Parkinson-Übungen im Stehen: Eine umfassende Anleitung

Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die hauptsächlich das motorische System beeinträchtigt. Sie ist gekennzeichnet durch den Verlust von Dopamin produzierenden Neuronen in der Substantia nigra des Gehirns, was zu Symptomen wie Tremor, Bradykinesie, Muskelsteifheit und Gleichgewichtsproblemen führt. Obwohl es derzeit keine Heilung gibt, können verschiedene Behandlungsansätze die Symptome lindern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Regelmäßige körperliche Aktivität und gezielte Übungen spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Was ist Parkinson?

Die Parkinson-Krankheit ist eine degenerative neurologische Erkrankung, die vor allem das motorische System betrifft. Sie ist durch den Verlust von Dopamin produzierenden Neuronen in der Substantia nigra des Gehirns gekennzeichnet. Dies führt zu den charakteristischen Symptomen wie Tremor (Zittern), Bradykinesie (verlangsamte Bewegungen), Muskelsteifheit und Gleichgewichtsproblemen. Die genaue Ursache der Parkinson-Krankheit ist noch nicht vollständig geklärt, jedoch wird eine Kombination aus genetischen und Umweltfaktoren vermutet.

Die Krankheit verläuft chronisch und fortschreitend, was bedeutet, dass die Symptome im Laufe der Zeit schlimmer werden. Trotz intensiver Forschung gibt es derzeit keine Heilung, aber verschiedene Behandlungsansätze können die Symptome lindern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Dazu gehören Medikamente, chirurgische Eingriffe und eine Vielzahl von therapeutischen Maßnahmen, zu denen auch gezielte Übungen gehören.

Was kann man gegen Parkinson tun?

Regelmäßige körperliche Aktivität und spezielle Übungen spielen eine entscheidende Rolle im Management der Parkinson-Krankheit. Sie können nicht nur die motorischen Symptome lindern, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität der Patienten verbessern. Hier sind einige der wichtigsten Übungsarten und ihre Vorteile:

Beweglichkeit und Flexibilität

Dehnübungen sind essentiell, um die Muskelsteifheit zu reduzieren und die Beweglichkeit zu fördern. Regelmäßiges Dehnen der Muskeln, insbesondere der großen Muskelgruppen wie Beine, Rücken und Arme, kann helfen, die Beweglichkeit zu erhalten und Schmerzen zu lindern.

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Krafttraining

Kraftübungen stärken die Muskulatur und tragen dazu bei, die Körperhaltung zu verbessern und die Gelenkstabilität zu erhöhen. Übungen wie Kniebeugen, Hanteltraining oder das Arbeiten mit Widerstandsbändern sind besonders effektiv.

Gleichgewichts- und Koordinationstraining

Gleichgewichtsstörungen sind ein häufiges Problem bei Parkinson-Patienten und können zu Stürzen führen. Gleichgewichtsübungen wie das Stehen auf einem Bein, das Gehen auf unebenem Untergrund oder spezielle Balancetrainings können das Gleichgewicht und die Koordination verbessern.

Aerobe Übungen

Aerobe Aktivitäten wie Gehen, Radfahren, Schwimmen oder Tanzen sind wichtig, um die kardiovaskuläre Gesundheit zu fördern und die Ausdauer zu steigern. Diese Übungen tragen auch dazu bei, das allgemeine Energieniveau zu erhöhen und die Stimmung zu verbessern.

Gehtraining

Spezifisches Gehtraining kann helfen, das typische schleppende Gangbild von Parkinson-Patienten zu verbessern. Übungen wie das bewusste Heben der Füße beim Gehen, das Nutzen von visuellen oder auditiven Hilfsmitteln und das Gehen in verschiedenen Geschwindigkeiten oder Mustern sind dabei besonders hilfreich.

Atemübungen

Da Parkinson auch die Atemmuskulatur beeinträchtigen kann, sind Atemübungen wichtig. Tiefes Ein- und Ausatmen, Atemgymnastik und der Einsatz von Atemtrainern können die Lungenkapazität verbessern und die Atemmuskulatur stärken.

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Tai Chi und Yoga

Tai Chi und Yoga sind sanfte Übungsformen, die Beweglichkeit, Gleichgewicht und Koordination fördern. Sie kombinieren körperliche Übungen mit Meditation und Atemkontrolle, was auch zur Stressbewältigung und Entspannung beitragen kann.

