Parkinson-Krankheit: Erstickungsrisiko und die Rolle des Tracheostomas

Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die vor allem motorische Fähigkeiten beeinträchtigt. Schluckstörungen (Dysphagie) treten häufig im Verlauf der Erkrankung auf und können zu schwerwiegenden Komplikationen wie Erstickungsanfällen führen. In bestimmten Fällen kann ein Tracheostoma, eine operativ angelegte Öffnung der Luftröhre, notwendig werden, um die Atmung zu sichern.

Was ist ein Tracheostoma?

Ein Tracheostoma ist eine chirurgisch erzeugte Öffnung in der Luftröhre (Trachea), die eine alternative Möglichkeit zur Atmung bietet, wenn die normalen Atemwege blockiert oder beeinträchtigt sind. Nach einem Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) wird ein direkter Zugang von außen durch die Halsweichteile zur Luftröhre geschaffen, der entweder vorübergehend oder dauerhaft bestehen kann. Viele Menschen sind auf ein Tracheostoma angewiesen, um ihre Atmung zu sichern.

Trachealkanüle

Eine Trachealkanüle ist ein gebogenes Röhrchen aus Kunststoff oder Metall, das in das Tracheostoma eingesetzt wird, um es offen zu halten und einen sicheren Zugang zu den Atemwegen zu gewährleisten. Es gibt verschiedene Arten von Trachealkanülen, die sich in Bezug auf Durchmesser, Länge, Krümmungswinkel und Vorhandensein eines Cuffs (einer aufblasbaren Manschette) unterscheiden. Einige Kanülen verfügen auch über eine Phonationsöffnung, die das Sprechen ermöglicht, oder eine Absaughilfe.

Wann ist ein Tracheostoma erforderlich?

Ein Tracheostoma wird notwendig, wenn die Atmung auf natürlichem Wege über Mund und Nase nicht mehr ausreichend möglich ist. Dies kann verschiedene Ursachen haben:

  • Blockade der Atemwege: Unfälle, Verletzungen oder Quetschungen im Kopf- oder Halsbereich können die Atemwege blockieren. Auch Fremdkörper wie Zahnprothesen können die Atmung behindern und müssen entfernt werden. Bei starken Blutungen oder Schwellungen im Bereich der Atemwege kann ein Tracheostoma erforderlich sein, um ein Ersticken zu verhindern.
  • Schluckstörungen (Dysphagie): Menschen mit Schluckstörungen, die durch neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose verursacht werden können, haben ein erhöhtes Risiko, dass Speichel oder Nahrung in die unteren Atemwege gelangen. Ein Tracheostoma kann die Atemwege schützen und das Risiko einer Aspiration (Einatmen von Fremdmaterial) verringern.

Wie wird ein Tracheostoma angelegt?

Es gibt verschiedene Methoden zur Anlage eines Tracheostomas:

Lesen Sie auch: Parkinson-Medikamente: Was Sie beachten müssen

  • Klassische chirurgische Tracheotomie: Bei dieser Methode wird in lokaler Betäubung, Sedierung oder Narkose die Luftröhre von außen aufgeschnitten und eine U-förmige Öffnung präpariert. Diese Methode wird häufig bei dauerhaften Tracheostomata angewendet.
  • Perkutane Dilatationstracheotomie (PDT): Diese Methode wird häufig für vorübergehende Tracheostomata verwendet. Dabei wird in lokaler Betäubung, Sedierung oder Narkose ein kleiner Hautschnitt gesetzt und die Luftröhre von außen punktiert. Anschließend wird die Öffnung schrittweise aufgedehnt und eine Kanüle eingesetzt. Die PDT ist schneller durchzuführen als die klassische Tracheotomie. Nach Entfernung der Kanüle verschließt sich die Öffnung in der Regel schnell wieder.
  • Koniotomie: In Notfallsituationen bei akuter Erstickungsgefahr kann eine Koniotomie durchgeführt werden. Dabei wird ein chirurgischer Zugang zu den Atemwegen in Höhe des Kehlkopfes geschaffen. Dieses Vorgehen ist jedoch selten und dient dazu, den Tod durch Ersticken zu verhindern.

