Podologie bei Polyneuropathie: Verordnung, Indikationen und Voraussetzungen

Die Podologie, oft auch als medizinische Fußpflege bezeichnet, spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung und Prävention von Fußschäden, insbesondere bei Patienten mit Polyneuropathie. Dieser Artikel beleuchtet die Verordnungsmöglichkeiten, Indikationen und Voraussetzungen für podologische Behandlungen bei Polyneuropathie und Querschnittssyndrom, basierend auf den aktuellen Richtlinien und Empfehlungen.

Einführung

Die Füße sind ein komplexes System aus Knochen, Muskeln und Sehnen, das sich im Laufe des Lebens verändern kann. Fußveränderungen im Vorfußbereich sowie Haut- und Nagelveränderungen können Schmerzen verursachen. Gerade für Senioren und Menschen mit Pflegebedarf ist Fußpflege oft eine Herausforderung. Wenn die Füße aufgrund gesundheitlicher Beschwerden besondere Pflege benötigen, kommt die medizinische Fußpflege - auch Podologie genannt - ins Spiel. Die podologische Behandlung kann als Heilmittel von einem Arzt verschrieben werden.

Neue Diagnosegruppen NF und QF im Heilmittelkatalog

Seit dem 1. Juli 2020 wurden die neuen Diagnosegruppen NF (Neuropathie) und QF (Querschnittssyndrom) mit entsprechenden Beispieldiagnosen in den Heilmittelkatalog aufgenommen. Diese Erweiterung ermöglicht es, Patienten mit Fußschädigungen aufgrund von sensiblen oder sensomotorischen Neuropathien bzw. Querschnittssyndromen podologisch zu behandeln. Es handelt sich hierbei um Indikationen, die mit dem diabetischen Fußsyndrom (DF) vergleichbar sind.

Indikationen für die Diagnosegruppe NF (Neuropathie)

Die Diagnosegruppe NF umfasst Schädigungen am Fuß als Folge einer sensiblen oder sensomotorischen Neuropathie, beispielsweise bei:

  • hereditärer sensibler und autonomer Neuropathie
  • systemischen Autoimmunerkrankungen
  • Kollagenosen
  • toxischer Neuropathie

Es ist wichtig zu beachten, dass bei Autoimmunerkrankungen nicht zwingend eine Neuropathie auftreten muss. Daher ist ein genauerer Bezug zwischen der Autoimmunerkrankung und den Fußschäden erforderlich, um eine Abrechnungssicherheit zu gewährleisten.

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Indikationen für die Diagnosegruppe QF (Querschnittssyndrom)

Die Diagnosegruppe QF bezieht sich auf krankhafte Schädigungen als Folge eines Querschnittssyndroms, beispielsweise bei:

  • Spina bifida
  • chronischer Myelitis
  • Syringomyelie
  • traumatisch bedingten Schädigungen des Rückenmarks

Voraussetzungen für die Verordnung podologischer Therapie

Laut G-BA sind Maßnahmen der Podologie künftig nur bei Vorliegen von nachweisbaren Gefühlsstörungen der Füße mit oder ohne Durchblutungsstörungen verordnungsfähig. Die Heilmittel-Richtlinie sieht die podologische Therapie nur für Patienten vor, die ohne diese Behandlung irreversible Folgeschädigungen an den Füßen erleiden würden, die durch Entzündungen und Wundheilungsstörungen entstehen können.

Risikofaktoren zur Überprüfung des Gefährdungspotenzials

Die folgenden Risikofaktoren helfen bei der Überprüfung des Gefährdungspotenzials beim Patienten:

  • Hyperkeratosen tiefgehend oder mit Einblutungen und Rhagaden
  • bestehendes Ulkus am Fuß an anderer Lokalisation oder in der Anamnese (durch Fußdeformitäten oder Paresen oder durch Schädigungen an Gelenken, Sehnen oder Muskeln im Bereich des Fußes)
  • zusätzlich vorliegende Durchblutungsstörungen im Bereich der unteren Extremitäten (Makro- oder Mikroangiopathie)
  • Wundheilungsstörungen, z. B. aufgrund einer immunsuppressiven Therapie oder einer krankheitsbedingten Immunschwäche

Es ist zu beachten, dass Podologie nur zur Behandlung von Schädigungen ohne Hautdefekt (Wagner-Stadium 0) und bei eingewachsenen Zehennägeln im Stadium 1 verordnungsfähig ist. Wenn der Fuß des Patienten bereits durch Durchblutungsstörungen hervorgerufene Hautdefekte und Entzündungen aufweist, kommt die podologische Komplexbehandlung nicht mehr in Frage. In diesem Fall muss der Fuß ärztlich behandelt werden.