Übungen für Zuhause

Neben den genannten Übungsarten gibt es auch spezifische Übungen, die Parkinson-Patienten zu Hause durchführen können. Desitin hat zusammen mit Prof. Dr. med. Ebersbach, Chefarzt des Neurologischen Fachkrankenhauses für Bewegungsstörungen/Parkinson in Beelitz-Heilstätten (Potsdam), Übungen entwickelt, die Menschen mit Parkinson helfen sollen, so lange wie möglich beweglich und aktiv im täglichen Leben zu bleiben. Diese Übungen können im Liegen, Sitzen oder Stehen durchgeführt werden.

Übungen im Liegen

  • In Rückenlage:
    • Auf den Rücken legen, Arme ausstrecken, beide Beine anwinkeln und mit geschlossenen Knien abwechselnd links und rechts zum Boden absenken (je 6 - 8 mal).
    • Arme und Beine lang ausstrecken, linke Fußspitze hochziehen und gleichzeitig die Ferse vom Körper wegschieben (6 - 8 mal). Und dann das gleiche mit dem rechten Bein (6 - 8 mal).
    • Wie vorherige Übung, mit linkem Bein beginnen, jetzt aber gleichzeitig den rechten Arm weit vom Kopf wegschieben (wie beim Räkeln) (6 - 8 mal). Und dann das gleiche mit dem rechten Bein und dem linken Arm (6 - 8 mal).
    • Die gestreckten Beine leicht grätschen. Arme nach Oben zur Zimmerdecke strecken, die Hände falten und mit gestreckten Armen abwechselnd rechts und links auf den Boden legen (je 6 - 8 mal).
  • In Seitlage:
    • Auf die Seite legen, oberen Arm vor dem Körper aufstützen, den anderen Arm unter den Kopf. Unteres Bein anbeugen und mit dem oberen, gestreckten Bein vor- und zurückschwingen (6 - 8 mal). Dann auf die andere Seite legen, unteres Bein anbeugen und das obere Bein vor- und zurückschwingen (6 - 8 mal).
    • Gleiche Position wie in vorheriger Übung einnehmen und abwechselnd rechtes und linkes Bein anbeugen und wieder ausstrecken (6 - 8 mal). Dann auf die andere Seite legen und die Übung wiederholen (6 - 8 mal).
    • In der Seitenlage Arme und Beine ausstrecken und jetzt die obere Schulter nach hinten zurückdrehen und wieder hoch drehen. Das Becken bleibt in Seitenlage ( 6 - 8 mal). Dann auf die andere Seite legen und die Übung wiederholen (6 - 8 mal).
    • Gleiche Position wie in vorheriger Übung einnehmen, beide Beine bleiben aber gestreckt aufeinander liegen. Jetzt das Becken nach vorne drehen und wieder in Seitenlage hochdrehen (6 - 8 mal). Seite wechseln und Übung wiederholen ( 6 - 8 mal).

Übungen im Sitzen

  • Auf den vorderen Teil des Stuhles setzen, Hände auf die Oberschenkel legen und dann den gestreckten Oberkörper nach vorne neigen und wieder zurück (6 - 8 mal).
  • Gleiche Position wie in vorheriger Übung einnehmen und abwechselnd den Oberkörper nach rechts und nach links bewegen (je 6 - 8 mal).
  • Oberkörper nach rechts bewegen und gleichzeitig das linke Knie anheben. Dann Oberkörper nach links bewegenund gleichzeitig das rechte Knie anheben (6-8 mal).
  • Wie in vorheriger Übung die Knie abwechselnd anheben. Aber die Arme schwingen gegenläufig mit (wie beim Wandern): linker Arm und rechtes Knie hoch und umgekehrt (6-8 mal).
  • Stellen Sie das linke und das rechte Bein etwas weiter nach rechts. Arme vor dem Körper nebeneinander ausstrecken und nun mit beiden Armen erst nach links und dann nach rechts schwingen (6-8 mal). Danach Beinposition ändern: Linkes und rechtes Bein jetzt etwas weiter nach links stellen. Beide Arme schwingen nun wieder nach rechts und nach links (6-8 mal).
  • Mit geradem Rücken an die Stuhllehne anlehnen, den rechten Fuß auf die Stuhlkante setzen und das Bein mit den Armen umfassen. Den Rücken betont strechen. Dann das gleiche mit dem linken Bein (je 6-8 mal).
  • Mit geradem Rücken an die Stuhllehne anlehnen. Mit der rechten Hand an der Sitzfläche festhalten. Mit dem linken Arm fassen Sie weit über den Kopf zum rechten Ohr und ziehen den Kopf sanft nach links. Dann Kopf wieder aufrichten. Und nun umgekehrt mit rechtem Arm über den Kopf greifen und Kopf sanft nach rechts ziehen (6-8 mal).
  • Die Hände wieder auf de Oberschenkel, den Kopf langsam nach rechts drehen und jetzt mehrmals nicken. Und dann das gleiche zur linken Seite (je 6-8 mal).