Auswirkungen eines Tracheostomas

Ein Tracheostoma hat verschiedene Auswirkungen auf den Körper:

  • Veränderte Atemwegsfunktion: Die Atemluft wird nicht mehr über Nase, Mund und Rachen erwärmt, gefiltert und angefeuchtet. Dies kann dazu führen, dass die Schleimhäute austrocknen und das Sekret schlechter abtransportiert werden kann.
  • Eingeschränkte Stimmbildung: Da der Großteil der Ausatemluft über die Trachealkanüle entweicht, kann keine normale Stimmbildung erfolgen. In diesem Fall kann eine Sprechkanüle oder ein Sprechventil eingesetzt werden.
  • Schluckbeschwerden: Die eingeführte Kanüle kann das Schlucken erschweren.

Tracheostomapflege

Eine sorgfältige und fachgerechte Tracheostomapflege ist wichtig, um Komplikationen zu vermeiden:

  • Reinigung: Das Tracheostoma sollte mindestens zweimal täglich sowie bei jedem Kanülenwechsel gereinigt werden, um Bakterienansiedlungen zu verhindern.
  • Trachealkompresse: Die Trachealkompresse (Wundauflage) um die Kanüle muss regelmäßig gewechselt werden, da sie durch die Ausatemluft feucht wird.
  • Hautpflege: Die Haut am Hals sollte regelmäßig auf Anzeichen von Entzündungen untersucht und gegebenenfalls mit einer entzündungshemmenden Creme behandelt werden.

Mögliche Komplikationen

Trotz sorgfältiger Pflege können Komplikationen auftreten:

  • Atemnot: Eine verstopfte oder verrutschte Trachealkanüle kann zu Atemnot führen. Angehörige und Pfleger müssen die Anzeichen von Atemnot erkennen und schnell reagieren.
  • Infektionen: Infektionen des Tracheostomas sind nicht zu unterschätzen, insbesondere bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem.
  • Gewebewucherungen und Narbenbildung: Gewebewucherungen um die Öffnung im Hals oder Narbengewebe können das Legen der Trachealkanüle erschweren.
  • Tracheomalazie: Entzündliche Veränderungen und mechanische Reizungen der Luftröhre können zu einer Aufweichung der Knorpelspangen führen (Tracheomalazie). Dies kann das Ausatmen erschweren.
  • Austrocknung der Atemwege: Da die Atemluft nicht mehr befeuchtet wird, kann es zur Austrocknung der Luftröhrenschleimhaut kommen.

Parkinson und Schluckstörungen (Dysphagie)

Die Parkinson-Krankheit kann zu Beeinträchtigungen in allen Phasen des Schluckaktes führen. Sehr schwere Schluckstörungen, die von Betroffenen selbst bemerkt werden, treten durchschnittlich nach etwa 11 Krankheitsjahren auf. Allerdings sind von den Betroffenen unbemerkte Schluckstörungen oft schon viel früher vorhanden.

Symptome von Schluckstörungen bei Parkinson

Hinweise für das Vorhandensein einer Schluckstörung bei Parkinson-Betroffenen können sein:

Lesen Sie auch: Die Stadien der Parkinson-Krankheit erklärt

  • Vermehrter Speichelfluss
  • Ungewollter Gewichtsverlust
  • Unfähigkeit, Nahrung im Mund zu halten
  • Verschlucken oder Husten beim Essen
  • Verminderte Nahrungs- oder Trinkmengen
  • Langsames Essen
  • Vermeidung bestimmter Speisen
  • Hängenbleiben von Nahrung im Rachen
  • Sodbrennen
  • Fieber
  • Wiederholtes Auftreten von Lungenentzündungen

Auch das Vorliegen einer Parkinson-bedingten Demenz, eines höheren Erkrankungsstadiums oder eine deutliche Gangunsicherheit mit Fallneigung gelten als Risikofaktoren.

