Schlafstörungen gehören zu den häufigsten und belastendsten nicht-motorischen Symptomen der Parkinson-Krankheit. Sie können in allen Stadien der Erkrankung auftreten und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Eine genaue Diagnose und gezielte Behandlung der verschiedenen Ursachen sind entscheidend für einen erholsamen Schlaf.
Schlafstörungen bei Parkinson: Ein Überblick
Bis zu 90 % der Menschen mit Parkinson leiden unter Schlafstörungen, die sich in verschiedenen Formen äußern können. Dazu gehören:
- Einschlafstörungen: Schwierigkeiten, abends zur Ruhe zu kommen und einzuschlafen.
- Durchschlafstörungen: Häufiges Aufwachen in der Nacht und Schwierigkeiten, wieder einzuschlafen.
- REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD): Ausleben von Träumen mit heftigen Bewegungen, Schreien oder Sprechen im Schlaf.
- Restless-Legs-Syndrom (RLS): Unangenehme Missempfindungen in den Beinen mit einem starken Bewegungsdrang, vor allem abends und nachts.
- Frühmorgendliche Dystonien: Schmerzhafte Muskelkrämpfe, die vor allem in den frühen Morgenstunden auftreten.
- Nykturie: Häufiges Wasserlassen in der Nacht.
- Tagesmüdigkeit: Vermehrtes Einschlafen tagsüber.
Ursachen von Schlafstörungen bei Parkinson
Die Ursachen für Schlafstörungen bei Parkinson sind vielfältig und können sowohl mit der Erkrankung selbst als auch mit den Medikamenten zusammenhängen.
Parkinson-bedingte Ursachen
- Motorische Symptome: Steifigkeit (Rigor), Zittern (Tremor) und Bewegungsverlangsamung (Bradykinese) können das Umdrehen im Bett erschweren und zu Schmerzen führen.
- Nicht-motorische Symptome: Depressionen, Angstzustände, Halluzinationen, kognitive Beeinträchtigungen und Störungen der Harnblasenfunktion können den Schlaf negativ beeinflussen.
- Veränderungen im Gehirn: Die Parkinson-Krankheit führt zu einem Mangel an Dopamin und anderen Botenstoffen, die für die Steuerung des Schlafs wichtig sind. Auch die Melatonin-Produktion kann gestört sein.
- REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD): Erste Veränderungen im zentralen Nervensystem können dazu führen, dass die Muskulatur im Traumschlaf nicht mehr ausreichend gehemmt wird, was zu heftigen Bewegungen und Lautäußerungen führt.
Medikamentenbedingte Ursachen
- Nebenwirkungen von Parkinson-Medikamenten: Einige Medikamente können aktivierend wirken und das Einschlafen erschweren, während andere Müdigkeit verursachen oder innere Unruhe auslösen können.
- Wirkungsschwankungen: Im Laufe der Zeit kann die Wirkung der Medikamente nachlassen, was zu nächtlicher Unterbeweglichkeit, Muskelkrämpfen und Schmerzen führen kann.
- Wassertabletten: Die Einnahme von Wassertabletten am Abend kann zu häufigen Toilettengängen in der Nacht führen.
- Medikamenteninduzierte Psychose: In einigen Fällen können Parkinson-Medikamente lebhafte Träume, Albträume und nächtliche Unruhezustände verursachen.
Weitere Faktoren
- Restless-Legs-Syndrom (RLS): Das RLS kann unabhängig von Parkinson auftreten oder durch die Erkrankung verstärkt werden. Ein Eisenmangel kann die Symptome verschlimmern.
- Schlafapnoe: Bei manchen Patienten liegt zusätzlich ein obstruktives Schlafapnoesyndrom vor, bei dem es zu Atemaussetzern im Schlaf kommt.
- Schlechte Schlafhygiene: Ungünstige Schlafgewohnheiten wie unregelmäßige Schlafzeiten, Fernsehen oder Computerarbeit vor dem Schlafengehen, Koffeinkonsum am Abend oder eine schwere Mahlzeit vor dem Schlafengehen können den Schlaf beeinträchtigen.
- Negative Gedanken: Sorgen und Ängste können sich in den Abend- und Nachtstunden verstärken und das Einschlafen verhindern.
Diagnose von Schlafstörungen bei Parkinson
Eine sorgfältige Diagnose ist entscheidend, um die Ursachen der Schlafstörungen zu erkennen und eine gezielte Behandlung einzuleiten.
Anamnese und Fragebögen
- Ausführliches Gespräch mit dem Arzt: Der Arzt wird nach den genauen Beschwerden, dem Schlafverhalten und den eingenommenen Medikamenten fragen.
- Schlaftagebuch: Das Führen eines Schlaftagebuchs über einige Tage oder Wochen kann helfen, die Schlafprobleme genauer zu beschreiben.
- Fragebögen: Es gibt spezielle Fragebögen wie die "Parkinson Disease Sleep Scale 2 (PDSS-2)" und die "Epworth Schläfrigkeitsskala (ESS)", die zur Beurteilung von Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit eingesetzt werden können.
