Parkinson-Übungen mit dem Ball: Beweglichkeit erhalten und Selbstständigkeit fördern

Sport und Bewegung sind essenziell für ein langes und unbeschwertes Leben. Trotz eines gesunden Lebensstils können Erkrankungen den Alltag erschweren. Die Diagnose Parkinson stellt für viele Patienten einen Einschnitt dar. Moderne Medikamente und Eigeninitiative können den Krankheitsverlauf verlangsamen und Symptome mildern. Bewegung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Spezielle Übungen für Parkinsonpatienten helfen, beweglich zu bleiben, die Selbstständigkeit zu steigern und aktiv am Leben teilzunehmen.

Vorbereitung der Übungen

Die folgenden Übungen für Parkinsonpatienten können im Sitzen oder Stehen ausgeführt werden. Einige Übungen können mit Hilfsmitteln wie einem Gymnastikball (16 bis 20 cm Durchmesser) und einem Gymnastikstab (circa einen Meter lang) durchgeführt werden.

Vor dem Beginn der Übungen sollte der Patient sich aufwärmen. Leichte Aufwärmübungen bereiten den Körper optimal vor. Die anschließenden Übungen sollten jeweils 6 bis 8 Mal wiederholt werden. Das tägliche Pensum bestimmt der Patient selbst.

Aufwärmübungen

  1. Abwechselnd die Arme nach vorne ausstrecken und während der Bewegung die Hand öffnen. Diese Übung kann auch mit ausgestreckten Armen über dem Kopf oder seitlich ausgestreckten Armen durchgeführt werden.
  2. Sitzend auf einem Stuhl oder Hocker bis zur vorderen Kante rutschen, die Beine leicht ausstrecken und die Hände in die Hüften stemmen. Nun die Fußspitzen abwechselnd heben und senken, wobei die Fersen auf dem Boden bleiben. Anschließend Fersen heben und senken, wobei die Fußspitzen unten bleiben.

Übungen im Sitzen und Stehen

Zunächst werden die Übungen im Sitzen durchgeführt. Später kann die Schwierigkeit gesteigert werden, indem die Bewegungsabläufe im Stehen erfolgen.

  1. Auf die Vorderkante eines Stuhles oder Hockers setzen, beide Hände auf die Oberschenkel legen und den gestreckten Oberkörper sanft nach vorne und zurück neigen.
  2. Bei der nächsten Übung die gleiche Ausgangsposition einnehmen und den gestreckten Oberkörper sanft nach links und rechts bewegen.
  3. Nun werden beide Knie im Wechsel angehoben und die Arme schwingen dabei mit: rechter Arm und linkes Knie, linker Arm und rechtes Knie.
  4. Die Hände auf den Oberschenkeln ablegen, dann den Kopf langsam nach links drehen und in dieser Position mehrmals nicken. Dasselbe auf der rechten Seite.

Übungen mit Ball

Diese Übungen können im Schwierigkeitsgrad gesteigert werden, indem sie im Stehen ausgeführt werden. Ein Ball mit einem Durchmesser von ca. 16 - 20 cm hat sich in der Physiotherapie bewährt. Besonders geeignet sind sogenannte Gymnastikbälle, die Sie im Sportfachgeschäft erhalten können.

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  1. Sitzend auf einem Stuhl oder Hocker den Ball in beide Hände nehmen, Arme gestreckt nach vorne. Nun den Ball zur Brust führen und anschließend nach oben strecken. Danach wieder zur Brust und wieder zurück nach vorne.
  2. Bei der nächsten Übung ebenfalls im Sitzen den Ball in beide Hände nehmen und die Arme abwechselnd nach links und rechts oben strecken. Dazwischen den Ball immer kurz zur Brust führen.
  3. Nun den Ball mit den Händen um die Hüften kreisen lassen (hinter dem Rücken und vor dem Bauch umgreifen). Die Bewegung sollte dabei rund sein und nicht zu schnell. Nach 6 bis 8 Wiederholungen die Richtung wechseln.
  4. Anschließend wird der Ball abwechselnd unter den Beinen durchgeführt. Dabei soll das jeweilige Bein leicht angehoben werden. Wichtig ist, dass der Rücken bei dieser Übung immer gerade bleibt.

