Parkinson-Therapie: Neue Ansätze und Hoffnungsschimmer

Morbus Parkinson, auch bekannt als Schüttellähmung, ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. In Deutschland sind schätzungsweise 400.000 Menschen betroffen, und Prognosen sagen eine deutliche Zunahme der Fallzahlen in den kommenden Jahrzehnten voraus. Obwohl eine ursächliche Behandlung bisher nicht möglich ist, gibt es vielversprechende neue Therapieansätze, die darauf abzielen, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen, Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Die Parkinson-Krankheit verstehen

Parkinson ist durch den Verlust von Nervenzellen im Hirnstamm und einen daraus resultierenden Mangel des Botenstoffs Dopamin gekennzeichnet. Dopamin ist entscheidend für die Steuerung von Bewegungen, und sein Mangel führt zu den typischen Symptomen wie Zittern (Tremor), Muskelsteifigkeit (Rigor), eingeschränkte Feinmotorik, Tagesmüdigkeit und Sprachstörungen.

Ursachenforschung und neue Erkenntnisse

Die genauen Ursachen für das Absterben der Nervenzellen sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch zunehmend Hinweise darauf, dass Defekte in den Mitochondrien, den "Kraftwerken" der Zellen, eine wichtige Rolle spielen könnten. Speziell Nervenzellen sind stark auf funktionierende Mitochondrien angewiesen, da sie viel Energie benötigen.

In gesunden Zellen werden beschädigte Mitochondrien durch ein System namens Mitophagie abgebaut. Dieser Prozess wird durch das Anheften von Ubiquitin-Markierungen an die defekten Mitochondrien eingeleitet. Allerdings wurde festgestellt, dass eine fehlerhafte Markierung den Abbau beschädigter Mitochondrien verhindert. Schlüsselenzyme der Mitophagie, wie die Deubiquitinase USP30, sind in der erblichen Variante von Parkinson krankhaft verändert.

Innovative Therapieansätze

Die Parkinson-Forschung konzentriert sich auf verschiedene vielversprechende Therapieansätze:

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1. Antikörpertherapien

Ein vielversprechender Ansatz ist die Verwendung von Antikörpern, die gezielt gegen das Protein Alpha-Synuclein gerichtet sind. Alpha-Synuclein lagert sich bei Parkinson-Patienten im Gehirn ab und trägt zum Absterben von Nervenzellen bei.

Prasinezumab

Der monoklonale Antikörper Prasinezumab hat in frühen Studien vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Eine Subgruppenanalyse der PASADENA-Studie deutete darauf hin, dass Patienten mit einem schnelleren Krankheitsverlauf in der Frühphase der Erkrankung von einer Therapie mit Prasinezumab profitieren könnten. Eine weitere Analyse deutet darauf hin, dass eine längere Gabe von Prasinezumab das Fortschreiten der Erkrankung bei allen behandelten Patienten verlangsamen könnte. Allerdings betonen die Forscher, dass diese Ergebnisse durch placebokontrollierte Langzeitstudien bestätigt werden müssen.

Die PADOVA-Studie untersucht derzeit die Effekte von Prasinezumab als Zusatztherapie zur bestehenden symptomatischen Therapie bei Patienten im frühen Stadium der Parkinson-Krankheit. Die Ergebnisse dieser Studie werden wichtige Einblicke in die Wirksamkeit von Prasinezumab in einer bereits symptomatisch behandelten Patientenpopulation liefern.

2. GLP-1-Rezeptoragonisten

GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA), die ursprünglich zur Behandlung von Diabetes entwickelt wurden, haben in der Parkinson-Forschung ebenfalls Aufmerksamkeit erregt. Es wird vermutet, dass sie neuroprotektive Wirkungen haben könnten.

Lixisenatid

Eine multizentrische klinische Studie (LIXIPARK-Studie) lieferte Anzeichen dafür, dass der GLP-1-RA Lixisenatid das Fortschreiten der Parkinson-Symptome in einem geringen, aber statistisch signifikanten Umfang verlangsamen könnte. Allerdings sind die Nebenwirkungen wie Schwindel, Übelkeit und Erbrechen problematisch.

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Exenatid

Im Gegensatz dazu zeigte der GLP-1-Rezeptoragonist Exenatid in einer Phase-III-Studie keine signifikanten Vorteile hinsichtlich einer Krankheitsmodifikation bei Morbus Parkinson. Trotzdem bleibt der GLP-1-Weg ein wichtiger Zielmechanismus für die Forschung.

3. Gezielte Beeinflussung der Mitophagie

Da Defekte in der Mitophagie eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Parkinson spielen könnten, konzentriert sich die Forschung auch auf die Entwicklung von Wirkstoffen, die diesen Prozess gezielt beeinflussen.