Übungen im Stehen

Bei diesen Übungen ist es wichtig, sich an einer festen Griffstange, z. B. an einer Sprossenwand, festzuhalten. Alternativ kann man sich an der Türklinke oder einem anderen festen Griff festhalten. Wichtig: Tür vorher verschließen, damit sie sich während der Übungen nicht versehendlich öffnet.

  • Beinschwingen: Seitlich zur Tür hinstellen. Mit rechter Hand an Türklinke/Griff festhalten. Auf dem linken Bein stehen bleiben und rechtes Bein vor- und zurückschwingen (6-8 mal). Dann umdrehen, mit linker Hand festhalten. Und das rechte Bein vor- und zurückschwingen (6-8 mal).
  • Arm- und Beinschwingen: Nun kommt zur Übung 1 eine Armbewegung hinzu. Wenn das rechte Bein nach vorne schwingt, schwingt der linke freie Arm auch nach Vorne. Arm und Bein gleichzeitig vor- und zurückschwingen (6-8 mal). Drehen Sie sich jetzt zur anderen Seite und halten Sie mit der linken Hand die Türklinke fest. Auf dem rechten Bein stehen bleiben und linkes Bein vor- und zurückschwingen (6-8 mal). Danach die Armbewegungen hinzunehmen: linkes Bein und rechter Arm schwingen gleichzeitig vor und zurück (6-8 mal).
  • Beckendehnung: Mit dem Gesicht zur Tür hinstellen. Die Füße stehen mindestens hüftbreit auseinander. Mit beiden Händen die Türklinke festhalten. Becken nach hinten strecken.
  • Gesichtsmuskulatur: Tägliches Training der Gesichtsmuskulatur kann Ihre Ausdrucksfähigkeit erhalten oder wieder verbessern. Da die mimischen Muskeln ihre Stimmung anzeigen, spielen sie bei der nonverbalen Kommunikation eine wichtige Rolle. Je 3 x im Wechsel und in jeder Position in Gedanken bis drei zählen und dabei halten:
    • Heben Sie beide Augenbrauen, dann runzeln Sie die Stirn ("erstaunt schauen").
    • Ziehen Sie die Augenbrauen zusammen ("verärgert"), dann rümpfen Sie die Nase ("angeekelt").
    • Spitzen Sie die Lippen ("Kussmund") / Sprechen Sie ein "u".
    • Ziehen Sie die Lippen breit ("übertriebenes Lächeln") / Sprechen Sie ein übertriebenes "i".
    • Setzen Sie Ihre Mimik bewusst im Alltag ein.

Weitere wichtige Aspekte

Bewegung und Sport

Menschen mit Parkinson sind in der Regel zunehmend in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Hilfen zur Aufrechterhaltung ihrer Mobilität sind daher ausgesprochen wichtig. Sie sollten sich möglichst viel bewegen. Geeignet sind Spazierengehen, aber auch speziell auf die Krankheit abgestimmte Physio- und Ergotherapie. Durch Sport und Bewegung können Muskelsteifheit und Störungen des Bewegungsablaufs vermindert werden. Betroffene können zu Hause, in Sportgruppen oder unter Anleitung von Fachkräften aus Physio- bzw. Ergotherapiepraxen trainieren und gezielte Übungen machen. Besonders gut geeignet sind Schwimmen, Wassergymnastik, Wandern oder Nordic Walking, weil dabei Beweglichkeit, Gleichgewichtsvermögen, Kraft, Körperhaltung und Koordination trainiert werden. Eher vermieden werden sollten Sportarten, die mit einem hohen Sturzrisiko verbunden sind, z.B. durch schnelle Drehbewegungen. Neben bekannten Sportarten wie Wandern oder Radfahren gibt es für Menschen mit Parkinson viele spezielle Angebote, z.B. Tischtennis, Bogenschießen oder Karate.