Übungen mit Stab

Auch bei diesen Übungen kann die Schwierigkeit gesteigert werden, indem sie im Stehen durchgeführt werden. Ein ca. 1 m langer Gymnastikstab ist für diese Art der Übungen gut geeignet. Diesen können Sie im Sportfachgeschäft erwerben. Oder lassen Sie einen Besenstiel im Baumarkt auf die richtige Länge kürzen.

  1. Sitzend den Stab mit beiden Händen umfassen und vor die Brust führen. Die Hände haben dabei einen schulterbreiten Abstand. Nun wird der Stab waagerecht nach vorne und wieder zurück geführt.
  2. Bei der nächsten Übung die gleiche Ausgangsposition einnehmen, den Stab aber über den Kopf nach oben führen und wieder zurück.
  3. Nun wird der Stab erst hinter den Kopf geführt und anschließend nach oben, über den Kopf und zurück geführt.
  4. Für die nächste Übung wird der Stab wieder vor der Brust gehalten und beide Arme kreisförmig nach vorne gestreckt und wieder zurück (Ähnlich der Bewegung von Beinen beim Radfahren). Nach 6 bis 8 Wiederholungen kann ein Richtungswechsel eingebaut werden.

Zusätzliche Therapieansätze bei Parkinson

Die heutige Therapie des Parkinson-Syndroms basiert auf vier Säulen:

  1. Medikamentöse Kombinationsbehandlung: Diese hat in den letzten 40 Jahren große Erfolge erzielt und wird ständig weiterentwickelt.
  2. Begleittherapie: Sie zielt darauf ab, dass Patienten verloren gegangene oder eingeschränkte Fähigkeiten und automatische Bewegungen wieder erlernen. Dies steigert die Lebensqualität erheblich.
  3. Physiotherapie: Sie trägt wesentlich zur Verbesserung oder Erhaltung der aktiven und passiven Mobilität in allen Gelenken bei. Zusätzlich kann eine Abnahme der Muskelsteifheit und eine Verbesserung der Beweglichkeit und Gehleistung erreicht werden.
  4. Ergotherapie: Sie verbessert die Koordination der Bewegungsabläufe im täglichen Leben und fördert Wahrnehmung, Orientierung sowie Gedächtnisleistungen.

Physiotherapie im Detail

Die Physiotherapie bei Parkinson versucht, die noch vorhandenen Bewegungsmuster optimal auszunutzen und verloren gegangene Bewegungen durch neuerlernte zu ersetzen. Die Motivierung der Patienten für diese Therapie ist von großer Bedeutung. Auch die Notwendigkeit der Kontinuität dieser Übungsbehandlungen sollte dem Patienten klar sein. Um die noch vorhandenen automatischen Bewegungen zu erhalten, ist die ständige Wiederholung der Bewegungen nötig. Die Bewegungen werden häufig mit Musik bzw. mit Rhythmus ausgeführt, einzeln mit dem Therapeuten oder in der Gruppe. Kommandos, Taktgeber, Marschmusik per Lautsprecher. MP3-Player oder Walkman sind sehr hilfreich. Auch die optische Gestaltung des Übungsraumes (Streifen oder Stäbe auf dem Fußboden, Schachbrettmuster usw. fördern den Trainingseffekt). Es werden auch einfache Geräte wie Bälle, Stäbe, Tücher verwendet. Entsprechend des Schweregrades der Symptomatik werden die Übungen im Gehen, stehend oder sitzend durchgeführt, bei schwerkranken Patienten sogar im Bett. Um die Gleichgewichtsreflexe zu unterstützen, werden auch bewegliche Untergründe (Schaukelbrett, Trampolin, Laufband, Pezziball) verwendet. In der letzten Zeit werden außerdem Trainingsgeräte eingesetzt. Es ist aber wichtig, dass die Übungen die Patienten nicht überfordern und dass die Ausprägung der Symptomatik und die Leistungsfähigkeit der Patienten immer berücksichtigt werden.

