Die Polyneuropathie (PNP) ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, bei der mehrere Nerven geschädigt sind. Dies führt zu einer gestörten Reizweiterleitung, die sich in vielfältigen Symptomen äußern kann. Die Ursachen sind vielfältig, was eine sorgfältige Diagnosestellung unerlässlich macht. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung der Polyneuropathie, insbesondere im Hinblick auf die Füße.
Was ist Polyneuropathie?
Als Polyneuropathie bezeichnet man eine Erkrankung, bei der mehrere periphere Nerven geschädigt werden. Das periphere Nervensystem (PNS) umfasst alle Nerven, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen. Es verbindet das zentrale Nervensystem (ZNS) mit den Organen, der Haut und den Muskeln. Die Schädigung der Nerven beeinträchtigt die Reizweiterleitung, was zu Missempfindungen, Sensibilitätsstörungen, Schmerzen und Muskelschwäche führen kann. Die Symptome beginnen typischerweise in den Füßen und können sich auf andere Körperbereiche ausbreiten.
Ursachen der Polyneuropathie
Die Ursachen für eine Polyneuropathie sind vielfältig. Eine Einteilung kann anhand der Ursachen erfolgen, was sich auch in der Einteilung über ICD-Codes widerspiegelt. Zu den häufigsten Ursachen gehören:
- Diabetes mellitus: 20 bis 40 Prozent der Diabetiker entwickeln eine mehr oder weniger ausgeprägte Neuropathie. Ein schlecht eingestellter Diabetes kann die Nerven schädigen und viszerale Störungen wie Blasenentleerungs- oder Verdauungsstörungen sowie erektile Dysfunktion verursachen.
- Alkoholintoxikation: Chronischer Alkoholkonsum kann durch neurotoxische Wirkungen die peripheren Nerven schädigen. Auch akute Intoxikationen können eine Polyneuropathie auslösen.
- Toxische Agenzien: Bestimmte Substanzen wie Triarylphosphate (in Mineralölen enthalten), Arsen, Blei, Thallium oder Quecksilber können eine Polyneuropathie verursachen.
- Medikamente: Einige Medikamente, insbesondere Chemotherapeutika (Cisplatin, Thalidomid, Vinblastin, Vincristin), Nitrofurantoin, Amiodaron oder Penicillin, können als Nebenwirkung eine Polyneuropathie auslösen.
- Genetische Erkrankungen: Erbliche Erkrankungen wie die Charcot-Marie-Tooth-Krankheit (HMSN Typ 1) können zu einer Polyneuropathie führen.
- Vitamin B12-Mangel: Ein Mangel an Vitamin B12, der beispielsweise durch eine vegane oder streng vegetarische Ernährung entstehen kann, kann Nervenschäden verursachen.
- Infektionen: Borreliose, CMV, HIV, Hepatitis, FSME, Masern, Mononukleose oder Mykoplasmen können in seltenen Fällen eine Polyneuropathie auslösen.
- Autoimmunerkrankungen: In seltenen Fällen greift das Immunsystem die Nerven des peripheren Nervensystems an, wie beispielsweise bei der Critical-Illness-Polyneuropathie, die im Rahmen langwieriger intensivmedizinischer Behandlungen auftreten kann.
- Weitere Ursachen: Vaskulitiden, Kollagenosen, Hepatopathie, Urämie, Hypothyreose, Hyperurikämie oder paraneoplastische Syndrome können ebenfalls eine Polyneuropathie verursachen.
Symptome der Polyneuropathie
Die Symptome einer Polyneuropathie sind vielfältig und hängen von den betroffenen Nerven ab. Typische Symptome sind:
- Missempfindungen: Kribbeln, Brennen, Stechen oder ein Gefühl des "Ameisenlaufens" in den Füßen und Zehen.
- Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühl, Pelzigkeitsgefühl, vermindertes oder fehlendesTemperaturempfinden, vermindertes Schmerzempfinden.
- Schmerzen: Brennende oder stechende Schmerzen, die sich nachts oder in Ruhe verstärken können.
- Muskelschwäche: Schwäche der Fuß- und Zehenmuskulatur, Schwierigkeiten beim Anheben der Zehen oder des Fußes (Fallfuß).
- Muskelkrämpfe: Häufig nächtliche Muskelkrämpfe in den Beinen.
- Gangstörungen: Unsicherer Gang, Ataxie, Schwierigkeiten beim Balancieren.
- Autonome Funktionsstörungen: Störungen der Blasenentleerung, Erektionsstörungen, orthostatische Dysregulation (Schwindel beim Aufstehen), trockene Haut oder vermehrtes Schwitzen.
Die Symptome beginnen meist in den Füßen und können sich im Verlauf auf andere Körperteile ausbreiten.
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Diagnostik der Polyneuropathie
Die Diagnostik der Polyneuropathie erfordert eine sorgfältige Anamnese, körperliche Untersuchung und verschiedene technische Untersuchungen.
- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten, einschließlich Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme, Familiengeschichte, Ernährungsgewohnheiten und mögliche Exposition gegenüber Giftstoffen.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Reflexe, die Sensibilität (Tast-, Schmerz-, Temperatur- und Vibrationsempfinden) und die Muskelkraft. Er achtet auf Muskelatrophien, Fußdeformitäten und Gangstörungen.
- Elektrophysiologische Untersuchungen:
- Elektroneurographie (ENG): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um die Funktion der Nerven zu überprüfen. Bei einer Polyneuropathie ist die Nervenleitgeschwindigkeit meist herabgesetzt.
- Elektromyographie (EMG): Messung der elektrischen Muskelaktivität, um festzustellen, ob die Muskelschwäche durch eine Nervenschädigung verursacht wird.
- Quantitative sensorische Testung (QST): Prüfung der Reaktion der Nerven auf bestimmte Reize wie Druck oder Temperatur.
- Laboruntersuchungen:
- Blutbild: Überprüfung der Blutzellen, Elektrolyte, Leberwerte, Schilddrüsenwerte und Vaskulitisparameter.
- Serumelektrophorese: Untersuchung der Eiweißzusammensetzung im Blut.
- Vitamin B12-Spiegel: Bestimmung des Vitamin B12-Spiegels im Blut.
- Blutzuckerwerte: Überprüfung des Blutzuckerspiegels und des HbA1c-Wertes, um einen Diabetes auszuschließen oder zu kontrollieren.
- Spezifische Antikörper: Bei Verdacht auf eine Infektion oder Autoimmunerkrankung werden spezifische Antikörper im Blut untersucht.
- Liquordiagnostik: Untersuchung des Nervenwassers bei Verdacht auf entzündliche oder infektiöse Ursachen.
- Biopsie: In seltenen Fällen wird eine Nerven- oder Hautbiopsie durchgeführt, um die Ursache der Polyneuropathie zu bestimmen.
- Genetische Untersuchung: Bei Verdacht auf eine erblich bedingte Polyneuropathie wird eine genetische Untersuchung durchgeführt.
ICD-Codes für Polyneuropathie
Der ICD-Code (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) ist ein weltweit anerkanntes System zur einheitlichen Benennung medizinischer Diagnosen. Die aktuelle Versionen sind ICD-10 und ICD-11, wobei beide für eine Übergangsfrist von 5 Jahren ab Einführung der neusten Version theoretisch verwendbar sind. Für die Polyneuropathie gibt es verschiedene ICD-Codes, die die Ursache der Erkrankung genauer spezifizieren:
- G62.9: Polyneuropathie, nicht näher bezeichnet
- G62.0: Arzneimittelinduzierte Polyneuropathie
- G62.1: Alkohol-Polyneuropathie
- G62.2: Polyneuropathie durch sonstige toxische Agenzien
- G62.8: Sonstige näher bezeichnete Polyneuropathien
- G63: ICD-Codes für diese Krankheit: ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.
- G61 ICD-Codes für diese Krankheit: ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.
In der ambulanten Versorgung wird der ICD-Code oft durch Zusatzkennzeichen für die Diagnosesicherheit ergänzt:
- A: Ausgeschlossene Diagnose
- G: Gesicherte Diagnose
- V: Verdachtsdiagnose
- Z: Zustand nach der betreffenden Diagnose
Behandlung der Polyneuropathie
Die Behandlung der Polyneuropathie richtet sich nach der Ursache der Erkrankung und den individuellen Symptomen des Patienten.
- Ursachenorientierte Therapie: Die Behandlung der Grunderkrankung, die die Polyneuropathie verursacht, steht im Vordergrund. Bei einem Diabetes mellitus ist beispielsweise eine gute Blutzuckereinstellung wichtig. Bei einem Vitamin B12-Mangel wird Vitamin B12 substituiert. Bei einer alkoholbedingten Polyneuropathie ist ein Alkoholverzicht unerlässlich.
- Symptomatische Therapie: Zur Linderung der Symptome können verschiedene Medikamente eingesetzt werden:
- Schmerzmittel: Pregabalin, Gabapentin, Duloxetin oder Amitriptylin können bei neuropathischen Schmerzen helfen.
- Lokale Medikamente: Cremes oder Salben mit Capsaicin können bei lokalen Schmerzen eingesetzt werden.
- Physiotherapie: Regelmäßige Bewegung und Physiotherapie können die Muskelkraft und Koordination verbessern.
- Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, den Alltag trotz der Einschränkungen durch die Polyneuropathie besser zu bewältigen.
- Rehabilitation: In einigen Fällen kann ein Reha-Aufenthalt sinnvoll sein, um dieFunktionsfähigkeit zu verbessern und die Lebensqualität zu steigern.
Verlauf und Prognose
Der Verlauf und die Prognose der Polyneuropathie hängen von der Ursache der Erkrankung, dem Zeitpunkt der Diagnose und dem Ausmaß der Nervenschädigung ab. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen. In einigen Fällen kann die Polyneuropathie geheilt werden, insbesondere wenn die Ursache behandelbar ist. In anderen Fällen ist die Schädigung der Nerven irreversibel, und die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome.
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