Polyneuropathie bei Kindern: Ursachen, Symptome und Therapie

Was ist Polyneuropathie?

Die Polyneuropathie ist ein Sammelbegriff für Erkrankungen, die das periphere Nervensystem betreffen. Dieses Nervensystem umfasst alle Nerven außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks. Bei Polyneuropathien werden entweder die Nerven selbst oder ihre Hülle geschädigt. Die Erkrankung äußert sich durch Funktionsstörungen von Nervengruppen im peripheren Nervensystem. Betroffen sind dementsprechend ausschließlich Nerven außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks. Besonders häufig sind dies die Nervenfasern in den Gliedmaßen, meist in den Füßen, aber auch teilweise in den inneren Organen, je nachdem, ob motorische, autonome oder sensible Nerven angegriffen sind. Die Erkrankung kann sich auf unterschiedlichsten Wegen ausbilden. In der medizinischen Literatur sind über dreihundert verschiedene Ursachen für die Entstehung einer Polyneuropathie beschrieben. Die Symptome reichen von Missempfindungen oder Taubheit der Hautoberfläche bis zu Lähmungen, heftigen Schmerzattacken und Störungen von Organsystemen. Wie es genau zu den fortschreitenden Nervenschäden kommt, ist zur Zeit noch nicht bis ins Detail geklärt.

Verlauf der Polyneuropathie

Häufig verläuft eine Polyneuropathie zunächst ohne wahrnehmbare Krankheitszeichen. Dadurch wird das Nervenleiden relativ spät erkannt. Das ist ungünstig in Bezug auf erfolgreiche Behandlungsaussichten. Die besten Heilungschancen bestehen bei einem frühzeitigen Start geeigneter Therapien. Wenn eine vollständige Heilung nicht mehr erreicht werden kann, so bestehen dennoch Aussichten, das weitere Fortschreiten der Polyneuropathie zu bremsen. Behandelt wird in der Regel die zugrundeliegende Erkrankung. Mit dem Abklingen der Grunderkrankung gehen unter Umständen auch die Beschwerden durch die geschädigten Nerven zurück.

Symptome der Polyneuropathie

Von Polyneuropathie können unterschiedliche Nervenarten betroffen sein: die sensiblen Nerven, die motorischen Nerven und die autonomen Nerven. Abhängig davon, welche Nerven geschädigt sind, äußern sich nicht zuletzt auch Art und Schwere der Symptome. Die sensiblen Nerven registrieren unter anderem Berührungen, Druck, Temperatur- und Schmerzreize. Die motorischen Nerven steuern die Muskelbewegungen. Die autonomen Nerven kontrollieren Stoffwechselvorgänge, die auch unbewusst funktionieren, wie zum Beispiel Puls, Atmung oder Verdauung.

Symptome bei Schädigung der sensiblen Nerven

Die Mehrzahl der Polyneuropathien beeinträchtigen die sogenannten sensiblen Nerven. Erste Beschwerden treten oft an Zehen und Fingern auf: Kribbeln, Brennen, Taubheitsgefühl oder stechende Schmerzen. Die Rückmeldung der Nerven auf Druck und Temperatur sowie der Tastsinn sind eingeschränkt. Oft treten die Symptome spiegelbildlich auf beiden Körperseiten auf. Weitere typische Beschwerden, meist an den Gliedmaßen, sind:

  • Druck- oder Engegefühl
  • Körperteile fühlen sich abgeschnürt an
  • anhaltendes Kribbeln
  • stechende Schmerzen
  • ausbleibendes Schmerzgefühl bei Verletzungen
  • eingeschränktes Tastgefühl
  • Gangunsicherheit, besonders bei geschlossenen Augen
  • unangenehmes Kribbeln, wie Ameisen auf der Haut
  • Körperteile fühlen sich geschwollen an
  • brennende Schmerzen in den Füßen (Burning-Feet-Syndrom)

Symptome bei Schädigung der motorischen Nerven

Diese Schädigungen sind seltener als die Beeinträchtigungen der sensiblen Nerven. Die Beschwerden reichen von Bewegungseinschränkungen bis zu Lähmungen, wenn der Muskel überhaupt nicht mehr angesteuert und aktiviert werden kann. Weitere Krankheitszeichen sind typischerweise:

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  • unwillkürliches Zucken von Muskelpartien
  • Krämpfe der Muskulatur
  • anhaltendes Kribbeln
  • Muskelschwäche, verminderte Belastungsfähigkeit
  • längerfristig auch Muskelschwund

Symptome bei Schädigung der autonomen Nerven

Hier können alle Körperfunktionen gestört sein, die nicht der willentlichen Steuerung unterliegen. Ist zum Beispiel der Magen-Darm-Trakt betroffen, sind Verdauungsstörungen zu erwarten. Weitere Symptome sind je nach dem Organ, das beeinträchtigt ist:

  • Verstopfung oder Durchfall
  • Magenlähmung
  • Störungen bei der Entleerung der Blase
  • Schwindel
  • Ohnmacht
  • ausbleibender Pupillenreflex
  • Schluckstörungen
  • Herzrhythmusstörungen oder Herzrasen
  • Blutdruckschwankungen
  • Geschwüre
  • Wassereinlagerungen im Körper
  • Impotenz
  • herabgesetzte Schweißbildung

Ursachen der Polyneuropathie

Eine Polyneuropathie kann sich aus den unterschiedlichsten Gründen ausbilden. Häufig steht eine Stoffwechselerkrankung hinter dem Ausbruch. Aber auch Vergiftungen und Infektionen können zu einer Polyneuropathie führen. Inzwischen ist eine Vielzahl von Ursachen für das Nervenleiden entdeckt worden. Dennoch lassen sich noch immer bei einem Fünftel der Erkrankten keinerlei Krankheitsursachen nachweisen.

In Mitteleuropa steht die Zuckerkrankheit als Verursacher an erster Stelle. Etwa die Hälfte der Diabetiker entwickelt im Laufe der Krankheit eine Polyneuropathie. Das gilt sowohl für Typ-1-Diabetes wie auch für die später auftretende Typ-2-Diabetes. Oft stellen sich die Symptome der Neuropathie im Verlauf der Diabetes nur allmählich ein. Dadurch werden erste Warnzeichen häufig übersehen. Wie die Schädigung der Nerven genau zustande kommt, ist nicht vollständig erforscht. Man geht davon aus, dass bei erhöhter Glukosekonzentration im Blut von den Schwann-Zellen in den Nerven vermehrt Sorbitol gebildet wird, wodurch es zu osmotischen Gewebeschäden kommt. Aufgrund der für eine Diabetes typischen Schädigung feinster Blutgefäße, entsteht darüber hinaus eine Mangelversorgung der Nervenzellen, die sich ebenfalls ungünstig auswirkt. Die frühzeitige und nachhaltige Einstellung der Blutzuckerwerte hat einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf der Polyneuropathie.

Bei einigen Polyneuropathie-Patienten steht langjähriger Alkoholmissbrauch hinter dem Ausbruch der Krankheit. Hier scheint der Alkohol als schleichendes Nervengift zu fungieren. Die genauen Stoffwechselvorgänge sind noch nicht abschließend erforscht. Die Patienten haben häufig Probleme an Füßen und Beinen. Auch die Augen können betroffen sein. Weitere wichtige Ursachen für die Entwicklung einer Polyneuropathie sind:

  • Vergiftungen z. B. durch Arsen, Blei oder Lösungsmittel
  • Infektionen z. B. Gürtelrose, Herpes simplex, Borreliose, HIV oder Pfeiffersches Drüsenfieber
  • Autoimmunerkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom oder Kollagenosen
  • Schilddrüsenunterfunktion oder auch -überfunktion
  • Gicht
  • Vitamin-B12-Mangel oder -Überdosierung
  • Nierenkrankheiten
  • Lebererkrankungen
  • Karzinome
  • Nebenwirkungen von Medikamenten, z. B. bei einer Chemotherapie
  • angeboren Erkrankungen wie HMSN

Die Liste möglicher Auslöser einer Polyneuropathie ist sehr lang. Bei etwa einem Viertel aller Betroffenen bleibt die Ursache trotz intensiver Suche unklar. Bei Polyneuropathien gibt es selten auch erbliche Formen.