Ärztliche Diagnostik

Im Rahmen der ärztlichen Eingangsdiagnostik muss immer ein dermatologischer und ein neurologischer Befund vor der erstmaligen Verordnung erhoben werden. Für die Indikationen einer Neuropathie (NF) oder einer neuropathischen Schädigung bei Querschnittssyndrom (QF) ist ein zusätzlicher Nachweis einer autonomen Schädigung erforderlich.

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Verordnungsprozess und Heilmittelkatalog

Die Verordnung von Heilmitteln erfolgt durch Ärzte. Die erste Heilmittelverordnung setzt eine persönliche Untersuchung in der Praxis oder im Hausbesuch voraus, um die medizinischen Voraussetzungen abzuklären. Folgeverordnungen können in der Videosprechstunde verordnet werden. Heilmittel werden auf Muster 13 verordnet.

Angaben auf der Verordnung

Ärzte kreuzen zunächst an, welche Heilmittel sie verordnen wollen. Die Diagnosegruppe gemäß Heilmittelkatalog und die behandlungsrelevante Diagnose im Format ICD-10 sind anzugeben. Die Angabe der Leitsymptomatik ist verpflichtend. In Ankreuzfeldern können eine oder mehrere buchstabenkodierte Leitsymptomatik(en) gemäß Heilmittelkatalog ausgewählt werden. Alternativ kann eine patientenindividuelle Leitsymptomatik, die für die Heilmittelbehandlung handlungsleitend ist, im Freitextfeld angegeben werden. Es können maximal 3 vorrangige und 1 ergänzendes Heilmittel gleichzeitig verordnet werden.

Mit der Auswahl des zu verordnenden Heilmittels wird zum Beispiel die Behandlungszeit der manuellen Lymphdrainage (MLD-45) oder der Sprachtherapie (Sprachtherapie-30) festgelegt. Zudem wird definiert, ob die Maßnahme als Einzeltherapie (z.B. „KG“ für allgemeine Krankengymnastik) oder als Gruppentherapie erfolgen soll. Neben den zu verordnenden Heilmitteln ist die Anzahl der Behandlungseinheiten anzugeben. Bei der Verordnung mehrerer Heilmittel sind die Einheiten entsprechend aufzuteilen. Dabei muss ein langfristiger Heilmittelbedarf gemäß Heilmittel-Richtlinie vorliegen.

Langfristiger Heilmittelbedarf

Menschen mit schweren funktionellen und/oder strukturellen Schädigungen können dauerhaft auf Heilmittel angewiesen sein (langfristiger Heilmittelbedarf). Welche schweren funktionellen und/oder strukturellen Schädigungen einen langfristigen Heilmittelbedarf begründen, legt der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Diagnoseliste fest (Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie). Steht die Erkrankung nicht auf der Liste, kann ein individueller Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Für die Genehmigung ist maßgeblich, dass die Schädigungen mit denen der Diagnoseliste vergleichbar sind.

Blankoverordnung

Bei bestimmten Erkrankungen können Praxen eine Blankoverordnung für Ergotherapie und Physiotherapie ausstellen: Sie stellen die Diagnose, machen aber keine Angaben zu Heilmittel, Menge und Frequenz. Ob im konkreten Fall eine Blankoverordnung oder eine konventionelle Verordnung ausgestellt wird, entscheiden Ärzte und Psychotherapeuten.

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Podologische Behandlung: Maßnahmen und Ziele

Konkret geht es in der Podologie darum, Menschen mit krankhaften Veränderungen der Füße medizinisch zu behandeln. Dazu gehören zum Beispiel Veränderungen an der Fußhaut und den Fußnägeln. Ziel der podologischen Therapie ist es, Beschwerden zu lindern und Schäden an den Füßen vorzubeugen. Die vollständige Bewegungsfähigkeit der Patientinnen und Patienten soll gewahrt beziehungsweise wieder hergestellt werden. Dafür kommen in der Podologie verschiedene medizinische Behandlungen zum Einsatz, wie zum Beispiel das Entfernen von Hornhautverdickungen.

Unterschiede zur kosmetischen Fußpflege

Die podologische oder medizinische Fußpflege unterscheidet sich von der rein kosmetischen Fußpflege dadurch, dass sie nur bei Erkrankungen am Fuß angewandt wird. Die kosmetische Fußpflege beinhaltet vor allem pflegende und verschönernde Maßnahmen für gesunde Füße. So werden beispielsweise die Nägel geschnitten und lackiert oder die Fußhaut wird gepflegt. Die Podologie befasst sich mit der medizinischen Behandlung, also im Falle einer krankhaften Veränderung der Füße, wie sie etwa bei Hornschwielen, Nagelpilz oder Warzen vorliegt. So dürfen podologische Therapien auch nur von ausgebildeten Podologinnen und Podologen sowie Medizinischen Fußpflegerinnen und Medizinischen Fußpflegern durchgeführt werden. Seit 2002 ist deren Berufsausbildung in Deutschland im Podologengesetz (PodG) geregelt.

