe zu stehen, aber eine helfende Hand oder ein Hilfsmittel kann erforderlich sein, um sich zu bewegen.
- Für viele Aktivitäten des täglichen Lebens ist Hilfe erforderlich, so dass ein unabhängiges Leben eine Herausforderung sein kann.
- Stadium 5:
- Patienten sind vollständig auf Hilfe bzw. Pflege angewiesen.
- Das am weitesten fortgeschrittene Stadium der Parkinson-Krankheit geht mit einer Vielzahl von motorischen und nicht-motorischen Symptomen einher.
- Schwere Steifheit in den Beinen kann es unmöglich machen, zu stehen oder zu gehen, und es ist eine Vollzeitbetreuung für die täglichen Aktivitäten erforderlich.
- Es können sich psychotische Symptome wie Halluzinationen entwickeln; diese Symptome treten bei bis zu 50% von Patienten mit Parkinson.
- Demenz ist ebenfalls weit verbreitet und betrifft etwa 30% der Menschen mit Parkinson.
- Bewegung nur noch mit Gehhilfen oder im Rollstuhl möglich.
- Übergang hin zur Bettlägerigkeit ist nicht unüblich.
Der Krankheitsverlauf von Parkinson
Der Krankheitsverlauf von Parkinson ist individuell verschieden und schwer vorherzusagen. Die Symptome können von Person zu Person stark variieren, ebenso wie der Schweregrad der Symptome und die Geschwindigkeit des Fortschreitens. Dennoch gibt es einige allgemeine Verlaufsmuster, denen Morbus Parkinson in der Regel folgt.
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Prodromalstadium
Die erste Phase wird als Prodromalstadium bezeichnet und kann Jahre bis Jahrzehnte dauern. Während dieser Zeit fallen bei den meisten Betroffenen noch kaum bis keine motorischen Symptome auf. Stattdessen können depressive Verstimmungen, Verstopfung, der Verlust des Geruchssinnes und/oder eine REM-Schlafstörung den Morbus Parkinson ankündigen.
Klinische Phase
Die zweite Phase ist die klinische Phase. Hier treten die typischen, motorischen Symptome des Morbus Parkinson zusätzlich zu den oben genannten Symptomen auf. Mit den Jahren verschlechtern sich die Symptome. Medikamente können zwar zeitweise Linderung verschaffen, verlieren allerdings mit der Zeit an Wirksamkeit.
Behandlung von Morbus Parkinson
Obwohl Morbus Parkinson nicht heilbar ist, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Behandlung zielt darauf ab, den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen. Hierzu werden verschiedene Medikamente eingesetzt:
- Levodopa (L-Dopa): Wird im Gehirn in Dopamin umgewandelt und ist das wirksamste Medikament zur Behandlung der motorischen Symptome.
- Dopaminagonisten: Imitieren die Wirkung von Dopamin im Gehirn.
- COMT-Hemmer: Verlängern die Wirkung von L-Dopa, indem sie den Abbau von Dopamin im Gehirn verlangsamen.
- MAO-B-Hemmer: Hemmen den Abbau von Dopamin im Gehirn.
- Amantadin: Kann zur Behandlung von Dyskinesien (unwillkürliche Bewegungen) eingesetzt werden, die als Nebenwirkung der L-Dopa-Therapie auftreten können.
Weitere Therapiemodule
Neben der medikamentösen Therapie spielen auch andere Therapieformen eine wichtige Rolle:
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- Physiotherapie: Verbessert die Beweglichkeit, Kraft und Koordination.
- Ergotherapie: Hilft bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben und der Anpassung der Wohnumgebung.
- Logopädie: Behandelt Sprach- und Schluckstörungen.
- Psychotherapie: Unterstützt die Patienten bei der Krankheitsbewältigung und der Behandlung von Depressionen und Angstzuständen.
- Tiefe Hirnstimulation (THS): Ein chirurgischer Eingriff, bei dem Elektroden in bestimmte Bereiche des Gehirns implantiert werden, um die Symptome zu lindern. Die THS wird in der Regel bei Patienten eingesetzt, bei denen die medikamentöse Therapie nicht mehr ausreichend wirksam ist.