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Diagnose der Polyneuropathie

Erste Anlaufstelle ist oft die hausärztliche Praxis. Die Ärztin oder der Arzt kann - falls nötig - an eine passende Spezialistin oder einen Spezialisten überweisen. Der Arzt wird sich zunächst nach konkreten Beschwerden und Vorerkrankungen erkundigen. Er wird zudem nach eingenommenen Medikamenten und den Konsumgewohnheiten von Alkohol fragen. Auch die mögliche berufliche Belastung mit Schadstoffen und Giften ist für die Diagnose relevant.

Bei der körperlichen Untersuchung werden die Reflexe, unter anderem der Pupillen und der Achillessehne, überprüft. Der Arzt nimmt Tests der Sensorik vor, mit deren Hilfe sich der Tastsinn und die Temperaturempfindlichkeit der peripheren Nerven beurteilen lässt. Über eine Blutuntersuchung werden die Blutzucker- und Entzündungswerte bestimmt. Dazu eventuell auch Leber- und Nierenwerte, Vitamin-B12-Konzentration oder der Nachweis von Antikörpern, die auf eine Erkrankung an Borreliose hinweisen.

Via Elektroneurografie lässt sich die Nervenleitgeschwindigkeit messen. Ist sie herabgesetzt, spricht dies für eine Erkrankung an Polyneuropathie. Mittels Elektromyografie kann die Aktivität der Muskeln getestet werden. Auf diese Weise zeigen sich Beeinträchtigungen der motorischen Nerven. Ein EKG kann Schädigungen an den autonomen Nerven des Herzens aufzeigen.

Bei Bedarf nimmt der Arzt auch eine Gewebeprobe und untersucht diese mit dem Mikroskop auf krankhafte Veränderungen an den Nervenfasern. Hat der Patient Probleme beim Wasserlassen, wird meist eine Ultraschalluntersuchung der Harnblase vorgenommen, um festzustellen, ob die Entleerung der Blase richtig funktioniert. In seltenen Fällen wird auch das Erbgut auf genetische Veränderungen untersucht, um eine erblich bedingte Polyneuropathie auszuschließen.

Bei Verdacht auf eine Polyneuropathie kommen weitere Untersuchungen in Betracht, zum Beispiel:

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  • Untersuchung der elektrischen Aktivität der Nerven (Elektroneurographie)
  • Untersuchung der elektrischen Aktivität der Muskeln (Elektromyographie)
  • Untersuchung von Blut- und Urinwerten: Eine Polyneuropathie ist üblicherweise nicht direkt im Blut nachweisbar. Laborwerte können aber beispielsweise Hinweise auf auslösende Krankheiten geben.
  • Entnahme und Untersuchung von Nervenwasser (Lumbalpunktion)
  • genetische Untersuchungen

Manchmal wird ein winziges Stück Nerv entnommen (Biopsie), um es unter dem Mikroskop zu untersuchen. Das lässt möglicherweise Rückschlüsse auf die Ursache zu. Auch die Entnahme und Analyse einer Hautprobe kann aufschlussreich sein. Röntgen-, Ultraschall-, MRT- und weitere Untersuchungen können zum Einsatz kommen.

Behandlung der Polyneuropathie

Die Therapie richtet sich nach den Ursachen, die zur Ausbildung einer Neuropathie geführt haben. Vorliegende Grunderkrankungen, wie etwa Diabetes, werden behandelt. Liegt eine Vergiftung vor, muss das Gift ausgeschieden oder deaktiviert werden. Im Fall einer alkoholischen Polyneuropathie ist es für Patienten wichtig, Enthaltsamkeit zu üben und einen Entzug durchzuführen. Beim Vorliegen eines Vitamin-B12-Mangels werden die fehlenden Vitamine in Tablettenform verabreicht.

Beschwerden, die mit der Polyneuropathie verbunden sind, lassen sich teilweise durch Medikamente lindern. Schmerztabletten, Schmerzpflaster oder krampflösende Medikamente machen vielen Patienten die Nervenschmerzen erträglicher. Epilepsi-Medikamente und Antidepressiva können Missempfindungen und anhaltende Schmerzen abmildern.

Von der Anwendung der Reizstromtherapie profitieren ebenfalls einige Betroffene. "TENS" nennt sich das Verfahren, bei dem sich die Patienten bei Schmerzattacken über Elektroden auf der Haut elektrische Impulse verabreichen können. Die leichten Stromschläge aus dem mobilen Gerät können zum Nachlassen des Schmerzes führen.

