Medikamente gegen das Restless-Legs-Syndrom bei Parkinson

Schlafstörungen sind ein häufiges Problem bei Parkinson-Patienten und können in allen Stadien der Erkrankung auftreten. Diese Störungen äußern sich oft in Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen, was verschiedene Ursachen haben kann, darunter das Restless-Legs-Syndrom (RLS). Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Parkinson, Schlafstörungen und RLS, sowie die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten.

Schlafstörungen bei Parkinson

Schlafstörungen sind ein häufiges Begleitsymptom von Parkinson. Patienten berichten oft von einer allgemeinen Veränderung des Schlafverhaltens bereits zu Beginn der Erkrankung. Im weiteren Verlauf treten bei bis zu 60 % der Patienten Ein- und Durchschlafstörungen auf. Häufiges nächtliches Wasserlassen ist eine weitere Beschwerde.

Ein weiteres häufiges Phänomen ist die REM-Schlafverhaltensstörung, die bei 20-50 % der Parkinson-Patienten bei Diagnosestellung auftritt. Diese Störung ist durch vermehrte Bewegungen im Traumschlaf gekennzeichnet, die bis zu Verletzungen des Patienten oder des Bettpartners führen können. Begleitende Lautäußerungen wie Schreien oder Sprechen sind typisch. Die Patienten selbst können sich am Morgen oft nur teilweise an diese Episoden erinnern. Es ist wichtig, diese von Halluzinationen zu unterscheiden, die als Nebenwirkung von Medikamenten auftreten können und anders behandelt werden müssen.

Das Restless-Legs-Syndrom (RLS)

Das Restless-Legs-Syndrom, auch "Syndrom der unruhigen Beine" genannt, ist eine weitere häufige Schlafstörung bei Parkinson. Es äußert sich durch Kribbeln oder Schmerzen in den Beinen, verbunden mit einem starken Bewegungsdrang, vor allem beim Einschlafen. Einige Patienten leiden vor allem morgens an schmerzhaften Muskelkrämpfen, sogenannten frühmorgendlichen Dystonien. Diese treten vor allem bei Patienten auf, die bereits seit vielen Jahren erkrankt sind und tagsüber Wirkungsschwankungen aufweisen.

In der Polysomnographie (Schlafableitung) zeigen sich regelmäßig zahlreiche Beinbewegungen (periodische Beinbewegungen im Schlaf, PLMS) und viele kleine Bewegungen der Extremitäten, die auf eine Unruhe im Schlaf und eine gestörte Schlafrhythmik mit vielen Unterbrechungen hinweisen. Die daraus resultierende Tagesmüdigkeit kann eine Folge dieser gestörten Rhythmik sein, aber auch die Parkinson-Erkrankung selbst oder die Medikamente können zu vermehrter Müdigkeit führen.

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Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist durch quälende Missempfindungen und einen starken Bewegungsdrang in den Beinen gekennzeichnet, der vor allem in Ruhe und nachts auftritt. Schätzungsweise sind bis zu 5 % der Bevölkerung betroffen. Die motorische Unruhe erschwert das Einschlafen und verhindert den Tiefschlaf.

Medikamentöse Behandlung von RLS bei Parkinson

Die Behandlung von Schlafstörungen bei Parkinson erfordert eine genaue Erfassung der Beschwerden und Symptome. Nur so können gezielte Behandlungsstrategien entwickelt werden.

Dopaminerge Medikamente

Gegen die nächtliche Bewegungsverlangsamung und Starre sowie die frühmorgendlichen Krämpfe können dopaminhaltige Medikamente mit langer Wirksamkeit, sogenannte Retard-Präparate, helfen, die am Abend verabreicht werden oder ein Pflaster, das auf die Haut geklebt wird und 24 Stunden wirkt.

Die Behandlung mit dopaminergen Medikamenten ist die Therapie erster Wahl bei RLS. Diese Medikamente beeinflussen das dopaminerge System im Gehirn. Zu ihnen zählen L-Dopa (Levodopa) und die sogenannten Dopaminagonisten.

L-Dopa (Levodopa)

Levodopa ist eine Vorstufe von Dopamin, die die Blut-Hirn-Schranke überwindet und im Gehirn in Dopamin umgewandelt wird. Es wird häufig in Kombination mit einem Decarboxylase-Hemmer wie Benserazid (Restex®, Restex retard®) verordnet, um zu verhindern, dass Levodopa bereits im Blutkreislauf in Dopamin umgewandelt wird. Die Behandlung mit L-Dopa führt in der Regel bereits nach der ersten Gabe zu einem Nachlassen der Beschwerden. In den für RLS empfohlenen Dosierungsbereichen ist die Verträglichkeit von L-Dopa in der Regel gut. Ferner eignet es sich als zusätzliche Bedarfsmedikation bei längeren Ruhesituationen am Tage (z.B. bei Bus- und Flugreisen, Theaterbesuch, Versammlungen etc.).