- Apomorphin-Pumpe: Kontinuierliche subkutane Infusion von Apomorphin, einem Dopaminagonisten, zur Reduktion von OFF-Phasen und Dyskinesien.
- L-Dopa-Pumpe: Kontinuierliche jejunale Infusion von L-Dopa, um Wirkfluktuationen zu reduzieren.
- Medizinisches Cannabis: Kann zur Behandlung von parkinsontypischen Begleitsymptomen wie Zittern, Schmerzen, Schlafstörungen und psychischen Beschwerden in Frage kommen.
Lebensstilfaktoren
Neben den medizinischen Behandlungen können auch bestimmte Lebensstilfaktoren eine Rolle bei der Bewältigung der Symptome von Morbus Parkinson spielen:
- Ernährung: Eine ausgewogene, nahrhafte Ernährung ist wichtig für die allgemeine Gesundheit und kann dazu beitragen, einige der nicht-motorischen Symptome von Parkinson zu lindern. Eine ballaststoffreiche Ernährung und eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr können beispielsweise Verstopfungen lindern.
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung verbessert die Muskelkraft, die Koordination, das Gleichgewicht und die Flexibilität. Studien haben gezeigt, dass regelmäßiger Sport das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit verlangsamen kann.
Fortgeschrittenes Parkinson-Syndrom
Im fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Erkrankung treten neben den motorischen Kardinalsymptomen Tremor, Rigor und Bradykinese zusätzliche motorische und nicht-motorische Symptome auf, welche die Behandlung verkomplizieren. Zu den motorischen Komplikationen zählen zum Beispiel Wearing-off-Fluktuationen, Dyskinesien und Dystonien. Erschwerend kommen nichtmotorische Komplikationen wie Blasenentleerungsstörungen, orthostatische Dysregulation, psychotische Symptome und demenzielle Entwicklung hinzu.
Definition des fortgeschrittenen Parkinson-Syndroms
Da es weder eine klare Definition noch universelle, standardisierte Tests oder Biomarker zur Definition des fortgeschrittenen Erkrankungsstadiums gibt, stellt die Behandlung dieser Krankheitsphase die Ärzte und Therapeuten weiterhin vor große Herausforderungen. Es existieren verschiedene Konzepte zur Definition des fortgeschrittenen Parkinson-Syndroms, wie z.B. MANAGE PD, das MAF/D-Konzept und das CDEPA-Konzept.
Therapieoptionen im fortgeschrittenen Stadium
Im fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Erkrankung kommen nach Ausschöpfung der oralen/transdermalen medikamentösen Therapieoptionen insbesondere nichtorale, intensivierte Folgetherapien zum Einsatz, wie z.B. die tiefe Hirnstimulation, die Gabe von subkutanem Apomorphin sowie von intestinalem Levodopa.
Prognose und Lebenserwartung
Parkinson ist nicht heilbar, aber Forschungserfolge, die Weiterentwicklung der Parkinson Medikamente und moderne Therapien ermöglichen eine Linderung der Symptome und eine gute Lebensqualität, sowie eine kaum verkürzte Lebenserwartung. Parkinson an sich ist keine tödliche Krankheit. Motorische Störungen erhöhen aber zum Beispiel die Unfallgefahr und auftretende Begleiterkrankungen können in seltenen Fällen lebensbedrohlich sein. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist nahezu identisch mit der von Menschen ohne Parkinson.
Leben mit Parkinson
Die Diagnose Parkinson kann für Betroffene und ihre Angehörigen eine große Herausforderung sein. Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und sich professionelle Hilfe zu suchen. Eine frühzeitige Diagnose und eine individuell angepasste Therapie können dazu beitragen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Tipps für den Alltag
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung ist wichtig, um die Beweglichkeit und Koordination zu erhalten.
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann helfen, die Symptome zu lindern.
- Unterstützung: Der Austausch mit anderen Betroffenen und die Unterstützung durch Angehörige und Freunde können helfen, mit der Erkrankung umzugehen.
- Patientenverfügung: Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass die medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so die Selbstbestimmung.
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