Gangschulung

Typisch für die Erkrankung ist, dass die Arme nicht mehr mitschwingen und die Schritte immer kleiner werden. Durch zusätzliche Störungen der Halte- und Stellreflexe sowie plötzlich auftretende Blutdruckabfälle kommt es zu Gangunsicherheiten und häufig auch zu Stürzen. Als Freezing-Phänomen wird das plötzliche Verharren in einer Bewegung bezeichnet. Diese motorische Blockade kann bei Menschen mit Parkinson Stress und Ärger auslösen. Mithilfe einer physiotherapeutischen Behandlung lässt sich die Überwindung motorischer Blockaden trainieren und auf den Alltag übertragen.

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Mimiktraining

Ein weiteres Symptom von Parkinson ist die Verringerung der aktiven mimischen Kommunikation, bedingt durch die Steifheit der Gesichtszüge. Um dem entgegenzuwirken, sollte der Mensch mit Parkinson vor dem Spiegel verschiedene Gesichtsausdrücke (Freude, Angst, Erschrecken) üben.

Entspannung

Entspannung wirkt der krankheitsbedingten Versteifung entgegen. Entspannung ist aber auch hilfreich, um Stress, Angst und Unsicherheit zu reduzieren, die bei vielen Patienten durch Parkinson und die Symptome hervorgerufen werden und diese gleichzeitig verstärken können. Betroffene sollten Entspannungsübungen erlernen und regelmäßig einsetzen. Geeignet sind z.B. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Biofeedback-Verfahren, Yoga oder Atemübungen. Auch warmes Wasser wirkt sich günstig aus.

Physiotherapie und Ergotherapie

Wenn die Erkrankung fortschreitet, verändern sich die Bewegungsabläufe und die Gelenke versteifen. In der Physiotherapie werden vor allem Übungen für die Beweglichkeit vermittelt, damit Bewegungsabläufe weiterhin normal funktionieren können. Um einer Versteifung der Gelenke möglichst lange entgegenzuwirken, sollten die Übungen regelmäßig durchgeführt werden. Außerdem kann das Physiotherapie-Fachpersonal bei der Auswahl geeigneter Hilfsmittel helfen. In der Ergotherapie wird die Feinmotorik trainiert, z.B. das Öffnen von Knöpfen oder Reißverschlüssen, um damit Alltagskompetenzen und Selbstständigkeit zu erhalten.

Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation (PNF)

PNF ist eine bewährte physiotherapeutische Technik, die darauf abzielt, das Zusammenspiel zwischen Muskeln und Nervensystem zu verbessern. Durch gezielte Bewegungsmuster, die oft gegen einen sanften Widerstand ausgeführt werden, wird das zentrale Nervensystem angeregt, Bewegungen bewusster zu steuern. Die Methode basiert auf der Erkenntnis, dass Muskeln nicht isoliert arbeiten, sondern in funktionellen Mustern agieren. Durch gezielte Reize können diese Muster gefördert und gestärkt werden. Dadurch lassen sich Beweglichkeit, Kraft, Koordination und Gleichgewicht gezielt trainieren.

Bewegungstherapie BIG

Eine speziell für Parkinson-Patienten entwickelte Bewegungs-Therapie hat den Namen BIG. "In dieser speziellen Therapie lernen die Patienten ganz bewusst darauf zu achten, große Bewegungen zu machen", erklärt Prof. Andrea Kühn. "Man geht davon aus, dass ein Parkinson-Patient seine Bewegungen größer wahrnimmt, als sie wirklich sind. Um eine Rejustierung vorzunehmen, wird in Einzel- oder Gruppentherapie drei Wochen lang intensiv trainiert, wieder größere Bewegungen zu machen", so Andrea Kühn weiter.

Wearables

Um das Tagesprofil von Patienten besser ableiten zu können, werden neuerdings auch sogenannte Wearables eingesetzt, also quasi Fitness-Uhren, die auch den Tremor und die Beweglichkeit messen können.

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