Die parkinsonbedingte Muskelsteifheit (Rigor) schränkt neben der Hypokinese die Beweglichkeit des Patienten zusätzlich ein. Mangels entsprechender Übung kann der Rigor auch zur Versteifung der Gelenke führen und so Kontrakturen verursachen. Zur Bekämpfung des Rigors sollen die Bewegungen großräumig durchgeführt werden, auch mit Schwung. Wichtig sind außerdem so genannte Dehnungs- und Lockerungsübungen. Auch alternierende oder schnell wiederholte Bewegungen mit Rhythmus wirken in diese Richtung.

Die Verbesserung der Körperhaltung ist ein weiteres Aktionsfeld für die Krankengymnastik. Unter optischer Kontrolle (Ganzkörperspiegel) durchgeführte Übungen, z.B. auch an der Sprossenwand oder neben einer Wand sind geeignet, um die Körperhaltung zu verbessern. Bei extremen Körperhaltungsstörungen kommen die Stärkung der Muskulatur auf der einen und die Dehnung auf der anderen Seite in Frage. In den Übungen soll die Rückenstrecker-Muskulatur gestärkt und - wenn nötig - die Beuge-Muskulatur entspannt werden.

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Ziel der Gangschulung der Patienten ist die Erhaltung der selbstständigen Gehfähigkeit. Auch mit den Gehübungen sollte man früh - beim Auftreten der ersten Gehprobleme - anfangen. Die einfachste Gehübung ist der tägliche Spaziergang, den man jedem Parkinson-Patienten empfehlen sollte. Gehübungen in der Gruppe mit Musik in einem möglichst großen Gymnastikraum, Nordic-Walking sind für Patienten mit leichten Gehstörungen gut geeignet. Wichtig ist die ständige Korrektur durch die Therapeuten. Es sollten die Schrittlänge, die Gangspur, das Mitschwingen der Arme kontrolliert werden.

Ein besonderes Problem sind beim Gehen die Starthemmungen des Patienten, die im fortgeschrittenen Zustand medikamentös nicht beeinflussbar sind. Diese so genannten Freezing-Erscheinungen führen dazu, dass der Patient - wie am Boden angeklebt - den ersten Schritt nach vorne nicht machen kann. Diese Starthemmung tritt insbesondere in Engpass-Situationen, beim Umdrehen, vor Türschwellen, vor dem Ziel oder in offenen Räumen auf und führt häufig zu schweren Stürzen, weil der Patient versucht, sich mit dem Oberkörper nach vorne zu bewegen, wobei die Füße am Boden kleben bleiben.

Die Gleichgewichtstörungen und die damit verbundenen Stürze mit hoher Verletzungsgefahr bedeuten bei der fortgeschrittenen Parkinson-Krankheit ein großes Problem. Ein wichtiger Teil dieser Übungen ist das Erlernen von kompensatorischen Ausfallschritten. Die Sturzprophylaxe beinhaltet aber auch die Aufklärung der Patienten und der Angehörigen. Der Patient soll lernen, solche Situationen zu meiden, die die Gefahr des Hinfallens in sich bergen.

Ergotherapie im Detail

Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Durch gezieltes Training werden die Fingergeschicklichkeit und die Hand-Hand-Koordination verbessert, sowie die Handmuskeln gekräftigt. Ferner wird auch die Mobilisation der Gelenke gefördert, was die Entstehung von Kontrakturen verringert. Hier kommen die verschiedensten Therapiemedien zum Einsatz, wie z.B. Therapieknete, Igel-Ball, Tücher, Knöpfe, Papier, Korken etc. Um einer Verkleinerung der Handschrift entgegenzuwirken, werden unterschiedliche Lockerungs- und Schwungübungen durchgeführt.

Da im Verlauf der Erkrankung die Denkabläufe verlangsamt und/oder gestört sein können ist es sinnvoll, durch gezielte Übungen die entsprechenden Fertigkeiten zu trainieren. Eine Trainingseinheit kann aus Aufgaben folgender Bereiche zusammengesetzt sein: Kurzzeitgedächtnis, Konzentration, Aufmerksamkeit, räumliche Wahrnehmung, Kommunikation, Handlungsplanung, Logik etc. Durch Parkinson sind viele alltägliche Bewegungen stark eingeschränkt. Allzu oft scheint eine Hilfsperson unabdinglich zu sein. Jedoch kann durch ein gezieltes Alltagstraining (Ankleiden, Körperpflege etc.) die Selbstständigkeit gefördert werden.