Typische Maßnahmen in der Podologie

  • Hornhautentfernung: Die verdickte Hornhaut wird mit speziellen Techniken der Schälung und des Schleifens der Haut vorgenommen. Drohende Hautschädigungen, wie zum Beispiel Fissuren, Ulzera und Entzündungen, sollen dadurch verhindert werden.
  • Nagelbearbeitung: Eine abnorme Nagelbildung wird durch das Schneiden, Schleifen oder Fräsen der Nägel beseitigt. Die Nagelbearbeitung soll drohenden Schäden an Nagelbett und Nagelwall vorbeugen.
  • Podologische Komplexbehandlung: Hierbei handelt es sich um die gleichzeitige Hornhautentfernung und Nagelbearbeitung.
  • Nagelspangenbehandlung: Bei eingewachsenen Fußnägeln wird eine Nagelspange passend zum jeweiligen Fußnagel der Patientin oder des Patienten angefertigt und angepasst. Die Behandlung soll Fehlstellungen korrigieren und ein zukünftiges Einwachsen verhindern.
  • Fußscreening: Dabei beschaut er die Füße zum Beispiel nach krankhaften Veränderungen der Haut, ertastet den Fußpuls, sucht nach orthopädischen Veränderungen, beurteilt die Schuhe und Einlagen und gibt allgemeine Tipps zur täglichen Pflege.

Außerdem kontrollieren die Podologinnen und Podologen bei jeder Behandlung das getragene Schuhwerk der Patientinnen und Patienten. Auch werden die Patientinnen und Patienten in der Podologie darüber beraten, wie sie die Fuß-, Haut und Nagelpflege eigenständig vornehmen können, um Fußverletzungen und Folgeschäden zu vermeiden.

Kostenübernahme und Zuzahlung

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten ärztlich verordneter Podologie bei diabetischem Fußsyndrom mit Neuropathie, bei krankhafter Schädigung am Fuß als Folge einer sensiblen oder sensomotorischen Neuropathie und eines Querschnittssyndroms. Versicherte ab 18 Jahren zahlen allerdings eine Zuzahlung von 10 Prozent der Behandlungskosten zuzüglich 10 Euro je Verordnung. Nur zuzahlungsbefreite Versicherte brauchen keine Zuzahlung leisten.

Podologische Behandlung (klein) und (groß)

  • Podologische Behandlung (klein): Diese Leistung umfasst alle Maßnahmen, die innerhalb einer Therapiezeit von bis zu 20 Minuten durchgeführt werden.
  • Podologische Behandlung (groß): Bei aufwendigeren Behandlungen, die länger als 20 Minuten dauern, wird diese Leistungsart abgerechnet.

Medizinische Fußpflege als Privatleistung

Medizinische Fußpflege kann auch ohne einen medizinischen Grund durchgeführt werden. Ohne ärztliche Verordnung gelten die Kosten der medizinischen Fußpflege als Privatleistung. Die Preise variieren dabei je nach Anbieter und Region, liegen aber meist zwischen 50 und mehr als 100 Euro pro Behandlung. Zusätzliche Leistungen, wie die Anfertigung von Orthosen oder die Behandlung von Warzen, können separat berechnet werden.

Tipps für Patienten mit Polyneuropathie

Als Diabetiker sollten Sie Ihren Füßen viel Aufmerksamkeit schenken, um krankhafte Veränderungen möglichst früh zu erkennen. Zu den typischen Symptomen eines diabetischen Fußsyndroms zählen: Verändertes Gefühl, wie Unempfindlichkeit, Taubheit, aber auch Stechen oder Brennen. Sie sollten auch darauf achten, wie Ihre Füße aussehen und ob Veränderungen eintreten. Sind sie beispielsweise trocken? Entwickeln Sie Hornhaut? Haben Sie Fehlstellungen wie Krallenzehen oder auch Schwellungen oder Wunden?

Zu den wichtigsten Maßnahmen, die Sie bei der Pflege Ihrer Füße beachten sollten, zählt, dass Sie beispielsweise Ihre Füße und Fußnägel gründlich waschen und abtrocknen sollten - auch zwischen den Zehen. Die tägliche Inspektion auf Fußveränderungen, Verletzungen, Rötungen und Schwellungen ist sehr wichtig. Wenn das Anschauen der Füße selbst Schwierigkeiten macht, können dies zum Beispiel Angehörige oder das Pflegepersonal übernehmen. Gerade ältere Menschen leiden oft an trockener Haut, die täglich eingecremt werden sollte. Sollten sich Schmerzen an Haut und Nägeln entwickeln, ist es sinnvoll, einen Termin beim Podologen zu machen.

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