Empfehlenswert sind auch verschiedene Verfahren, die zu den physikalischen Therapien zählen. Durch Wechselbäder, Krankengymnastik sowie kalte und warme Wickel wird die Durchblutung angeregt und die Beweglichkeit gesteigert. Das kommt den geschädigten Nerven zugute und entspannt die Muskulatur. Gelähmte Muskeln können mit Elektrobehandlungen gestärkt werden. Die häufig vorkommenden Unsicherheiten beim Laufen und Stehen lassen sich teilweise durch orthopädische Schuhe oder stützende Schienen verbessern.

Homöopathie bei Polyneuropathie

Polyneuropathien können durch Stoffwechselerkrankungen, Vergiftungen und Infektionen ausgelöst werden. An erster Stelle steht daher die Behandlung der Grunderkrankung. Eine homöopathische Therapie erfolgt meist zur Linderung von Beschwerden, wie Schmerzen, Missempfindungen und Kribbeln der Haut. Der Einsatz der jeweiligen Arzneimittel sollte unbedingt mit dem behandelnden Mediziner koordiniert werden. Gegen die unterschiedlichen Symptome, die von einer Polyneuropathie ausgehen können, werden folgende homöopathische Mittel empfohlen (Auswahl):

  • Aconitum: bei brennenden und stechenden Nervenschmerzen
  • Agaricus muscarius: bei Taubheit, Kribbeln und Missempfindungen
  • Spigelia: bei regelmäßig auftretenden Schmerzen
  • Verbascum: bei akut auftretenden Nervenschmerzen
  • Cina: bei erhöhten Reizzuständen und Muskelkrämpfen
  • Kalium phosphoricum, Magnesium phosphoricum und Zincum chloratum (auch "Schmerztrias" genannt): zur Beruhigung von Nervensystem und Muskulatur

Akupunktur bei Polyneuropathie

Akupunktur ist inzwischen eine bewährte Therapie, die bei Polyneuropathie begleitend auch im Rahmen der schulmedizinischen Behandlung empfohlen wird. Von der gezielten Stimulierung der Nervenbahnen scheinen gerade Patienten mit dieser Erkrankung in besonderem Maße zu profitieren. Der Einsatz der Akupunkturnadeln kann bei Sensibilitätsstörungen und Nervenschmerzen Beschwerden erheblich abmildern. Durch die Impulse der Einstiche sollen Blockaden und Störungen des Energieflusses im Körper gelöst werden. Spürbare Erfolge der Behandlung zeigen sich meist nach einer Serie von Akupunkturbehandlungen.

Medikamentöse Behandlung

Schmerzen durch eine Polyneuropathie lassen sich möglicherweise mit verschiedenen Medikamenten abschwächen, aber meistens nicht ganz beheben. Häufig tritt die Wirkung erst nach einigen Wochen ein. Es kann nötig sein, verschiedene Wirkstoffe und Dosierungen zu testen. Im ärztlichen Gespräch sollte geklärt werden, welche Therapien gegen Schmerzen infrage kommen, welche Vor- und Nachteile sie haben können und welche Erfolgsaussichten bestehen.

Vorab sollte außerdem besprochen werden, ob die gesetzliche Krankenkasse für die ausgewählte Behandlung zahlt. Nicht bei allen Therapieverfahren existieren sichere wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit.

Als Schmerzmittel infrage kommen zum Beispiel:

  • bestimmte Epilepsie-Medikamente
  • bestimmte Antidepressiva
  • Opioide, vor allem bei stärkeren Schmerzen

Manche Patientinnen oder Patienten sprechen auf Pflaster mit dem Betäubungsmittel Lidocain oder Capsaicin an, dem Wirkstoff der Chilischote. Je nach Fall kann es sinnvoll sein, eine Ärztin oder einen Arzt mit Spezialgebiet Schmerztherapie hinzuzuziehen.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten

  • Eine Physiotherapie kann - etwa bei einer Muskelschwäche oder Gleichgewichtsstörungen - hilfreich sein.
  • Eine Psychotherapie kann helfen, besser mit Schmerzen oder möglichen Folgen einer Polyneuropathie wie Schlafstörungen oder Depressionen umzugehen.
  • Austausch und gegenseitige Unterstützung finden Betroffene in Selbsthilfegruppen.
  • Bei motorischen Einschränkungen und Gangunsicherheit kann Physiotherapie dazu beitragen, die Beweglichkeit und Stabilität zu verbessern.
  • Bei der transkutanen Elektrostimulation, kurz TENS, werden kleine Elektroden auf die Haut geklebt, die sanfte elektrische Impulse abgeben. TENS ist eine nicht-medikamentöse Therapie, die oft bei starken neuropathischen Schmerzen in Kombination mit anderen Behandlungen eingesetzt wird. Sollten Medikamente zur Linderung der neuropathischen Schmerzen nicht ausreichen, kann in Absprache mit dem Arzt ein Therapieversuch erwogen werden.

Polyneuropathie bei Diabetikern

Diabetes (sowohl Typ 1 als auch Typ 2) ist in Mitteleuropa die häufigste Ursache einer Polyneuropathie. Bis zu fünfzig Prozent der Zuckerkranken leiden im Verlauf der Krankheit unter diabetischer Polyneuropathie. Hauptsächlich treten Schäden an den sensiblen Nerven auf. Hier sind es die Füße, die besonders betroffen sind. Durch das herabgesetzte Schmerzempfinden werden kleinere Verletzungen nicht bemerkt. Das kann rasch zu Problemen führen, weil die Wundheilung bei Diabetes krankheitsbedingt ohnehin nur sehr langsam verläuft. Die nachlassende Sensibilität an den Fußsohlen führt zu Gangunsicherheiten. Es können sich brennende Schmerzen, unangenehmes Kribbeln oder Taubheitsgefühle einstellen.

Was kann ich selbst tun?

Wer unter Polyneuropathie leidet, sollte die ärztlichen Anweisungen zur Therapie der zugrundeliegenden Erkrankung genau befolgen. Für Diabetiker zum Beispiel ist es wichtig, akribisch auf die Einhaltung gut eingestellter Blutzuckerwerte zu achten. Hilfreich sind zudem physio- und ergotherapeutische Übungen, die auch in Eigeninitiative durchgeführt werden können. Sie verbessern Gleichgewichtssinn und Gangsicherheit. Patienten mit eingeschränkter Muskelfunktion sollten Kraft- und Ausdauertraining nutzen, um die Muskelkraft zu verbessern. Diese Empfehlung gilt ebenfalls für Patienten, die nach einer Chemotherapie unter Einschränkungen der Körperkraft und Ausdauer leiden.

Regelmäßige Bewegung kann neuropathische Beschwerden lindern und die Regeneration der Nerven anregen. Ideal ist die Kombination aus einem moderaten Ausdauertraining und Krafttraining. Zur Verbesserung von Gleichgewicht und Mobilität können schon einfache Übungen wie das Stehen auf einem Bein oder Gehen auf einer Linie helfen.

Bei Sensibilitätsstörungen ist eine tägliche Fußpflege unverzichtbar. Kürzen Sie die Fußnägel mit einer Nagelfeile anstatt mit der Schere, um Verletzungen zu vermeiden. Um Folgeschäden an den Füßen vorzubeugen, empfiehlt sich eine regelmäßige medizinische Fußpflege beim Podologen. Taubheitsgefühle oder eine eingeschränkte Schmerz- und Temperaturempfindung können das Risiko für Stürze und Verletzungen am Fuß erhöhen. Umso wichtiger ist es, dass Sie geeignetes Schuhwerk tragen. Wechseln Sie täglich die Socken.

Polyneuropathie bei Kindern

Krankheiten der peripheren Nerven treten bei Kindern seltener als bei Erwachsenen auf. Sie können sehr verschiedene Ursachen haben. Akute para- sowie postinfektiöse Neuritiden und hereditäre Polyneuropathien machen jeweils etwa 1/3 der Gesamtzahl der Fälle aus. Klinisch manifestieren sich die peripheren Neuropathien mit Muskelschwäche, Verlust der Muskeleigenreflexe und Muskelatrophie. Sensibilitätsstörungen unterschiedlichen Ausmaßes können hinzutreten, wobei die Funktion der großen sensiblen Fasern (Berührung, Tiefensensibilität) meist mehr betroffen ist als die der kleinen (Schmerz, Temperatur). Im ausgeprägten Fall kann eine neuropathische Ataxie auftreten. Vegetative Funktionsstörungen im Bereich der Haut (Kälte, Hypohidrose), aber auch autonome Regulationsstörungen durch Beeinträchtigung von vegetativen Steuerfunktionen können hinzutreten.