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Zur Behandlung der reduzierten Mimik kann durch ein individuell angepasstes Übungsprogramm der Gesichtsausdruck verbessert werden. Mit handwerklich-kreativen Arbeiten können sowohl feinmotorische als auch kognitive Defizite trainiert werden. Da ein erhöhtes Sturzrisiko besteht, ist das Informieren und Sensibilisieren für mögliche Stolperfallen wichtig. Eine aufrechte Körperhaltung ist der Ausgangspunkt einer jeden Einheit.

Ergotherapie darf und soll auch Spaß machen, damit die Motivation beim Training bestimmter Verhaltensweisen wächst. Dabei ist es nicht nur hilfreich, sondern eigentlich unerlässlich, ein konkretes Ziel für die Verbesserung des Alltags im Auge zu behalten. Selbst kleine erfolgreiche Schritte auf dem Weg dorthin sind erfreulich und können „gefeiert“ werden. Unsere Aufgabe als Ergotherapeuten ist es, den uns anvertrauten Patienten eine größtmögliche Selbstständigkeit im Alltag zu ermöglichen.

Sprachtherapie

Bei Parkinson sind die Gesichtsmuskeln häufig steif und angespannt, Stimme und Sprache leiden unter dieser Unbeweglichkeit. Die Stimme wird heiser und leiser, das Sprechen wird langsamer, die Aussprache undeutlicher. Atemübungen können dabei helfen, die Sprache zu trainieren. Richtiges Atmen verbessert darüber hinaus die Sauerstoffzufuhr der Lunge und schützt vor Bronchitis und Lungenentzündung. Neben dem Atemtraining sind mimische Übungen, bei denen die Gesichtsmuskulatur gelockert wird, eine wichtige Vorbereitung für die eigentlichen Sprechübungen. Die Sprechübungen selbst dienen dazu, die Wörter richtig zu artikulieren und den Rhythmus sowie die Lautstärke der Sprache zu erhalten. Alle diese Übungen (Mimik, Atem- und Sprechtraining) sollten mit einem ausgebildeten Logopäden erlernt und dann konsequent zu Hause weitergeführt werden. Lautes Lesen kann das Sprachtraining zusätzlich unterstützen.

Psychotherapie

Eine starke Ausprägung der Parkinson-Symptome kann zu sozialem Rückzug führen. Dieser reduzierte soziale Kontakt kann sich auf die Stimmung der Betroffenen auswirken, schließlich sind depressive Verstimmungen oder Depressionen häufige Begleiterscheinungen von Parkinson. Diese seelischen Erkrankungen sind in der Regel behandelbar. Durch eine Psychotherapie (z. B. eine Gesprächstherapie) können mögliche Traumata aufgearbeitet werden.

Tägliche Übungen für Mimik und Gestik

Die nachfolgenden Übungen können ohne große Umstände zu Hause selbst praktiziert werden. Dennoch sollten Betroffene mit dem behandelnden Arzt abklären, welche Übungen geeignet sind und welche nicht.

  1. Oberlippe bzw. Finger weit auseinanderspreizen.
  2. Beide Hände ganz zusammenlegen. Fingerspitzen zeigen dabei nach oben, jetzt Handflächen voneinander lösen, sodass die Finger zusammenbleiben.
  3. Hände zur Faust schließen. Dann plötzlich Hand öffnen und gleichzeitig Finger spreizen.
  4. Hände zur Faust schließen. Nacheinander daraus Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger, Ringfinger und Kleinfinger lösen.

Hilfe durch Angehörige oder Pflegedienst

Mit fortschreitender Erkrankung fällt die Mobilisierung von Patienten immer schwerer. In diesem Fall sollten vor allem Angehörige unterstützend zur Seite stehen. Viele der oben genannten Übungen können auch mithilfe einer anderen Person durchgeführt werden. Hauptsache der Patient bleibt aktiv. Neben der Hilfe von Angehörigen kann aber auch ein Pflegedienst zur Unterstützung hinzugezogen werden. Dieser übernimmt neben der Mobilisierung auch alltägliche Aufgaben im Umfeld des Parkinsonpatienten. Je nach Stadium der Erkrankung können dies pflegerische Maßnahmen oder Hilfe im Haushalt sein.

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