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Levodopa plus Decarboxylasehemmer dient seit Jahren zur Behandlung des Restless-Legs-Syndroms. Kurzfristig scheint das Mittel die motorische Unruhe im Schlaf und den Schlaf selbst zu bessern. Es fehlen jedoch kontrollierte Daten zur bedarfsweisen Anwendung tagsüber und zur langfristigen Einnahme.

Bei der Einnahme von L-Dopa ist Vorsicht beim Verzehr von Eiweiß geboten. Als Dopaminvorstufe überwindet es die Blut-Hirn-Schranke, wird dann in Dopamin umgewandelt und dockt an den entsprechenden Rezeptoren an. Der Abbau erfolgt dann wie bei natürlichem Dopamin. Dieses wird sehr schnell abgebaut, weshalb bereits nach etwa 90 Minuten die Hälfte des eingenommenen Wirkstoffs den Körper schon wieder verlassen hat. Eine Einnahme über den Tag verteilt ist deshalb sehr wichtig. Außerdem werden L-Dopa-Präparate teilweise mit einem COMT-Hemmer wie Entacapon kombiniert, welches den Abbau des Dopamins hemmt, um die Wirkdauer des Medikaments zu verlängern.

Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Levodopa gehören Herz-Kreislauf-Störungen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Nach längerer Therapie (mehrere Jahre) verstärkt Levodopa offenbar auch die On-Off-Symptomatik bei Parkinson.

Dopaminagonisten

Dopaminagonisten ahmen im Gehirn die Wirkung des Dopamins nach und gleichen so den Dopaminmangel aus. Anders als L-Dopa müssen die Dopaminagonisten im Gehirn nicht erst in eine wirksame Form umgewandelt werden, sondern wirken direkt. Nach ihrer chemischen Struktur werden Dopaminagonisten in sogenannte „ergoline“ und „nicht ergoline“ unterteilt.

Übelkeit, Müdigkeit und Kreislaufprobleme zählen zu den häufigsten Nebenwirkungen von Dopaminagonisten. Darüber hinaus kann es bei höheren Dosen zu Impulskontrollstörungen (Verhaltensänderungen) kommen: Man wird süchtig nach Essen oder Sex. Auch Spiel- oder Kaufsucht und Zwangshandlungen sind möglich. Ferner können bei der Anwendung des Medikamenten-Pflasters Hautreizungen auftreten. Eine weitere Nebenwirkung, die bei der Behandlung mit Dopaminagonisten auftreten kann, ist die sogenannte Augmentation.

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Pramipexol ist ein nicht ergoliner Dopaminagonist, der mit hoher Selektivität und Spezifität an Dopaminrezeptoren der D2-Familie - und hier bevorzugt an D3-Rezeptoren - bindet. Durch Stimulierung der Dopaminrezeptoren im Corpus striatum wirkt der Arzneistoff symptomatisch bei der Parkinson-Krankheit, der ein Verlust dopaminerger Neurone im Gehirn zugrunde liegt.

Typische Nebenwirkungen von Dopaminagonisten sind insbesondere in den ersten Wochen der Therapie etwa Übelkeit, Schwindel und Benommenheit. Auch eine Hypotonie kann auftreten, insbesondere wenn Pramipexol zu schnell aufdosiert wird. Häufig kommt es auch zu Verstopfung. Kurz- oder langfristig können Ödeme entstehen. Selten bis häufig wird unter Pramipexol über psychiatrische Störungen wie abnorme Träume, Halluzinationen, Verwirrtheit, Delir, Manie oder Impulskontrollstörungen berichtet. Letztere können sich etwa als Spielsucht, pathologisches Kaufverhalten, Hypersexualität oder Binge Eating äußern und das Absetzen des Dopaminagonisten erforderlich machen. Pramipexol wird außerdem mit übermäßiger Schläfrigkeit und plötzlichem Einschlafen in Verbindung gebracht. Betroffene sollten vom Führen eines Kraftfahrzeuges absehen.

Augmentation

Die Augmentation ist die wichtigste Komplikation dopaminerger Therapien und tritt unter einer L-Dopa-Behandlung häufiger auf als unter der mit Dopaminagonisten. Die Augmentation ist definiert als früherer Beginn der Symptomatik im Tagesverlauf, ein schnelleres Einsetzen in Ruhephasen und/oder ein Ausdehnen der Beschwerden auf andere Körperbereiche (Arme) unter stabiler Therapie. Um diese Komplikation zu vermeiden, sollten die Medikamente möglichst niedrig dosiert werden.