USP30-Inhibitoren

Das Enzym USP30 entfernt Ubiquitin-Markierungen von defekten Mitochondrien und verhindert so deren Abbau. Ein Hemmstoff von USP30, der die Mitophagie fördern und somit die Nervenfunktion verbessern könnte, wird derzeit in klinischen Studien untersucht. Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Physiologie haben die Wirkungsweise dieses Hemmstoffs aufgeklärt, was eine wichtige Grundlage für die Entwicklung innovativer Therapeutika gegen Parkinson und andere Erkrankungen bildet.

4. Stammzelltherapie

Die Stammzelltherapie ist ein weiterer vielversprechender Ansatz zur Behandlung von Parkinson. Ziel ist es, abgestorbene Nervenzellen und deren Dopaminproduktion durch Zelltransplantation zu ersetzen. In Schweden, den USA und Kanada werden Dopamin produzierende Neuronen aus Stammzellen gezüchtet und in das Gehirn von Parkinson-Patienten transplantiert. Erste Ergebnisse sind vielversprechend, aber das Verfahren befindet sich noch in der Entwicklung.

5. Gentherapie

Die Gentherapie bietet verschiedene Möglichkeiten, Parkinson zu behandeln. Ein Ansatz ist die Injektion von Genen für bestimmte Enzyme in das Gehirn, die die Nervenzellen anregen, Dopamin zu produzieren. Ein anderer Ansatz ist, Dopamin produzierende Nervenzellen im Gehirn wieder wachsen zu lassen oder lebende Nervenzellen genetisch direkt zu verändern und in Dopamin produzierende Zellen umzuwandeln.

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6. Tiefe Hirnstimulation (THS)

Die tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein etabliertes Verfahren zur Behandlung von Parkinson-Symptomen, insbesondere des Zitterns. Dabei werden Elektroden in bestimmte Hirnareale eingesetzt, die elektrische Impulse abgeben und so die Hirnaktivität beeinflussen. Obwohl die THS die Symptome lindern kann, bekämpft sie nicht die Ursache der Erkrankung.

7. Magnetresonanz-gestützte fokussierte Ultraschallbehandlung (MRgFUS)

Die Magnetresonanz-gestützte fokussierte Ultraschallbehandlung (MRgFUS) ist ein relativ neues Verfahren zur Behandlung von Zittern bei Parkinson. Dabei werden Ultraschallwellen im Zielgewebe so stark gebündelt, dass sie es erhitzen und gezielt zerstören. Durch die Behandlung entstehen winzige Narben in den Faserbahnen des Gehirns, die das Zittern verringern sollen.

Früherkennung und Diagnose

Eine frühe Diagnose ist entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung von Parkinson. Je früher man in den Krankheitsverlauf eingreifen kann, desto besser sind die Chancen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität der Patienten zu erhalten.

Fortschritte in der Diagnostik

In den letzten Jahren wurden erhebliche Fortschritte bei der Entwicklung von Biomarkern erzielt, die eine frühzeitige Diagnose ermöglichen. So können krankheitsauslösende Proteine im Nervenwasser, im Blut oder in der Haut identifiziert werden. Auch die künstliche Intelligenz (KI) spielt eine zunehmend wichtige Rolle bei der Früherkennung.

KI-gestützte Früherkennung

Eine große britische Studie zeigte, dass über eine Woche am Handgelenk getragene Bewegungssensoren bis zu 7 Jahre vor der klinischen Diagnose auf einen beginnenden Morbus Parkinson hinweisen können. Auch KI-gestützte Sprachanalysen tragen zur besseren Früherkennung bei.

Bedeutung von Bewegung und Ernährung

Neben den medikamentösen und interventionellen Therapien spielen auch Bewegung und Ernährung eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Parkinson.

Bewegung

Zahlreiche Studien belegen, dass Sport sehr wirkungsvoll gegen Parkinson ist. Bereits im Anfangsstadium lassen sich die Symptome der Parkinson-Erkrankung durch intensives Training verbessern, und im weiteren Verlauf der Krankheit können Betroffene durch gezieltes Training sogar bereits verlorene Fähigkeiten wiedererlangen. Sportarten mit fließenden Bewegungen wie Schwimmen, Radfahren und Joggen sind besonders geeignet.

Ernährung

Bestimmte Eiweiße, die in Fleisch und Milch enthalten sind, können die Aufnahme von Levodopa stören. Erkrankte sollten außerdem auf wenig Zucker und wenig gesättigte Fettsäuren achten.

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