Körperliche Untersuchung
- Neurologische Untersuchung: Der Arzt wird die motorischen und nicht-motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit untersuchen.
- Untersuchung auf andere Erkrankungen: Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen für Schlafstörungen wie Eisenmangel, Schilddrüsenstörungen oder Polyneuropathie auszuschließen.
Schlaflaboruntersuchung (Polysomnographie)
- Indikation: Eine Untersuchung im Schlaflabor ist vor allem dann sinnvoll, wenn Verdacht auf ein obstruktives Schlafapnoesyndrom besteht oder die Ursache der Schlafstörungen unklar ist.
- Ablauf: Im Schlaflabor werden während des Schlafs verschiedene Parameter wie Hirnströme, Augenbewegungen, Muskelaktivität, Atmung und Herzfrequenz aufgezeichnet. Dadurch können Schlafstadien, Schlafunterbrechungen, Beinbewegungen und Atemaussetzer erkannt werden.
Behandlung von Schlafstörungen bei Parkinson
Die Behandlung von Schlafstörungen bei Parkinson ist individuell und richtet sich nach den zugrunde liegenden Ursachen.
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Allgemeine Maßnahmen
- Schlafhygiene: Eine gute Schlafhygiene ist die Basis für einen erholsamen Schlaf. Dazu gehören:
- Regelmäßige Schlafzeiten
- Eine entspannende Abendroutine
- Ein dunkles, ruhiges und kühles Schlafzimmer
- Vermeidung von Koffein und Alkohol am Abend
- Eine leichte Abendmahlzeit
- Regelmäßige körperliche Aktivität am Tag, aber nicht kurz vor dem Schlafengehen
- Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Achtsamkeitsübungen können helfen, Stress abzubauen und zur Ruhe zu kommen.
- Kognitive Verhaltenstherapie: Eine kognitive Verhaltenstherapie kann helfen, negative Gedanken und Verhaltensweisen zu verändern, die den Schlaf beeinträchtigen.
- Anpassung der Parkinson-Medikation: In vielen Fällen kann eine Anpassung der Parkinson-Medikation die Schlafstörungen verbessern. So können beispielsweise Retard-Präparate helfen, nächtliche Unterbeweglichkeit und Muskelkrämpfe zu reduzieren.
- Behandlung von Begleiterkrankungen: Die Behandlung von Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angstzuständen oder Harnblasenstörungen kann ebenfalls zu einer Verbesserung des Schlafs beitragen.
Spezifische Therapien
- REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD): Bei heftigen Bewegungen im Schlaf kann Clonazepam verabreicht werden.
- Restless-Legs-Syndrom (RLS): Bei RLS-Beschwerden können Dopaminagonisten, L-Dopa oder Opioide eingesetzt werden. Auch eine Eisensubstitution kann hilfreich sein.
- Schlafapnoe: Bei einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom kann eine CPAP-Therapie (kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck) mit einem Beatmungsgerät erforderlich sein.
- Nächtlicher Harndrang: Die Reduktion der Trinkmenge am Abend und die Einnahme von Medikamenten, die den Harndrang reduzieren, können helfen. In manchen Fällen kann auch ein WC-Stuhl oder ein Urinalkondom sinnvoll sein.
- Schlafmittel: Schlafmittel sollten nur in Ausnahmefällen und nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden, da sie Nebenwirkungen haben und abhängig machen können.
Restless-Legs-Syndrom (RLS) bei Parkinson
Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist eine häufige Begleiterscheinung der Parkinson-Krankheit. Es zeichnet sich durch unangenehme Missempfindungen in den Beinen aus, die vor allem abends und nachts auftreten und mit einem starken Bewegungsdrang verbunden sind. Die Beschwerden können das Ein- und Durchschlafen erheblich beeinträchtigen.
Symptome
Die Symptome des RLS werden von Betroffenen unterschiedlich beschrieben. Häufige Beschreibungen sind:
- Kribbeln
- Ziehen
- Brennen
- Schmerzen
- Unruhe
Die Beschwerden treten vor allem in Ruhe auf, beispielsweise im Sitzen oder Liegen, und bessern sich durch Bewegung.
Ursachen
Die Ursache des RLS ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass eine Störung des Dopamin-Stoffwechsels im Gehirn eine Rolle spielt. Auch ein Eisenmangel kann die Symptome verstärken.
Diagnose
Die Diagnose des RLS wird in erster Linie anhand der typischen Beschwerden gestellt. Eine körperliche Untersuchung und eine Blutuntersuchung können helfen, andere Ursachen auszuschließen. In manchen Fällen kann eine Schlaflaboruntersuchung sinnvoll sein.
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Behandlung
Die Behandlung des RLS richtet sich nach der Schwere der Beschwerden.
- Nicht-medikamentöse Maßnahmen:
- Regelmäßige Bewegung
- Wechselbäder
- Massagen
- Vermeidung von Koffein und Alkohol am Abend
- Medikamentöse Therapie:
- Eisenpräparate
- Dopaminagonisten
- L-Dopa
- Opioide
- Antiepileptika (Gabapentin, Pregabalin)
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