Opioide

Die Behandlung eines RLS mit Opioiden ist die Therapie zweiter Wahl. Opioide wirken auf sogenannte Opioid-Rezeptoren im Gehirn, wo sie die Weiterleitung von Schmerzsignalen verhindern. Sie bewirken darüber hinaus durch eine Wirkung auf die k-Rezeptoren im Rückenmarkt auch eine spinale Analgesie. Da Opioide dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen, ist ein besonderes Rezept für die Verordnung durch den Arzt erforderlich (BTM-Rezept). Zudem ist eine individuelle sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung durch den behandelnden Arzt notwendig.

Bei geringer ausgeprägten RLS-Symptomen kann ein kurz wirkendes Opiat (z. B. Tilidin) zum Einsatz kommen. Gerade für Patienten mit einem schweren bis sehr schweren Restless-Legs-Syndrom stellt die für die Behandlung des RLS zugelassene feste Wirkstoffkombination von Oxycodon und Naloxon (Targin®) nach dem Versagen der dopaminergen Therapie jedoch eine gute Alternative dar, die neben der Symptomminderung auch zur Verbesserung von Schlafqualität und Lebensqualität beiträgt. Wichtig ist dabei die Anwendung nicht nur abends, sondern eine morgendliche und abendliche Gabe, um einen kontinuierlichen Wirkspiegel beim Patienten zu erreichen.

Als Nebenwirkungen einer Opioidbehandlung können unter anderem ein Schlafapnoesyndrom (Atemaussetzer), Tagesschläfrigkeit, Entzugssymptome, Verstopfung (opioid-induzierte Obstipation) und eine sogenannte opioid-induzierte Schmerzüberempfindlichkeit (Hyperalgesie) auftreten. Zudem besteht bei entsprechender Veranlagung die Möglichkeit einer Abhängigkeitsentwicklung. Daher sind Opioide nicht für Patienten geeignet, die bereits eine Abhängigkeitserkrankung haben.

Antiepileptika

Darüber hinaus können auch Medikamente zur Therapie einer Epilepsie bei der Behandlung eines RLS zum Einsatz kommen. Hierzu zählen zum Beispiel Gabapentin und Pregabalin (Lyrica®), die sich auch bei der Behandlung von Nervenschmerzen (Neuropathien) als wirksam erwiesen haben. Allerdings sind diese Medikamente nicht für die Therapie des Restless-Legs-Syndroms zugelassen.

Eine Atemdepression kann laut der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA unter Gabapentin und Pregabalin bei Patienten auftreten, bei denen bereits andere Risikofaktoren für diese Nebenwirkung vorliegen. Dazu gehört die Anwendung von Opioiden oder anderen zentral dämpfenden Medikamenten wie Angstlösern, Antidepressiva und Antihistaminika sowie Lungenerkrankungen wie die chronisch-obstruktive Lungenkrankheit (COPD). Besonders gefährdet seien zudem ältere Menschen.

Weitere Medikamente

Bei Einschlafstörungen können kurzwirksame Schlafmittel oder niedrig dosierte Antidepressiva hilfreich sein. Gegen die heftigen Bewegungen der Traumschlafverhaltensstörung kann Clonazepam verabreicht werden. Gegen die nächtlichen Atemaussetzer kann man den Patienten in einem Schlaflabor ein nächtliches Beatmungsgerät anpassen.

Eisen

Zur Behandlung des RLS sollte in Abhängigkeit von den Blutwerten zunächst Eisen eingesetzt werden. Auch bei einer Verschlechterung des RLS im Behandlungsverlauf oder bei einer Augmentation sollte eine Eisengabe erneut erwogen werden. Der Ferritin-Wert sollte bei mindestens 50 µg/l Serum liegen. Bei Werten darunter werde zunächst Eisen substituiert: entweder oral, bei Werten zwischen 10 und 20 µg Ferritin/l jedoch i.v.

Medikamente, die RLS verstärken können

Es ist bekannt, dass einige Medikamente, darunter Antidepressiva, Neuroleptika, Antihistaminika und Metoclopramid (ein Magenmittel) ein RLS auslösen oder verstärken können. Dies gilt etwa für verschiedene trizyklische Antidepressiva sowie für SSRI-Antidepressiva. Die mögliche Verschlechterung des RLS durch Antidepressiva wird auf deren Einfluss auf das Dopaminsystem zurückgeführt.

Wichtige Hinweise zur medikamentösen Behandlung

  • Die Wahl des Medikaments hängt von Art und Schweregrad der Symptomatik ab und muss für jeden Patienten individuell eingestellt werden.
  • Das Prinzip: niedrig dosieren, eventuell die Dosierungen, angepasst an die Beschwerden, über den Tag splitten, langsam aufdosieren, und immer die Wirksamkeit der niedrigst möglichen Dosis abwarten.
  • Die Augmentation ist die wichtigste Komplikation dopaminerger Therapien. Um diese Komplikation zu vermeiden, sollten die Medikamente möglichst niedrig dosiert werden.

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