Hereditäre Polyneuropathien

Die hereditären Polyneuropathien (PNP) gehören mit einer Prävalenz von 20-40/100.000 zu den häufigsten Erbkrankheiten. Sie sind jedoch genetisch, pathologisch und elektrophysiologisch heterogen. Unter dem Akronym CMT (Charcot-Marie-Tooth) sind inzwischen mehr als 70 Gene identifiziert worden, viele davon jedoch bislang nur in einzelnen Familien. Die Fortschritte der molekulargenetischen Forschung haben dieses Dyck’sche Klassifikationssystem in den letzten Jahren überholt. Zum einen konnten identische Phänotypen verschiedenen Genen zugewiesen werden, zum anderen fanden sich variable Phänotypen und auch Erbgänge bei Mutationen im gleichen Gen. Die aktuelle, in erster Linie molekulargenetisch orientierte Klassifikation berücksichtigt dennoch der Tradition folgend den Erbgang und den elektrophysiologischen Befund, um einen gezielteren Weg zu Kandidatengenen einschlagen zu können.

Die Klinik entspricht dem klassischen Charcot-Marie-Tooth-Syndrom (CMT) mit symmetrischer Schwäche und Atrophie der distalen Beinmuskeln (peroneale Muskelatrophie), Abschwächung der Muskeleigenreflexe und neurogenem Hohlfuß. Distale Sensibilitätsstörungen sind in der Regel gering ausgeprägt. Die Expression der Krankheit ist außerordentlich variabel. Meist manifestiert sie sich in den ersten zwei Lebensjahrzehnten mit Fußfehlstellung und Fußheberschwäche, selten Schmerzen im Bereich der Waden. Die Progredienz ist gering, diese Patienten werden meist nicht gehunfähig. Nach vielen Jahren kann sich die Symptomatik auf die Hand- und Oberschenkelmuskulatur ausdehnen. Viele Fälle bleiben bis ins höhere Alter nahezu symptomlos und werden erst im Rahmen einer Familienuntersuchung entdeckt.

Hereditäre sensorisch-autonome Neuropathien (HSAN)

Als hereditäre sensorisch-autonome Neuropathien (HSAN) wird eine Gruppe von extrem seltenen (2-3 % der chronischen Neuropathien im Kindesalter) hereditären Polyneuropathien klassifiziert, die klinisch in erster Linie durch distal betonte sensible Funktionsstörungen und evtl. autonome Symptome und nur durch allenfalls geringe motorische Störungen charakterisiert ist. Die weitere Unterteilung in 5 Typen richtet sich nach Genetik, Klinik und bioptischen Befunden. Auch hier wurden in den vergangenen Jahren verantwortliche Gene und pathophysiologische Prinzipien identifiziert.

Die autosomal-dominant vererbten HSAN1-Erkrankungen (HSAN1A-F) beginnen frühestens im 2. Lebensjahrzehnt und sind zu Beginn durch Störungen des Schmerz- und Temperatursinns charakterisiert. Später treten der Ausfall anderer sensibler Qualitäten und spontane Schmerzen hinzu. Die HSAN-Typen 2-5 werden autosomal-rezessiv vererbt und manifestieren sich bereits im Säuglingsalter. Beim Typ 2 führt die Einschränkung sämtlicher sensibler Qualitäten früh zu schmerzlosen Verletzungen, Akrodystrophie und Gelenkdegeneration.

Metabolische Polyneuropathien

Demyelinisierende oder auch neuroaxonale Polyneuropathien finden sich bei vielen neurometabolischen und neurodegenerativen Krankheiten. Ihre Zahl sprengt den Rahmen dieses Lehrbuchs, in Detailfragen muss deshalb auf Spezialtexte verwiesen werden. Zu den metabolischen Krankheiten mit im Vordergrund stehender Polyneuropathie gehören das Refsum-Syndrom und die Adrenomyeloneuropathie, die A(Bassen-Kornzweig)- und Hypo-Betalipoproteinämie, die An-Alphalipoproteinämie (Tangier) und die Vitamin-E-Malabsorption.