Diagnose von Schluckstörungen

Die Diagnostik einer Parkinson-bedingt Schluckstörung erfolgt zunächst durch die neurologische Untersuchung des Arztes sowie eine detaillierte klinische Schluckuntersuchung durch einen Logopäden bzw. Sprachtherapeuten. Oft ist eine apparative Zusatzdiagnostik erforderlich, um das genaue Störungsmuster des beeinträchtigten Schluckvorganges aufzudecken und geeignete therapeutische Maßnahmen einzuleiten. Zu diesen Verfahren gehören:

  • Schluckendoskopie (FEES): Ein dünnes Endoskop wird über die Nase in den Rachen eingeführt, um den Schluckvorgang direkt zu beobachten.
  • Videofluoroskopie (VFSS): Röntgenaufnahmen werden während des Schluckens von mit Kontrastmittel vermischter Flüssigkeit und Speisen erstellt, um den gesamten Schluckakt darzustellen.
  • Manometrie des Schluckens: Eine Sonde misst die Drücke im Rachen, in der Speiseröhre und am Mageneingang während des Schluckens.

Behandlung von Schluckstörungen

Parkinson-Betroffene mit einer Schluckstörung sollten immer eine logopädische Schlucktherapie erhalten. Die zum Einsatz kommenden Methoden sind vielfältig und richten sich nach dem individuellen Störungsmuster. Auch durch das Lee-Silverman-Voice-Treatment (LSVT®-LOUD), das zur Behandlung Parkinson-bedingter Sprechstörung entwickelt wurde, kann eine Verbesserung der Schluckfunktion erzielt werden.

Wenn es aufgrund einer schweren, durch die Behandlung nicht verbesserbaren Schluckstörung für den Parkinson-Betroffenen nicht mehr möglich ist, mit der Nahrung die täglich notwendige Kalorien zu zuführen und/oder eine ausreichende Flüssigkeitsmenge zu sich zu nehmen, sollte die Anlage einer PEG-Sonde erwogen werden.

Schluckstörungen als Todesursache

Schluckstörungen können bei der Parkinson-Krankheit schwerwiegende Folgen haben. Sie können zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität, Schwierigkeiten bei der Tabletteneinnahme mit verringerter Wirkung der Parkinson Medikamente, Mangelernährung, Gewichtsverlust, Austrocknung und Lungenentzündungen führen. Letztere stellen in fortgeschrittenen Krankheitsstadien eine häufige Todesursache dar.

Lesen Sie auch: Überblick zur Dopamin-Erhöhung bei Parkinson

Was tun bei einem Bolusnotfall (Verschlucken)?

Beim Verdacht auf einen Bolusnotfall zählt jede Sekunde:

  1. Notruf absetzen: Rufen Sie sofort den Notruf 112. Teilen Sie mit, dass die betroffene Person keine Luft bekommt und sich verschluckt hat, und geben Sie den Standort durch.
  2. Atmung prüfen: Kann die Person noch husten oder sprechen, ist meist noch etwas Luft vorhanden. Fordern Sie sie aktiv zum Husten auf. Wenn keine Luft mehr kommt, müssen Sie sofort handeln.
  3. Heimlich-Griff anwenden: Stellen Sie sich hinter die betroffene Person, umfassen Sie deren Oberbauch mit beiden Händen, ballen Sie eine Faust oberhalb des Nabels und drücken Sie ruckartig nach innen-oben, bis zu 5 Mal.
  4. Rückenklopfen als Alternative: Beugen Sie den Oberkörper der Person leicht nach vorn und schlagen Sie kräftig mit der flachen Hand bis zu fünf Mal zwischen die Schulterblätter. Wechseln Sie bei Bedarf zwischen Heimlich-Griff und Rückenklopfen ab.

Wenn die Person bewusstlos wird: Legen Sie die Person auf den Rücken, prüfen Sie Atmung und beginnen Sie sofort mit Wiederbelebung: 30 Herzdruckmassagen und 2 Beatmungen im Wechsel, bis Hilfe eintrifft.

tags: #Parkinson #Tod #durch #Ersticken #Ursachen