Toxische Polyneuropathien

Eine toxische Ursache ist bei chronischen Polyneuropathien immer zu erwägen. Diagnostische Hinweise geben die Anamnese und gezielte Laboruntersuchungen. Die periphere Neurotoxizität von Vincristin ist obligat und gilt als dosislimitierender Faktor. Nach 4-wöchiger Behandlung bei akuter lymphoblastischer Leukämie zeigten je 1/3 der Patienten einen Verlust der Achillessehnenreflexe, eine generalisierte Areflexie und eine deutliche Fußheberschwäche mit Gangstörung. Eine Isoniazidneuropathie im Rahmen der Tuberkulosebehandlung tritt vor allem bei Individuen mit langsamer Inaktivierung der Substanz in Erscheinung. Distale Parästhesien werden gefolgt von Schwäche, die Erholung kann Monate in Anspruch nehmen.

ICD-Code

Jeder Krankheit ist in der Medizin ein eigener ICD-Code zugeordnet. Die Abkürzung ICD (englisch) steht dabei für International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems. Das Klassifizierungssystem ist weltweit anerkannt und eines der wichtigsten für medizinische Diagnosen. So werden "Polyneuropathien und sonstige Krankheiten des peripheren Nervensystems" unter den ICD-Codes: "G60-G64" erfasst. Häufig hilft die Eingabe dieser Codes auch bei der Recherche im Internet weiter.

Was bezahlt die Krankenkasse und was muss man selbst bezahlen?

Angehörige einer gesetzlichen Krankenversicherung haben grundsätzlich ein Recht auf stationäre sowie ambulante Versorgung, auf Arzneimittel und weitere Leistungen. In aller Regel sind jedoch bestimmte Eigenleistungen (Zuzahlungen) gesetzlich festgeschrieben. Diese Zuzahlungen betragen 10 Prozent der Kosten, pro Zuzahlung aber maximal 10 Euro. Kostet die Leistung weniger als 5 Euro, hat der Versicherte den tatsächlichen Preis zu entrichten.

Bei Arzneimitteln gelten diese Grenzen ebenfalls. Wenn der Betroffene ein besonders preiswertes Präparat erhält, entfällt die Zuzahlung. Dabei dürfen die Krankenkassen feste Beträge bestimmen, die sie erstatten, sofern mehrere Präparate mit gleichem Wirkstoff erhältlich sind. Arzneimittel, deren Preis 30 Prozent unter diesem Festbetrag liegt, werden von den Krankenkassen ohne Zuzahlung erstattet.

Zudem besteht die Regelung, dass die GKV bei bestimmten Präparaten nicht mehr den Einzelpreis des jeweiligen Arzneimittels erstatten muss, sondern nur den Festbetrag, der für eine Gruppe von vergleichbaren Präparaten festgelegt wurde. Ist das verschriebene Medikament teurer, muss der Patient den Mehrpreis selbst zahlen plus der gesetzlichen Zuzahlung für den erstatteten Kostenanteil.

Zuzahlungen fallen ebenfalls bei einem Krankenhausaufenthalt an. Sie betragen 10 Euro pro Kalendertag, wobei die Zuzahlung nur für maximal 28 Tage pro Jahr geleistet werden muss. Dabei können mehrere Krankenhausaufenthalte in einem Jahr zusammengenommen werden, so dass die maximale Zuzahlung bei stationärer Behandlung 280 Euro pro Kalenderjahr beträgt.

Bei häuslicher Krankenpflege werden einmalig zehn Euro für die Verordnung fällig. Darüber hinaus sind 10 Prozent pro Tag als Eigenanteil zu tragen.

Pflegegrad bei Polyneuropathie

Bei Polyneuropathien wird das Innere oder die Hülle der peripheren Nerven geschädigt. Falls Sie feststellen, dass Sie oder Ihr Angehöriger im Alltag zunehmend Unterstützung benötigen, haben Sie möglicherweise Anspruch auf einen Pflegegrad. Damit stehen Ihnen verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zu.

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